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Kritischer Erfolgsfaktor in der Elektronikproduktion, heute mehr denn je

Christian Rückert von Kurtz Ersa über Design for Manufacturing
Kritischer Erfolgsfaktor in der Elektronikproduktion, heute mehr denn je

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Kurtz Ersa bietet wieder eine Tagung speziell zum Thema Design for Manufacturing (DfM). Doch das neue Konzept geht noch darüber hinaus und möchte zwei häufig getrennte Fachbereiche vernetzen. Zum Thema sprachen wir mit Christian Rückert, Produktmanager Technologie bei Kurtz Ersa.

Herr Rückert, Sie bieten in diesem Jahr wieder eine DfM-Veranstaltung an. Können Sie kurz erklären, was Sie unter dem Begriff DfM eigentlich verstehen?

Christian Rückert: Die Abkürzung steht für Design for Manufacturing, zu Deutsch etwa fertigungsgerechtes Design. Es gibt in dieser Art noch weitere Ansätze wie Design for Cost oder Design for Testability. Zusammengefasst wird das Ganze manchmal unter Design for Excellence (DfX). Die Grundidee ist einfach im Baugruppendesign eine ganzheitliche Betrachtung vorzunehmen, um die „Weichen“ für die Folgeprozesse richtig zu stellen. Auch DfM ist daher ein recht weitreichender Begriff, der zum Beispiel herangezogen wird, wenn es darum geht, eine Leiterplatte so zu entwerfen, dass der Leiterplattenhersteller sie problemlos produzieren kann. Da wir als Kurtz Ersa aus der Elektronikproduktion, also der Fertigung elektronischer Baugruppen, kommen, liegt bei uns der Fokus von DfM natürlich auf den entsprechenden Fertigungsprozessen wie dem Lotpastendruck und den Massenlötprozessen.

DfM ist also kein neuer Begriff?

Christian Rückert: Nein, der existiert schon seit vielen Jahren. Was nicht heißt, dass das Konzept bereits überall angekommen wäre. Wir sehen bei uns regelmäßig Designs, die Verbesserungspotential hätten. Teilweise reicht das bis an die Grenzen der Lötbarkeit.

Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Christian Rückert: Ich denke das hat verschiedene Ursachen. Leiterplatten-Layouter sind im Grunde immer mit Zielkonflikten konfrontiert. Die meisten wissen heutzutage, dass eine Bohrung besser mit Wärmefalle an eine Groundplane angebunden wird. Von Seiten der Löttechnik wünschen wir uns das immer. Aber der Entwickler muss beachten, dass vielleicht hohe Ströme über die Verbindung fließen und das Hochfrequenzverhalten soll auch noch passen und schon ist die Entscheidung nicht mehr so einfach.

Der zweite ganz wichtige Punkt ist die zunehmende Komplexität. Die Anwendungen werden immer anspruchsvoller, in quasi allen Bereichen. Wir sehen Produkte in der Leistungselektronik, die man vor 10 Jahren noch als unmöglich abgetan hätte. Dasselbe gilt für Miniaturisierung, Hochfrequenz und so weiter. Wir kommen immer mehr in Grenzbereiche.

Was bedeutet das in der Praxis?

Christian Rückert: Naja, zum Beispiel, dass Footprints, die in den Vorgängergenerationen noch funktioniert haben, auf einmal für Probleme in der Fertigung sorgen. Das betrifft die THT-Technologie häufig, weil die Wärmekapazitäten so groß werden, dass ein vollständiger Lotdurchstieg nur noch durch zusätzliche Optimierungen im Design möglich ist. Auch im SMT-Bereich entstehen neue Herausforderungen durch höhere Lagenzahlen oder Miniaturisierung. Daher ist DfM aus unserer Sicht wichtiger denn je.

Kurtz Ersa bietet Anlagen für die Elektronikfertigung an. DfM scheint da eher weit weg. Warum widmen Sie sich diesem Thema?

Christian Rückert: In der Praxis begegnen wir dem Thema häufig. Wenn das Design nicht optimal ist, sind oft einzelne Lötstellen (z. B. wegen großer Wärmekapazität) mangelhaft. Und dann melden sich Kunden mit ihren Problemen bei uns, weil sie die Lösung in der Anlage suchen. Moderne Anlagen sind enorm leistungsfähig und können über ihre Flexibilität viele Dinge abfangen. Aber gerade in der Leistungselektronik stoßen wir hin und wieder an Grenzen. Denn auch das Löten unterliegt Zielkonflikten. So lässt sich beispielsweise nicht beliebig die Temperatur der Lötanlage erhöhen, wenn der Wärmebedarf steigt. Denn dadurch riskiert man Beschädigungen der Bauteile oder Leiterplatte. Wir haben also physikalische Grenzen, welche unsere Prozessfenster begrenzen.

Sind diese Zusammenhänge den Designern bewusst?

