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Das Leistungsspektrum der productware umfasst die komplette Bandbreite einer qualitätshohen Baugruppenfertigung, realisiert durch 70 gut ausgebildete und hochmotivierte Mitarbeiter sowie modernen Produktionsanlagen und Testeinrichtungen. Das 30jährige Jubiläum wurde von der Redaktion EPP, Doris Jetter, genutzt, um mit den beiden Geschäftsführern Marco Balling und Herbert Schmid, der seinerzeit auch Gründungsgesellschafter des Unternehmens war, ein Interview zu führen.
Sie feiern 30 Jahre Unternehmensbestehen.
Was hat sich in dieser Zeit für Sie als EMS-Dienstleister aufgrund der gestiegenen Anforderungen der Kunden geändert?
Herbert Schmid: Unser Unternehmen wurde 1988 als Nachfolgegesellschaft der DLI Dolch Logic Instruments GmbH, seinerzeit Pionier und technologischer Vorreiter im Bereich modernster Computer-Messsysteme und Logikanalysatoren, unter dem Namen Protronik GmbH, gegründet. Ein Jahr darauf haben wir das Unternehmen dann in productware GmbH, unserem heutigen Namen, umbenannt.
Als heutiges Tochterunternehmen der Controlware-Holding-GmbH ist productware ein etabliertes und technologisch modernst ausgestattetes EMS-Dienstleistungsunternehmen mit 70 Mitarbeitern und einem jährlichen Umsatz von rund 16 Millionen Euro.
Seit unserer Gründung bin ins neue Jahrtausend hinein, haben wir fast ausschließlich für die Controlware selbst und in der Gruppe verbundene Unternehmen gefertigt. So waren wir auch maßgeblich an der Realisierung der Controlware-Eigenproduktpalette beteiligt und produzierten unter Anderem anspruchsvolle Telekommunikationsprodukte, zum Einsatz internationaler Backup-Netze via ISDN.
Mit dem Zusammenbruch des neuen Technologiemarktes ab dem Jahre 2000, verbunden mit drastischen Umsatzeinbrüchen in der gesamten IT-Branche, musste productware sich daraufhin in einem sehr kurzen Zeitraum völlig neu ausrichten und sich dem Fremdkundenmarkt und auch hin zu anderen Branchen öffnen.
Das war der eigentliche Start unseres Unternehmens in die EMS-Branche.
Bereits im Jahre 1998 wurde productware DIN ISO 9001 zertifiziert und nahm damit eine Vorreiterrolle bei den kleineren mittelständischen Elektronik-Dienstleistungsunternehmen, heute EMS genannt ein. Damals war der Begriff EMS noch nicht wirklich gebräuchlich. Der Markt hat sich dahingehend geändert, dass unsere heutigen EMS-Kunden, einige dieser Kunden bedienen wir schon seit unserer Gründung, ein deutlich breiteres Leistungsspektrum als in der Vergangenheit fordern und erwarten, als „nur“ die Bestückung und der Test von Baugruppen.
So ist zum Beispiel der Bedarf an Entwicklungsdienstleistungen deutlich gestiegen, wir sind beim überwiegenden Teil der langjährigen Kunden früh in den Entwicklungsprozess eingebunden, beispielsweise um Obsoleszenz-Risiken zu identifizieren bzw. vermeiden oder dabei zu unterstützen Designs zu optimieren. Wir bieten heute Leistungen und/oder von der Produktentstehung bis hin zum After-Sales oder Re-Design.
Wir sehen auch für die Zukunft, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird und der Erfolg eines Unternehmens auch davon abhängig sein wird, wie gut diese Zusatzleistungen und Zusatznutzen für den Kunden, über die reinen Kernprozesse eines EMS hinaus, erbracht werden.
Was waren die Highlights?
Herbert Schmid: Diese Frage ist weder kurz noch ganz einfach zu beantworten, da gibt es eine ganze Menge von Dingen, die unser Unternehmen geprägt haben und die man ggf. als Highlights benennen könnten.
Bis auf eine Ausnahme haben wir ja keine eigenen Produkte die wir selbst entwickelt haben und vertreiben, wir sind ein reiner EMS der OEM-Produkte produziert.
Bei unserer einzigen wirklich eigenständigen Produktentwicklung handelte es sich um ein System zur Trockenlagerung und zur Aktivtrocknung von elektronischen Bauteilen und PCB´s, Cover2Dry.
