- Industrie verbraucht 26 Prozent aller Halbleiter in Europa
- SiC-Leistungselektronik für Hochvoltanwendungen in der Fabrikautomation
- Smarte Sensoren reduzieren Datentransfers in die Cloud
Industrie 4.0 zählt zu den Megatrends der Gegenwart. Ihr Ziel ist es, die Produktion entlang der gesamten Wertschöpfungskette durch intelligente Industrieelektronik und modernste Kommunikationstechnik zu digitalisieren und vernetzen. Führende Akteure dieses disruptiven Transformationsprozesses treffen sich vom 15. bis 18. November auf der electronica 2022 und beleuchten die wichtigsten Trends unter anderem auf dem IIoT & Cyber Security und dem Power Electronics & Embedded Systems Forum.
Der Siegeszug der Industrieelektronik begann im Jahr 1941 mit der Erfindung des ersten vollautomatischen Computers Z3. In der dritten industriellen Revolution ab 1970 bildete sie die unverzichtbare Grundlage für jede Form der Automatisierung. Und für die vierte industrielle Revolution ist sie die Schlüsseltechnologie. Denn sie schlägt in nahezu allen Branchen die digitale Brücke von der physikalischen Welt der Maschinen, Anlagen und Geräte zur virtuellen Welt des Internets – ermöglicht durch die immensen Fortschritte in der Mikroelektronik sowie der Informations- und Kommunikationstechnik.
Dabei unterliegt auch die Elektronik für den industriellen Einsatz den bekannten Dauerforderungen „schneller, sparsamer, kleiner, günstiger“. Darüber hinaus aber muss sie robust sein sowie über viele Jahre zyklischen Belastungen rund um die Uhr standhalten. Und Feuchtigkeit, Vibration, Hitze oder das Einwirken chemischer Stoffe darf ihre Funktion nicht beeinträchtigen.
Dem allgemeinen Nanometer-Wettrennen allerdings verweigern sich Industrie-Halbleiter. Sie verharren dem ZVEI zufolge meist in einer Spanne zwischen 65 nm und 800 nm. Das ist nicht nur günstiger, es erhöht ebenso die Robustheit und Langzeitkonstanz. Zum Vergleich: Apples nächste Prozessorgeneration für Macbooks und iPhones ist bei 3-nm-Strukturen angelangt. Den Status quo der Branche zeigen die weltweit führenden Chip-Produzenten für Industrieelektronik auf der electronica 2022, darunter Bosch, Infineon, NXP, Renesas, STMicroelectronics, Texas Instruments, Toshiba Electronics und Vishay Intertechnology.
Power Electronics aus Europa
Laut dem ZVEI entfallen 26 Prozent des Halbleiterverbrauchs in Europa auf die Industrie. Und daran hat die Leistungselektronik einen großen Anteil. Im Unterschied zu „gängigen“ Bauelementen verträgt sie beim Schalten, Regeln und Konvertieren elektrischer Energie hohe Ströme und Spannungen. Besser als mit herkömmlichem Silizium (Si) funktioniert das mit Siliziumkarbid (SiC) und Galliumnitrid (GaN). Denn diese Wide-Bandgap-Halbleiter setzten bei Schaltfrequenz, Wirkungsgrad, Durchschlagsfeldstärke, Wärmeverlusten und Baugröße neue Maßstäbe. Für Hochvoltanwendungen in der Fabrikautomation bedeutet das ein Plus an Energie-Effizienz und Wirtschaftlichkeit. Mit Bosch, Infineon, Onsemi, Renesas, Rohm, STMicroelectronics und Vishay sind auf der electronica 2022 die führenden Produzenten von Leistungselektronik vertreten. Außerdem befasst sich das Power Electronics Forum am Mittwoch, 16. November, von 10:00 bis 13:30 Uhr mit dem Trend „Wide Bandgap Semiconductors“.
Sinnesorgane für die Industrie
Eine automatisierte Produktion mit flexiblen Prozessen braucht vor allem eines: Daten. Das Analystenhauses IDC erwartet bis 2025 ein Ansteigen der weltweit generierten Datenmenge auf 163 Zettabyte (ZB). Sechzig Prozent davon sollen Unternehmen verantworten. Der Grund: Das IIoT (Industrial Internet of Things) mit seinen unzähligen drahtlosen oder kabelgebundenen Sensoren. Sie kennzeichnen hohe Anforderungen an Genauigkeit, Arbeitsfrequenzbereich und Robustheit.
Außerdem ist IIoT- Sensorik in der Regel echtzeitfähig und erledigt zunehmend, neben der eigentlichen Messgrößenerfassung mit integrierten KI-Funktionen, die Signalaufbereitung und -verarbeitung vor Ort (Edge-Computing). Das reduziert den Stromverbrauch und die Datentransfers in die Cloud. So verfügt etwa der MEMS-Neigungssensor IIS2ICLX von STMicroelectronics über einen programmierbaren Machine-Learning-Kern. Typische Anwendungen sind Industrieautomation und Strukturüberwachung durch das Erfassen schwacher, niederfrequenter Vibrationen.
Sensoren für Digital Twins
Smarte Sensoren reduzieren auch den Aufwand bei der Erstellung und dem Betrieb digitaler Zwillinge, da die kosten- und ressourcenintensive Rohdatenübertragung entfällt. Die digitalen Abbilder begleiten den kompletten Lebenszyklus einer Maschine, Anlage oder eines Produktes. Typische Anwendungen sind Echtzeitüberwachung oder vorausschauende Wartung.
So unterstützt etwa der beim Microsoft Intelligent Manufacturing Award 2021 prämierte Digital Twin für „Integrated Asset Performance Management“ (IAPM) von Bosch komplexe Automatisierungsprojekte. Die cloudbasierte Lösung sammelt maschinengenerierte Daten und meldet über das IIoT selbständig ihren Wartungsbedarf an. Das senkt den Rohstoff- und Energiebedarf produzierender Unternehmen – gerade in der heutigen Zeit ein mehr als gewünschtes Ergebnis.
Auf der electronica 2022 zeigt das IIoT & Cyber Security Forum, wie industrielle Anwendungen dank Konzepten wie dem Industrial IoT (IIoT), künstliche Intelligenz (AI) und 5G immer intelligenter werden.
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