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Wie KI-basierte Bildgebung subtile Defekte genau erkennen kann

Verbesserte Halbleiterinspektion bis 2030
Wie KI-basierte Bildgebung subtile Defekte genau erkennen kann

Die weltweite Halbleiterknappheit, die im Jahr 2021 begann, prägt weiterhin die Welt. Dies hat so unterschiedliche Branchen wie Unterhaltungselektronik, Verkehr, Verteidigung, Telekommunikation und sogar die Schwerindustrie erschüttert. Produktionspläne von Automobilherstellern wurden durchkreuzt und Unternehmen der Unterhaltungselektronik mussten Markteinführungen verzögern oder sogar absagen.

Einem Bericht aus dem Jahr 2022 zufolge hat der Mangel an Halbleitern dazu geführt, dass sich die Vorlaufzeiten in der Produktion von durchschnittlich drei bis vier Monaten auf 10 bis 12 Monate verlängert haben.

Umsatzverluste in Höhe von Hunderten Milliarden Dollar und verpasste Chancen häuften sich in der Folge und lenkten noch mehr Aufmerksamkeit auf eine unserer wichtigsten – und gleichzeitig am wenigsten beachteten – Industrien. In dem Maße, in dem sich Märkte und Länder mit dem Ausmaß und den Ursachen der Probleme in der Halbleiterproduktion auseinandersetzten, begannen sie auch aktiv nach Lösungen zu suchen.

Investition in eine größere Vision und kleinere Lösungen

Eine dieser Lösungen sind Investitionen. Mehrere Quellen (McKinsey: The semiconductor decade: A trillion-dollar industry, SEMI, ISS 2022: Semiconductor Industry Market Outlook and Prospects for Reaching $1 Trillion by 2030) gehen davon aus, dass die Halbleiterindustrie im Jahr 2030 eine Milliarde Dollar wert sein wird, was sie zu einer der fünf wichtigsten Industrien der Welt machen würde. Um dieses Ziel zu erreichen, sind enorme Investitionen in die Infrastruktur erforderlich.

Ein Faktor für dieses Wachstum wird die erneuerte Führungsrolle der amerikanischen Halbleiterindustrie sein. Heute machen die in den Vereinigten Staaten hergestellten Halbleiter nur noch 12 % der weltweiten Gesamtproduktion aus. Das ist ein Rückgang gegenüber einem Höchststand von 37 % vor nur 30 Jahren, wie ein Statement aus dem Weißen Haus feststellt. Selbst bei diesem geringeren Beitrag entfällt der größte Teil nicht auf High-End-Chips mit kleinen Nodes (unter 10 Nanometer). Die US-Regierung möchte diese Situation mit dem im Jahr 2022 beschlossenen, so genannten Chip Act ändern, mit dem sie umfangreiche neue Investitionen zur Förderung der Forschung, Investitionen in die Infrastruktur und eine robuste Lieferkette zusagt. Auch in Europa soll massiv in die Elektronikfertigung investiert werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und die Abhängigkeiten zu reduzieren.

Die enormen Investitionen in die Infrastruktur der Halbleiterfertigung werden über die eigentlichen Halbleiterfabriken (Fabs) hinaus auf die vielen Hersteller von Anlagen und Systemen durchschlagen, die die Chipproduktion erst möglich machen. Man geht davon aus, dass dies zu einem enormen Wachstum bei Belichtungssystemen und Fotolithografie-Anlagen, die zur Herstellung von Halbleitern verwendet werden, sowie bei den Inspektionsanlagen, die zur Bewertung der wichtigsten Phasen des Herstellungsprozesses eingesetzt werden, führen wird.

Gleichzeitig wird die Nachfrage nach Innovationen – kleineren Nodes und höheren Erträgen – Schritt halten, wenn nicht sogar zunehmen. Das ist kein leichtes Unterfangen. Die Mooresche Beobachtung ist zwar nicht mehr das „Gesetz“, das sie einmal war, aber es gibt immer noch schnelle Verbesserungen bei Chips. Hersteller wie TSMC werben für ihre Wettbewerbsfähigkeit mit der Entwicklung von Prozessen mit immer kleineren Nodes, um die Chipgröße zu verringern und den Stromverbrauch bei gleichzeitiger Leistungssteigerung zu senken.

Das Streben nach immer kleineren Merkmalen und höherer Leistung reicht von den Masken, die das Schaltungsdesign definieren, bis hin zu den Substraten, die die integrierten Schaltungen, Leiterbahnen, Schalter, Beschichtungen und andere Komponenten tragen, aus denen eine Leiterplatte besteht. Das bedeutet, dass selbst winzige Unzulänglichkeiten die Signalintegrität und andere Merkmale beeinträchtigen können. Die Hersteller entdecken immer neue Schwachstellen, Problembereiche und Defekte, je weiter sie in Richtung Nanoproduktion und darüber hinaus vordringen. Die Lösung sind geringere Toleranzen in jedem Schritt des Produktionszyklus.

