Phil Kinner ist seit Mai 2014 Technical Director der Schutzlackabteilung von Electrolube, die in über 55 Ländern auf der ganzen Welt vertreten ist. Hier, in der zweiten Reihe von Beiträgen, die Produktionsfragen näher betrachten, bietet Phil einige Designtipps, die Ihnen dabei helfen, beim Auftragen von Schutzlacken einige häufige Fehler zu vermeiden.
Seit meinem letzten Beitrag, in welchem ich einen Leitfaden für die Wichtigkeit von „Design für die Fertigung“ vorgestellt habe – d. h. wie man diese „Falten“ erkennt, die die Fertigung beeinträchtigen können, und wie sie geglättet werden, bevor Sie überhaupt daran denken, Schutzlacke auf Ihre Produkte aufzutragen. Ich hoffe, dieser Beitrag war hilfreich für Sie und dass er zumindest dazu geführt hat, dass die Bedeutung von guten Entscheidungen früh im Fertigungsprozess besprochen wurde. In diesem Beitrag möchte ich ein paar Probleme behandeln, mit welchen Sie sicherlich konfrontiert werden und welche berücksichtigt werden müssen, wenn Sie die Schutzlacke letztendlich auftragen. Hier sind meine acht wichtigen Tatsachen:
Tatsache 1 – Schutzlacke werden grundsätzlich in flüssiger Form aufgetragen und sind während des Trocknungsvorgangs kapillaren Kräften und der Schwerkraft ausgesetzt. Es ist unwahrscheinlich, dass sie perfekte, gerade Kanten erzeugen. Oft werden Beschichtungszeichnungen als ein rechteckiges Feld dargestellt, aber dies führt zu Problemen während der Inspektion. Man sollte eher Bereiche angeben, die beschichtet werden müssen, und Bereiche, die nicht beschichtet werden dürfen. Alles andere ist dann ein „Egal“-Bereich.
Tatsache 2 – Das alte Sprichwort „Je mehr desto besser“, gilt nicht unbedingt für Schutzlacke. Schutzlacke sind so zusammengestellt, dass sie in der im technischen Datenblatt angegebenen Dicke aufgetragen werden sollen. Ein Überschreiten der empfohlenen Dicke führt im Normalfall nicht zu einem höheren Schutz, kann aber eine Reihe von Produktionsproblemen verursachen, wie z. B. eine stark erhöhte Taktzeit, Lösungsmitteleinschluss, Schwindspannung, Ablösung der Schickt oder Risse. Wenn Sie die dickste mögliche Beschichtung benötigen, ist es ratsam, zwei dünne Schichten anstatt einer dicken aufzutragen. Wenn Sie eine dickere Schicht als angegeben benötigen, verwenden Sie einen Schutzlack, der für einen dicken Auftrag geeignet ist (wie z. B. Electrolubes 2K-Reihe mit Zweikomponentenlacken) oder verwenden Sie ein Kunstharzprodukt.
Tatsache 3 – Schutzlacke sind keine Underfill-Materialien. Sie enthalten grundsätzlich keine Füllstoffe und haben relative thermische Expansionskoeffizienten der Z-Achse. Es konnte erwiesen werden, dass sie die Lebensdauer von Anschlüssen von Ball Grid Arrays (BGA) und Flat No Leads (QFN) unter thermischen Wechselbeanspruchungen reduzieren. Wenn Sie ein Gerät unterfüllen wollen, verwenden Sie eine der Underfill-Produkte, die für diesen Zweck entwickelt wurden, wie z. B. Electrolubes ES501 Underfill-Kunstharz, dessen Leistung unter thermischer Wechselbeanspruchung nicht verschlechtert wird.
Tatsache 4 – Schutzlacke sind in vielen generischen Arten erhältlich (sehen Sie auf der Webseite von Electrolube nach www.electrolube.de, dann verstehen Sie, was ich meine!). Jede Art hat seine Stärken und Schwächen. Wählen Sie lieber den richtigen Schutzlack, der für Ihren Zweck und die Betriebsbedingungen geeignet ist, und nicht den, der durch Ihren Unterauftragnehmer verwendet wird oder der sich für eine andere Produktreihe mit einer anderen Endnutzerumgebung bewährt hat. Stellen Sie sicher, dass Sie Ihr Design prüfen, um sicherzustellen, dass es für den bestimmungsgemäßen Einsatz stabil genug ist.
Tatsache 5 – Schutzlacke sind grundsätzlich nicht wasserfest. Sie lassen Feuchtigkeit durch – auch wenn dies sehr langsam geschieht – und dies wird letztendlich mit Kontaminanten aus der Produktion, wie z. B. Flussmittel, Löt- und Klebstoffresten reagieren, was letztendlich zu Korrosion unter der Schicht führen könnte. Deshalb wird empfohlen, vor dem Auftragen des Schutzlackes eine Reinigung.
Tatsache 6 – Die Haftwirkung von Schutzlacken kann bei Lötstopplacken mit augenscheinlich „gleichen“ Spezifikationen von verschiedenen Herstellern sehr unterschiedlich sein. Dies kann zu Problemen während des Auftragens des Schutzlackes führen. Eine einfache und sehr wirksame Lösung ist die Festlegung einer Oberflächenenergie von 40 Dyn/cm der eingehenden leeren Leiterplatten. Dabei muss sichergestellt werden, dass alle Wareneingänge gewissenhaft geprüft und aussortiert werden, wenn sie diese Mindestanforderung nicht erfüllen.
Tatsache 7 – Schutzlacke sind in der Regel flüssig, wenn sie aufgetragen werden, und fließen aufgrund einer Kombination aus Schwerkraft und vorhandener Kapillarität. Beim Maskieren oder wenn ein bestimmter Schutzlack aufgetragen werden soll, wird man Ihnen in der Produktion sehr dankbar sein, wenn mindestens ein Spielraum von 3 mm zwischen den zu beschichtenden Bereichen eingeplant wurde. Dieser kleine Puffer erleichtert die Herstellung und vermeidet zukünftige Produktionsprobleme.
Tatsache 8 – Viele Einzelkomponenten stellen aufgrund der hohen Kapillarität eine große Herausforderung bei der Beschichtung dar. Das Ergebnis ist häufig katastrophal: Bereiche mit fehlender Beschichtung und ohne Schutz auf der Leiterplatte oder Bereiche mit einer zu hohen Schichtdicke, die Spannungsrissbildung, Lösung der Beschichtung und anderen Schäden ausgesetzt sind. Dadurch kommt es zu einem vorzeitigen Ausfall der Baugruppen. Daher sollte dies wenn möglich vermieden werden!
Ich will nicht behaupten, dass es einfach sei, den richtigen Schutzlack für Ihr Produkt zu wählen und dann auch noch sicher zu sein, dass Sie das Ziel erreicht haben, Ihre Elektronik durch die Beschichtung geschützt zu haben. Eigentlich ist das nämlich unser Job. Rufen Sie uns einfach an! Wir kennen all diese Probleme und können Ihnen dabei helfen, sie schon in der überaus wichtigen frühen Phase aus dem Weg zu räumen.