Startseite » Technik » Anwenderberichte & Reportagen »

Gelebte Nachhaltigkeit vom Zuliefer- bis zum Endprodukt

Ressourcen im Fokus der Elektronikproduktion
Gelebte Nachhaltigkeit vom Zuliefer- bis zum Endprodukt

Metalle können ohne Qualitätsverlust beliebig oft recycelt werden. Das EMS-Unternehmen Mayerhofer Elektronik GmbH nutzt daher als einer der ersten Auftragsfertiger recycelte Lote zur Produktion von Vor- und Kleinserien kundenspezifischer Geräte und Systeme. Die zur Gewinnung dieser Lote erforderlichen speziellen Recyclingprozesse wurden von der Feinhütte Halsbrücke GmbH entwickelt.

Deutschlands einzige Zinn- und Bleihütte ist einer der ältesten Hüttenbetriebe Europas und weltweiter Hersteller, der den Einsatz von 100 % Recyclingmaterial zertifiziert nachweisen kann.

Kampf dem Elektronikschrott

Der in Sauerlach nahe München ansässige EMS-Dienstleister verfolgt das Ziel, Elektronikschrott effizient und umweltschonend wieder in den Fertigungsprozess einzubringen. „Derzeit werden Unmengen an Elektronikschrott auf afrikanischen Elektromüllhalden entsorgt. Dort werden dann Materialien wie beispielsweise Kupfer und Aluminium mithilfe gesundheits- und umweltschädlicher Methoden zurückgewonnen. Weil wir diesen negativen Kreislauf mit flexibel gestalteten Verfahren und durch angepasste Abläufe unterbrechen wollen, haben wir vor ein paar Jahren einen Transformationsprozess ins Rollen gebracht“, erklärt Merlin Reingruber, Geschäftsführer Mayerhofer Elektronik GmbH. Um diesen ökologischen Ansatz ganzheitlich umzusetzen, begannen Reingruber und sein Team grundsätzlich über eine nachhaltige Elektronikfertigung nachzudenken. Bei seiner einschlägigen Recherche ist Reingruber auf das von der Feinhütte Halsbrücke angebotene GreenTin+ gestoßen.

„Mit GreenTin+ haben wir als erste Hütte ein nachhaltiges und extrem hochwertiges Zinn entwickelt, welches vollständig aus Recyclingmaterialien gewonnen wird und durch Upcycling-Prozesse Reinheitsgrade von bis zu 99,99 % erreicht“, erklärt Tobias Patzig, Geschäftsführer der Feinhütte Halsbrücke GmbH. Das ökologisch hergestellte Material höchster Güte steht EMS-Unternehmen und OEMs als bleifreies Elektroniklot zur Verfügung. Mayerhofer hat das in einem 360-Grad-Kreislauf gewonnene Lot als Stangenlot einem Qualifizierungsprozess unterzogen, um Faktoren wie Sicherheit, Funktionalität und Prozessfähigkeit zu bewerten. Aktuell führen sie außerdem entsprechende Analyseverfahren bei Handloten durch. „Obwohl uns noch keine Langzeiterfahrungen vorliegen, sind wir bereits jetzt von den aus recycelten Materialien gewonnenen qualitativ hochwertigen Loten überzeugt“, hebt Reingruber hervor.

Neue Ideen umsetzen

Reingruber sieht sich und die Feinhütte Halsbrücke somit auf dem richtigen Weg. Nicht zuletzt aufgrund von Lieferengpässen und weltweiten Konfliktherden rücken auch nachhaltig hergestellte Elektronik und die dafür notwendigen Zulieferprodukte vermehrt in den Fokus von Herstellern und Endkunden. Wurden bislang „nur elektronische Bauelemente“ nachgefragt, steigt inzwischen das Interesse an ressourcenschonend verarbeiteten Bauteilen. „Bisweilen sind Kunden sogar explizit auf der Suche nach EMS-Unternehmen, die entsprechende Materialien verarbeiten. Wie fokussiert wir diesbezüglich sind, zeigen wir deshalb unter dem Motto ‚ein Hertz für Mensch & Umwelt‘ auch auf unserer Website mayerhofer.de“, betont Reingruber.

Der EMS-Experte sieht überdies in der Herstellung Cradle-to-Cradle zertifizierter Elektronik einen zukünftigen Marktvorteil, obwohl das dafür erforderliche Verfahren gegenwärtig noch ein komplexes Unterfangen darstellt. Schließlich basieren elektronische Bauteile meist auf seltenen Erden. Zudem vereinen sie oftmals kleinste Mengen nahezu aller im Periodensystem enthaltene Elemente in sich. Es sind somit detaillierte Kenntnisse der stofflichen Zusammensetzung erforderlich, um eine den aktuellen Anforderungen angepasste und regional basierte Elektronik entwickeln zu können.

„Obwohl derzeit noch komplex, ist das Recycling der in elektronischen Bauelementen enthaltenen vielfältigen Stoffen technisch möglich. Allerdings können wir als Mayerhofer den hierfür erforderlichen Weg nicht allein ebnen. Vielmehr brauchen wir Partner und Vordenker wie die Feinhütte Halsbrücke an unserer Seite. Aber auch Unternehmen wie Emil Otto gehören dazu. Der Hersteller von Flussmitteln und Reinigungsmedien für die Elektronikproduktion ist aktuell der einzige Hersteller, der alkoholbasierende als auch wasserbasierende Flussmittelkonzentrate herstellen kann. Dadurch steht im Reworkbereich ein identisches Aktivatorensystem für das Sprühfluxen und das Selektivlöten zur Verfügung“, zeigt Reingruber auf.

