Startseite » Technik » Anwenderberichte & Reportagen »

Technologielösung für die Automobilbranche

Warum sich die Halbleiter-Produktion nicht von heute auf morgen steigern lässt
Technologielösung von Supplyframe für die Automobilbranche

Der weltweite Halbleitermarkt sitzt auf dem Trockenen. Die Lager leeren sich, die Preise steigen und eine schnelle Aufstockung der Kapazität lassen die spezifischen Produktionsbedingungen der Halbleiterindustrie nicht zu. Was aus der Krise führen kann, sind neue Partnerschaften und die Neugestaltung der Beziehungen zwischen den Unternehmen entlang der Lieferkette. Schnell geht auch das nicht, aber das Umdenken hat begonnen.

Elektronische Geräte und Tools, vom Smartphone in unserer Tasche bis zu den autonomen Funktionen in Fahrzeugen, werden durch Halbleiter ermöglicht. Sie sind die Schlüsselkomponente aller elektronischen Geräte, aller integrierten Schaltkreise und aller speziellen Komponenten. Da sie in so vielen Bereichen eingesetzt und ständig nachgefragt werden, sollte man meinen, dass sie leicht verfügbar sein sollten. Seit dem vierten Quartal 2020 gibt es jedoch Engpässe, die voraussichtlich das ganze Jahr 2021 und noch darüber hinaus andauern werden. Den jüngsten Prognosen nach, ist hier vor Mitte 2023 keine Besserung in Sicht. Verursacht wurden sie durch Nachfragesteigerungen in der Automobilindustrie und in der Unterhaltungselektronik, die beide auf Halbleiter für die Herstellung ihrer Produkte angewiesen sind.

Automobilindustrie treibt Nachfrage

In der Automobilindustrie kommt der Nachfrageschub daher, dass Fahrzeuge zunehmend mit elektrischen Komponenten ausgestattet werden. Es geht dabei nicht nur um den Halbleiterbedarf für die E-Mobilität. Das moderne Automobildesign nutzt eine enorme Zahl von Komponenten vom Infotainment über fahrerunterstützende Sicherheitsfunktionen bis zu elektrischen Fensterhebern und Sitzen, und dafür werden sehr viele unterschiedliche Arten von Halbleitern benötigt.

Hohe Investitionen für neue Fertigungsanlagen

Die naheliegende Lösung, mehr zu produzieren, ist im Fall von Halbleitern nicht so einfach, denn die Fertigung ist teuer, komplex und langwierig und lässt sich nicht einfach skalieren, oder zumindest nicht schnell.

Die Schwierigkeiten fangen schon bei den Anlagen für die Herstellung von Silizium-Wafern an: Sie sind extrem teuer und werden nur auf Bestellung gefertigt. Wenn sehr viele Abnehmer denselben Wafer-Typ benötigen, ist eine entsprechende Investition sinnvoll. Allerdings ist die Automobilindustrie insofern ein Sonderfall, als dass zusätzliche Kapazitäten nicht nur für einen einzigen Typ von Halbleitern benötigt werden, sondern für eine sehr breite Palette. Und für jeden einzelnen Typ wird eine andere Anlage benötigt. Die Investitionen dafür sind exorbitant, und unterm Strich wird die Gesamtkapazität nur um einen kleinen Prozentsatz erhöht.

Vom Rohstoff zum Wafer

Halbleiter liegen als Material irgendwo zwischen einem Leiter und einem Isolator; sie steuern und kontrollieren den Stromfluss in der Elektronik. Meist werden sie aus Rohstoffen wie Silizium und Germanium und anderen chemischen Elementen hergestellt. Diese Basiselemente werden in einem als „Dotierung“ bezeichneten Prozess verunreinigt; Art und Intensität der Verunreinigung beeinflusst die Leitfähigkeit des Ergebnisses. Mit Ausnahme von Galliumnitrid werden alle Halbleiter auf einkristallinen Materialien in einer Art Czochralski-Verfahren hergestellt, das 1915 erfunden wurde. Bei diesem Verfahren wird geschmolzenes polykristallines Halbleitermaterial mit einem Dotierstoff kombiniert und dann ein Impfkristall eingebracht, nach dem sich die einzelnen Atome ausrichten. Anschließend wird der Kristall gezogen, poliert und in Wafer geschnitten, die auf atomarer Ebene fast vollständig eben sind.

