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Employer Branding und neue Wege im Personalmarketing

Der Herausforderung des Fachkräftemangels zielgerichtet begegnen
Employer Branding und neue Wege im Personalmarketing

Das Problem des Mangels an Fachkräften, Auszubildenden, Praktikanten und Ferienjobbern beschränkt sich inzwischen nicht mehr nur auf einige „Brennpunktbranchen“. Es entwickelt sich zunehmend zu einer allgemeinen unternehmerischen Herausforderung. In diesem Kontext werden bei Unternehmen der Fertigungs- und Prüftechnik für die Elektronikindustrie vielfach nur die gängigen Maßnahmen des Personalmarketings genutzt. Es gibt jedoch eine Reihe von unausgeschöpften Potenzialen und von neuen Wegen der Fachkräftegewinnung.

Fokussiert man im Personalmanagement nicht nur auf Einzelmaßnahmen zur Gewinnung von Fachkräften, sondern geht das Problem ganzheitlich an, dann rücken neben rein operativen auch unternehmensstrategische Aspekte in den Fokus. Deshalb bedarf es einer Auseinandersetzung mit dem sogenannten Employer Branding.

Arbeitgebermarke entwickeln

Dieses Schlagwort ist zwar in aller Munde. Doch nicht immer ist klar, was konkret darunter zu verstehen ist und was in der Praxis eines Investitionsgüterherstellers für die Elektronikindustrie getan werden kann, um den Begriff mit Leben zu füllen. Unter Employer Branding versteht man den Prozess der Positionierung als Arbeitgebermarke in interner und externer Hinsicht. Die Employer Brand ist dann das unverwechselbare Bild des Unternehmens als Arbeitgeber gegenüber den bestehenden und potenziellen Mitarbeitern. Es stellt sich nun die Frage, wie eine Employer Brand entwickelt werden kann. Betroffene Unternehmen sollten eine Unternehmensanalyse vornehmen, um die eigenen Stärken und Schwächen in Hinblick auf die Arbeitgeberattraktivität herauszuarbeiten. Methodisch eignet sich hierfür eine professionell moderierte Arbeitssitzung mit den relevanten Personen des Unternehmens durch einen externen Moderator.

Der Sicht aufs eigene Unternehmen ist eine Zielgruppenanalyse zur Segmentierung des Arbeitsmarktes in homogene Teilmärkte hinzuzufügen. Dabei geht es um das Erkennen und Analysieren der Bedürfnisse, Einstellungen und Präferenzen der Mitarbeiter und Bewerber. Als dritter Analyse-Baustein ist die Wettbewerbssituation zu betrachten. Nach einem Abgleich der jeweiligen Analyseergebnisse folgt die Zielformulierung für das Employer Branding. Daraus lässt sich die sogenannte Employer Value Proposition (EVP) bestimmen, die ein Alleinstellungsmerkmal eines Unternehmens gegenüber der Konkurrenz am Arbeitsmarkt darstellt und ein Wertversprechen gegenüber den Mitarbeitern und Bewerbern enthält. Im Falle eines Herstellers von Lötautomaten könnte diese lauten: „Bei der Soldering Machines GmbH erfahren Sie besondere Anerkennung als Mitglied eines hochmotivierten und zielstrebigen Teams. Mit unserer High-Tech-Ausstattung erbringen Sie eine für unsere Kunden besonders wertschätzende Tätigkeit“. In einem weiteren Schritt gilt es, diese entsprechend zu kommunizieren.

Dabei sollte nicht nur einseitig auf „trendige“ Maßnahmen abgezielt werden, sondern ein zielgruppenorientierter Mix aus klassischen Maßnahmen, aus Maßnahmen mit unausgeschöpften Potenzialen sowie Maßnahmen, die neue Wege beschreiten, kreiert werden. Auf diese Art und Weise kann eine Hebelwirkung bei der Gewinnung von vor allem aktiv, aber auch latent suchenden Bewerbern erzielt werden.

