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Kosten und Risiken minimieren: Aufgaben auslagern, statt Tätigkeiten

Interview mit Karel Kubr zum innovativen Nearshoring-Konzept von Lintech
Kosten und Risiken minimieren: Aufgaben auslagern, statt Tätigkeiten

Kosten und Risiken minimieren: Aufgaben auslagern, statt Tätigkeiten
Seit über 30 Jahren ist Ing. Karel Kubr Geschäftsführer der Lintech bestens mit den Prozessen deutscher Unternehmen und den Herausforderungen in der grenzübergreifenden Zusammenarbeit vertraut Bild: Lintech
Seit der Firmengründung 1993 ist Ing. Karel Kubr, Geschäftsführer der Lintech, spol. s r.o., bestens mit den Prozessen deutscher Unternehmen und den Herausforderungen in der grenzübergreifenden Zusammenarbeit vertraut. Im Gespräch erklärt er den besonderen Ansatz des Nearshoring, den er mit seinem Unternehmen entwickelt und in den vergangenen Jahren erfolgreich etabliert hat.

Herr Kubr, warum sollten Unternehmen Ihrer Meinung nach Aufgaben auslagern, und keine Tätigkeiten?

Karel Kubr: So pauschal würde ich das nicht formulieren; es kommt immer drauf an. Wenn ich kurzfristig Helfer brauche, um schnell Kapazitäten in einer bestehenden Fertigung zu erweitern, dann macht es sicher keinen Sinn, stattdessen ganze Prozessketten auszulagern.

Aber wenn es darum geht, die Kostenstruktur zu optimieren, oder wenn das Unternehmen an Kapazitätsgrenzen stößt, dann ist es Zeit darüber nachzudenken, bestimmte Aufgaben komplett auszulagern. Komplett auslagern heißt: Das Unternehmen stellt lediglich seine kundenspezifischen Teile bei und bekommt komplett geprüfte Baugruppen, gefertigt nach seinen Vorgaben, zurück. Im eigenen Unternehmen entfallen damit bestimmte Tätigkeiten. Dadurch können die bestehenden Mitarbeiter anders eingeplant werden – und auf interessanten Arbeitsplätzen höhere Deckungsbeiträge erwirtschaften. Zudem ist die gesamte Verwaltungsschale der Produktion an dieser Stelle unnötig. Beispielsweise also das Aufbereiten von Stücklisten, Arbeits- und Prozessplanung, Kommissionieren, Zeiterfassung, Aus- und Rückbuchen von halbfertigen Teilen, Bestandsverwaltung, Bestellwesen und so weiter.

Das klingt für mich jetzt noch sehr nach klassischem Outsourcing. Worin besteht der Unterschied zu ihrem Konzept?

Karel Kubr: Wenn Sie so wollen, kombinieren wir Outsourcing mit Outstaffing. Unsere Kunden haben ein vollwertiges Team in Tschechien, das nicht nur aus angelernten Kräften für die reine Fertigung besteht. Denn allein dafür sind die Kostenvorteile eher überschaubar, weil in Deutschland kein Mangel an Helfern herrscht. Das Problem sind die gut ausgebildeten und engagierten Techniker, die eigenständig Hilfs- und Prüfmittel sowie Vorrichtungen entwickeln und bauen können. Beschaffungsspezialisten, welche Standardteile auf dem Weltmarkt einkaufen, sowie das erfahrene Anleitungspersonal in der Fertigung, dass durch clevere Planung dafür sorgt, dass Qualität entsteht und nicht hinterher in die Produkte hineingeprüft werden muss.

Der Unterschied zu Outstaffing ist, dass das Team bei uns angestellt bleibt; unsere Kunden in dieser Hinsicht also keine Verantwortung übernehmen müssen.

Sie haben gerade das Thema Fachkräftemangel angesprochen. Gibt es diesen nicht auch in Böhmen, vor allem in der Grenznähe zu Deutschland?

Karel Kubr: Den gibt es grundsätzlich, aber nicht in dieser ausgeprägten Form. Autobahnen gibt es in unserer Region nicht; zudem steigen auch bei uns die Löhne der Fachleute kräftig. Das führt dazu, dass wir immer wieder gute Ingenieure, Techniker oder Meister bekommen, die eben nicht jeden Tag zwei Stunden auf der Straße verbringen wollen. Auch für die Montage finden wir genügend Fachkräfte, was uns ein flexibles Eingehen auf Kundenwünsche ermöglicht. Wir sind klein genug, um kurzfristig zaubern zu können, aber eben auch groß genug, um nach standardisierten Prozessen Millionenstückzahlen zu verarbeiten.

Wenn jemand über die Verlagerung von Aufgaben nachdenkt, warum sollte er dann überhaupt nach Tschechien gehen – und nicht erheblich weiter nach Osten?

Karel Kubr: Ich denke, dass es zumindest beim Serienanlauf ein großer Vorteil ist, wenn alle maßgeblich Beteiligten in der gleichen Zeitzone und in der gleichen Sprache kommunizieren können. Auch bei Transportkosten und -risiken macht sich die Nähe positiv bemerkbar – denn Lintech liegt keine 35 km Luftlinie nordöstlich von einem der größten Elektronikfertiger in Europa. Dazu kommt: Die Mentalität ist so verschieden nicht. Das sorgt für gegenseitiges Verständnis und Verbindlichkeit und vermeidet Fallen durch große kulturelle Unterschiede.

Sie haben erwähnt, dass auch in Tschechien die Lohnkosten steigen. Lohnt es sich überhaupt noch, Aufgaben dorthin auszulagern?

Karel Kubr: Auf jeden Fall, denn erstens sind die Lohnkosten in Tschechien immer noch deutlich niedriger, auch im grenznahen Bereich. Dazu kommt, dass die Lohnnebenkosten auf einem ganz anderen Niveau liegen. Unter dem Strich kalkulieren wir die Arbeitsstunde – einschließlich aller Nebenkosten – etwa auf dem Niveau des deutschen Mindestlohns.

Wenn Sie sich dann noch zusätzliche Kosten sparen, etwa weil sie nicht umbauen, neu bauen oder zusätzliche Gebäude anmieten müssen, kommen wir schnell in die Größenordnung von der Hälfte – bei mindestens vergleichbarer Qualität.

Herr Kubr, in einem Satz: Was ist Ihre Empfehlung für Unternehmen, die sich nach einem Partner in Osteuropa umschauen?

Karel Kubr: Achten Sie darauf, dass das Unternehmen langjährige Erfahrung mit den in deutschen Unternehmen üblichen Prozessen hat – und dass nicht nur der Vertrieb, sondern alle Schlüsselpositionen im Unternehmen mit Ihnen auf Deutsch kommunizieren können.

Bevor Sie komplexe oder kritische Bauteile oder Baugruppen vergeben, sollten Sie das Zusammenspiel mit unkritischen Baugruppen üben. Und wenn das dann alles passt, achten Sie darauf, dass Ihr neuer Partner Ihre Herausforderungen zu seinen macht und diese mit Engagement und Leidenschaft löst. Oder sprechen Sie gleich mit uns.

Herr Kubr, ich danke Ihnen für das offene Gespräch!

www.lintech.cz/de/

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