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Niedrigschmelzendes Lot für mehr Produktivität

Durchstieg auf einer OSP-beschichteten Leiterplatte in einem Selektivlötprozess
Niedrigschmelzendes Lot für mehr Produktivität

Die immer fortschreitende Packungsdichte auf elektronischen Baugruppen und der Umstieg auf bleifreie Legierungen haben in der Evolution und Wahl der Leiterplattenbeschichtungen eine Hauptrolle gespielt. Die korrekte Wahl einer Leiterplattenbeschichtung beinhaltet oft die Evaluierung von den Vor- und Nachteilen der einzelnen Beschichtungen und hängt meistens von der Anwendung und den Anforderungen ab. Diese Anforderungen können zum Beispiel mechanische Festigkeit der Lötstelle, Planarität der Beschichtung, Verunreinigung des Löttiegels, Lagerzeit, Degradierung nach Reflow und nicht unwichtig die Kosten, sein.

Trotz ihrer Limitierungen in Planarität hat es die Hal-Beschichtung geschafft, eine relativ breite Akzeptanz in den meisten Märkten zu behalten. Auch NiAu hat sich als zuverlässige Beschichtung etabliert, obwohl die Verunreinigung mit Gold des Löttiegels oder Lötstelle für manchen von Bedeutung sein kann. Es hat sich herausgestellt, dass in Europa chemisch Zinn bekannter ist, während chemisch Silber in Amerika beliebter zu sein scheint. Dagegen wird die OSP(organische Oberflächenpassivierung)-Beschichtung oft in Asien eingesetzt, hat jedoch weniger Akzeptanz im Rest der Welt.

Obwohl die OSP-Beschichtung sehr interessante Eigenschaften hat, wird sie von vielen als eine billige Lösung für ‚Lowcost‘-Elektronik gesehen. Der Hauptgrund dafür ist, dass die Lötbarkeit der OSP-Beschichtung nach einem bleifreien Reflowprozess sehr schnell nachlässt, was einen problematischen Durchstieg beim Wellen- und Selektivlöten zur Folge haben kann. Neben diesem Nachteil weist die Beschichtung sehr interessante Eigenschaften auf. So ist der Auftrag einer OSP-Beschichtung im Leiterplatten-Fertigungsprozess relativ einfach ohne die Lötstoppmaske groß zu beeinträchtigen. OSP-Beschichtungen haben eine optimale Planarität, eine gute Stabilität in der Lagerung und sind weniger kostenintensiv im Vergleich zu anderen Beschichtungen.

Der Fokus dieser Fallstudie liegt auf den möglichen Limitierungen einer OSP-Beschichtung beim Durchstieg in einem Selektivlötprozess mit zwei verschiedenen bleifreien Lotlegierungen: Eine Standard SnCu-Legierung und die niedrigschmelzende Legierung LMPA-Q von Interflux.

Testaufstellung

Als Testleiterplatte wurde eine doppelseitige FR4 Leiterplatte mit einer in Asien gängigen OSP-Beschichtung gewählt. Die Testleiterplatte hat Durchkontaktierungen für einen DDR3 Stecker, die von oben und unten mit einer Cu-Massenfläche verbunden sind, um ein realistisches thermisches Verhalten aufzuweisen.

Die Leiterplatten werden in drei verschiedenen Konditionen gelötet: Ohne vorherigem Prozess; zweimal gealtert mit einer Peaktemperatur von 200°C und zweimal gealtert mit einem Reflowprofil mit einer Peaktemperatur von 240°C. Dabei simuliert das Reflowprofil von 200°C eine Alterung von einem doppelseitigem Reflowprozess mit einer LMPA-Q Lotpaste, das Reflowprofil von 240°C eine Alterung von einem doppelseitigem Reflowprozess mit einer Standard bleifreien Lotpaste.

Die Zeit zwischen Alterung im Reflow- und Selektivlöten beträgt 48 Stunden. In der Praxis lässt sich eine Verschlechterung der OSP-Beschichtung bereits nach 4 Stunden feststellen. Ein Sn-beschichteter DDR3 Stecker wurde aufgrund seiner hohen Anschlusspindichte von 240 Pins mit 2-mm-Pitch gewählt.

Damit können genügend Testergebnisse generiert werden, um ein Durchstiegsverhalten beurteilen zu können. Die zusätzliche Schwierigkeit der Brückenbildung des Steckers fällt ausserhalb des Erfassungsbereiches dieser Fallstudie. Ein DD3 Stecker findet oft in der Computertechnologie für ‚board-to-board‘-Verbindungen seinen Einsatz.

