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Aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten

SPOTLIGHT: Etronix und Apex – zwei amerikanische Shows für die Elektronikfertigung
Aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten

Der gepflegte Unsinn mit dem in diesem Frühjahr innerhalb von zwei Wochen im Westen der USA (südliches Kalifornien) exakt zwei Messen zum Thema Elektronikfertigung durchgeführt wurden, wird wohl allmählich von der Realität eingeholt und ad acta gelegt werden müssen. Klar ist: Die Apex (veranstaltet von der IPC-Organisation) hat sich bei großen Equipmentherstellern bereits mit dem diesjährigen Event durchgesetzt. Für Reed Exhibition, verantwortlich für die früher einmal die weltweite Branche prägende Nepcon West, geht es jetzt darum, Schadensbegrenzung zu betreiben und den Goodwill der verbliebenen Aussteller und Besucher in die richtigen Kanäle zu lenken.

Doch auch noch im kommenden Jahr wird der ur-amerikanische Traum vom Think Big bei den Messen der Elektronikfertigung weiter verfolgt. Schließlich, wer trennt sich schon gerne von liebgewordenen Gewohnheiten, speziell dann, wenn es um Making Money geht und manche der alten Angewohnheiten (Old Habits) durchaus noch einigen Gewinn versprechen könnten? Wie auch immer: Im Jahre 2001 wird sich erst einmal im „intelligenten“ Zeitrahmen vom 14. bis 18. Januar die Apex in San Diego (südlichstes Kalifornien) abspielen. Die Apex hat sich, so scheint es, einigermaßen etabliert – auch wenn alle Europäer über diesen avisierten Zeitraum grundlegend nichts Positives äußern. Und der Veranstalter dürfte noch einigermaßen frei von der Hybris jener erfolgreichen Messemacher sein (ausgenommen dieser Termin), die Flächen und Quadratmeter an Interessenten (Kunden) gerne als Brosamen ihrer Allmacht abgeben
Doch was ist mit der anderen Production-Show in Kalifornien? Hier prallen das Ende einer Tradition (wenn man es in diesem kurzlebigen, rasch anderen Ufern zustrebenden Environment so ausdrücken will) und der nötige Neubeginn aufeinander: Nepcon West wird einfach nicht mehr sein. Zumindest nicht in der ursprünglichen Gestalt als selbständige, auf die Elektronikfertigung fokussierte Ausstellung mit globaler Bedeutung. Doch den „Todesstoß“ hat sich der Veranstalter dieses Events bereits einige Jahre früher selbst versetzt (hört man zu, was Aussteller aller Couleur zu berichten hatten). Jetzt geht es darum, die nötigen Konsequenzen zu treffen und realistisch zu handeln. Das sieht in diesem Falle so aus, daß die „gute, alte“ Nepcon West in Anaheim (südlich von Los Angeles) in der neugeschaffenen, thematisch breiter angelegten Etronix aufgeht (25. Februar bis 1. März 2001).
Event am Scheideweg
Um das Bouquet aktueller Segmente weiter abzurunden, läuft die Etronix am selben Ort und zeitgleich auch noch mit der Wescon Spring (eine Veranstaltung, die vorwiegend um Bauelemente zirkelt). Ob das der richtige Ansatz ist (Klasse durch Masse zu kompensieren), darüber kann man lange diskutieren. Zumeist zeigt solch ein Vorgehen, daß ein Messekonzept bzw. die Idee dahinter fragwürdig ist. Auf die Elektronikfertigung bezogen heißt das, der typische Fertigungsspezialist ist wirklich primär an Produktionslösungen interessiert, muß sich über Advanced-Packages und den vielen in diesem Umfeld wichtigen Produktionsmethoden informieren, weniger über die Performance von Mikroprozessoren und Logik-ICs oder aber die Eigenheiten all der Entwicklungswerkzeuge, die er nie verwendet. Aber irgendwie gehört’s ja zusammen, das ist richtig. Doch ist die Spezialisierung in den Unternehmen erheblich weiter fortgeschritten als hier deutlich wird. Insofern steht die Frage im Raum: Wenn soll die Messe ansprechen?
