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Fertigung zuverlässiger Baugruppen

11. Europäisches Elektroniktechnologie-Kolleg im mallorquinischen Colonia de Sant Jordi
Fertigung zuverlässiger Baugruppen

Etwas später als in den letzten Jahren luden die Partner zum 11. Europäischen Elektroniktechnologie-Kolleg nach Mallorca ein. Die Vorträge standen unter dem Thema „Fertigungsstrategien für zuverlässige Baugruppen“, die Workshops gingen von der Baugruppenreparatur, Leiterplattenqualität oder Prozessoptimierung zur Reflowprofilierung, Wellenlöten und der Zuverlässigkeit.

Der Moderator Dr. Hans Bell von Rehm Thermal Systems eröffnete die Vorträge und startete mit der Vorstellung der Partnerfirmen, durch welche die schon traditionelle Veranstaltung jährlich ermöglicht werden kann.

Partnerfirmen und Veranstalter
Die Christian Koenen GmbH – HighTech Stencils – ist auf die Herstellung von hochpräzisen Metallschablonen für den technischen Druck spezialisiert. Cobar Europe B.V., seit September 2007 Mitglied der Balver Zinn Gruppe, ist seit über 25 Jahren führend in der Entwicklung von innovativen Systemlösungen, um den ständig wachsenden Anforderungen des Weichlötens in der Elektronikfertigung gerecht zu werden. Innerhalb der Gruppe ist das Unternehmen für die Entwicklung von Lotpasten, Flussmitteln und ähnlichen Produkten zuständig. Ekra, als ein Mitglied der Asys Gruppe, konnte sein Angebot im Bereich des Siebdruckens und damit die Position am Markt ausbauen. Das Portfolio umfasst Sieb- und Schablonendrucker für SMT, Dickschicht-, Hybrid- und LTCC-Anwendungen, von Halb- und Vollautomaten bis zur Highend-Maschine. Die Koenen GmbH gilt als Spezialist in der Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Präzisionssieben für höchste technische Anforderungen in der Mikroelektronik, Photovoltaik und Neue Märkte. Kolb Cleaning Technology GmbH ist der Full-Service-Reinigungs-Systempartner für die fertigende Elektronikindustrie, spezialisiert auf die Entwicklung und Produktion von Reinigungssystemen, bestehend aus effizienten Reinigungsanlagen und perfekt abgestimmten Reinigungsmedien. Rehm Thermal Systems GmbH ist Anbieter von Fertigungstechnologien für die Elektronikindustrie. Das Produktspektrum umfasst Reflow-Lötsysteme, Trocknungsanlagen sowie kundenspezifische Systemlösungen. Als neuer Partner ist Siemens, Geschäftsgebiet Electronics Assembly Systems (EA), hinzugekommen. Mit seinen Siplace-Automaten gilt das Unternehmen als weltweit führender Hersteller von Surface-Mount-Technology-Bestückmaschinen und -Lösungen. Ebenfalls neu im Boot ist die Zevac AG, die Geräte für die Aufbau- und Verbindungstechnologie entwickelt und produziert, Systeme zur Qualitäts- und Effizienzsteigerung für den Anwender. Die Organisation und detaillierte Planung des Elektronik-Kollegs war mit der Firma TBB (Technologie Beratung Bell) wieder in besten Händen.
Vorträge des ersten Tages
Mit Worten über den Elektronikmarkt führte Hans Bell durch eine Statistik über Fehlerraten zum Thema Fertigungsstrategien für zuverlässige Baugruppen, und übergab an Prof. Mathias Nowottnick von der Uni Roststock, der über die Entwicklungstrends in der Verbindungstechnologie berichtete. Triebkräfte dafür sind unter anderem die fortwährende Miniaturisierung der Bauelemente und Strukturen, die Systemintegration, neue Materialien sowie neue Anwendungen wie beispielsweise die Hochtemperaturelektronik oder Hochleistungselektronik. Dazu sind immer feinere Strukturen und höhere Genauigkeit, die Möglichkeit der Kombination verschiedener Fügeverfahren, Lotpasten und Klebstoffe mit Funktions- und Reaktionskomponenten, Mikro- und Nanomaterialien sowie spezialisierte Prozesstechnik, notwendig. Mittels einer Analyse zeigte im Anschluss daran Dr. Frank-Peter Schiefelbein von der Siemens AG, Berlin, die Zuverlässigkeit von Wellenlotlegierungen auf. So wurde ein ausgewähltes Serienprodukt unter Verwendung einer bleifreien Lotpaste der Legierung SnAgCu sowie den drei unterschiedlichen bleifreien Wellenlotlegierungen SnAgCu, SnCu und SnCuNi, hergestellt und unter bestimmten Randbedingungen einer Zuverlässigkeitsanalyse unterzogen. Eine Umstellung auf bleifreies Wellenlöten ist möglich, so wurde festgestellt, und die bleifreien Verarbeitungsprozesse sind beherrschbar. Es traten keine Ausfälle der bleifreien Lötverbindungen, bedingt durch den bleifreien Lotwerkstoff auf, die Zuverlässigkeitsdaten sind mit bleihaltigen Baugruppen vergleichbar. Voraussetzung dafür sind jedoch optimierte Prozesse unter der Berücksichtigung von Aspekten wie beispielsweise Qualität der bleifreien Lotpasten, thermische Beständigkeit der Komponenten, oder auch bleifreie Reparaturprozesse. Worauf bei Bauelementen zu achten ist, darüber referierte Dr. Walter Odermatt von Enics, Schweiz, innerhalb seines Vortrags „Sündenfall“ Bauelemente.
