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Mit digitalem Lernen den Fachkräftemangel überwinden

Qualifizierung in der Fertigungsindustrie
Mit digitalem Lernen den Fachkräftemangel überwinden

Auch nach der Coronavirus-Pandemie wird die fertigende Industrie mit anhaltendem Fachkräftemangel konfrontiert sein. Mitarbeiterqualifizierung bleibt eine zentrale Zukunftsaufgabe. Wie fördern produzierende Betriebe effizientes digitales Lernen in einer von der digitalen Transformation geprägten Arbeitswelt?

Daniel Sztutwojner, Beekeeper, Zürich

Schon vor Corona hat die Fertigungsindustrie erkannt, wie wichtig kontinuierliche Umschulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen sind, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Erstaunliche 26,2 Milliarden US-Dollar hat die Branche im Jahr 2019 für interne und externe Fortbildungsprogramme ausgegeben. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Manufacturing Institute, dem Aus- und Weiterbildungspartner der US-Industrie. 70 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, interne Weiterbildungsmaßnahmen neu aufsetzen oder ausbauen zu wollen.

Facharbeitermangel trotz Pandemie

Die Pandemie hat diese Dynamik nun unterbrochen. Ein großer Teil der geplanten Investitionen wurde auf Eis gelegt. Wie stellt sich die Industrie das „new normal“ vor? Dazu hat das Manufacturing Institute im Februar 2021 kleine und mittelständische Unternehmen in einer weiteren Studie befragt.

  • Mehr als 77 Prozent erwarten, dass sie auch nach 2021 Schwierigkeiten haben werden, geeignete Mitarbeiter zu finden.
  • Ebenso viele wollen in Technologie investierten, um die Kosteneffizienz zu steigern.
  • Fast 64 Prozent wollen verstärkt auf Remote Work, also Heim- oder Telearbeit, setzen.

0Es erscheint paradox, aber trotz pandemiebedingt steigender Arbeitslosigkeit haben produzierende Betriebe die gleichen Rekrutierungsprobleme wie vor Corona. Mitarbeiterqualifizierung bleibt also ein zentrales Zukunftsthema.

Digitale Transformation fordert interne Qualifizierungsoffensive

Keine Frage: Die Pandemie verleiht der digitalen Transformation einen enormen Schub. Die Unternehmen müssen dynamischer, effizienter und widerstandsfähiger werden. Internetbasierte und datengesteuerte Technologien werden die Produktionsprozesse und Lieferketten in der Post-Corona-Ära nachhaltig verändern.

Wir sind Zeugen der vierten industrielle Revolution. Die Belegschaften stehen vor der Aufgabe, transformative Technologien wie künstliche Intelligenz, Robotik und Analytik effektiv zu nutzen. Da die Produktion immer technischer wird, entsteht ein „Skills Gap“ in der Fertigung – eine Qualifikationslücke, die viel zu groß ist, um sie allein durch Neueinstellungen zu schließen. Ohne interne Qualifizierung wird es kaum gelingen, Zukunfts-Technologien wie das Internet-of-Things oder Augmented Reality für den Unternehmenserfolg nutzbar zu machen.

Vertikale und horizontale Qualifizierungswege

Was heißt es konkret, seine Belegschaft in Zeiten digitaler Transformation zu qualifizieren? Beim Begriff „Qualifizierung“ wird zwischen Umschulung und Fortbildung unterschieden:

Bei einer Umschulung wechselt der Arbeitnehmer den Berufszweig und durchläuft eine zweite Ausbildung. Man kann von einer „vertikalen“ Bewegung von einem Arbeitsplatz zum anderen sprechen. Die Person lernt Fertigkeiten hinzu, ihr Wissen gewinnt an Breite.

Hingegen baut eine Fortbildung auf den bestehenden Qualifikationen auf, man spricht daher auch von Höherqualifizierung. Sie führt zu einer Spezialisierung innerhalb des bisherigen Berufsbildes. Deshalb kann man hier von einer „horizontalen“ Bewegung sprechen. Das Wissen gewinnt an Tiefe.

Auf die Anwender kommt es an, nicht auf die Anwendung

Nur die Technologie zu aktualisieren, ohne gleichzeitig die Belegschaft zu qualifizieren, wird kaum zum Erfolg führen. Hingegen werden Unternehmen, die intelligent in beide Qualifizierungswege investieren, viel schneller Produktivitätsfortschritte erzielen.

