Startseite » Technik » Anwenderberichte & Reportagen »

Mit Industrie 4.0 zur intelligenten Elektronikproduktion

PC-basierte Steuerungstechnik als Grundlage der Smart Factory
Mit Industrie 4.0 zur intelligenten Elektronikproduktion

Die chinesischen Unternehmen CYG Intelligent Automation Co., Ltd. (CYGIA) und CYGDM haben basierend auf PC-based Control von Beckhoff eine Smart-Factory-Plattform entwickelt, die im Rahmen eines flexiblen Fertigungskonzepts für Elektronikprodukte einheitliche Schnittstellen und Protokolle bereitstellt. Diese Plattform integriert Sensoren, Aktoren, Bedienterminals, Steuerungssysteme und Kommunikationseinrichtungen in ein intelligentes Netzwerk, das die Verbindungen zwischen mehreren Nutzern, Mensch und Maschine sowie Maschine und Service ermöglicht. Dies ergibt ganz im Sinn von Industrie 4.0 einen maximalen Integrationsgrad sowohl auf der Geräteebene als auch auf der vertikalen und horizontalen Produktionsebene.

Kevin Gao, Technical Support Engineer, Beckhoff China

CYGIA wurde 2006 gegründet und zählt zu den führenden Hightech-Unternehmen in China und fokussiert sich auf kundenspezifische Automatisierungs- und Testlösungen u. a. für die Industriebereiche Unterhaltungselektronik, Halbleiter, Automobil, Energiewirtschaft sowie Medizin- und Beleuchtungstechnik. Das 2015 gegründete Unternehmen CYGDM ist als Anbieter von Soft- und Hardware-Dienstleistungen auf die Entwicklung und Implementierung von Smart-Factory-Lösungen spezialisiert. Beispiele sind das Liniensteuerungssystem ALC, die intelligente Datenanalyse iSPC sowie ein intelligentes Lagersystem und ein Logistiksystem.

Offene Steuerungstechnik für die Smart Factory

Die Smart-Factory-Lösung des Unternehmens nutzt IoT- und Monitoringtechnologien, um das Informationsmanagement zu erleichtern, den Produktionsprozess besser zu kontrollieren, manuelle Eingriffe in die Produktionslinie zu reduzieren sowie die Fertigungsplanung zu optimieren.

Dabei kommen u. a. Simulations-, Multimedia- und Augmented-Reality-Technologien zum Einsatz. Als leistungsfähige Rechnerhardware wählten beide Unternehmen die Embedded-PCs CX2030 und CX9020 von Beckhoff. Hierbei dient der CX2030 als übergeordnete Hub-Steuerung der Smart Factory, wohingegen der CX9020 als Steuerung der dezentralen Schaltanlage eingesetzt wird. PC-based Control erfüllt durch seine Systemoffenheit und in Verbindung mit EtherCAT als ultraschneller Kommunikationstechnologie alle Anforderungen hinsichtlich kürzest möglichster Reaktionszeiten, Zeitmultiplex/Multitasking, Hochsprachenprogrammierung und umfangreicher Datenspeicherkapazitäten.

Softwareseitig profitieren die Unternehmens-Experten von der in Visual Studio integrierten Automatisierungssoftware TwinCAT 3 von Beckhoff: Die über die objektorientierte Entwicklungsumgebung von TwinCAT 3 erstellte standardisierte Bottom-Layer-Control-Plattform vereinfache in Kombination mit der per .NET entwickelten Upper-Layer-Control-Plattform die Integration unterschiedlichster Geräte und verkürze die Entwicklungszeit der Smart-Factory-Lösung, sagen die Experten. Die Möglichkeit der modularen und verteilten Entwicklung verbessere dabei die Softwareeffizienz und minimiere die Entwicklungs- und Wartungskosten. Im übergeordneten Steuerungssystem setzt man sowohl ADS.Net-Komponenten als auch die Dynamic Link Library (DLL) ein, um eine asynchrone Kommunikation zwischen dem Server und mehreren Clients zu realisieren. Die gesamte Kommunikationsarchitektur sei zeitsparend, effizient und kompatibel. Mit dem TwinCAT Automation Interface können Entwickler das Zusammenspiel zwischen den Geräten zudem mithilfe der COM-Technologie realisieren.