Das war sicherlich auch ein Highlight, jedenfalls hat es große Begeisterung und Motivation bei uns selbst geweckt und wir haben damals beste Vermarktungschancen für dieses System gesehen. Leider war der Verkaufserfolg sehr überschaubar und wir haben den aktiven Vertrieb dafür vor ca. 5 Jahren eingestellt, obwohl wir nach wie vor sehr überzeugt von diesem System sind und in unserem Unternehmen auch einige hundert solcher Trockenlagerungsboxen sehr erfolgreich ihren Dienst verrichten. Bei Betriebsführungen mit Kunden und Interessenten kommt das System auch immer sehr gut an und ist auch mit dem Einsatz in dieser Breite ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal für uns.
Wir waren damals sicher der Zeit ein Stück zu weit voraus und viele Unternehmen haben sich noch nicht die notwendigen Gedanken mit MSL-Vorgaben bei der Lagerung von Bauteilen gemacht.
Die maßgeblichen Maschinenanschaffungen, wie beispielsweise unter anderem den ersten Bestückungsautomaten zu benennen würde sicher hier den Rahmen sprengen und wäre auch wenig interessant für die Leser. Jedenfalls sind wir immer unserer Leitlinie treu geblieben, mit modernstem und leistungsfähigsten Fertigungsequipment, „State of the Art“, stabile Prozesse und Verfahren abzubilden.
Zu den Highlights zählen sicher auch die Auszeichnungen zum Best EMS in den Jahren 2013 und 2017 und ein besonderes Highlight, vielleicht ganz anders als von Ihnen gemeint, sind die wirklich engen und von Vertrauen geprägten Geschäftsbeziehungen hin zu unseren Kunden, Lieferanten und nicht zuletzt auch mit unseren Mitarbeitern, die ein sehr großes Firmenkapital für uns darstellen.
Welche Märkte bedienen Sie, können Sie unseren Lesern eine kurze Zusammenfassung zu Ihren Dienstleistungen geben?
Marco Balling: Wir sind branchentechnisch sehr breit aufgestellt und überall da zu Hause wo die geforderten Stückzahlen und Komplexitäten zu unserer eigenen Ausrichtung passen. Dies ist z. B. in den Branchen Broadcasting, Bahntechnik, Avionics, Messtechnik, Medizintechnik, der Datenkommunikation, Bildverarbeitung und somit im gesamten Bereich der Industrieelektronik der Fall.
Zu unseren Leistungen zählen natürlich alle produktionsbezogenen Kernprozesse eines EMS, wie Drucken, Bestücken, Löten, Testen usw. die sich grundsätzlich auch nicht von den Leistungen unserer Mitwettbewerber der Branche unterscheiden.
Mit welchem Erfolg diese Prozesse umgesetzt werden, da gibt es natürlich schon Unterschiede. Die Tatsache, dass unsere Kunden die Qualität unserer Leistungen sehr gut bewerten zeigt uns, dass wir hier sicherlich vieles richtig machen. Voraussetzung hierfür sind für uns gut ausgebildete Mitarbeiter, modernste Maschinen und unser KVP/Lean-Management-Ansatz „PROVI“ (Productware-Programm für Organisation, Verbesserung und Innovation).
Die Differenzierung gegenüber anderen EMS findet jedoch mittlerweile oft über die Kernprozesse hinaus, mit flankierenden Services, wie beispielsweise Obsoleszenz-Management, Logistikkonzepte, Erarbeitung von Testkonzepten oder Design-for-Manufacturing, etc. statt. Dies bestätigen uns sowohl Kunden als auch Interessenten, die unsere Zusatznutzen sehr zu schätzen wissen.
Eine Differenzierung über solche Mehrwerte, bzw. Zusatzleistungen kann natürlich nur dann funktionieren, wenn auch die Grundleistungen wie die Qualität, die Liefertreue und der Preis dauerhaft stimmig sind.
Wo sehen Sie Ihren USP, von dem die Kunden profitieren können? Welchen Wettbewerbsvorteil können Sie bieten?
Herbert Schmid: Darüber muss ich kurz nachdenken, wir sind EMS-Dienstleister ohne jegliche eigenen Produkte. Wirkliche Alleinstellungsmerkmale bei den von uns erbrachten Leistungen sehe ich eher nicht. Wenn wir solche Merkmale einmal gehabt haben sollten oder haben werden, dann ja eh immer nur für einen überschaubaren Zeitraum, bis dass der Wettbewerb wieder gleichgezogen oder gar überholt hat.