Oft ziehen neuartige Werkzeuge die ganze Aufmerksamkeit auf sich, aber es sind die Menschen, die diese Werkzeuge anwenden. Auf die Anwender kommt es an, nicht auf die Anwendung. Je früher sich die Anwender an die neue Normalität anpassen, desto besser. Dazu muss der Arbeitgeber aber auch wissen, wie der Anwender tickt, sprich, wie Menschen Informationen verarbeiten.

„Lass es mich tun, und ich werde es können.“ Der menschliche Verstand ist nicht dafür gemacht, große Datenmengen auf einmal zu verarbeiten. Bereits 20 Minuten nach Informationsaufnahme haben wir 40 Prozent des Gehörten wieder vergessen. Nach einem Tag sind es fast 70 Prozent. Das ist ein Phänomen, das als Vergessenskurve bekannt ist und von dem deutschen Psychologen Hermann Ebbinghaus entdeckt wurde.

Die Frage ist: Was kann betriebliche Weiterbildung gegen das Vergessen tun? Die herkömmliche Antwort wäre: den Stoff mehrfach wiederholen. Innovative Methoden greifen auf Konzepte wie die Lernpyramide zurück (National Training Laboratory, USA). Danach lernt der Mensch umso besser, je mehr Sinne beteiligt sind. Wenn wir etwas nur hören, wie etwa bei einer Schulung im Vortragsstil, behalten wir fünf Prozent des Gehörten. Wenn wir etwas praktisch erleben, wenn wir es also sehen, hören, fühlen oder riechen, behalten wir 75 Prozent der Inhalte. Um mit Konfuzius zu sprechen: „Lass es mich tun, und ich werde es können.“

Zeitgemäß lernen mit digitalen Plattformen

Eine zeitgemäße Weiterbildung berücksichtigt solche Erkenntnisse. Und sie bedient sich aus dem Werkzeugkasten der digitalen Transformation. Hier drei Ideen für digitale Lernangebote im Betrieb:

Video-Tutorials. Einmal aufgenommen, können diese Inhalte jederzeit an jedem Ort abgerufen werden. Der Mitarbeiter bestimmt seinen Lernfortschritt selbst und arbeitet am Ort seiner Wahl. Der Vorteil: Weniger Zeit- und Personalaufwand, mehr Flexibilität im Betriebsablauf.

Virtual Reality (VR). Wenn Video Bildung ist, dann ist VR Erlebnis. Sie ermöglicht es den Mitarbeitern, neue Prozesse und Verfahren zu durchlaufen und neue Fertigkeiten in einer wirklichkeitsnahen Umgebung zu entwickeln. So wie es bei der Ausbildung von Piloten im Flugsimulator bereits ganz selbstverständlich ist.

Videos, VR-Inhalte und andere digitale Trainingsformate wie Erklärvideos, Leitfäden oder Webinare können in einer digitalen Schulungsplattform gebündelt werden. Unternehmen sehen in Trainings oft eine Ressource, die sie von Fall zu Fall einsetzen können. Eine digitale Plattform steht dagegen dauerhaft zur Verfügung und kann eine nachhaltigere Wirkung entfalten. Der Mitarbeiter kann selbstbestimmt auf die Inhalte zugreifen und die Kursleiter können den Fortschritt einfach nachverfolgen. „Mitmach-Inhalte“ wie zwischengeschaltete Quiz-Module oder Challenges lockern das Schulungserlebnis auf.

Mitarbeiter-Apps unterstützen

Das Mitarbeitererlebnis wird angesichts des fortschreitender Fachkräftemangels nicht nur im Bereich der Weiterbildung relevanter. Wer gutes Personal halten und gewinnen will, denkt auch an Faktoren wie Transparenz, Arbeitsklima und Wertschätzung.

Dabei ist Kommunikation ein Schlüsselfaktor, insbesondere in der Produktion, wo die Mehrheit der Mitarbeiter nicht an einem Schreibtisch sitzen. Mitarbeiter-Apps ermöglichen Kommunikation in Echtzeit und binden gleichzeitig operative Tools zu Dienstplanung, Organisation, Onboarding und eben der Weiterbildung ein. Ein digitales und interaktives „schwarzes Brett“, das Mitarbeiter motiviert, das Arbeitsklima verbessert und so die Fluktuation reduziert.

www.beekeeper.de

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