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Dem Mooreschen Gesetz auf der Spur

Stefan Schäfer, Kistler, über piezodynamische Kraftmessung in der Halbleiterfertigung
Dem Mooreschen Gesetz auf der Spur

Seit Jahrzehnten entwickelt sich die Halbleiterindustrie gemäß dem Mooreschen Gesetz: Alle zwei Jahre verdoppelt sie die Leistungsfähigkeit von Mikrochips und legt so den Grundstein für immer ausgeklügeltere Informationstechnologien. Diese Schlüsselrolle soll sie auch in den kommenden Dekaden nicht ablegen. Jedoch kann die Leistungsfähigkeit von Industrierobotern, Computern, Smartphones und smarten Haus- und Küchengeräten nur dann weiterhin exponentiell steigen, wenn die Halbleiterindustrie es schafft, ihre Produkte noch effizienter herzustellen. Stefan Schäfer, Product Manager bei Kistler, erklärt, wie Hersteller die Vorteile piezodynamischer Kraftüberwachung nutzen können, um Optimierungspotentiale in ihrer Produktion auszuschöpfen.

EPP: Herr Schäfer, ein Blick in die Vergangenheit gibt dem Mooreschen Gesetz recht: Stolze Besitzer des ersten Mobiltelefons der Welt mussten ihr Handy zehn Stunden lang aufladen, um eine halbe Stunde zu telefonieren. Davon ist die Technik heutzutage – etwa 50 Jahre später – sprichwörtlich Lichtjahre entfernt. Das haben wir vor allem immer leistungsfähigeren Mikrochips zu verdanken. Wie hat sich die Herstellung dieser Chips über die Jahrzehnte verändert?

Stefan Schäfer: Sie ist vor allem stetig komplexer geworden. Zusammen mit unseren Mobiltelefonen, Computern und Robotern sind über die Jahre auch die darin verbauten Chips geschrumpft. Hersteller mussten eine immer größere Zahl an Transistoren auf immer kleinerem Raum unterbringen, um deren Leistungsfähigkeit zu steigern. Gleichzeitig stieg – und steigt immer noch – der weltweite Bedarf für Halbleiter rasant an. Um diesen Bedarf zu decken, müssen Hersteller immer schneller produzieren.

Das ist allerdings leichter gesagt als getan: Je kleiner die Chips sind, desto niedriger sind die Prozesskräfte, die bei deren Herstellung entstehen. Entsprechend schwierig gestaltet sich die Qualitätssicherung. Jedoch gilt weiterhin: Nur wenn Hersteller die auftretenden Kräfte im Produktionsprozess präzise messen und überwachen, sind sie in der Lage, mechanische Überbelastung und Beschädigung zu vermeiden und qualitativ hochwertige Produkte zu liefern.

EPP: Heutzutage sind Ausbringungsmengen von 50.000 Units pro Stunde in der Chipfertigung keine Seltenheit mehr. Diese Produktionsgeschwindigkeiten können Halbleiterhersteller nur dank hochdynamischen Pick-and-Place-Systemen erreichen. Wie wirkt sich deren Einsatz bei einer solch hohen Ausbringungsmenge auf den Produktionsprozess aus?

Stefan Schäfer: Die Pick-and-Place-Systeme arbeiten in physikalischen Grenzbereichen – anders sind diese Ausbringungsmengen nicht zu realisieren. Grundsätzlich ist man bei der Auslegung der Systeme immer darauf bedacht, den mechanischen Stress auf den Chip zu minimieren, um so Mikrorisse zu vermeiden. Selbst wenn Hersteller ihr Pick-and-Place-System bei der Inbetriebnahme optimal einrichten, können sich im Laufe der Zeit Maschinenparameter durchaus ändern- etwa aufgrund eines hohen Materialverschleißes – und Mikrorisse verursachen. Herkömmliche Bildverarbeitungssysteme erkennen solche Mikrorisse im Chip allerdings oft nicht, sodass die Gefahr besteht, dass fehlerhafte Produkte die Qualitätskontrolle passieren. Durch den Einsatz piezoelektrischer Messtechnik können Hersteller diesem Szenario entgegenwirken.

EPP: Welche Rolle spielt die piezoelektrische Messtechnik bei der Überwachung dieser Herstellungsprozesse?

Stefan Schäfer: Die dynamische Kraftmessung mittels piezoelektrischer Sensorik bringt mehrere Vorteile. Piezoelektrische Sensoren weisen eine hohe Steifigkeit auf. Sie geraten nicht in Eigenschwingung, sodass sie trotz der kurzen Taktzeiten in der Halbleiterfertigung präzise Messdaten liefern. Während der Fertigung treten kleine Kräfte von weniger als 1 N auf, deswegen ist es wichtig, besonders empfindliche Sensoren einzusetzen.
Ein Sensor, der diesen Anforderungen entspricht, ist der hochempfindliche Sensor 9132 CD von Kistler.

EPP: Was ist das für ein Sensor?

Stefan Schäfer: Sein Kern besteht aus einem in unserem Haus speziell gezüchteten Kristall, wodurch der Miniatursensor neunmal empfindlicher ist als branchenübliche Alternativen – eine Leistung, die noch vor einigen Jahren nicht zu erreichen war. Durch seine hohe Empfindlichkeit liefert der Sensor selbst bei kleinsten Kraftbereichen exakte Messwerte. Durch seine kleine Größe ist er zudem optimal für die Halbleiterfertigung geeignet. In Kombination mit Prozessüberwachungssystemen von Kistler sind Hersteller in der Lage, mechanische Überbelastungen sowie Anomalien und Prozessfehler zu erkennen und Ausschuss zu minimieren. Auch an den Einsatz mit Pick-and-Place-Roboter haben wir gedacht: Der 9132 CD ist mit einem hochisolierenden Anschlusskabel von Kistler kompatibel, um den Verschleiß während dynamischer Prozesse zu reduzieren. Das Kabel ist speziell für repetitive Anwendungen konzipiert, ist hochflexibel und schleppkettentauglich –letzteres haben wir in Tests nachweisen können.

EPP: Herr Schäfer, wie schätzen Sie die Rolle der piezoelektrischen Messtechnik im Hinblick auf kommende Weiterentwicklungen ein? Wie wird sich diese entwickeln müssen, um einen Beitrag zum Weiterbestand der Moore‘schen Gesetzmäßigkeit zu leisten?

Stefan Schäfer: Es wird sicherlich auch in Zukunft darum gehen, immer empfindlichere Sensorik zu entwickeln. Um die Halbleiterindustrie jedoch maßgeblich zu prägen, wird die Messtechnik smarter werden müssen und Funktionen im Bereich der Predictive Maintenance entwickeln müssen. Es geht darum, den Herstellern einen wirklichen Mehrwert zu bieten. Statt nur elektrische Ladung zu übermitteln, werden smarte Sensoren Informationen über ihren eigenen Gesundheitszustand übermitteln, Wartungsbedarfe frühzeitig ankündigen und mit künstlicher Intelligenz ausgestattet sein – kurzum: sie werden die Produktion von Halbleitern noch effizienter gestalten.

www.kistler.com

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