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Verantwortungsbewusster Umgang mit Ressourcen

CSRD: Pflicht zum Nachhaltigkeitsbericht
Verantwortungsbewusster Umgang mit Ressourcen

Die Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD, betrifft ab dem kommenden Jahr auch schon kleinere Unternehmen als bislang. Sie müssen dann umfangreiche Berichtspflichten zu Nachhaltigkeitsaspekten erfüllen. Das bedeutet auch für Unternehmen der Elektronikbranche: Es bleibt keine Zeit mehr, das Thema aufzuschieben.

Die CSRD stellt die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf eine Stufe mit der Finanzberichterstattung. Für die betroffenen Unternehmen gibt es jedoch zwei große Unterschiede: Während der Finanzbericht schon lange gängige Praxis ist, müssen sie mit dem Nachhaltigkeitsbericht Neuland betreten: Die erforderlichen Prozesse sind erst zu definieren und einzuführen, Systeme zu installieren und Daten zu sammeln, oft auch erst aufzufinden bzw. zu generieren.

Außerdem umfasst die CSRD mit sehr vielen Themen praktisch das gesamte Unternehmen: Sie deckt drei Dimensionen ab – Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Geschäftsgebaren) = ESG – wofür insgesamt rund 1.170 Datenpunkte vorliegen. Das bedeutet, dass die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts nicht allein in die Hände einer Person, z. B. eines Nachhaltigkeitsmanagers, gelegt werden kann. Vielmehr braucht es die Mitwirkung der Geschäftsführung, der Personalabteilung, des Einkaufs, des Supply Chain Managements und weiterer Personen.

Was muss in den Nachhaltigkeitsbericht?

Worüber Unternehmen berichten müssen, ist in den ESRS (European Sustainability Reporting Standards) festgelegt. Jeder dieser Standards enthält sogenannte Offenlegungsanforderungen, die wiederum in Datenpunkten spezifiziert sind.

Es gibt zwei Arten von Standards: grundlegende und spezifische. Die beiden grundlegenden Standards (Allgemeine Anforderungen sowie Angaben) müssen in jedem Nachhaltigkeitsbericht enthalten sein.

Bei den zehn spezifischen Standards muss jedes Unternehmen anhand einer doppelten Wesentlichkeitsanalyse ermitteln, welche in den Nachhaltigkeitsbericht mitaufgenommen werden müssen. Diese Standards sind den Dimensionen E, S und G zugeordnet. Die meisten davon (fünf) fallen in den Bereichen Umwelt (E), das sind:

  • Klimawandel mit 223 Datenpunkten (z. B. Treibhausgas-Emissionen, Energieverbrauch)
  • Umweltverschmutzung mit 71 Datenpunkten (z. B. Emissionen in Luft, Wasser und Boden, Schadstoffe)
  • Wasser- und Meeresressourcen mit 51 Datenpunkten (z. B. Wassereinleitung, Rohstoffe aus dem Meer)
  • Biologische Vielfalt und Ökosysteme mit 122 Datenpunkten (z. B. Kosten von Biodiversität)
  • Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft mit 87 Datenpunkten (z. B. Abfallmengen, Recyclingmaterialien)

Soziales (S) umfasst vier spezifische Standards:

  • Eigene Arbeitskräfte mit 202 Datenpunkten (z. B. Gleichstellungsquote, Diskriminierungsvorfälle)
  • Beschäftigte in der Wertschöpfungskette mit 70 Datenpunkten (z. B. Gehalt, Sicherheit am Arbeitspatz)
  • Betroffene Gemeinschaften mit 68 Datenpunkten (z. B. Menschenrechtsfragen und -vorfälle)
  • Verbraucher und Endnutzer mit 67 Datenpunkten (z. B. Strategien für den Umgang mit Kunden, Beschwerdemöglichkeiten)

Hinzu kommt Governance (G) mit einem spezifischen Standard:

  • Geschäftsgebaren mit 55 Datenpunkten (z. B. Unternehmenskultur, Lieferantenbeziehungen)

Die Bezeichnung „Datenpunkt“ ist zum Teil irreführend: Es geht nicht immer um reine Zahlen, vielmehr werden qualitative und quantitative Datenpunkte unterschieden. Bei ersteren ist darzulegen, inwiefern der Aspekt das Unternehmen betrifft und welche Maßnahmen es unternimmt oder plant, um tatsächliche oder potenzielle Risiken zu minimieren. Bei den quantitativen Datenpunkten sind konkrete Werte, manchmal auch Tabellen, gefordert, etwa zum Energieverbrauch oder den Abfallmengen.

Doppelte Wesentlichkeitsanalyse

Über die Themen, die unter den spezifischen Standards definiert sind, muss ein Unternehmen nur dann berichten, wenn sie für das Unternehmen wesentlich sind. Wann das der Fall ist, ist anhand der doppelten Wesentlichkeitsanalyse zu ermitteln. Demnach ist ein Thema wesentlich für das betreffende Unternehmen, wenn es die Kriterien der ökologischen und sozialen Wesentlichkeit und/oder der finanziellen Wesentlichkeit erfüllt.

