EPP: Welche Meilensteine hat Indium in den vergangenen 90 Jahren erreicht?
Ross Berntson: Es gibt zu viele, um sie alle aufzuzählen. Wir bei der Indium Corporation wurden immer von unserer Neugier getrieben, neue Innovationen voranzutreiben. Diese Leidenschaft trieb unseren Gründer, Dr. William S. Murray, an, die ersten kommerziellen Anwendungen für Indiummetall zu identifizieren und zu ermöglichen. Deshalb gründete er 1934 die Indium Corporation of America.
Im Jahr 1942 wurde unser Indium-Metall in Stoßstangen von Studebaker-Automobilien verwendet. Ein Jahrzehnt später, im Jahr 1952, haben wir ein kommerziell nutzbares Verfahren zur Herstellung von Präzisions-Preforms entwickelt. Dieses Verfahren ermöglichte die Massenproduktion von Legierungstransistoren. In den späten 70er Jahren haben wir begonnen, Lotpasten zu entwickeln. Heute sind sie eines der wichtigsten Standbeine der Indium Corporation. Im Jahr 1989 wurde uns die Ehre zuteil, an Experimenten an Bord mehrerer Space-Shuttle-Missionen teilzunehmen. In den 90er Jahren gab es eine Reihe von Innovationen, wie zum Beispiel die Entwicklung unserer verstärkten InFORMS-Lötpreforms und die Einführung von NC-SMQ92J, einer No-Clean-Lötpaste, die schnell zum Industriestandard wurde. Nicht zu vergessen sind die großartigen technologischen Fortschritte, die wir im Bereich der Lotlegierungstechnologie, der thermischen Interface-Materialien und der Halbleiter-Packaging-Materialien in den 2000er Jahren gemacht haben. Heute sind mehr als 5 Millionen Elektrofahrzeuge auf den Straßen unterwegs, die mit unseren erstklassigen Produkten der Marke Rel-ion für die Elektromobilität und unserem umfangreichen Know-how in der Montage von Automobilelektronik und Leistungselektronik ausgestattet sind.
EPP: Wie hat sich die Elektronikindustrie seit Gründung von Indium verändert?
Ross Berntson: Unser Gründer würde die moderne Elektronikindustrie wahrscheinlich nicht wiedererkennen. Dennoch inspiriert uns sein Innovationsgeist nach wie vor, die Materialwissenschaft aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Im Jahr 1952 haben wir ein kommerziell nutzbares Verfahren zur Herstellung von Präzisions-Preforms entwickelt, das die Massenproduktion von Legierungstransistoren ermöglicht hat. Wir sind dankbar für unsere Teilnahme am Mission Project. Durch unsere neueste bleifrei Durafuse-Technologie konnten zahlreiche Fortschritte und Designs erzielt werden.
Zusätzlich spielen unsere branchenführenden metallischen Wärmeleitmaterialien (TIMs) und Wärmemanagementprodukte eine entscheidende Rolle bei der Miniaturisierung. Sie leiten Wärme effizient ab und gewährleisten so optimale Leistung und Zuverlässigkeit in kompakten elektronischen Geräten mit immer höherer Leistungsdichte.
EPP: Welche Rolle spielt die Indium Corporation heute in der Elektronikindustrie im Vergleich zu ihren Anfängen?
Ross Berntson: Die Indium Corporation hat sich im Laufe ihrer Geschichte von der Beschaffung, Raffination und dem Handel von Edelmetallen zu einem wichtigen Akteur in der Elektronikindustrie entwickelt.
Mit der Entwicklung der Branche hat sich auch das Unternehmen weiterentwickelt. Heute sind wir ein führender Materialveredler, Schmelzer, Hersteller und Lieferant für die weltweiten Elektronik-, Halbleiter-, Dünnschicht- und Thermal Management-Märkte. Unser Ziel ist es, die Produktivität und Rentabilität unserer Kunden durch die Entwicklung, Anwendung und den Support fortschrittlicher Materialien zu steigern. Wir arbeiten eng mit unseren Kunden zusammen, um Probleme zu lösen und die Effizienz ihrer Prozesse zu maximieren. Wir freuen uns sehr, dass unsere Experten ihr Wissen und ihre Erkenntnisse auf Konferenzen und Messen weltweit teilen. Außerdem bieten wir unsere InSider-Reihe an, die kostenlose Webinare zu verschiedenen Themen umfasst.
EPP: Welche innovativen Lösungen bietet die Indium Corporation für die sich wandelnden Anforderungen der Elektronikindustrie?
