Gelabelte Daten als Grundlage
Bei der Verifikation müssen erfahrene Bedienerinnen und Bediener die im automatisierten Prozess aussortierten Grenzfälle richtig beurteilen und klassifizieren. Der Unterschied zwischen „Produkt doch schon fehlerhaft“ oder „Produkt gerade noch akzeptabel“ kann minimal sein, weshalb gesammelte „Bildbasen“ mit gelabelten Prüfergebnissen wertvolle Hilfestellung leisten. Füttert man mit diesen Informationen KI-Modelle, eröffnen sich dank Deep Learning neue Möglichkeiten für effiziente Arbeitsabläufe. Die KI lässt sich in einem ersten Schritt als Zweitmeinung einbinden. Das bedeutet, dass die Software im Modus „Vier-Augen-Prinzip“ unscheinbar im Hintergrund mitarbeitet und die Klassifikation des Operators prüft. Bemerkt die künstliche Intelligenz eine Abweichung von der eigenen Entscheidung, gibt sie in Prozent einen Konfidenzlevel aus, der anzeigt, wie sicher sie sich ihrer Bewertung des vorliegenden Einzelfalls ist. Die finale Entscheidung für die Klassifikation liegt trotzdem immer noch beim Mitarbeiter.
Menschlichen Fehlentscheidungen z. B. wegen Übermüdung, wird auf diese Weise vorgebeugt und die Qualität der Produkte und der gesammelten Daten weiter verbessert. Alle Klassifikationen der KI und des Bedienpersonals werden gespeichert und können später für Auswertungen abgerufen werden. Der Kompetenz des Operators wird damit transparent die Leistungsfähigkeit der KI gegenübergestellt. Erweist sich die künstliche Intelligenz in Teilbereichen als besonders zuverlässig, kann man ihr in diesem klar abgesteckten Feld die Entscheidungsgewalt überlassen und z. B. nur durch Einbeziehung eines Vorgesetzten eingrenzen. In weiteren Schritten wird in einer White List festgelegt, wo die KI völlig autonom agieren darf. Viscom setzt die flexibel nutzbare KI-gestützte Verifikation für seine vVerify-Klassifikationssoftware ein.
Zielsicheres Segmentieren von Objekten
Ein großer Vorteil von KI in der Bildverarbeitung ist, dass sie sich nicht von Störfaktoren beirren lässt und Objekte sehr zielgenau erkennt. Das können die Verläufe von Drahtbonds sein oder etwa Anoden und Kathoden von Batteriezellen. In dem Zusammenhang hört man immer wieder das Wort Segmentierung, wobei es im Grunde genommen darum geht, in einem smart automatisierten Prozess zu entscheiden, welcher Pixel noch zu einem bestimmten Objekt gehört und welcher mit sehr hoher Sicherheit nicht. Die Informationen stehen dann anderen Prüfalgorithmen zur Verfügung, die damit entsprechend weiterarbeiten. Im Bereich des Röntgens lassen sich so z. B. Voids in Lötstellen segmentieren und damit exakt identifizieren und vermessen. Störende Abschattungen im Röntgenbild retuschiert die Anwendung zielsicher heraus. Es ist noch gar nicht so lange her, dass sich hier Schichtbilder aus 3D-Röntgenaufnahmen in der Praxis durchgesetzt haben – doch je nach vorgegebenen Prüfkriterien eröffnet KI nun Möglichkeiten, in 2D und bei schnelleren Taktzeiten mit dieser Prüfmethode zu konkurrieren. Beide Ansätze lassen sich auch kombinieren.
Autonome Bauteilerkennung
Künstliche Intelligenz kann zudem sehr gut Bauformen erkennen. Dies erfolgt auf Basis von gesammelten Informationen über Formen und Geometrien der Komponenten und ermöglicht eine noch einfachere Erstellung und Optimierung von Prüfplänen. Auch die Zuordnung der richtigen Prüfmuster erfolgt dabei automatisch. Hat man die passenden Werkzeuge und Informationen zur Hand, kann ein Prüfprogramm für die automatische optische Inspektion mit etablierten Methoden auch ohne KI schon in wenigen Minuten erstellt werden. Sind allerdings ECAD- und BOM-Daten nicht vorhanden, bietet der neue Ansatz immense Vorteile. Insbesondere in der High-Mix-Low-Volume-Fertigung sieht man aktuell großes Potenzial für eine KI-basierte Prüfprogrammerstellung.
Vernetzter Zugriff auf Informationen
Damit ein KI-Modell sich selbst optimieren kann, muss es auf möglichst viele Erfahrungswerte zurückgreifen. Von anonymisierten Daten mehrerer Elektronikfertiger können z. B. gebündelt alle Akteure gemeinsam profitieren. Damit für solche und andere Einsatzfelder ein effizienter Informationsaustausch (Datensammlung) gewährleistet ist, baut Viscom seine Cloud-Infrastruktur aus. Datenmanagement-Lösungen bilden eine von mehreren Säulen der digitalen Mehrzweck-Plattform vConnect von Viscom, zu der auch das standortübergreifende Condition Monitoring gehört. Intelligente Anwendungen greifen auf relevante Informationen zu, die den Zustand der Systeme praktisch in Echtzeit aufzeigen. So werden Unregelmäßigkeiten und Abweichungen schnell aufgedeckt. Visualisierungen über aussagekräftige Dashboards geben dem verantwortlichen Personal auf ihren Smartphones, Tablets und anderen Endgeräten ortsunabhängig einen strukturierten Überblick. Damit eröffnet sich ein weiteres Einsatzgebiet für KI, das unter dem Begriff Predictive Maintenance bekannt ist. Mit Hilfe der Daten werden Maschinenzustände und -ausfälle immer besser vorhergesagt werden können und ermöglichen ein rechtzeitiges Handeln, bevor die Störung oder der Ausfall eintritt.
Mehr über die Inspektionstechnologien von Viscom erfahren Sie hier: www.viscom.com