Bildverarbeitung als Schlüssel zum Erfolg

In der Halbleiterfertigung ist die Ausbeute das A und O, denn sie bestimmt den Ausstoß und die Kosten. Geringere Toleranzen und kleinere Komponenten können jedoch eine große Herausforderung für die Qualitätskontrolle darstellen. Hersteller, die kleinere Geometrien fertigen wollen, müssen die Ausbeute durch Inspektionen an mehr Stellen im Prozess auf dem Weg vom Wafer bis hin zur fertigen Leiterplatte steuern, damit sie Fehler früher identifizieren können. Der Schlüssel liegt darin, kontinuierlich mehr Prüfschritte hinzuzufügen, ohne die Gesamtzeit für die Prüfung zu verlängern. Die dafür eingesetzten Bildverarbeitungssysteme müssen eine höhere Auflösung bieten und gleichzeitig die Dauer der Inspektion verkürzen.

Bei integrierten Schaltungen können Merkmale im Nano-Bereich kleiner werden als die üblicherweise verwendeten sichtbaren oder sogar als UV-Wellenlängen. Die für die Erkennung und Quantifizierung erforderliche Präzision kann sich dem tatsächlichen Rauschpegel von Sensoren oder sogar den grundlegenden Funktionsprinzipien nähern. Lösungen erfordern daher neue Ansätze, wie z. B. extreme UV-Beleuchtungen und eine entsprechend präzise Bildgebung. Dies erhöht auch die Anforderungen an die nachgelagerten Komponenten wie die Bildverarbeitungshard- und -software, mit denen die aufgenommenen Bilder für die Entscheidungsfindung umgewandelt und analysiert werden.

Bei Leiterplatten hat die neue Komplexität von Design und Fertigung zu immer subtileren Fehlern geführt. Die Hersteller müssen heute eine Vielzahl von Fehlern wie unter anderem gebrochenes Material, Abrieb, Verunreinigungen, Bruchstücke und Luftblasen erkennen. Die herkömmliche manuelle Inspektion oder regelbasierte Bildverarbeitungssysteme sind dieser Aufgabe unter Umständen nicht mehr gewachsen. Regelbasierte Bildverarbeitungstechniken sind bei PCB-Komponenten, die große Unterschiede in Form, Farbton, Kontrast und Textur aufweisen, nicht immer zuverlässig. Die Entwicklung eines robusten Inspektionssystems mit herkömmlichen Algorithmen ist dann nicht mehr praktikabel. Infolgedessen nutzen die Hersteller immer öfter KI-Funktionalitäten als Ergänzung für Aufgaben, bei denen herkömmliche Methoden versagen. KI-Algorithmen können an verschiedenen Mustern defekter und nicht defekter PCB-Komponenten trainiert werden, um einen hohen Grad an Präzision bei der Klassifizierung von Komponenten zu erreichen.

Von der konventionellen zur KI-basierten Bildgebung

Ein Halbleiter-OEM stand vor dieser Herausforderung, die zu einem Anstieg fehlerhafter Teile führte, die im automatischen optischen Inspektionsprozess (AOI) des Unternehmens jedoch unentdeckt blieben.

Um das Problem zu lösen, implementierte er die Software Sapera mit Astrocyte von Teledyne. Die neue Inspektionslösung kombiniert damit nun regelbasierte Algorithmen und KI-Funktionen in einer AOI-Anlage.

Mit Hilfe dieser KI-Software-Tools erreichte der OEM eine Genauigkeit von 98 % bei der kontinuierlichen Klassifizierung mit einer Geschwindigkeit von 12 bis 14 ms für 200 Bilder und eine Genauigkeit von 100 % bei einer Trainingsmenge von 453 Bildern von guten und 11 von schlechten Musterteilen.

Darüber hinaus konnte das Unternehmen eine Genauigkeit von 99,62 % bei 259 Bildern und eine Geschwindigkeit von 20 ms für die Objekterkennung erreichen, wenn gleichzeitig nach mehreren Fehlern in einem Bild gesucht wird.

Vorbereitung auf das Jahr 2030

McKinsey prognostiziert, dass fast 70 Prozent des Wachstums bei Halbleitern in den nächsten zehn Jahren von nur drei Branchen getragen werden: der Automobilindustrie, der Datenverarbeitung und -speicherung sowie der drahtlosen Kommunikation. Jede Branche strebt nach weiteren Verbesserungen in Bezug auf Effizienz, Leistung, Gerätegröße und vor allem Größe. Die Bildverarbeitung wird eine Schlüsselindustrie sein, um diese Ziele zu erreichen.

www.teledyne.com


Bild: Teledyne

Der Autor ist

Bruno Ménard, Software Director bei Teledyne Dalsa


kurz & bündig

Welche Fortschritte bringt die KI-basierte Bildverarbeitung bei der Erkennung von Defekten bei der Produktion von Halbleitern.

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