Christian Rückert: Zum Glück kann man das für viele inzwischen bejahen. Aber es gibt immer noch Layout-Entwickler, die eine große Distanz zur Fertigung und daher wenig Bezug zu deren Prozessen und Problemen haben. Wir sagen das nicht mit vorwurfsvollem Blick, denn die Trennung liegt zum Großteil einfach an der zeitlichen und logischen Abfolge der Prozesse. Und das Gleiche gilt übrigens in umgekehrter Richtung für viele Fertigungen. Wir haben in unseren Knowhow-Seminaren die Erfahrung gemacht, dass Prozessverantwortliche und Maschinenbediener sehr interessiert sind an den Zusammenhängen von Layout und Lötergebnissen. Sie sind oft täglich mit Herausforderungen konfrontiert und begeistert, wenn sie die Ursachen verstehen und dadurch in der Lage sind, bessere Lösungen zu erarbeiten.

Und die Designer?

Christian Rückert: Die sehen wir einfach seltener. Unser Schulungsprogramm ist, analog zum Tagesgeschäft, bisher recht produktionsnah. Allenfalls in firmenspezifischen Seminaren sitzen auch mal Designer. Und genau das war der Hintergrund, warum Kurtz Ersa ursprünglich das DFM-Seminar entwickelt hat. Wir wollten Designern den gleichen Blick über den Tellerrand bieten, damit sie letzten Endes bessere Layouts erstellen können. Leider kam dann die Pandemie dazwischen, was für eine neue Veranstaltung ein schwieriges Umfeld war.

Jetzt lassen Sie die Veranstaltung wieder aufleben. Ist das Format gleichgeblieben?

Christian Rückert: Wir haben uns Gedanken gemacht, wie wir das Konzept noch attraktiver machen können. Da wir die starke Trennung zwischen Entwicklern und Fertigungen als einen der größten Hemmschuhe für DfM sehen, haben wir uns dafür entschieden beide Gruppen zusammenzubringen.

Daher haben wir in diesem Jahr das neue Veranstaltungsformat „Design meets Production“ geschaffen. Die Basis dafür ist die Fachtagung „Löten in der Elektronikproduktion“ als gut etablierte Veranstaltung. Diese verschmelzen wir mit unserem DfM-Seminar, es wird einen Tag geben, den sich beide Veranstaltungen teilen. Das war nicht nur eine inhaltliche Entscheidung, sondern ebenso eine strategische. Design meets Production soll nicht nur ein Titel sein, sondern Teil des Konzepts. Wir möchten eine Plattform bieten, wo sich die Fachbereiche Design/Entwicklung und Produktion austauschen können.

Bedeutet das, die Fachtagung Löten in der Elektronikproduktion geht in der neuen Veranstaltung auf?

Christian Rückert: Nein, die Fachtagung wird weiterhin als eigenständige Veranstaltung bestehen bleiben. Sie ist auch keine reine Kurtz Ersa Veranstaltung, sondern eine gemeinschaftliche mit vielen namhaften Partnern. Kurtz Ersa hat die Gastgeberfunktion übernommen, als eine Neuorientierung notwendig wurde. Daher wird man die Fachtagung auch in Zukunft eigenständig buchen können.

Dasselbe gilt für das DfM-Seminar, auch hier wird eine separate Buchung möglich sein. Design meets Production bildet eine gemeinsame „Klammer“ und soll den Rahmen definieren. Wer Design meets Production bucht, wird einen ganzheitlichen Überblick erhalten vom EDA-Tool bis in die Lötprozesse. Natürlich ist unsere Hoffnung, dass wir damit ein attraktives Angebot geschnürt haben, das für viele einen echten Mehrwert bietet.

Eine abschließende Frage. Warum sollte ich als Designer/Layouter/Prozessverantwortlicher die Veranstaltung Design meets Production besuchen?

Christian Rückert: Design meets Production bietet ein umfangreiches Programm mit wirklich hochkarätigen Speakern. So gibt es Vertreter der größten deutschen Leiterplattenhersteller, bekannte Köpfe aus der Forschung, den Marktführer bei Schablonen, Anlagenhersteller, ein bekanntes EDA-Tool sowie zwei der großen Lothersteller. Die Vorträge sind mindestens 45 Minuten lang, der Fokus liegt eindeutig auf fachlichen Inhalten und Wissenstransfer. Das Konzept hat sich bei der Fachtagung Löten in der Elektronikproduktion bewährt, die seit Jahren immer ausgebucht ist. Neben all dem Wissen steht auch das Networking im Fokus. Die Teilnehmer haben in den Pausen und bei den Abendveranstaltungen die Möglichkeit sich auszutauschen und mit den Referenten zu diskutieren. Aus welchem Fachbereich man kommt, spielt im Grunde keine Rolle. Jeder wird Themen aus seinem Tagesgeschäft wiederfinden, aber auch Themen, die darüber hinaus gehen. Diesen Blick über den Tellerrand halten wir für extrem wertvoll, um ganzheitlicher zu arbeiten und nachhaltig erfolgreich zu sein. Aus unserer Sicht gibt es derzeit keine vergleichbare Veranstaltung, die so viele Benefits in nur drei Tagen bietet. Und Wertheim ist sowieso immer eine Reise wert.

Herr Rückert, wir danken Ihnen für das Gespräch.

www.kurtzersa.de

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