Ross Berntson: Wir wissen, dass Energieverbrauch und Kohlenstoffemissionen wichtige Themen in der Elektronikfertigung und anderen Branchen sind. Weltweit ergreifen Regierungen und Unternehmen Maßnahmen, um ihren Kohlenstoff-Fußabdruck zu reduzieren. Es ist entscheidend, energieeffiziente Prozesse einzuführen, um im internationalen Markt wettbewerbsfähig zu bleiben.
Durafuse LT ist Teil unserer Durafuse-Technologie und ein neuartiges Lotpasten-Legierungssystem mit vielseitigen Eigenschaften. Es ermöglicht Energieeinsparungen, hohe Zuverlässigkeit und niedrigere Temperaturen. Darüber hinaus ist es für Stufenlöten und Baugruppen mit großen Temperaturgradienten geeignet. Die Lotpaste Durafuse LT reduziert den Energieverbrauch im Vergleich zu typischen bleifreien Lotpasten um bis zu 15%. Durch die Absenkung der Temperatur im Reflow-Ofen sparen Sie bei jeder Leiterplatte Energie und Kosten. Durafuse HT ist eine bleifreie, hochtemperaturbeständige Alternative zu Lotpasten mit hohem Bleigehalt in diskreten Leistungsanwendungen.
Unsere SiPaste-Serie von feinen Pulverpasten und No-Clean-Flussmittel sind in der Industrie Standards für System-in-Package (SiP)- und heterogene Integrations- und Montageanwendungen (HIA) und tragen zur weiteren Miniaturisierung bei. Die neu eingeführte Legierungstechnologie Indalloy 301 LT wurde speziell für die Leistungsmodulfertigung entwickelt und ermöglicht niedrigere Löttemperaturen beim Einsatz von Preforms. Die Wismut freie Zusammensetzung, die niedrigeren Verarbeitungstemperaturen und die verschiedenen Konfigurationen machen Indalloy 301 LT zu einer vielseitigen Lösung für sich ändernde Produktionsanforderungen.
Mit über 60 Jahren Erfahrung in der Herstellung von Flüssigmetallen auf Gallium Basis sind wir auch führend in der Produktion von Hochleistungs-Flüssigmetall-Thermal-Interface-Materialien (TIM). Wir haben umfangreiches Wissen und Erfahrung in TIM0-, TIM1– und TIM2-Anwendungen mit hohen Stückzahlen, um den wachsenden Bedarf an Hochleistungscomputern für KI und IoT zu unterstützen.
EPP: Wie hat sich die Nachhaltigkeitsstrategie der Indium Corporation im Laufe der Jahre entwickelt?
Ross Berntson: Wir haben in diesem Zusammenhang einige unserer Produktinnovationen erwähnt, die zunehmend nachhaltige Produktionsprozesse ermöglichen. Es ist uns ein besonderes Anliegen, Nachhaltigkeit in all unseren Geschäftsbereichen zu fördern und zu leben. Unsere Rückgewinnungs- und Recyclingprogramme für Indium-, Gallium-, Germanium- und Zinnmetalle sind ein deutliches Zeichen dafür. Wir haben ein Recycling-Programm für Lot und Lotkrätze sowie interne nachhaltige Lösungen zur Reduzierung unseres CO2-Fußabdrucks.
EPP: Welche Herausforderungen sieht Indium für die zukünftige Entwicklung der Elektronikindustrie?
Ross Berntson: Die globalen makroökonomischen Bedingungen sind unvorhersehbar und stellen daher ständig eine Herausforderung dar. Wir haben die aktuellen Herausforderungen der Inflation und Lieferketten erfolgreich gemeistert. Das haben wir erreicht, indem wir eng mit unseren Lieferanten zusammengearbeitet haben, gerade genug Material auf Lager gehalten haben, eine enge Kommunikation zwischen den Abteilungen aufrechterhalten haben und unsere Lieferkanäle diversifiziert haben. Die Identifizierung, Einstellung und Ausbildung der nächsten Generation von Branchenführern stellt ebenfalls eine potenzielle Herausforderung dar. Wir fördern die MINT-Ausbildung auf allen Ebenen und treiben die Personalentwicklung in den MINT-Bereichen voran. Unser preisgekröntes Hochschulpraktikumsprogramm und unser bahnbrechendes Ausbildungsprogramm haben den Weg für Hunderte von Karrieren geebnet.
