Traditionell sind Schutzlacke dünne Polymer-Beschichtungen, die dazu dienen Baugruppen vor korrosiven Bedingungen, wie z. B. Salzsprühnebel, hohe Feuchtigkeit und/oder Kondensation, leitende Partikel, korrosive Gase usw. zu schützen. Schutzlacke bieten zusätzliche Durchschlagfestigkeit und werden verwendet, um Komponenten näher aneinander anordnen zu können, als dies ohne Isolation möglich wäre, und um Whiskerwachstum einzuschränken.
Damit der Schutzlack einen guten Korrosionsschutz und die notwendige Isolierung gegen Funkenüberschlag und gleichzeitig eine ausreichende physische Trennung zur Abschwächung des Whiskerwachstums bieten kann, ist es notwendig, dass das Beschichtungsmaterial alle metallischen Oberflächen in ausreichender Dicke abdeckt. Um die Bedeutung der Schutzlackabdeckung auf die Abschwächung des Whiskerwachstums besser zu verstehen wurde das Informationsblatt IPC TR-57 „Schutzlacke: Der Zustand der Branche“ (Conformal Coatings: The State of the Industry), erstellt. Hierzu wurden hunderte Leiterplatten mit verschiedenen herkömmlichen Lackzusammensetzungen und Auftragungsmethoden beschichtet und nachfolgend die Beschichtungsdicke in Querschnitten sorgfältig geprüft. Die Ergebnisse deckten verschiedene Problempunkte auf: Neben vielen Bereichen mit sehr geringer Abdeckung wurden große Unterschiede in den Schichtdicken auf den verschiedenen Komponententypen festgestellt.
Warum wurde die 2K-Reihe entwickelt?
Zusätzlich zu den im Informationsblatt aufgeführten Abdeckungsproblemen sollen Schutzlacke auch in sehr viel höheren Temperaturbereichen bestehen und viel mehr Temperaturschockzyklen überleben als je zuvor. Die vorhandenen Beschichtungsmaterialien dicker aufzutragen führt nicht unbedingt zu einer besseren Abdeckung, kann aber die in der Beschichtung und somit auf die Baugruppe einwirkenden mechanischen Spannungen erhöhen. Dies kann zu schwerwiegenden Problemen in Temperaturwechselschocktests führen, vor allem bei UV-härtbaren Materialien, die reißen und dann keinen Schutz mehr bieten. Viele herkömmliche Materialien können heute nicht verwendet werden, da sie die neueren Höchsttemperaturanforderungen nicht mehr erfüllen und nicht die erforderliche Abdeckung zum Bestehen der Kondensationstests der großen globalen Automobilhersteller erzielen.
Die 2K-Reihe wurde entwickelt, um diese drei wichtigsten Anforderungen zu erfüllen. Die vernetzten 2KDuroplastmaterialien können höheren Temperaturextremen widerstehen. Des Weiteren erlaubt ihre Rezeptur eine höhere Schichtdicke und bietet so die erforderliche Abdeckung zum Schutz gegen Kondensation, eine Erhöhung der Durchschlagsfestigkeit und eine abschwächende Wirkung auf das Whiskerwachstum, ohne dass die Baugruppe oder der Lack übermäßiger mechanischer Spannung ausgesetzt wird, die zu Rissbildung führen könnte. Die 2K-Reihe ist lösungsmittelfrei, geruchsarm und sicher verarbeitbar, wodurch Nutzer ihre VOC-Emissionen verringern und die Sicherheit ihres Prozesses erhöhen können.
Einsatz eines 2K-Beschichtungssystem
Wenn ein bestehendes Material nicht den gewünschten Schutz für die spätere Betriebsumgebung bieten kann, kann ein 2K-Schutzlack im Vergleich zu herkömmlichen Einkomponenten-Materialien einen erheblich verbesserten Schutz für die gesamte Platine leisten, sei es gegen Kondensation, Eintauchen, korrosive Gase oder sehr feuchte Umgebungen. Die zusätzliche Schichtdicke und Abdeckung ist besonders nützlich in Bezug auf die Verringerung des Whiskerwachstums sowie die Erhöhung der Durchschlagsfestigkeit.
Darüber hinaus sind die Materialien lösungsmittelfrei, gering ausgasend und sehr geruchsarm, wodurch sie gegenüber anderen Zusammensetzungen Gesundheits- und Sicherheitsvorteile bieten.
Haupteigenschaften und Vorteile von 2K-Produkten
Allgemein haben 2K-Produkte 100 % Feststoffanteil, keine Nebenprodukte sowie eine höhere Dicke und Abdeckung. Die Zusammensetzung wurde so gewählt, dass typische Temperaturschockzyklen der Automobil-, Luft- und Raumfahrtbranche bestanden werden und die Zuverlässigkeit der Lötverbindungen so wenig wie möglich beeinträchtigt wird. Von Vorteil ist die schnelle chemische Aushärtung – 10 Min. bei 80 °C für eine vollständige Aushärtung, was zu einem verbesserten Durchsatz und Verringerung der Anzahl unfertiger Erzeugnisse führt. Baugruppen können nach der Aushärtung im Ofen verpackt werden, ohne dass Lösungsmittelgeruch hängen bleibt oder auf ausreichend Feuchtigkeit für den Abschluss des Vernetzungsprozesses zu achten ist.
