Firmen im Artikel
Die Elektronikfertigung der Zukunft wird maßgeblich von den Megatrends der digitalen Transformation sowie der fortschreitenden Automatisierung in Richtung Smart Factory beeinflusst. Die Veranstaltung diskutierte Fragen, wie die Faktoren Arbeit, moderne Fertigungstechnologien und Digitalisierung bestmöglich zusammenarbeiten oder wie sich unser Arbeitsalltag in der Zukunft verändern wird, um eine lückenlos fehlerfreie Qualität zu garantieren. Es gab Informationen aus erster Hand sowie spannende Einblicke, wie durch intelligente Digitalisierung effizientere Fertigungsprozesse erreicht werden können.
Vielseitige Vortragsthemen
Keynote-Speech: Franz Kühmayer, Zukunftsinstitut GmbH
Warum wir Arbeit ganz neu denken müssen!
Als Keynote-Speaker sorgte der österreichische Strategieberater Franz Kühmayer für ganz neue Blickwinkel: So beleuchtete er den Zusammenhang zwischen Technologie und Kulturveränderung. Bei Prognosen machen wir laut Kühmayer den Fehler, dass wir auf die Zukunft durch die Brille der Leittechnologie der Gegenwart schauen. Wir blenden dabei Veränderungsströme aus, die links und rechts davon insbesondere auch in der Gesellschaft passieren. Anhand vieler Beispiele vor allem aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz zeigte der ehemalige Top-Manager anschaulich auf, wo modernste Technologie den Menschen im Beruf bei der Lösungsfindung und Aufgabenerfüllung sukzessive ablöst. Auf der anderen Seite machte Kühmayer deutlich, welche Eigenschaften des Menschen wie die soziale Kompetenz in Zukunft immer wichtiger sein werden.
Trendanalyse: Johann Weber, Zollner Elektronik AG
Digitale Transformation in der EMS-Industrie
Welche Herausforderungen die digitale Transformation beim Global Player Zollner mit sich bringt, erläuterte der Vorstandsvorsitzende Johann Weber in seinem Expertenvortrag. Aus dem Blickwinkel des EMS-Dienstleisters und den eigens gesammelten Erfahrungen betonte er, wie wichtig von vornherein die Einbindung der Mitarbeiter und deren enormes Potenzial ist, um den digitalen Wandel erfolgreich zu vollziehen. Dass künstliche Intelligenz in den Systemen innerhalb der Fertigung schon integriert ist, verdeutlichte Weber u. a. anhand der Qualitätsprüfung. Den Weg zur gesamtheitlichen Traceability zeigte er in mehreren Stufen auf, von den erfassten Produktions-daten zu Los, Auftrag und Zeitpunkt bis hin zu Details wie der Produktseriennummer, den Produktkomponenten, dem Einbauort sowie den dazugehörigen Qualitäts- und Prozessdaten. Zur effizienten Gestaltung von Arbeitsprozessen spielen aus Sicht von Johann Weber Simulationen eine zunehmende Rolle. Das geht bis hin zur idealen Gestaltung des Arbeitsplatzes unter ergonomischen Betrachtungen. Der Redner hob außerdem die Bedeutung von statistischen Tools hervor, etwa wie sie im Rahmen von Prozessverbesserungen nach dem Qualitätsmanagementverfahren Six Sigma zum Einsatz kommen. Damit legte er thematisch den ersten Grundstein für den nächsten Vortrag.
Björn Noreik, BNB-Qualitätsstatistik und Training
Cgk, Cmk, Cpk und Ppk – Sicher durch das Labyrinth der Fähigkeitskennzahlen
Björn Noreik unterstützt seit über 20 Jahren Firmen bei statistischen Analysen. In seinem Vortrag führte er durch das Labyrinth der Fähigkeitskennzahlen wie Cgk, Cmk, Cpk und PpK. Als Grundvoraussetzung für realistische Kennzahlen identifizierte er zwei Punkte: Zum einen die Kenntnis über die Kundenerwartungen und zum anderen die tatsächliche Messbarkeit von Qualität in der eigenen Fertigung. Jeder Prozess unterliegt einer natürlichen Streuung und diese Streuung setzt man innerhalb einer Prozessfähigkeitsanalyse ins Verhältnis zu den Kundenerwartungen. Ob ein Prozess stabil bzw. beherrscht ist oder nicht und somit eine Prozessfähigkeitskennzahl erzeugt werden kann, demonstrierte der Vortragende anhand der Anforderungen der DIN ISO 22514–2.
Veronika Franz, Viscom AG
Qualität auf ganzer Linie – Zukunftssichere Inspektionslösungen für die Elektronikfertigung
Veronika Franz vom Produktmarketing präsentierte außergewöhnliche Inspektionslösungen von Kunden und stellte damit den maßgeschneiderten Lösungsanspruch des Veranstalters unter Beweis. Zu den ausgewählten Projekten zählte das automatisierte Handling von Leiterplatten im Rahmen der Verifikation nach der Lotpastenkontrolle bei einem Hersteller von zahnmedizinischen Geräten oder, ebenfalls in die Fertigungslinie integriert, eine exakte 3D-Koplanaritätsvermessung von Bauteilen zur Sicherstellung eines fehlerfreien Bonding-Prozesses bei einem Hersteller von Wechselrichtern für Windkraftanlagen. Nach weiteren Exkursen in die Bereiche Automotive, Luft- und Raumfahrt sowie Consumer Electronics folgte das ungewöhnlichste Beispiel eines Schuhleistenherstellers, der mit Hilfe des manuellen Röntgeninspektionssystems X8011-II des Inspektionssystemherstellers und der rotativen Computertomographie Schuhvolumina vermisst.