EPP: Welche neuen Technologien oder Trends beeinflussen derzeit die Nachfrage nach Lot und wie reagiert die Indium Corporation darauf?
Ross Berntson: Der technologische Fortschritt schreitet rasant voran. Das Aufkommen der KI-Technologie hat beispielsweise zu einer größeren und unmittelbaren Nachfrage nach Low-Temp-Produkten geführt. Zusätzlich zu unserem aktuellen Portfolio an Niedrigtemperaturprodukten, wie den traditionellen Wismut- und Indiumlegierungen, dem neuen Bi+ und der hochmodernen Durafuse LT-Technologie für hohe Zuverlässigkeit, haben wir vor kurzem SAFI-Tech übernommen, einen Innovator im Bereich der Metallmikrokapseltechnologie, der sich auf die Superkühltechnologie spezialisiert hat. Dieser Schritt ermöglicht es uns, unseren Kunden weltweit weiterhin die innovativsten und zukunftsweisendsten Lötlösungen anzubieten.
EPP: Wie sieht die Zukunft der Indium Corporation im Bereich Forschung und Entwicklung aus?
Ross Berntson: Wir sind stolz darauf, dass viele unserer materialwissenschaftlichen Innovationen und Durchbrüche der letzten 90 Jahre das direkte Ergebnis unseres Engagements in Forschung und Entwicklung sind. Wir sind uns bewusst, wie wichtig es ist, in diesen Teil des Unternehmens zu investieren, um die Bedürfnisse unserer Kunden zu antizipieren und gleichzeitig den Branchentrends voraus zu sein. Es ist Teil unserer Unternehmensphilosophie, neugierig zu bleiben und neue sowie bestehende Technologien zu erforschen. Forschung und Entwicklung verkörpern diese Werte.
EPP: Welche Partnerschaften hat die Indium Corporation geschlossen, um Innovationen voranzutreiben und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken?
Ross Berntson: Uns ist es sehr wichtig, weltweit Partnerschaften zum gegenseitigen Nutzen einzugehen. Ein tolles Beispiel hierfür ist unser innovatives Live@-Programm, das wir auf großen Messen weltweit durchführen. Live@ ist ein Live-Demonstrationsprogramm, das vor fast zwei Jahrzehnten gemeinsam mit unseren Industriepartnern ins Leben gerufen wurde. Durch die Vorführung unserer Produkte an realen Anlagen können Sie sich ein genaues Bild von der Leistungsfähigkeit unserer Materialien und Anlagen machen. Unsere Experten sind in ihren Gemeinschaften und Fachgebieten sehr aktiv und halten regelmäßig Vorträge auf Konferenzen weltweit. Durch ihre Zusammenarbeit mit SMTA und IPC sind sie auch an der Entwicklung von Industriestandards beteiligt. Unser Global Head of E-Mobility and Infrastructure, Brian O‘Leary, ist beispielsweise Vorsitzender der IPC EV Quality & Reliability Advisory Group.
Wir arbeiten eng mit Vertriebspartnern weltweit zusammen, um unsere Produkte einem breiteren Kundenkreis zugänglich zu machen. Wir freuen uns darauf, unsere Wettbewerbsfähigkeit durch strategische Akquisitionen weiter zu stärken. Außerdem haben wir im Jahr 2021 Solder Chemistry, einen deutschen Hersteller von Lotmaterialien, in die Indium Corporation aufgenommen, um unsere Präsenz in Europa zu stärken.
EPP: Wie wird die Indium Corporation die Digitalisierung und den Übergang zu Industrie 4.0 in der Elektronikfertigung unterstützen?
Ross Berntson: Unsere Strategie umfasst einen vielschichtigen Ansatz, der sich auf Innovation und Zusammenarbeit in allen Bereichen und Abteilungen des Unternehmens konzentriert. Wir investieren stark in Forschung und Entwicklung, um fortschrittliche Materialien zu entwickeln, die den Anforderungen von Industrie 4.0 gerecht werden. Unsere Werkstoffe sind darauf ausgelegt, Konnektivität, Leistung und Zuverlässigkeit zu verbessern.
Wir glauben, dass Kooperation der Schlüssel zum Erfolg ist. Deshalb arbeiten wir aktiv mit Industriepartnern zusammen und fördern Allianzen, die den technologischen Fortschritt vorantreiben. Durch Zusammenarbeit können wir gemeinsam die Komplexität der Digitalisierung bewältigen und eine nahtlose Integration sowie optimierte Prozesse sicherstellen.
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