Nach einer Mittagspause ging es in Richtung Fertigung mit dem Bericht von Uwe Wiesner der Atlas Elektronik über Organisation und Technologien für die Fertigung komplexer Baugruppen. Damit ein Qualitäts- und Kostenoptimum erreicht wird, muss das Wissen aller am Prozess beteiligter Mitarbeiter, ob aus Entwicklung, Design, Fertigung oder Testbereich, mit einfließen, gehandelt wird als interdisziplinäres Gesamtsystem. Ein wichtiger Schritt im Unternehmen auf diesem Weg war der Wechsel der Designabteilung von der Entwicklung zur Produktion. Im Gesamtprozess muss bis zum Schluss an einem Strang gezogen werden, um erfolgreich zu sein. Ein Produkt kann in optimierter Zeit produziert werden und Funktionsmuster sind bereits verkaufsfähig. Veränderungen müssen erkannt und mit konkreten Maßnahmen darauf reagiert werden. Durch die vielen Stellschrauben innerhalb des Gesamtsystems, wie beispielsweise der Wechsel des Bare-Board-Herstellers, kann sich das Fehlerbild der Baugruppe dramatisch verändern. Er erwähnte auch, dass eine optimale Reaktion umso problematischer wird, desto größer eine organisatorische oder örtliche Distanz zwischen den handelnden Einheiten ist. Im Anschluss daran war über Traceability in der Elektronikfertigung von Roland Heigl zu hören, der von der Zollner Elektronik auf die Insel kam. Mit Charts über die Anzahl der Rückrufaktionen in den letzten Jahren zeigte er die Bedeutung auf und sprach über dessen Herausforderungen. Abschließend stellte er vorhandene Leitfäden vom ZVEI als Hilfestellung vor. Transparente Prozesse in der Produktion sorgen für eine nachhaltige Verbesserung. Mittel- und langfristig ein Werkzeug für die Mitarbeiter, systemunterstützt das Richtige zu tun. Für den Rest des Nachmittags war Teamarbeit zu diversen Themen angesagt, deren Ergebnisberichte den Abschluss des nächsten Tages bilden sollten.
Zweiter Teil der Vorträge
Lars-Olof Wallin, IPC European Representative, war extra aus Schweden angereist, um die Zuhörer mit seinem Vortrag über die Bedeutung der IPC-Richtlinien in der Baugruppenfertigung in den Bann zu ziehen. Dann stand das Reklamationsmanagement als nächstes Thema auf dem Programm. Mark Strahl von der Kolb Fertigungstechnik sprach im Zuge dessen über die verschiedenen Verfahren und Anwendungen des Reklamationsmanagements im Unternehmen. So werden Reklamationen als Chance zur Verbesserung gesehen, der Schulungsbedarf ist zu ermitteln und die Mitarbeiter dementsprechend zu schulen. Ein eventuelles Reklamationsaufkommen ist durch QM-Meetings, monatliche Treffen der verschiedenen Bereichsleiter, zu bearbeiten. Die Qualitäts-Daten-Erfassung (QDE) soll weiter automatisiert werden, der Workflow erweitert, die Navision-Anbindung über SQL-Server verbessert, und die Fertigungsdokumentation auf reine EDV-Lösung umgestellt werden. Bei der Zuverlässigkeitsprognose von Bauelementen kam Dr. Viktor Tiederle von Relnetyx zu dem Schluss, dass unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen eine Prognose von Ausfallraten im Feld über Testbedingungen möglich ist. Die heutigen Anforderungen werden nicht mehr über klassische Betrachtung allein erfüllt, aber ein Ansatz zur Verbesserung durch qualifizierte Daten ist auch mit bestehenden Qualifizierungsprozessen möglich. Eine Datenbank mit qualifizierten und verifizierten Daten ist verfügbar. Ein Ausflug in die Welt des Testens bescherte Joachim Krause von Macro Science Technology seinen Zuhörern mit dem Bericht über AXI im Fertigungsalltag. Warum wird die automatische Röntgeninspektion überhaupt benötigt, welche Verfahren gibt es wozu? Fragen, die er durch Beispiele erläuterte, um AXI in der Produktion zu beleuchten.