Inside-Out …

Bei der ökologischen und sozialen Wesentlichkeit geht es um tatsächliche oder potenzielle Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf die Umwelt und die Gesellschaft (Inside-Out). Dabei kann die Auswirkung positiv oder negativ sein. Ein Beispiel verdeutlicht das: Ein EMS-Anbieter benötigt für seine Fertigung Energie. Damit hat das Unternehmen Auswirkungen u. a. auf die Aspekte Energieverbrauch und Treibhausgas-Emissionen, was in seinen Nachhaltigkeitsbericht aufgenommen werden muss. Selbstverständlich beschäftigt der EMS-Anbieter Mitarbeitende, sodass unter „Soziales“ Punkte wie „Gleichstellungsquote“ oder „Diskriminierungsvorfälle“ wesentlich sind – auch wenn es noch nicht zur Diskriminierung gekommen ist, könnte es dennoch potenziell passieren.

… und Outside-In

Bei der finanziellen Wesentlichkeit werden Risiken und Chancen evaluiert, die die ESG-Kriterien auf die finanzielle Situation eines Unternehmens haben (Outside-In). Der beispielhafte EMS-Anbieters kann z. B. einige der Bauteile via Containerschiff erhalten. Führt der Rhein aufgrund des Klimawandels häufiger Niedrigwasser, sodass die Schifffahrt beeinträchtigt oder gar unmöglich ist, kann das Unterbrechungen der Lieferkette und damit der Produktion zur Folge haben – mit den entsprechenden finanziellen Einbußen. Das heißt: Der Aspekt Klimaschutz ist für den EMS-Anbieter wesentlich und er muss ihn in den Nachhaltigkeitsbericht aufnehmen.

Bei Themen, die sich als nicht wesentlich erweisen, sollte das Unternehmen jedoch darlegen können, warum dies der Fall ist. Mit der Wesentlichkeitsanalyse haben Unternehmen nicht nur ihre Pflicht getan. Sie hilft ihnen auch zu verstehen, in welchem Nachhaltigkeitskontext sie sich bewegen und wo ihre zentralen Handlungsfelder liegen, um sich nachhaltiger aufzustellen.

Wie geht es weiter?

Im nächsten Schritt empfiehlt das BFE Institut für Energie und Umwelt eine Gap-Analyse, um den Reifegrad der KPIs zu bestimmen. Denn damit wird klar, in welchen Bereichen mehr oder weniger Aufwand für den Nachhaltigkeitsbericht nötig sein wird – eine gute Basis, um eine Strategie für das weitere Vorgehen und einen Zeitplan zu erstellen.

Dazu gehören einerseits die Ermittlung aller nötigen Daten und Angaben, andererseits die Definition von Prozessen, die zukünftig die Datenerhebung und das Datenmanagement möglichst effizient machen.

Sind diese Schritte abgeschlossen, ist ein Testlauf sinnvoll. Das gibt dem Unternehmen die Möglichkeit, ohne Zeitdruck durch herannahende Fristen, Lücken zu erkennen und Prozesse anzupassen. Der tatsächliche Nachhaltigkeitsbericht lässt sich dann umso schneller und einfacher realisieren.

Wieviel Zeit ist einzuplanen?

Unternehmen mit über 250 Mitarbeitenden müssen den ersten Nachhaltigkeitsbericht für das Geschäftsjahr vorlegen, das im Jahr 2025 beginnt. Das klingt noch nach viel Zeit. Doch um die Datenerhebungen reibungslos durchführen zu können, sollten die erforderlichen Prozesse bereits zum Beginn des Geschäftsjahres 2025 abgeschlossen sein. Bedenkt man außerdem, dass allein eine vollständige Erstbilanzierung der Treibhausgas-Emissionen über Scope 1, 2 und 3 – wie sie von der CSRD gefordert wird – erfahrungsgemäß zwischen sechs und zwölf Monate braucht, wird klar, dass das Thema CSRD nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden sollte. Denn zusätzlich zu den reinen Angaben wie beispielsweise zu Emissionen, müssen Unternehmen auch wissenschaftlich fundierte Nachhaltigkeitsziele in ihren Bericht aufnehmen mit einer Strategie und Maßnahmenplänen, wie sie diese Ziele erreichen möchten.

Hinzu kommt, dass sich nun viele Unternehmen erstmals mit diesen umfangreichen und komplexen Themen auseinandersetzen müssen. Die meisten werden dabei auch auf externe Unterstützung zurückgreifen, sodass die Ressourcen bei entsprechenden Beratern knapp werden könnten.

Der Nachhaltigkeitsbericht selbst muss dann wie der finanzielle Geschäftsbericht einem Wirtschaftsprüfer vorgelegt werden. Unternehmen, die rechtzeitig aktiv werden, können dieser Frist gelassen entgegensehen.

www.bfe-institut.com


Bild: BFE

Die Autorin Alexa Staack ist Teamleiterin Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsmanagement beim BFE Institut für Energie und Umwelt.


CSRD: Was gilt wann für wen?

Ab dem Geschäftsjahr, das 2024 beginnt, sind verpflichtet: Nicht-KMU mit öffentlichem Interesse (PIE = Aktiengesellschaften, Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen), die mindestens zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen:

500 Mitarbeitende

25 Mio. Euro Bilanzsummer

50 Mio. Euro Nettoumsatz

Ab dem Geschäftsjahr, das 2025 beginnt, sind verpflichtet: Alle Nicht-KMU, die mindestens zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen:

250 Mitarbeitende

25 Mio. Euro Bilanzsummer

50 Mio. Euro Nettoumsatz

Ab dem Geschäftsjahr, das 2026 beginnt, sind auch kleinere Unternehmen mit öffentlichem Interesse (PIE = Aktiengesellschaften, Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen) betroffen.

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