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Alchemie der Leiterplatte

Neue Basismaterialien für Hochfrequenzanwendungen
Alchemie der Leiterplatte

Alchemie der Leiterplatte
Die noch unbestückten Leiterplatten Der Testaufbau einer Leiterplatte
Die richtige Mischung machts: Mit einem hohen Anteil an mineralischen Füllstoffen lassen sich neuerdings ausdehnungsarme polymere Basismaterialien herstellen, die bestens für Hochfrequenz-Anwendungen geeignet sind. Das hat der Lehrstuhl Polymere Werkstoffe der Universität Bayreuth in Kooperation mit der TU Hamburg-Harburg unter Beweis gestellt. In enger Zusammenarbeit mit Heger Leiterplatten-Schnellservice wurde nun der erste Multilayer mit sechs Lagen realisiert.

Heger Leiterplatten-Schnellservice, Norderstedt

Wie lassen sich niedrige Leiterbahn-Impedanzen für Hochfrequenzschaltungen möglichst leichtgewichtig und kostengünstig erstellen? Für Katja Ranocha sind modifizierte Hochtemperaturthermoplaste die erste Wahl: „Diese Substrate zeichnen sich durch geringe thermische Ausdehnungskoeffizienten aus und kosten deutlich weniger als vergleichbare HF-Substrate.“ Überdies benötigen sie keine Flammschutzmittel, sind voll recyclingfähig und deshalb RoHS-konform, und: „Sie lassen sich nachträglich selbst nach der Bestückung dreidimensional verformen.“ Die Geschäftsführerin von Heger verweist auf die jüngsten Erfolge des Lehrstuhls für Polymere Werkstoffe an der Universität Bayreuth in Kooperation mit der TU HH. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf den amorphen Thermoplasten Polyetherimid (PEI), Polyethersulfon (PES) und den teilkristallinen Werkstoffen Polyphenylensulfid (PPS) und Polyetheretherketon (PEEK), weiß der wissenschaftliche Mitarbeiter Thomas Apeldorn zu berichten. „Wir haben lange an der Materialrezeptur gefeilt, bis wir die richtige Mischung gefunden haben“, erklärt der Fachmann. Die eingesetzten mineralischen Füllstoffe verfügen mit ca. 0 bis 3 ppm/K über einen geringen CTE und über niedrige dielektrische Verlustfaktoren, auch sind diese Werkstoffe leicht zu handhaben.
Welcher Werkstoff?
So sorgt beispielsweise die Zugabe von plättchenförmigen Mineralien für eine deutliche Senkung des CTEs in der x-/y-Ebene. Und nicht nur das: „Durch die Einarbeitung von hohen Anteilen der mineralischen Füllstoffe ist es möglich, die Wasseraufnahme im gesättigten Zustand zu halbieren“, erläutert der Experte mit Blick auf dielektrischen Verluste. Zudem reduzieren sich durch die mineralischen Füllstoffe die aus einer zu hohen Wasseraufnahme resultierenden Delaminierungserscheinungen während des Lötprozesses. Die Herstellung dieser ausdehnungsarmer Substrate ist relativ einfach, erläutert Apeldorn: „Mit einem Extruder versehen wir die Hochtemperaturthermoplaste mit einem hohen Anteil an mineralischen Füllstoffen.“ Das Herstellungsverfahren erfolgt „in einem Schritt, also am laufenden Meter, zu endlos langen dünnen Folien mit Dicken von 0,2 mm bis 0,5 mm, verarbeitet.“ Es besteht die Möglichkeit, dickere Substrate von 1 bis 4 mm mit einem Spritzgusscompounder herzustellen. Die maximale Substratbreite beträgt derzeit 220 mm. So ist die Materialaufbereitung und Substratherstellung in einem Schritt möglich: „Die Einsparung von Verarbeitungsschritten ermöglicht eine materialschonende und kostensparende Substratherstellung“, resümiert er. Bedingt durch die Struktur ist kaum mit Verwölbung oder Verzug der Platine zu rechnen. „Das Material weist dabei eine sehr glatte Oberfläche auf“, bestätigt Ranocha.
Erster hybrider HF-Multilayer
Ein erster hybrider Multilayer wurde bereits auf Basis des so genannten LuVo-Boardes aufgebaut, gefördert von der Behörde für Wirtschaft und Arbeit in Hamburg im Rahmen des Luftfahrtforschungsprogramms zusammen mit der Firma Lehmann & Voss & Co. KG. Dabei handelt es sich um einen hoch gefüllten Hochtemperaturthermoplasten, basierend auf PEI. Das LuVo Board weist einen nahezu isotropen CTE auf. Die Substrate wurden mit Dicken von 0,2 mm und Breiten von 180 mm über die Folienextrusion hergestellt sowie anschließend beidseitig über Heizpressen ganz ohne Kleber mit Kupferfolie verpresst.
Wichtig für die Langzeitbeständigkeit der Platine ist eine ausreichende Haftfestigkeit zur Kupferfolie, die Apeldorf mit 0,8 N/mm beziffert. „Damit ist das Substrat mit dem häufig eingesetzten HF-Material RO4350b vergleichbar“, merkt er an. In den Innenlagen des ersten Multilayers liegt ein FR4-Kern, der über dünne FR4-Prepregs mit den in den Außenlagen befindlichen 2 LuVo-Board Kernen verklebt wurde. Mit einer Enddicke von nur 0,6 mm bis 0,8 mm weist es sechs Lagen auf, mit Leiterbahnstrukturen und -abständen von 100 µm sowie 0,2 mm durchmessende Bohrungen und Durchkontaktierungen. Die Impedanztoleranzen liegen bei üblichen ± 10 %. Das Board verträgt Dauereinsatztemperaturen von +170° C bis +250° C.
Das Ergebnis stimmt zuversichtlich: Künftige Multilayer sollen für Applikationen von bis zu 60 GHz geeignet sein. Die Heger-Chefin rechnet sich einen großen Marktvorsprung aus: „Schon mit der ersten Generation, dem HTT-Board, hatten wir eine sehr enge Partnerschaft zur Uni Bayreuth und der TU Hamburg- Harburg, die nun mit der Weiterentwicklung hin zur HF-Tauglichkeit noch intensiviert wurde. Von diesem intensiven Wissenstran- fer und dem daraus gewonnen Know-how, gepaart mit dem Zeitvorsprung gegenüber dem Wettbewerb, profitieren unsere Kunden.“
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