Pressearbeit erweitern

Pressearbeit ist als etablierte Maßnahme der Kommunikationspolitik eines jeden Unternehmens zu verstehen. Unter den Ausrüstern von Elektronikunternehmen sind es meist größere Unternehmen, die regelmäßig Pressearbeit betreiben. Doch auch bei diesen Unternehmen wird das Thema der Fachkräftegewinnung nicht immer ausreichend in der Pressearbeit berücksichtigt. Durch Pressearbeit sollte somit nicht nur zu einer nachhaltigen Erhöhung des Bekanntheitsgrades in vertrieblicher Hinsicht, sondern auch zur Verbesserung der Positionierung am Arbeitsmarkt und somit zum Employer Branding beigetragen werden. Folglich ist es notwendig, die Ziele und Zielgruppe der Pressearbeit auf aktiv und latent suchende Bewerber auszudehnen. Bei der Gestaltung des Presseverteilers bedarf es also Medien, die nicht nur branchentypisch und vertriebsorientiert sind, sondern auch aus Sicht der potenziellen Bewerber genutzt werden. Dass ein gesuchter Elektronikingenieur einschlägige Fachzeitschriften liest, liegt nahe. Er liest aber auch, vielfach aus berufsfremden Gründen, regionale und überregionale Tageszeitungen. Hat ein größeres Unternehmen Bedarf an einem IT-Leiter, dann macht es Sinn, auch Fachzeitschriften gerade jener Berufsgruppe im Presseverteiler zu berücksichtigen. Für die Erweiterung der Pressearbeit bedarf es neben dem Presseverteiler aber auch einer adäquaten Themenplanung im Kontext des Employer Branding. Es sind Inhalte erforderlich, die für die neu in den Presseverteiler aufgenommenen Medien Innovationscharakter haben und Attraktivität ausstrahlen. So können beispielsweise Pressemitteilungen und Presseberichte zu Themen wie selbst organisierte Events (Azubitage, Girlsday etc.) oder die Teilnahme an regionalen Jobmessen verfasst werden.

Jobs und Events bei Twitter

Twitter als soziales Netzwerk mit mittlerweile ca. 12 Mio. Nutzern in Deutschland wird zwar von vielen Unternehmen für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit und des Marketings genutzt. Doch gibt es auch Unternehmen, die Twitter noch gar nicht oder zumindest nicht im Kontext des Employer Branding und des Personalmarketings nutzen. Es geht also zum einen um die Darstellung der Arbeitgebermarke und zum anderen um die Kommunikation mit aktiv und latent suchenden Bewerbern. Hierzu können Unternehmen Jobtweets und Eventtweets verfassen. Mit Jobtweets werden Stellenangebote mit einem Link auf die eigene Karriereseite kostenlos gepostet. Mit Eventtweets lassen sich die oben genannten Events verbreiten. Diese Standard-Tweets lassen sich durch gesponserte Tweets dahingehend unterstützen, dass sie eine gezielte Reichweitenerhöhung des Job- und Eventpostings erfahren. Die gesponserten, d.h. kostenpflichtigen Tweets werden auktionsbasiert geschaltet. Von besonderem Interesse sind die Sekundäreffekte von Jobtweets am Arbeitsmarkt. Auf Job-Aggregatoren, wie zum Beispiel der Echtzeit-Jobsuchmaschine „jobtweet.de“, werden aus Twitter herausgefilterte Stellenangebote veröffentlicht. Sie sind meist auch bei Google sehr gut auffindbar.

Vielfalt von Xing erkennen

Bei XING als dem führenden sozialen Netzwerk für berufliche Kontakte mit ca. 13 Millionen Mitgliedern im deutschsprachigen Raum ist im beruflichen Kontext kaum jemand nicht zu finden. Trotz intensiver Nutzung wird das Potenzial von Xing in Hinblick auf aktiv und latent suchende Bewerber aufgrund der Vielfalt an Möglichkeiten und der fehlenden Bekanntheit derselben oftmals nicht ausgeschöpft.

Das Xing-Profil lässt sich auf der Grundlage einer Basis- oder einer kostenpflichtigen Premiummitgliedschaft nutzen. Letztere bietet im Kontext des Recruiting zusätzliche nutzvolle Features.

Mit der Buchung des kostenpflichtigen Employer Branding Profils lässt sich das eigene Unternehmen sowohl auf Xing als auch auf kununu am Arbeitsmarkt zielgerichtet und umfassend präsentieren.

Durch das Schalten von kostenpflichtigen Stellenanzeigen im Xing-Stellenmarkt finden aktiv suchende Bewerber die Stellenangebote des Unternehmens. Die geschalteten Stellenanzeigen werden darüber hinaus einer Vielzahl von aktiv und latent Suchenden auch in ihrem Profil angezeigt. Ferner werden die Stellenanzeigen bei Xing auch als organische Suchtreffer bei Google dargestellt.

Besonders interessant ist die kostenlose Nutzung der ca. 90.000 Fachgruppen, die im Wesentlichen eine themenspezifische Informationsplattform und ein Diskussionsforum darstellen. Dort kann durch Beiträge auf die eigenen Stellenangebote aufmerksam gemacht werden. Vielfach ist es dort auch möglich, kostenlose zielgruppenorientierte Stellenangebote zu platzieren. Für die Elektronikbranche gibt es fast 50 Xing-Fachgruppen mit unterschiedlichem inhaltlichen Schwerpunkt und Mitgliederzahlen von bis zu über 9000. Auch die EPP hat zu Jahresbeginn eine Fachgruppe eingerichtet. Richtet man den Blick aber auch auf branchenfremde, eher berufsspezifische Gruppen, die am konkreten Stellenangebot ausgerichtet sind, tut sich ein sehr großes Feld an Fachgruppen auf. Ähnlich wie Stellenangebote lassen sich auch Recruiting-Events bei Xing veröffentlichen. Es gibt eine kostenlose und eine kostenpflichtige Variante.