Sicherlich ist unser größter Wettbewerbsvorteil unsere Ausgeglichenheit bei der Qualität aller unserer angebotenen Grund- und Zusatzleistungen. Vielleicht sind wir da gegenüber unserem Wettbewerb im Vorteil, wobei wir hier wirklich keine seriösen Vergleiche anstellen wollen, schon aus der Unkenntnis heraus, was die Leistungsfähigkeit unseres Wettbewerbs angeht. Unsere Kunden bestätigen uns jedenfalls eine sehr hohe Kompetenz, auch über unsere Grundleistungen hinaus, Herr Balling hat diese Differenzierung ja schon aufgezeigt.
Wie sind Sie technologisch aufgestellt und wie halten Sie sich auf dem neuesten Stand?
Herbert Schmid: Seit der Gründung unseres Unternehmens haben wir immer einen sehr großen Wert darauf gelegt, mit einem hochmodernen Fertigungsequipment und stabilen Fertigungstechnologien- und Prozessen unseren Kunden eine reproduzierbare und hochwertige Qualität zu liefern. Das macht einen großen Teil unseres Erfolgs aus.
Unsere Maschinenausstattung ist durchweg als sehr leistungsfähig und modern zu bezeichnen. Wir arbeiten ausschließlich mit Maschinen der Marktführer in den einzelnen Segmenten. So z.B. DEK und Ekra im Bereich Lotpastendruck, Koh-Young bei 3D-SPI und 3D-AOI, sechs Fuji-NXT-III, mit modernsten DynaHead-Bestückköpfen in der SMD-Bestückung und auch mit Mimot-Automaten für die flexible Kleinserienbestückung. Unser Reflowlöten basiert ausschließlich auf Dampfphasenlöten des Herstellers Asscon, hier haben wir vier unterschiedliche Lötanlagen im Einsatz. Auch bei der THT-Lötung sind wir mit Kirsten modular-wave beim Wellenlöten und Inertec mit Beladeshuttle bei der Selektivlötung sehr modern und leistungsfähig aufgestellt.
Auch unser Testequipment ist unter anderem mit einem Flying-Probe-Testsystem, Spea 1260, mit integriertem Boundary-Scan-Tester von Göpel sehr leistungsfähig und hochmodern, wie sie es sicherlich bei wenigen unserer Wettbewerber unserer Größenordnung finden werden.
Marco Balling: Im Übrigen ist die gesamte Maschinenausstattung inklusive des Flying-Probe-Testers auf eine Baugruppengröße von 20 x 20 Zoll ausgelegt, was sicherlich nicht der Regel in unserem Markt entspricht; hier können wir Applikationen fertigen und testen, die viele unserer Mitwettbewerber wegen der Größe nicht abbilden können. Wir sind immer bereit dazu in moderne und leistungsfähige Maschinen, die von unseren Kunden und dem Markt aufgrund technologischer Anforderungen benötigt werden, zu investieren. Es ist dabei selbstredend, dass solche Anlagen auch wirtschaftlich einen Sinn ergeben müssen. Ein gutes Beispiel hierfür ist auch unsere jüngste Investition und Inbetriebnahme unseres MES-Systems von Siemens.
Kämpfen Sie mit dem Mitarbeitermangel? Wenn ja, was tun Sie dagegen?
Marco Balling: Ja, auch für uns ist es sehr schwierig geworden, geeignete und gut ausgebildete neue Mitarbeiter zu finden. Ein passendes Mittel dagegen ist auch selbst auszubilden, so wie wir das schon seit einem langen Zeitraum und auch sehr erfolgreich tun.
Es ist wichtig, dass die Unternehmen ihrer Verantwortung bewusst werden und auch selbst etwas gegen den Mitarbeitermangel tun, als nur herum zu jammern.
Weiterhin versuchen wir unseren Bekanntheitsgrad zu erhöhen und die positive Wahrnehmung unseres Unternehmens zu steigern. Wir arbeiten stetig daran unsere Attraktivität als Arbeitgeber zu vergrößern und das natürlich auch nach außen hin darzustellen.
