EPP: Was hat Sie dazu motiviert, Geschäftsführer von Hannusch zu werden?
Michael Hannusch: Durch das Aufwachsen und Miterleben der Selbstständigkeit meiner Eltern habe ich mich schon früh mit der Arbeit eines Geschäftsführers beschäftigt. Als vor einigen Jahren das Thema Betriebsnachfolgeregelung zur Sprache kam, war es für meine Mutter bzw. mich schnell klar, dass wir die Nachfolge innerhalb der Familie regeln wollen.
Was unterscheidet Ihr Unternehmen von anderen EMS-Dienstleistern auf dem Markt?
Ich denke alle EMS-Dienstleister unterscheiden sich in gewissen Dingen. Sei es die Größe, das Portfolio oder auch die Ausrichtung. Für die Firma Hannusch spricht, dass wir trotz einer kleinen bis mittleren Größe eine hohe Vielfalt an Prozessen und Möglichkeiten anbieten können.
Wie hat sich Hannusch Industrieelektronik seit der Gründung entwickelt?
Die Firma hat sich seit der Gründung 1988 in einer alten Tankstelle über mehrere Mietverhältnisse und entsprechend nicht idealen Bedingungen bis 1998 zum ersten eigenen Firmengebäude zwar langsam, aber stetig entwickelt. Deutliche Veränderungen haben die Einführung einer SMT-Linienbestückung im Jahr 2008 sowie die Erweiterungen auf 3 Linien in den folgenden Jahren herbeigeführt. Mit Verdoppelung der Fertigungsfläche im Jahr 2014 konnten wir unsere Kunden mit einem größeren Fertigungsumfang sowie mehr Kapazität unterstützen.
Welche neuesten Technologien und Trends haben Sie in Ihrer Produktion implementiert?
Das Jahr 2024 steht im Zeichen von großen Veränderungen, hauptsächlich was die Oberflächenmontage angeht. So wurde zu Beginn des Jahres eine neue Fertigungslinie mit Bestückungssystemen SX der dritten Generation aus dem Hause ASMPT, ein Konvektionsofen der neusten Generation aus dem Hause Rehm, AOI- und SPI-Systeme von Koh Young sowie Drucker und Handling von Ekra bzw. Asys ausgebaut. Zusätzlich haben wir in ein fertigungsnahes Lager der Firma Essegi investiert.
Wie stellt Ihr Unternehmen sicher, dass es technologisch auf dem neuesten Stand bleibt?
Wir sehen uns stets als Partner unserer Lieferanten und Kunden. Im engen Austausch können wir so die Anforderungen der Kunden frühzeitig erfassen und auch mit den Lieferanten abstimmen. Viele Themen gab es vielleicht auch schon in einer abgewandelten Form, somit können wir hier schnell auf die Anforderungen reagieren. Technologietage oder auch Messen stellen zudem immer eine gute Möglichkeit dar, um den direkten Austausch voranzubringen.
Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die Qualität Ihrer Produkte zu garantieren?
Wir analysieren jede Produktion und erfassen die Problemstellen. Auch haben wir bereits im letzten Jahr alle Bestückungslinien mit SPIs ausgestattet und haben mit unseren Druckern einen Closed-Loop-Prozess durchgeführt.
Welchen Führungsprinzipien folgen Sie, um Ihr Team zu motivieren und zu leiten?
Wir versuchen generell von unseren Mitarbeitern eine gewisse Eigenverantwortlichkeit einzufordern. Dies führt dazu, dass sie offener sind, um Problemstellen zu sehen und Verbesserungen bzw. Änderungen einzubringen. Letztendlich muss nicht jede Entscheidung in der Geschäftsleitung getroffen werden.
Was sind die größten Herausforderungen, denen Sie als junger Geschäftsführer gegenüberstehen?
Ich denke, dass alle Geschäftsführer sich mit ähnlichen Themen auseinandersetzen müssen. Das Alter spielt hier eine untergeordnete Rolle. Die größte Herausforderung der kommenden Jahre wird der Generationenwechsel sowie unsere schnelllebige Zeit darstellen. Dies führt dazu, dass wesentlich mehr Zeit in die Dokumentation der Erfahrung älterer Kollegen gesteckt werden sollte. Denn die bevorstehende und nennen wir es „drohende“ Rente der Babyboomer wird zu einem gewaltigen Wissensverlust in der Wirtschaft führen.
Wie schaffen Sie es, eine Balance zwischen Innovation und bewährten Verfahren zu finden?
Die Balance entsteht meist durch die tägliche Arbeit. Viele „ältere“ Prozesse werden immer noch von Kunden benötigt oder lassen sich nicht 1:1 durch neue Prozesse abbilden. Somit wird während einer Übergangszeit beides parallel gefahren und entsprechend analysiert, ob Prozesse durch neue bzw. innovativere Verfahren abgelöst werden können. Allerdings sind wir trotz allem dennoch ein eher konservatives Unternehmen.
Wer sind Ihre Hauptkunden und wie pflegen Sie diese Beziehungen?
Unsere Hauptkunden kommen aus der Halbleiter-Branche und der Industrie. Wir arbeiten hier im engen Austausch, auch häufiger mit mehreren Meetings pro Monat. Zudem ist der persönliche Kontakt für uns sehr wichtig. So können wir gewährleisten, dass auch wirklich alles richtig kommuniziert wird. Meiner Meinung nach ist dies über Onlinemeetings nicht immer gegeben.
Wie identifizieren und erschließen Sie neue Marktchancen?