Schaltkreise in Schichten

Im nächsten Schritt folgt die Photolithographie. Dabei werden Strukturen in der Form der gewünschten Schaltkreise und anderer Komponenten von einer Photomaske auf einen lichtempfindlichen Photolack auf dem Substrat übertragen. Die Oberfläche des Wafers erhält eine Beschichtung, die alles abdeckt, was nicht dem UV-Licht ausgesetzt werden soll. Nach der Belichtung wird der belichtete Teil abgelöst, so dass ein Teil der Oberfläche geschützt bleibt und andere Teile zum Ätzen freigelegt sind. So entsteht eine einzelne Schicht einer Schaltung; der Prozess muss entsprechend der Anzahl der Schaltkreisschichten, die der fertige Halbleiter-Wafer aufweisen soll, unzählige Male wiederholt werden. Nach den 14 bis 20 Wochen für die Herstellung werden die Wafer bestückt, beschriftet und verpackt, was weitere sechs Wochen in Anspruch nehmen kann. Die Herstellung dauert also bis zu einem halben Jahr vom Produktionsstart bis zu versandfertigen Chips.

Knifflige Produktionsumgebung

Da schon kleinste Partikel in der Umgebungsluft die Struktur der Schaltkreise stören können, finden Strukturierung und Beschichtung in abgetrennten Bereichen des Halbleiterwerks in Rein- bzw. Reinsträumen statt. Dort transportieren Roboter die Wafer in speziellen versiegelten Boxen, den sogenannten Front Opening Unified Pods (FOUPs), von einer Bearbeitungsstation zur nächsten. Nur hermetisch abgeschlossene Stickstoffumgebungen, für deren Aufrechterhaltung die Werke große Mengen an flüssigem Stickstoff benötigen, stellen dabei eine optimale Ausbeute des Endprodukts sicher.

Angesichts der hochkomplexen Produktionsanlagen und der langwierigen Produktionsprozesse ist es verständlich, dass Engpässe nicht einfach durch Kapazitätsanpassungen zu beheben sind. Dennoch wird die weltweite Kapazität der Werke langfristig steigen müssen, da die Nachfrage nicht allein durch eine höhere Auslastung der bestehenden Fabriken gedeckt werden kann.

Die Unternehmen in der Lieferkette denken deshalb um. Im Hinblick auf die Finanzierung gehen Überlegungen dahin, die hohen Vorlaufkosten aufzuteilen. Da Chipfabriken ihre Kapazität in Schüben, aber nicht jedes Jahr, erhöhen können, könnten Partnerschaften mit Kunden oder Regierungen ein Weg für den Aufbau zusätzlicher Kapazitäten sein. Weitere Lösungsansätze setzen darauf, dass die Automobilindustrie die Beziehungen zu ihren Foundry-Partnern anders gestalten muss, und dass Halbleiterhersteller sich künftig stärker auf Technologielösungen für bestimmte Branchen, beispielsweise auf Automobilanwendungen, konzentrieren.

Fazit

Nur eine Kombination aus erheblichen Investitionen in Produktion und F&E, intelligenteren Partnerschaften und neuen Ansätzen in der Beschaffung wird aus der derzeitigen Halbleiterknappheit herausführen. Allerdings hat sich die Lieferkette in der Automobilindustrie in mehr als 40 Jahren der Halbleiterproduktion nicht mit diesem Thema befasst, so dass es auch dafür Zeit und eine konstante Nachfrage braucht, um alle Interessen unter einen Hut zu bringen.

www.supplyframe.com

INLINE – Der Podcast für Elektronikfertigung

Doris Jetter, Redaktion EPP und Sophie Siegmund Redaktion EPP Europe sprechen einmal monatlich mit namhaften Persönlichkeiten der Elektronikfertigung über aktuelle und spannende Themen, die die Branche umtreiben.

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktuelle Ausgabe
Titelbild EPP Elektronik Produktion und Prüftechnik 2
Ausgabe
2.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Videos

Hier finden Sie alle aktuellen Videos


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de