Nach dem Mittagessen ging es zum Löten, und Dietmar Birgel von Endress+Hauser startete mit seinen Erläuterungen über BSR (Back Side Reflow), einem innovativen Reflowlötverfahren. Er zeigte das Verfahren mit all seinen Fähigkeiten und Einsatzmöglichkeiten auf und stellte unter anderem fest, dass Softlock als Technik zur Unterstützung von BSR und anderen Lötverfahren geeignet ist. Unter dem Strich gesehen wurden Qualität und Zuverlässigkeit der geschaffenen BSR-Lötverbindungen den Anforderungen gerecht. Der letzte Vortrag kam von Thomas Lauer, EADS, über das Vakuumlöten – Motivation, Anforderungen, Iterationsschritte. Nach seiner Einführung in das Konzern mit Produktportfolio kam er zur Motivation für porenarmes Löten und den dazu gehörenden Anforderungen, um dann die iterative Prozessoptimierung vorzustellen. Seiner Ansicht nach ist die Dynamik so zu beherrschen, dass Voids vermieden werden können. Der Weg ist das Ziel!
Ergebnisberichte der Teams
Die einzelnen Teams wurden dazu aufgerufen, die Arbeit ihrer Arbeitsgruppe vorzustellen, dabei hatte jede der sechs Gruppen 15 Minuten Zeit, zusammenfassend ihr Ergebnis zu präsentieren. Team 1 diskutierte die wichtigsten Faktoren, die die Zuverlässigkeit einer Lötstelle beeinflussen. Ihr Ergebnis bezüglich der bleifreien Lötstellen: Es liegen noch zu wenig statistische Daten über die Zuverlässigkeit bleifreier Lötstellen vor, so dass noch reichlich Forschungsbedarf herrscht. Und, erstaunlicherweise, stellt die Lötstelle in der Praxis kein Zuverlässigkeitsproblem dar. Im Workshop 2 stellte man sich den Fragen: Welche Parameter beeinflussen das optimale Reflowprofil? Brauchen wir neue Standards und Richtlinien? Nachdem es bereits viele neue Standards gibt, die auf die Anforderungen der Bleifreitechnologie eingehen, wurde der Wunsch nach einheitlichen Standards für Bauelemente, mit genormten Angaben im Datenblatt, geäußert. Auch in Zukunft wird es wohl noch dunkle Stellen im viel durchleuchteten Prozess geben. Löten wird daher auch bis auf Weiteres immer ein Kompromiss bleiben. Zur Prozessoptimierung wurden unterschiedliche Möglichkeiten, abhängig von den gegebenen Voraussetzungen, genannt. Grundsätzlich ist der Erfolg eines Unternehmens davon abhängig, inwiefern alle Beteiligten gemeinsam an der Optimierung der Prozesse mitwirken. Ineinander übergreifend diskutierte die dritte Arbeitsgruppe darüber, welche Möglichkeiten zur Prozessoptimierung in den Fertigungsstätten allgemein vorhanden sind, und ob sie optimal genutzt werden. Mit dem Workshop 4 ging es zum Löten. Hier wurde nach Möglichkeiten gesucht, um wesentliche Lötfehler nach dem Wellenlöten zu vermeiden. Der abschließende Rat war, keine Kompromisse bezüglich des Layouts einzugehen, und auch die Empfehlungen der Bauteilhersteller sind nicht immer ideal. Die Vorzugsrichtung ist zu beachten und eine Parameteroptimierung empfehlenswert. Das fünfte Team stellte vier Möglichkeiten als Resultat für eine Verbesserung der Leiterplattenqualität vor, der gestellte Diskussionspunkt. So sollten die Spezifikationen der Leiterplatte in einem Lastenheft festgehalten, und der Vertrag daraus erstellt werden. Es sollten nur freigegebene Zulieferer verwendet, und auf Nachweis und Dokumentation von Fehlern und Problemen geachtet werden. Die letzte Arbeitsgruppe setzte sich mit den Problemfeldern und Optimierungspotenzialen der Reparatur von Baugruppen auseinander. Ist bei manchen Produkten (Automobilindustrie) eine Reparatur zwar unzulässig, so tut wegwerfen doch weh. Deshalb werden Reparaturverfahren evaluiert. Ein Großteil legt dabei sein Gewicht auf das Handlöten, der Rest auf geräteunterstütztes Reparaturlöten. Es wurden Maßnahmen zur Etablierung eines manuellen Reparaturlötprozesses vorgestellt, und über sämtliche Anforderungen gesprochen.
Die Pausen und gemeinsam verbrachte Zeit bescherte zusätzlich Raum, um noch tiefer in die Materie der Fertigung zuverlässiger Baugruppen zu gehen, und auch im kleineren Kreis darüber zu diskutieren. (dj)
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