Die Ingenieure des Unternehmens nutzen mit TwinCAT ein einheitliches objektorientiertes, modulares Programm-Framework, strukturierten Text und objektorientierte Programmierung sowie kundenspezifische Bibliotheken, was die Entwicklung des komplexen Systems vereinfacht. Joshua Wang, R&D Director des Unternehmens, erläutert dazu: „Wir haben die Effizienz in der Programmierung durch Modularisierung und Standardisierung verbessert. Bei der Entwicklung neuer Produktionstechnologien müssen nur wenige Methoden modifiziert werden. Obwohl das Programm äußerst umfassend und komplex ist, kann der Code effizient wiederverwendet werden. Die Programmstruktur ist klar, die Lesbarkeit sehr gut und die Portabilität hoch.“ Die in TwinCAT 3 integrierte Systemkonfiguration, PLC-Code-Entwicklung, Motion-Control-Konfiguration, Bus- und Modulkonfiguration, Mensch-Maschine-Schnittstellenentwicklung sowie Oszilloskop-Funktionen werden in vollem Umfang genutzt. Realisiert ist zudem die Standardisierung der Programmstruktur, Prozesskontrolle, Datenstruktur, Alarmfreigabe und Sicherheitskontrolle.

Smart-Factory-Lösung für die Mobiltelefonproduktion

Die Soft- und Hardwareprodukte von Beckhoff erfüllen aus Sicht von CYGIA perfekt die Anforderungen an solche intelligenten Lösungen der Elektronikfertigung. Im Vergleich zu den konventionellen einzelnen Produktionsstationen lassen sich damit die Flexibilität von Fertigung und Lieferkette sowie die Anlagenauslastung erhöhen. So realisiert das System z. B. bei der Produktion von Leiterplatten für Mobiltelefone den Datenaustausch von ERP-, MES- und Monitoringsystemen. Daraus ergibt sich ein vollständiger Automatisierungsprozess vom Auftragseingang über die Auftragsbearbeitung, Materialverteilung, Produktfertigung und -prüfung bis hin zu Verpackung, Lagerung, Logistik und Transport. Dabei integriert die Systemarchitektur der Smart Factory die Funktionen Auftragsverwaltung, Asset-Management, Qualitätsmanagement, Management-Dashboard, Lagerverwaltung und Produkt-Traceability.

Das intelligente Lager kodiert in diesem Fall alle Waren und bildet einheitliche Regale und Paletten, die mittels Stapler oder Shuttles in die erfasste Position gebracht werden. Jeder Lagerstandort wird durch die Warenwirtschaftssoftware gesteuert. Produktstandort, Lagerbestand, Freilagerstandort und Lagerstrategien werden über ein Parametermanagementsystem verwaltet. Der Embedded-PC CX9020 fungiert als Kernkomponente der Lagereinheit. Er führt das PLC-Programm aus, verbindet sich per TCP/IP-Kommunikation mit dem lokalen MES-System und setzt als NC-Steuerung die Materialdisposition um. Über die EtherCAT-Verlängerung EK1110 wird mit dem erweiterten Teil des Zuführ- und Entnahmemechanismus eine Kettentopologie gebildet.

Zu den Hauptkomponenten der automatisierten Produktionslinie zählen Hohlkammerdruck, Oberflächenmontage, Reflow-Schweißen, Dispensieren, Verriegelungsschrauben, AOI-Prüfung sowie integrierte Schaltkreis- und Funktionskreistests bzw. das Ein- und Auspacken. Eingesetzt werden hierfür insgesamt drei Embedded-PCs CX2030, die äußerst schnell mit dem übergeordneten zentralen Steuerungssystem kommunizieren. Dies ist die Voraussetzung, um die Produktionseffizienz und Verarbeitungsgenauigkeit der Halbleiterkomponenten gewährleisten zu können. Der erste, als Master eingesetzte CX2030 übernimmt PLC-Programm, Motion Control und HMI-Software. Zudem realisiert er über TwinCAT TCP/IP (TF6310) eine schnelle bidirektionale Datenübertragung zwischen dem Steuerungs- und dem MES-System. Hinzu kommt die Steuerung der Druck-, Oberflächenmontage- und Reflow-Schweißprozesse. Mit TwinCAT PLC/NC PTP 10/NC I (TC1260) steht dafür eine vollständige Motion-Control-Funktionalität zur Verfügung, mit der 20 EtherCAT-Servoachsen pro Maschine dynamisch positioniert werden. Die Interpolationsfunktion NC I wird verwendet, um stabile und gleichmäßige zweiachsige Koppelbewegungen und Steuerungen des Lichtbogenschweißprozesses zu realisieren.