Herbert Schmid: Unsere Mitarbeiter sind ein sehr großes, wenn nicht unser größtes Kapital. Wir wollen sorgsam damit umgehen und unsere Mitarbeiter sollen sich wohl und auch gut behandelt bei uns fühlen. So bieten wir beispielsweise auch kostenlose Körperertüchtigungen in Form von Gymnastik und Einzelmassagen für unsere Mitarbeiter an, die das auch sehr zu schätzen wissen.
Gerade sind wir dabei unseren Mitarbeitern ein Dienstrad-Leasing anzubieten, um sie auch zu motivieren, Fahrrad zu fahren und ggf. mit dem Fahrrad in den Betrieb zu kommen, um somit etwas für die eigene Fitness und Gesundheit zu tun. Im Nachgang wollen wir uns auch als “Fahrradfreundlichen Arbeitgeber“ zertifizieren lassen.
Wie sind Sie auf Industrie 4.0 vorbereitet?
Marco Balling: Wir sind sicher schon deutlich mehr als nur darauf vorbereitet und sehen uns hier vor allem hinsichtlich unserer Unternehmensgröße als Vorreiter an.
Ein wesentlicher Meilenstein war auch die Entscheidung zur Einführung einer MES-Software. Bei Referenzkundenbesuchen verschiedener MES-Software-Anbieter hat es sich gezeigt, dass selbst deutlich größere Unternehmen solche Software-Lösungen noch nicht in der Breite einsetzen, wie dies bei uns der Fall sein wird. Für kleinere EMS-Betriebe, so wie wir es auch sind, sind solche Investitionen wirklich nicht einfach zu stemmen. Dies betrifft zum einen das Investitionsvolumen solcher Systeme selbst aber auch die benötige interne Manpower.
Wir sehen uns hier sehr gut aufgestellt und vorbereitet und auch gut für die Zukunft gerüstet.
Gibt es einen Tipp, den Sie anderen EMS-Dienstleistern geben können?
Herbert Schmid: Hör deinen Kunden immer gut zu, damit du auch wirklich verstehst “wo ihr Schuh drückt“ und was deine Kunden von Dir erwarten.
Halte das ein was du deinen Kunden versprochen hast, besonders auch in Bezug auf Qualität, Preis und Liefertreue.
So, das soll aber nun reichen, ich darf ja nicht zu viele Tipps geben.
Wo sehen Sie sich in der nahen Zukunft?
Herbert Schmid: Wir wollen unverändert unserem Firmen-Leitbild, und den Werten nach denen wir leben und handeln, treu bleiben.
Wir wollen weiterhin den hohen technologischen Anforderungen unserer Kunden mit gut ausgebildeten und motivierten Mitarbeitern, mit modernstem Produktionsequipment “State oft the Art“ und stabil ausgeführten Prozessen und Verfahren begegnen.
Wir wollen unsere Kunden, unabhängig von ihrer Größe, jederzeit hochwertig und zuverlässig bedienen und einhalten was wir ihnen versprochen haben.
Unsere Kunden sollen sich immer verstanden fühlen und wir wollen ein seriöses, kundenorientiertes und auf Langfristigkeit angelegtes Geschäft betreiben, bei dem der Kunde immer im Mittelpunkt steht.
Darüber hinaus verfolgen wir weiter auch in den nächsten Jahren unsere Wachstumsstrategie. Im Vordergrund steht hierbei ein organisches Wachstum mit unseren Bestandskunden sowie der weiteren Gewinnung neuer Kunden. In den letzten 5 Jahren konnten wir unseren Umsatz um ca. 50 % steigern. Alles in allem sehen wir uns aktuell gut aufgestellt und gehen für die kommenden Jahre von einem weiterhin nachhaltigen Wachstum aus.
Technologisch gesehen wird die Miniaturisierung immer weiter voranschreiten.
Komplexe, kompakte Designs, zum Beispiel Hochfrequenzdesigns, die auch sehr hohe Anforderungen an die Entwicklung, die PCB selbst, wie auch an die Produzierbarkeit stellen, werden zunehmen. Immer kleiner und komplexer werdende Bauteile werden hohe Herausforderungen an Mensch und Maschine stellen, gerade auch bei den für uns typischen Stückzahlen der kleineren und mittleren Losgrößen.
Marco Balling: Die Digitalisierung unsers Unternehmens wird zu erheblichen Veränderungen führen. Wir erwarten hierbei nicht nur positive Effekte hinsichtlich der Produktivität und Qualität, in diesem Kontext werden wir unseren Kunden auch zusätzliche Services anbieten können.
Vielen Dank für Ihre Zeit.