Auch gibt es einen 2K-Schutzlack (2K850), der primär unter UV Licht und sekundär chemisch aushärtet. Dieser wird unmittelbar berührungstrocken, wenn er Strahlung von eisendotierten Mikrowellenlampen oder LED 365nm-Lampen ausgesetzt wird. LED-Lampen verbrauchen wesentlich weniger Strom, bieten eine höhere Lebensdauer, erzeugen weniger Wärme und stören nicht die Kommunikationssysteme in der Produktion. Zudem kann die Ofenlänge auf 700 mm reduziert werden, da das Licht eine geringere Intensität aufweist und die längeren Wellenlängen weniger schädlich sind.
Für Material in Schattenbereichen des UV-Lichts von großen Komponenten sowie auf der Rückseite von Leitungen und unter Komponenten ist ein sekundärer Aushärtungsprozess erforderlich. Der chemische Aushärtungsprozess der 2K-Materialien geht in einer gleichbleibenden und zuverlässigen Geschwindigkeit (6 Std.) vor sich, wobei kein zusätzlicher thermischer Prozess im Ofen erforderlich ist. Des Weiteren ist die Qualität des Aushärtungsergebnisses nicht, wie bei sekundären Feuchtigkeitshärtesystemen, von weiteren Faktoren abhängig.
Um Anwendern eine bestmögliche Beschichtungsgenauigkeit zu bieten, können 2K-Schutzlacke mit der selektiven Spraymethode oder per Nadelauftrag appliziert werden. Auch fließen diese Schutzlacke nicht wie herkömmliche Beschichtungsmaterialien und bieten deshalb eine bessere Kantenabdeckung. Gleichzeitig werden Probleme mit nicht zu beschichtenden Bereichen wie Anschlüsse, BGAs usw. verringert.
Beispiele für Produkte der 2K-Reihe
2K300 ist ein Elastomer-Polyurethan mit nur geringem E-Modul, welches einen außergewöhnlich hohen Temperaturbereich (langfristige Leistung bei 150 °C) abdeckt, einen herausragenden Isolationswiderstand besitzt, selbst dann wenn die Baugruppe eingetaucht in Flüssigkeiten oder Salzwasser betrieben wird. Das Material zeigt hervorragende Ergebnisse bei Temperaturschocktests (65 °C bis +150 °C), schützt gegen Kondensation sowie Flüssigkeit/Wasser. Des Weiteren ist es gegen Chemikalien wie eine Vielzahl an Lösungsmitteln, Ölen und Getriebeölen beständig. 2K300 bietet eine außergewöhnliche Kantenabdeckung und damit eine Verringerung des Whiskerwachstums sowie eine erhöhte Durchschlagsfestigkeit.
2K850 ist ein unter UV-härtendes Beschichtungsmaterial mit einem zusätzlichen chemischen Aushärtungsmechanismus, der die Aushärtung auch in Schattenbereichen sicherstellt. Das Material ist undurchsichtig. Für eine vereinfachte Nachkontrolle und einen optimalen AOI (Automatische Optische Inspektion) Kontrast ist es auch in leuchtendrot erhältlich. Die Lösung erfüllt die Anforderungen von UL94 V-0, hat einen niedrigen E-Modul, ist elastisch und zeigt genügend Flexibilität, um Temperaturschocks zu widerstehen. 2K850 weist eine Wärmeleitfähigkeit von 0,7 W/m K-1 auf, um erzeugte Wärme gleichmäßig über die gesamte Schutzbeschichtung zu spreizen und so die Bildung von Hot-Spots zu vermeiden. Das Material bietet eine besonders hohe chemische Beständigkeit sowie Schutz gegen Kondensation und Feuchtigkeit.
Prüfung der Produkte inklusive Ergebnisse
Zusätzlich zu den Mindestanforderungen von IPC-CC-830 wurden alle 2K-Materialen getestet, um die Konformität mit dem Automobilstandard BMW GS95011–5 sicherzustellen. Dieser umfasst Tests mit sequenziellem Temperaturschock, korrosiven Gasen, Salznebel und Temperatur- und Feuchtigkeitszyklen. Zusätzlich zum BMW-Standard wurden die Materialien mindestens 1000 Temperaturschockzyklen (-40 °C bis +130 °C) auf eng bestückten, ungereinigten Baugruppen unterzogen, um sicherzustellen, dass auch bei höheren Schichtdicken keine Risstendenz auftritt.
Von zahlreichen Leiterplatten wurden nach der selektiven Beschichtung Schliffbilder erstellt, um diese in Augenschein zu nehmen und sicherzustellen, dass die Anforderungen betreff Abdeckung und Schichtdicke erfüllt werden.