Der zweite Embedded-PC CX2030 der Produktionslinie steuert PLC, Motion Control, HMI-Software, TCP/IP-Kommunikation und tauscht über ADS Daten mit dem Liniensteuerungssystem ALC aus. Gleichzeitig erhält er per TCP/IP Anweisungen vom MES-System, um die Tests sowie Ein- und Auspackprozesse durchzuführen. Weiterhin können zehn EtherCAT-Servoachsen flexibel über ein Synchronisationsgerät konfiguriert werden, das schnell und effizient Testumgebungen für verschiedene Produkte wechseln kann. Der dritte CX2030 steuert neben SPS, Motion Control, HMI-Software eine hochauflösende TCP/IP-Kamera zur optischen Inspektion an.

EtherCAT-Technologie erhöht Systemleistung

CYGIA wählte EtherCAT als Hochgeschwindigkeitskommunikationssystem, um eine schnelle und hochpräzise Übertragung der Sensorsignale zu gewährleisten. Für die Masterkommunikation der automatisierten Fertigungslinie wird die EtherCAT-Sterntopologie verwendet. Jeder Slave kann hier einfach angeschlossen werden, was zu einer komfortablen Verwaltung und Wartung sowie einer einfachen Erweiterbarkeit führt. Bei der Unterstation sorgt eine Linientopologie für eine möglichst einfache Verdrahtung.

Der leitende Elektroingenieur Jianming Huang erläutert dazu: „Die HD-EtherCAT-Klemmen EL1809 und EL2809 zeichnen sich durch die besonders kompakte Bauform, die Mehrkanaligkeit, geringe Kosten und ihre Eignung für eine flexible Topologie aus.

Zudem unterstützen sie die Offline-Konfiguration und Hot-Connect-Gruppen, was die Konfiguration erheblich erleichtert. Die EtherCAT-Kommunikation liefert umfassende Informationen wie Diagnosecodes, Diagnosetypen, Text-IDs und Zeitstempel. Dies hilft, etwaige durch EMV-Störungen, Kabelschäden oder Gerätedefekte verursachte Master-Slave-Kommunikationsausfälle schnell zu lokalisieren und zu beheben. Dadurch erhöht sich deutlich die Wartungseffizienz.“

Zukünftiges Entwicklungspotenzial

Ziel der Smart-Factory-Lösung im Unternehmen ist es, Montage- und Fertigungseinheiten von diskreten elektronischen Komponenten in ein einheitliches Fertigungssystem zu integrieren. Außerdem sollen Produktionsanlagen vernetzt, Produktionsdaten visualisiert, Produktionsprozesse transparent gestaltet und vollautomatische Fertigungsstandorte realisiert werden. Dem weitergehenden Trend von Industrie 4.0 folgend, suchte man daher auch nach einer Software für die Smart Factory, mit der sich eine Vielzahl von Datenressourcen einschließlich Cloud Computing, Big Data und IoT erschließen lassen. Joshua Wang hat mit TwinCAT 3 die passende Lösung gefunden und freut sich auf das geplante neue Fertigungsmodell: „Wir werden schrittweise die TwinCAT-3-Funktionen für Big-Data-Analysis, IoT-Entwicklungen und Machine Vision in zukünftige Upgrades integrieren. Auf diese Weise wird der Aufbau dieses hybriden Steuerungssystems weiter verbessert, sodass sich die Vorteile einer zukünftigen Anwendung von Cloud Data Storage und verteilter Dateninteraktion voll ausschöpfen werden lassen.“

www.beckhoff.de/industrie40; www.cygia.com



Hier finden Sie mehr über:
INLINE – Der Podcast für Elektronikfertigung

Doris Jetter, Redaktion EPP und Sophie Siegmund Redaktion EPP Europe sprechen einmal monatlich mit namhaften Persönlichkeiten der Elektronikfertigung über aktuelle und spannende Themen, die die Branche umtreiben.

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktuelle Ausgabe
Titelbild EPP Elektronik Produktion und Prüftechnik 2
Ausgabe
2.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Videos

Hier finden Sie alle aktuellen Videos


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de