Renaissance der Stellenanzeige

Nachdem das Internet in Form von Jobbörsen und ähnlichem zu einem deutlichen Rückgang der Schaltungen von Stellenanzeigen in Printmedien geführt hat, hat dies zur Folge, dass die einzelne Stellenanzeige wieder mehr Aufmerksamkeit erzeugt und nicht mehr neben vielen anderen unberücksichtigt bleibt. Somit weist die traditionelle Stellenanzeige durchaus Potenzial bei der Gewinnung von Fachkräften auf.

Neue Wege mit Google Ads

Einen besonders hohen Innovationsgrad und sehr großen Erfolgsbeitrag bei der Gewinnung von Fachkräften sind den sogenannten Google Ads (früher Google AdWords) beizumessen.

Vielfach wird verkannt, dass laut der „Candidate Experience Awards“-Studie inzwischen bereits ein Drittel aller Bewerber über Suchmaschinen wie Google nach Stellenangeboten suchen.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, warum Fachkräfte, die bei Google nach Jobs für Ingenieure im Kontext Elektronik suchen, zwar, je nach Suchbegriffen, die Anzeigen von Jobbörsen eingeblendet bekommen, jedoch meist nicht die Stellenangebote eines einzelnen Unternehmens. Diese Stellenangebote finden sie vielfach erst in den Jobbörsen selbst. Dort stoßen sie aber auch auf konkurrierende Stellenangebote.

Die Anzeigen heißen Google Ads. Klickt sie der Bewerber an, wird er auf die sogenannte Landing Page weitergeleitet, die das Stellenangebot, zum Beispiel eines Anbieters von Flying-Probe-Systemen, zum Gegenstand haben kann. Google Ads sind den meisten Unternehmen als Personalmarketing-Maßnahme noch unbekannt. Somit liegt darin die Chance, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz am Arbeitsmarkt zu erzielen. Google Ads sind als Maßnahme des Online-Marketings zu verstehen und gehören zur Suchmaschinenwerbung (SEA). Sie sind nicht zu verwechseln mit der Suchmaschinenoptimierung (SEO), die gegenüber Google Ads immer mehr an Sichtbarkeit und Bedeutung verliert.

Google Ads ermöglichen eine zielgruppenspezifische Ausrichtung auf aktiv und latent Suchende bei hoher Effizienz- und Kostenkontrolle. Interessenten werden zur Kontaktaufnahme animiert und die Zahl der eingehenden Bewerbungen erhöht sich.

Aus eigener Google Ads-Beratererfahrung kann gesagt werden, dass die Vornahme der Einstellungen sowie die Erstellung von Kampagnen, Anzeigengruppen, Keywords und Anzeigen relativ komplex sind, so dass die meisten Unternehmen hier ohne externe Hilfe keine brauchbaren Ergebnisse erzielen. Die Erfolgskontrolle erfolgt anhand von Online-Kennzahlen, die die Grundlage dafür bilden, eine regelmäßige Optimierung und Weiterentwicklung der Kampagnen vorzunehmen, so dass möglichst viele zielgruppenrelevante Suchenden die Anzeigen eingeblendet bekommen, sie anklicken und sich bewerben.

Fazit

Mit zunehmendem Verdrängungswettbewerb am Arbeitsmarkt bedarf es der Thematisierung des Employer Brandings und der Nutzung unausgeschöpfter Potenziale bekannter Maßnahmen. Um aber einen deutlichen Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu erzielen, sollten auch neue Wege wie Google Ads eingeschlagen werden. Neue Wege sind allerdings nur solange erfolgsträchtig, wie sie von den Wettbewerbern um das Humankapital von morgen noch nicht erkannt wurden.

www.fachkraefte-gewinnen.com; www.hettmer.com


Der Autor Dr. Oliver Hettmer ist Leiter des Steinbeis-Transferzentrums Management_seminare & Mittelstandsberatung in Winnenden, Telefon (07195) 9080080, www.fachkraefte-gewinnen.com. Die Steinbeis-Einrichtung ist unter anderem auf die Gewinnung von Fachkräften spezialisiert. Hierzu werden Beratung, Vorträge und Seminare in Verbindung mit Fördermitteln angeboten.

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