Uwe Pape, Volkswagen AG
Detektion von Fehlstellen auf elektronischen Baugruppen – Prüfmethoden aus OEM-Sicht
Wie die Prüfung elektronischer Baugruppen aus der Perspektive des Wolfsburger Autobauer aussieht, vermittelte Uwe Pape, der als Fachreferent in der Qualitätssicherung Werkstofftechnik tätig ist. So werden Fahrerassistenz- und Sicherheitssysteme als große Helfer geschätzt, aber sie müssen hundertprozentig verlässlich sein – egal ob als Parkassistent, Spurhalteassistent oder als Abstandswarner. Mit der fortschreitenden Entwicklung des autonomen Fahrens rückt dieser hohe Anspruch noch stärker in den Fokus. Kein Wunder also, dass VW eigene Qualitätsnormen in diesen Bereichen entwickelt hat. Die Zeiten, in denen das Unternehmen elektronische Elemente im Fahrzeug als „Black Box“ betrachtete, sind längst vorbei.
Dr. Helmut Schweigart, Zestron Europe
Schutz elektronischer Baugruppen durch Conformal Coating
Hochwertige Elektronik im Auto muss in besonderer Weise auch vor Umwelteinflüssen wie Feuchtigkeit und Nässe geschützt werden, und zwar durch Schutzlack, dem Conformal Coating. Zur Qualität von Lackschichten auf Leiterplatten teilte der Leiter Technologieentwicklung Dr. Helmut Schweigart sein großes Fachwissen. So schützen Schutzlacke die Baugruppe vor Korrosion, Betauung oder völliges Eintauchen in Wasser, Vibrationen sowie Schockbeanspruchung und verhindern damit Fehlfunktionen. Vorgestellt wurden verschiedene Lacktypen in Verbindung mit derer Verarbeitung. Er setzt sich mit dem Thema auch als Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Korrosionsschutz, auf europäischer Ebene vertreten durch die European Federation of Corrosion, auseinander.
Axel Klapproth, Viscom AG
Zuverlässige Röntgenprüfstrategien für die Void-Detektion
Axel Klapproth, Leiter Applikation Geschäftsbereich Serienprodukte, präsentierte effektive Prüfstrategien zur Ermittlung von Voids (Gaseinschlüsse in Lötstellen) mittels fortschrittlichster Inline-Röntgeninspektion. Über eine Live-Schaltung zum 3D-AXI-System konnten die Zuhörer direkt mitverfolgen, wie sich kritische Voids – sogenannte Hohlräume in Lotstellen, welche die Lebensdauer der Produkte wesentlich verkürzen können – bei den Bauteiltypen LED, BGA, QFN, THT bis hin zu Chips aufspüren und messen lassen. Im zweiten Teil ging Axel Klapproth im Zusammenhang mit Voids speziell auf das Thema Prozessoptimierung ein. Denn klar ist: Die Messwerte müssen wiederholgenau, reproduzierbar und überprüfbar sein.
Event-Highlights
Podiumsdiskussion: Die Zukunft der Elektronikfertigung – Herausforderungen, Chancen und Risiken
Ein weiterer Höhepunkt der zweitägigen Veranstaltung war die spannende Podiumsdiskussion über u. a. die Voraussetzungen für eine positive Transformation im Unternehmen, moderiert von der Journalistin und Trendexpertin Birgit Gebhardt. Sie begrüßte neben Franz Kühmayer und Johann Weber drei weitere Diskussionsteilnehmer: Sven Buchholz, Vice President Portfolio und Product Management bei ASM Assembly Systems GmbH & Co. KG, Christoph Stoppok, Geschäftsführer der Fachverbände Electronic Components and Systems sowie PCB & Electronic Systems im ZVEI und Volker Pape, Mitbegründer und Aufsichtsrat der Viscom AG. Diskutiert wurden die herstellerübergreifende Maschine-zu-Maschine-Kommunikation, die Elektromobilität sowie der neue Mobilfunkstandard 5G mit Auswirkung auf das autonome Fahren und der Echtzeitkommunikation in der Industrie aus völlig verschiedenen Perspektiven, um erfolgreiche Lösungsansätze aufzuzeigen.
Tieferes Anwenderwissen eigneten sich die Kunden in den Workshops und Meet-the-Experts-Formaten an. Als neues Angebot konnten die Teilnehmer in geführten Rundgängen durch die Systemausstellung die verschiedenen Standard- und Speziallösungen des Unternehmens in Funktion kennenlernen – von der Schutzlack- und Bondinspektion über die SPI-, AOI- und Röntgeninspektion sowie Bediensoftware war alles dabei. Dabei konnten die Anforderungen und Wünsche mit den Experten des Veranstalters besprochen werden, so dass Kundenerfahrungen mit Experten Know-how zur Entwicklung passgenauer Lösungen zusammengebracht wurden.