Uneingeschränkte Qualität

Zeitgleich steht die kostengetriebene Elektronikbranche recycelten Metallen oftmals noch skeptisch gegenüber, unterliegen doch Materialien wie Kunststoffe oder Papier einem Downcycling. Diese Stoffe weisen nach der Wiederverwertung somit nicht mehr die Reinheit des ursprünglichen Rohstoffs auf. Die Qualität von Metallen lässt sich hingegen nicht zwangsläufig von deren Ursprung ableiten. Daher beruhen die Vorbehalte gegenüber aus Recyclingprozessen gewonnen Metallen oftmals auf falschen Informationen und Mythen. Schließlich können durch Wiederaufbereitung gewonnene Metalle nicht nur einen Zyklus durchlaufen, sondern lassen sich ohne Qualitätsverlust beliebig oft uneingeschränkt aufbereiten. Das gilt auch für die durch die Feinhütte Halsbrücke nach dem neuesten Stand der Technik in pyro- und hydrometallurgischen Anlagen wieder nutzbar gemachten Metalle. Diese stehen als hochreines Zinn und als elektrolytisch gereinigte Legierungen in unterschiedlichsten Formen zur Verfügung. „Dennoch ist es oftmals nicht leicht, Marktteilnehmer von den Vorteilen der recycelten Metalle zu überzeugen“, weiß Patzig. „Daher sind Kooperationen zwischen EMS-Dienstleister und Lothersteller umso wichtiger. Ziel ist es der Branche aufzuzeigen, wie sich nachhaltige, ökologisch wertvolle Elektronik ohne Qualitätsverlust herstellen lässt“, führt Patzig weiter aus.

Recycling weitergedacht

Indessen stoßen auch neue EU-Regularien die Transformation an. Etwa die im Rahmen des Green Deals als zentraler Baustein verabschiedete EU-Taxonomie. Diese Verordnung soll das Umweltbewusstsein der Hersteller stärken und eine nachhaltige Nutzung von Ressourcen sicherstellen. So sollen der Schutz von Wasser, Meer, Klima und Ökosystemen und die Wiederherstellung der Biodiversität gefördert werden. „Schließlich ist es nicht sinnvoll, regionale Flächen zugunsten eines anderen Ökosystems zu zerstören“, zeigt Reingruber auf.

Die EMS-Experten von Mayerhofer sehen sich folglich in einer Vorreiterrolle. Sie wollen durch den Einsatz von Sekundärmaterialien einen positiven Beitrag für Mensch, Natur und Wirtschaft leistet. Überdies verstehen sie nachhaltig produzierte Elektronik als Teil der Unternehmens-DNA, weshalb sie mit Mitstreitern unter dem Leitsatz „Design for Sustainability“ die Kreislaufwirtschaft in der Elektronikbranche etablieren wollen. Das eigens ins Leben gerufene Institut für nachhaltige Elektronik „Symtronics“ bildet hierzu einen wichtigen Baustein, ist die Experten-Kooperation überzeugt. Schließlich wird die Elektronikentwicklung und -fertigung zukünftig von einer effizient gestalteten Kreislaufwirtschaft geprägt sein. Die Fachleute unterstützen daher die Entwicklung nachhaltiger Elektronik. Außerdem bieten sie Schulungen zu Themen wie Kreislaufwirtschaft und ressourcenschonende Herstellungsprozesse an und verstehen sich darüber hinaus als Marktplatz für den Austausch einschlägiger Entwicklungsideen.

„Im Übrigen können sich auf Basis recycelter Rohstoffe auch neue Trends etablieren“, meint Reingruber. Er verweist damit auf die ESG (Environment, Social and Governance)-Kriterien für ressourcenschonendes Arbeiten und Wirtschaften. Diese ESG-Vorgaben könnten künftig beispielsweise als Kennzahlen für nachhaltige Investments herangezogen werden. Denkbar ist es überdies, die Kreislaufwirtschaft mit Recyclingquoten in Schwung zu bringen. „Allerdings ist all das derzeit noch Zukunftsmusik“, sagt Reingruber abschließend.


Feinhütte Halsbrücke

Mit über 400 Jahren Erfahrung in der Metallurgie ist Feinhütte Halsbrücke einer der ältesten Hüttenbetriebe Europas und Deutschlands einzige Zinn- und Bleihütte. Der Spezialist für Weichlote und Legierungen der Industrie sowie Handwerk liefert nach Norm oder individuellen kundenspezifischen Vorgaben und findet auch bei neuen Anwendungsmöglichkeiten innovative Lösungen. Das Angebotsspektrum umfasst nahezu jedes gängige Format. Zudem stehen verschiedene Services im Angebot wie z. B. Lotbadanalyse, Lotbadmanagement, Labordiagnostik sowie umfassendes Vollrecycling der Prozessrückstände.

www.feinhuette.de


Über Mayerhofer

Seit 1989 steht der Name Mayerhofer für Qualität und Kontinuität in der Elektronikindustrie mit kompetenter Begleitung und partnerschaftliche Beratung bei allen Fertigungsprozessen für die Kunden. Das Unternehmen bietet effiziente, nachhaltige Elektronikdienstleistungen und höchste Produktqualität.

www.mayerhofer.de

Unsere Webinar-Empfehlung


Hier finden Sie mehr über:
INLINE – Der Podcast für Elektronikfertigung

Doris Jetter, Redaktion EPP und Sophie Siegmund Redaktion EPP Europe sprechen einmal monatlich mit namhaften Persönlichkeiten der Elektronikfertigung über aktuelle und spannende Themen, die die Branche umtreiben.

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktuelle Ausgabe
Titelbild EPP Elektronik Produktion und Prüftechnik 2
Ausgabe
2.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Videos

Hier finden Sie alle aktuellen Videos


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de