Tatsächlich haben das bisher meist unsere Kunden für uns übernommen. Soll heißen, Innovationen und Veränderungen unseres Prozessportfolios sind meist durch Anforderungen unserer Kunden oder auch z.B. Kapazitätsengpässen getrieben. Da im Normalfall eine Einführung eines neuen Prozesses auch wieder Chancen bietet, entstehen diese Chancen im selben Zuge.
Welche Strategien wenden Sie an, um auf Marktveränderungen zu reagieren?
Wie bereits erwähnt, sind wir eher ein konservativ agierendes Unternehmen, was zur Folge hat, dass beispielsweise unser Warenbestand eher höher als niedriger ist. Insofern hat dies gerade in den letzten Jahren mit Blick auf Allokation und Corona dazu geführt, dass wir oft noch lieferbereit waren.
Welche Maßnahmen ergreift Ihr Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit und umweltfreundlicher Produktion?
Wir haben seit mehreren Jahren eine Photovoltaikanlage auf unserem Firmengebäude installiert und können hier einen nicht unerheblichen Teil unseres Stroms durch Eigenproduktion abbilden. Auch nach der Erweiterung der Produktionsfläche von 2.000 m² auf 4.000 m² wurde die Leistung, die für z.B. die Heizung aufgebracht werden musste, nicht erhöht, realisiert durch Nutzung der Anlagenabwärme. Auch im Bereich der EDV konnte durch eine Umstellung der Serverlandschaft die benötigte Energie weiter deutlich reduziert werden.
Was sind Ihre kurz- und langfristigen Ziele für das Unternehmen? Wo sehen Sie Hannusch Industrieelektronik in den nächsten fünf bis zehn Jahren?
Kurz- und mittelfristig wird unser Unternehmen weiter in der Digitalisierung ausgebaut. Wir wollen möglichst viele Prozesse weiter automatisieren. Jedoch bedeutet das nicht, dass wir unser Personal durch Maschinen ersetzen, sondern wir wollen unsere Kapazität erhöhen. Nach aktuellem Stand sind wir bestrebt, das Wachstum der letzten Jahre auf einem stabilen Niveau zu halten. Um uns auf Dauer unabhängiger vor den Schwankungen in den diversen Bereichen zu machen, möchten wir uns diesbezüglich breiter aufstellen.
Welche großen Änderungen oder Innovationen erwarten Sie in Ihrer Branche in der nahen Zukunft?
Meiner Ansicht nach werden die automatisierten Prozesskorrekturen oder Analyse von Prozessdaten über KI-gestützte Systeme in den kommenden Jahren zunehmen. Prozesse und Fertigungslinien werden aus darüber liegenden Systemen automatisiert angesteuert und somit die Möglichkeit geschaffen, schon bei geringen Stückzahlen einen optimalen Prozess fahren zu können.
Wie sehen Sie die Zukunft der EMS-Branche und welche Rolle wird Ihr Unternehmen darin spielen?
Auch aufgrund des Rücktransfers aus Asien sehe ich derzeit die Zukunft der EMS-Branche positiv. Natürlich wird es immer Branchen geben, die schwächere Zeiten durchleben. Allerdings sehen wir bei unseren Kunden, dass noch sehr viele Projekte in der Entwicklung sind, auch gute Ideen für zukünftige Projekte vorhanden sind. Wir werden hier versuchen, so gut wie möglich sowohl Bestands- als auch Neukunden zu unterstützen. Wir gehen davon aus, dass wir unseren Platz in der Branche halten bzw. verfestigen können.
Welche neuen Dienstleistungen oder Produkte planen Sie, in den kommenden Jahren einzuführen?
Wir wollen hier, wie auch schon in der Vergangenheit, gemeinsam mit unseren Kunden Prozesse definieren, die wir dann auch flächendeckend bei den Kunden einsetzen können. Eines der Themen ist hier das Laserbeschriften von Leiterkarten oder eventuell auch ein Flying Probe System.
Was motiviert Sie persönlich jeden Tag?
Das mag abgedroschen klingen, aber ich bin in der glücklichen Lage, mein Hobby zum Beruf gemacht zu haben. Somit kann ich jeden Tag etwas machen, das ich gerne mache. Hinzu kommt natürlich, dass es sehr schön ist, die Entwicklung der letzten Jahre, ja Jahrzehnte zu verfolgen und auch mitzubestimmen. Das stellt eine riesige Motivation dar.
Was war Ihr stolzester Moment als Geschäftsführer bisher?
Mein stolzester Moment war es, die Möglichkeit zu erhalten, das Lebenswerk meiner Mutter weiterführen zu können und zu dürfen. Ich sehe dies nicht als Selbstverständlichkeit an und bin jeden Tag dankbar für diese Möglichkeit. Vor allem, dass wir einen Weg gefunden haben, gemeinsam hier aktiv die Geschichte der Firma weiter zu gestalten.
Wie balancieren Sie Ihre beruflichen und persönlichen Verpflichtungen?
Das ist keine einfache Frage. Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung meiner Familie hauptsächlich im privaten Bereich. Natürlich versuche ich hier nach Möglichkeit alle „wichtigen“ Dinge mitzuerleben, auch wenn dies unter Umständen schwierig sein kann. Die private Organisation übernimmt meine Frau.
Welchen Rat würden Sie jungen Unternehmern oder angehenden Geschäftsführern geben?
Den einzigen Rat, den ich jedem Unternehmer geben kann, ist wie auch schon erwähnt, dass der Beruf nach Möglichkeit keine „Arbeit“ darstellen sollte. Wenn es jeden Tag Freude macht, zur Arbeit zu gehen, ist auch mit Sicherheit jegliche Hürde einfacher zu meistern und steckt dies besser weg.
Herr Hannusch, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben.