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AOI – Testverfahren mit Zukunft

Einsatzgebiete und Perspektiven für AOI-Systeme
AOI – Testverfahren mit Zukunft

Als Ende der 80er Jahre die ersten Systeme zur automatischen, optischen Inspektion auf den Markt kamen, wurde diese Technik als Beginn einer neuen Ära des Testens hochgelobt. Doch der Euphorie folgte bald die Ernüchterung, als sich herausstellte, wie wenig diese Systeme in Puncto Programmerstellung oder Reproduzierbarkeit der Prüfungen den bisherigen Testsystemen entsprachen. Obwohl sich in der Zwischenzeit auf diesem Gebiet viel getan hat, ist das schlechte Image auch heute noch nicht völlig verschwunden. Der vorliegende Artikel behandelt die Leistungsfähigkeit moderner AOI-Systeme und zeigt mögliche Trends auf.

Herbert Tietze, Göpel Electronic, Jena

Wie in Tabelle 1 gezeigt lassen sich AOI-Systeme zur Zeit prinzipiell in drei Kategorien unterteilen. Diese Situation ist zum einen durch unterschiedliche Entwicklungsansätze bedingt, reflektiert zum anderen aber auch die unterschiedlichen Marktbedürfnisse. Auf dem Scanner-Prinzip basierende 2D-Systeme sind durch ihren relativ niedrigen Preis vor allem für einfache Bestückungskontrollen interessant. Das technische Prinzip erlaubt jedoch kein Kombinieren mit anderen Sensoren oder modifizierten Beleuchtungsvarianten, wie sie unter Umständen bei einigen Bestückungsfehlern notwendig sind. Weitere Mängel sind die eingeschränkte Größe und Bestückhöhe inspizierbarer Boards. Aus diesen Gründen adressieren Scanner vor allem das Low-End-Marktsegment. Am anderen Ende der Performance-Skala sind die 3D-AOI-Systeme angesiedelt. Das Entwicklungsziel bei diesen Geräten ist primär auf das Erkennen der Lötqualität an SMT-Bauelementen ausgerichtet. Sie reflektieren damit die Tatsache, dass Lötfehler in einem typischen Fehlerspektrum nach wie vor eine große Rolle spielen. Da ein Erkennen im dreidimensionalen Raum bei gleichzeitig komplexen Erscheinungsformen zuverlässig und schnell vorgenommen werden muss, stellen die heutigen Maschinen diese Leistungen zur Verfügung. Diese spiegeln sich jedoch auch im Preis wieder. Aufgrund der immer enger werdenden Pin-Abstände gestaltet sich zunehmend das Erkennen von Fehlern als schwierig, wobei sich zusätzlich der Aufwand der Programmentwicklung vergrößert und die Pseudo-Fehlerrate steigt. Der Stern der reinen 3D-AOI-Systeme beginnt durch die Ära des BGA-Packaging bereits wieder zu sinken. Bei den gemäß Tabelle 1 klassifizierten 2,5D-AOI-Systemen handelt es sich test-technisch gesehen um optische Multi-Mode-lnspektionssysteme im mittleren Leistungsbereich. Dies wird durch die vollständig integrierte Kombination von ein bis zwei Kameras mit weiteren Instrumenten wie Laserhöhen-Messsystem, speziellen Beleuchtungen, echter Optical-Character-Recognition (OCR) zum Lesen von Aufdrucken und intelligenten Verarbeitungsalgorithmen erreicht. Diese Systeme besitzen, gemessen an der Zahl der unterschiedlichen Fehlertypen, die breiteste Abdeckung – verfügen jedoch nicht über die Leistungsfähigkeit eines 3D-Systems bei der Analyse der Lötqualität bei SMDs. Das Überprüfen einzelner SMT-Lötstellen zur Verifikation der Lotmenge ist jedoch problemlos möglich. Ein derartiger Plausibilitäts-Check reicht in vielen Fällen bereits aus. Ein Beispiel für solche optischen Inspektionssysteme ist die Baureihe Opticon von Göpel. Die Geräteserie zeichnet sich durch einen neuronalen Ansatz für die Bilderkennung aus. In Verbindung mit einem CAD-Reader, einer umfassenden Modellbibliothek sowie dem Multi-Instrumentenkopf ist es möglich, innerhalb kurzer Zeit ein komplettes Testprogramm automatisch zu erstellen. Nur wenige Leiterplatten genügen, um dieses Programm dann unempfindlich gegenüber Fertigungstoleranzen oder optischen und mechanischen Toleranzen von Bauelementen (Farbnuancen, Oberflächengüte) zu machen und somit die Pseudo-Fehlerrate zu reduzieren. Ein typisches Testprogramm beinhaltet das Überprüfen eines Bauelementes auf Vorhandensein, Typ, Polarität, Winkellage, Lötbrücken und diverse Lötstellen-Verifikationen. Außer der Möglichkeit, Komponenten der Bauform 0201 zu untersuchen, kann das Gerät auch Koplanaritäts-Prüfungen bei BGA-Bauelementen per Laser vornehmen. Der Laser wird aber beispielsweise auch zum Überprüfen der Einstecktiefe von Steckverbindern genutzt. Die vollständig integrierte OCR-Funktion mit Schräglicht-Beleuchtung ist in der Lage, auch mit einem Laser beschriftete lCs zu prüfen. Eine komfortable Fehlerdokumentation und ein Reparatur-Arbeitsplatz runden das Leistungsangebot ab. Wegen des Einsatzes von Off-the-Shelf-Komponenten weisen die Maschinen auch ein attraktives Kosten-/Nutzen-Verhältnis auf.
Die Qual der Wahl
In der Diskussion über AOI-Systeme mit ihren Vor- und Nachteilen ist zu beachten, dass grundsätzlich der Fertigungsprozess in der Gesamtheit seiner Parameter, den existenten Problemen, den vorhandenen Testlösungen und erwarteten Veränderungen beurteilt wird. Damit lässt sich erkennen, ob der Einsatz eines AOI-Systems effektiv ist oder nicht. Aussagen, dass mit solchen Geräten eine Substitution elektrischer Teststrategien wie der ln-Circuit-Test (ICT) oder der Funktionstest, ersetzt werden können, sind also pauschal nicht möglich. Um dies zu klären, bedarf es dem Klassifizieren der Fertigungsfehler gemäß Tabelle 2. AOI-Systeme bieten grundsätzlich nur eine Abdeckung von physikalischen Fehlern, weil elektrische Defekte nicht erkennbar sind. BGAs oder andere vergleichbare Gehäuseformen wie etwa CSPs können ebenfalls nicht geprüft werden. Dagegen sind elektrische Testsysteme sehr wohl in der Lage, sowohl die elektrischen Defekte als auch Pin-Fehler einschließlich offene Anschlüsse bei BGAs zu erkennen. Man versucht daher, das Problem des sich ständig reduzierenden Zugriffs mit neuen Teststrategien wie Boundary-Scan in den Griff zu bekommen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, vom Stand der Prozessqualität ausgehend gemeinsam mit Lieferanten durch Einsatz eines geeigneten AOI-Systems Fehler zu senken und die Ausbeute zu erhöhen. So kann beispielsweise durch den Einsatz eines optischen Testers bereits vor dem Löten eine Reihe von Fertigungsfehlern herausgefiltert werden. Durch die gesunkene Fehlerverschleppung erhöht sich die Ausbeute nach dem Lötprozess. Die Wahl des richtigen Systems ist daher nur durch Erfassen und Analyse der Wechselwirkung von Prozess und Gerätetechnik erfolgreich möglich.
Fazit und Ausblick
Das Spektrum derzeit verfügbarer AOI-Systeme bietet für fast alle Inspektionsaufgaben geeignete Lösungen. Für den erfolgreichen Einsatz ist eine umfassende Analyse der unterschiedlichen Prozess- und Geräteparameter unerlässlich. Techniken wie bleifreies Löten oder der Trend zu BGA-/BGA-Gehäusen verändern die Fertigungsprozesse kontinuierlich und verlangen perspektivisch neue gerätetechnische Ansätze. Besonders vielversprechend erscheint dabei aus derzeitiger Sicht die Kombination von optischen Multi-Mode-Systemen der mittleren Leistungsklasse mit ergänzenden Verfahren wie Boundary-Scan. Darüber hinaus werden künftige AOI-Systeme über intelligentere Algorithmen, gesteigerte Testgeschwindigkeit und bessere Instrumentierung verfügen. Als weitere Neuerun-gen sind Optionen für die Farberken-nung und statistische Trendauswertun-gen für die Prozesskontrolle (SPC) zu erwarten.
EPP 211
Kategorie Systemtyp Geometrische Sensoren Einsatzspezialisierung Systemstandort
I 2-D-System Zeilenscanner Bestückkontrolle Vor/nach dem Löten
II 2,5-D-System 1-2 Kameras + Laser Erweiterte Bestückkontrolle Vor/nach dem Löten
III 3-D-System Multiple Kameras SMT Lötstellenkontrolle Excl. nach demLötenTabelle 1. AOI-Systeme lassen sich in drei Kategorien für unterschiedliche Einsatzbereiche unterteilen
Fertigungsfehler
Physikalische Defekte Elektrische Defekte
Pin-Fehler (Opens, Shorts) Pin-Fehler (stuck at 0/1)
Device-Fehler (Lage, Position, Polarität etc.) Device-Fehler (Funktion, Parameter)
Performance-FehlerTabelle 2. Prinzipielle Klassifizierung von Fertigungsfehlern
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