Die Tests werden auf einer Ecoselect 1 Selektivlötanlage von Ersa durchgeführt, unter Verwendung einer Standard SnCu Legierung und der niedrigschmelzenden Legierung LMPA-Q. Eine 14-mm-Düse erlaubt den Stecker in einem Vorgang zu löten. Die benetzbare Stickstoff-umflutete Düse gewährleistet stabile und wiederholbare Lötbedingungen. Als Flussmittel wird das wasserbasierte SelectIF 2040 für alle Leiterplatten eingesetzt. Um Prozesszeit einsparen zu können, werden beim Selektivlöten zeitweilig tiefere Vorheiztemperaturen in Kombination mit höheren Löttemperaturen verwendet. Eine Vorheizung von 80°C, gemessen an der Oberseite der Leiterplatte, wird für alle Leiterplatten angewandt. Der Test startet mit einer Löttemperatur von 285°C für beide Legierungen. Dabei handelt es sich um eine Standardtemperatur für das Selektivlöten mit konventionellen bleifreien Legierungen. Die Löttemperatur wird schrittweise reduziert. Für jede Löttemperatur wird die Lötgeschwindigkeit schrittweise erhöht, mit 5 mm/s als Anfangsgeschwindigkeit.

Testergebnisse und Diskussion

Alle Leiterplatten werden unter einem Mikroskop und mit X-Ray inspiziert.

Der Durchstieg wird in 4 Kategorien unterverteilt:

1) +100 % bedeutet dass die Durchkontaktierung vollständig gefüllt ist mit Meniskus.

2) 100 % bedeutet dass die Durchkontaktierung vollständig gefüllt ist ohne Meniskus

3) –100 % bedeutet dass die Durchkontaktierung zwischen 70 % und 100 % gefüllt ist

4) –70 % bedeutet dass die Durchkontaktierung weniger als 70 % gefüllt ist.

In der Tabelle mit den Lötergebnissen werden erste Zeichen von nicht Benetzung der OSP-Beschichtung auf der Lötseite der Leiterplatte mit einem roten Asterisk gekennzeichnet.

Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede zwischen Leiterplatten, gealtert mit einem Standard bleifreien Reflowprofil sowie Leiterplatten, gealtert mit einem Reflowprofil für das niedrigschmelzende Lot LMPA-Q.

Die Leiterplatten gealtert mit einer Peak-Temperatur von 240°C zeigen konsequent einen schlechteren Durchstieg als die Leiterplatten, gealtert mit einem Peak-Temperatur von 200°C.

Es findet sich nahezu kein Unterschied zwischen den nicht gealterten Leiterplatten und den mit einer Peak-Temperatur von 200° gealterten. Weiterhin sind Zeichen von nicht Benetzung fast nur bei den Leiterplatten erkennbar, welche mit einem Peak von 240°C gealtert sind. Die LMPA-Q Legierung hat besseren Durchstieg als eine Standard SnCu-basierte Legierung bei gleichen Lötparametern. Dieses Ergebnis war wegen der niedrigeren Schmelztemperatur der LMPA-Q Legierung und demzufolge dem größeren thermischen Prozessfenster zu erwarten.

Schlussfolgerung

Die Degradierung der OSP-Beschichtung wird von der Peak-Temperatur des Reflowprofils beeinflusst. Ein Standard bleifreies Reflowprofil hat einen bedeutend stärkeren negativen Einfluss auf den Durchstieg und nicht Benetzung, als ein Reflowprofil für niedrige Schmelztemperaturen. Dagegen zeigen Leiterplatten, gealtert mit einem Refowprofil für die LMPA-Q Legierung, fast die gleichen Lötergebnisse auf, wie nicht gealterte Leiterplatten.

Der Einsatz von niedrigschmelzenden Legierungen kann das Degradierungsproblem der OSP-Beschichtung eliminieren und die allgemeine Anwendung dieser Beschichtung fördern.

Ein zweite Schlussfolgerung ist, dass die LMPA-Q Legierung niedrigere Löttemperaturen sowie schnellere Lötgeschwindigkeiten mit guten Lötergebnissen erlaubt. Dies kann die Durchsatzkapazität von Selektivlötmaschinen erheblich erhöhen.

www.lmpa-q.com

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