Speziell 2K300 wurde Kondensationstests auf unter Spannung stehenden Baugruppen aus der Automobil-, Luft- und Raumfahrtindustrie ausgesetzt, wobei dieser im Vergleich zur nächstbesten Lösung einen herausragenden Schutz erzielte. Zudem wurden die 2K-Schutzlacke dem BMW-Betauungstest unterzogen und dem neuen Kondensationstest des NPL (britisches National Physical Laboratory) auf SIR-Testplatinen ausgesetzt. Auch hier wurden äußerst positive Ergebnisse erzielt, wobei wenig Unterschied zwischen den feuchten und trockenen Bedingungen in den Prüfzyklen erkennbar war. Höhere Isolationswiderstandswerte und eine schnelle Rückkehr auf vergleichbare Niveauwerte von feuchten und trockenen Bedingungen waren hierbei das angestrebte Ziel. Geringe Isolationswiderstandswerte, die auf einem niedrigen Niveau bleiben, sind ein Zeichen für Korrosion oder elektrochemische Migration (ECM).
Welche Anwendungen eignen sich für 2K?
Mit ihrem hohen Durchsatz und ihrer Eignung für Single-Piece-Flow-Prozesse sind 2K-Materialien besonders für anspruchsvolle Anwendungen in der Automobilindustrie geeignet, wo eine Kombination verschiedenster Anforderungen ein höheres Niveau an Schutz erfordert. Zu diesen Anforderungen gehören: hohe Temperaturbeständigkeit, langfristige Flexibilität zum Überstehen von Temperaturschockzyklen, eine einzigartige Beständigkeit gegen korrosive Gase, aggressive Medien, wie Getriebeöle und Bremsflüssigkeiten sowie Salznebel- und Betauungstests unter Spannung. Zusätzlich hierzu bieten 2K-Lacke Schutz unter Spannung stehender Leiterplatten bei vollständigem Eintauchen in Salzwasser für mindestens 30 Stunden. Auch durch die sich verschärfenden Anforderungen von Flugzeugherstellern an die Funktionalität bei Betauung, sind die Materialien, nicht nur in Automobilanwendungen, sondern auch bei Militär- sowie Luft- und Raumfahrt-Zulieferern beliebt.
Hersteller von Industriesteuerungen und Haushaltsgeräten profitieren ebenfalls vom verbesserten Schutz vor Kondensation, Wassereintritt, korrosiven Gasen sowie der Beständigkeit gegen Insektenschäden.
Sind Änderungen an bestehendem Equipment für die selektive Beschichtung erforderlich?
Electrolube hat eng mit bekannten Herstellern selektiver Beschichtungsanlagen zusammengearbeitet, wie z. B. Anda, PVA und Asymtek. Dies mit dem Ziel, 2K-Applikatoren zu entwickeln und zu testen und so Kunden einen Umrüstsatz für ihr bestehendes Equipment oder eine neue Anlage bieten zu können.
Der Umrüstsatz besteht im Wesentlichen aus Dosierpumpen (und deren Steuerungen), um das richtige volumetrische Mischverhältnis der Materialien sicherzustellen, sowie einem Sprühapplikator, in welchem die Materialien direkt vor dem Aufsprühen gemischt werden. Für detaillierte und präzise Arbeiten ist es auch möglich, das Material mit einer Dosiernadel aufzutragen.
Schlussfolgerung
Bei der Verwendung der empfohlenen höheren Schichtdicken ist es möglich, eine 100-prozentige Abdeckung der Komponenten zu erreichen, was einen sehr hohen Schutz vor Korrosion, Betauung und Eintauchen bietet. Zusätzlich wird Whiskerwachstum einschränkt und eine höhere Durchschlagsfestigkeit erzielt, welches insgesamt die häufigsten Gründe für die Anwendung von Schutzlacken darstellen. Trotz ihrer höheren Schichtdicke und der verbesserten Beständigkeit gegen Chemikalien können einige der 2K-Schutzlacke problemlos nachbearbeitet werden. Die Produktreihe umfasst undurchsichtige und eingefärbte Materialien für eine vereinfachte manuelle Nachkontrolle und einen optimalen AOI (Automatische Optische Inspektion) Kontrast. Auch können diese dazu eingesetzt werden, um Platinendesigns vor neugierigen Blicken zu schützen.
Bei geringeren Schichtdicken bieten die Beschichtungsmaterialien einen erheblich verbesserten Schutz gegenüber herkömmlichen Lacken, da sie besser dazu geeignet sind, Bauteilanschlüsse und Kanten abzudecken.
Die lösungsmittelfreie Reihe der 2K-Schutzlacke verbessert die Zuverlässigkeit von Baugruppen in Automobil-, Luft- und Raumfahrt- sowie Industrieanwendungen, während sie gleichzeitig schneller aushärten, geruchsarm sind und bessere Arbeitsschutzeigenschaften aufweisen, als andere 100%-Feststofftechnologien wie z. B. unter UV aushärtende Acryllacke.
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