Sei’s wie sei: Mit einer Etronix ist der Traum von einer global wichtigen Fertigungsmesse höchstwahrscheinlich endgültig ausgeträumt. Die Etronix zielt darauf ab, eine feine und wichtige Veranstaltung für den Westen der USA zu werden, mit all den Nebenfeldern von Fertigung und Design. Europäische Aussteller und Besucher werden nicht mehr den Stellenwert einnehmen, den sie früher der Nepcon West gaben. Die haben Vergleichbares zur Genüge. That’s it. Zwar ist das Anaheim Convention Center ein idealer Messestandort mit wirklich vorzüglicher Infrastruktur, doch das genügt allein nicht. Vielleicht kein Zufall, daß sich daneben gleich das kalifornische Disneyland befindet, in dem viele Kinderträume für einige Stunden artifiziell Gestalt annehmen und sich dann in an-genehmer Erinnerung auflösen.
Unter dem Dach der Etronixist die frühere Nepcon West nur noch eines der hier implementierten fünf vertikale Segmente:
• Nepcon Production & Support (Nepcon West bisher) behandelt Systeme, Tools und Materialien für die Elektronikfertigung, einschließlich Electronic Manufacturing Services (EMS)
• dEsign Expo gilt Elektronik-Design-Tools und Dienstleistungen
• e/manufacturing expo fürIT und E-Commerce für das Supply-Chain-Management
• AP International für Ad-vanced-Packaging und Wafer-Level-Techniken
• EvaluTech für Test- und Inspektionssysteme, Meßgeräte und Software zur Prozeß-Evaluierung
So spricht die Electronic Group des Veranstalters Reed Exhibition Companies (REC) von der Etronix als „ein Dach für alle diese Segmente“ und verweist auf die wirtschaftlichen Kennzahlen des Unternehmens. Mit knapp 600 Mio. Euro Umsatz und 440 Industrie-Events in 28 Ländern ist REC eigenen Angaben zufolge der größte Ausstellungsmacher der Welt. Jetzt wurde Miller Freeman in Europa übernommen (dessen Inter-tronic in Paris übrigens ein ähnliches Konzept wie Etronixaufweist). Zudem sollen ineiner Allianz mit der Messe Berlin gemeinsame Shows aus der Taufe gehoben werden.
Stolz spricht der Veranstalter von einem „umfassenden Elektronik-Event, der sich von anderen Veranstaltungen unterscheidet“, und meint damit von Design über Test, Fertigung und Gehäusetechnik bis zur Produktion und zum Support. Damit will man Aussteller und Besucher adressieren, die traditionell nicht auf der Nepcon gewesen seien, etwa die Entwickler von Chips,Systemen und Boards. Man will die aktuellen Trends der Elektronikfertigung wiedergeben und auch weiter ent-wickeln, heißt es. Als wichtigste Themen werden nachREC-Auffassung derzeit Supply-Chain-Management oder E-Manufacturing gehandelt.(Nicht von der Hand zu weisen ist aber auch, daß die Elektronikfertigung weltweit vonden Überlegungen zum Bleifrei-Thema und den schierunübersehbaren Entwicklungen im Bereich von Ad-vanced-Packaging in allen Facetten erheblich umhergetrieben wird.)
Nach-Weihnacht-show Apex in San Diego
Vom 14. bis 18. Januar 2001 und damit wirklich sehr, sehr früh im neuen Jahr nach logistik-schwachen Feiertagen zum Jahreswechsel (und für unseren Biorhythmus in der westlichen Hemisphäre, der zu dieser Zeit nach alles anderem als nach Messestreß giert, eher müssen wir Erkältungen auskurieren) kommt die Apex (Electronics Assembly Process Exhibition and Conference) auf uns zu. Sie ist dieses Mal in der kalifornischen Grenzstadt San Diego angesiedelt (ganz in der Nähe der mexikanischen Maquiladora Elektronikregion). Mit 380 Hauptausstellern hat sie sich nach ihrem überragenden Anfangserfolg auf Anhieb etablieren können. Das San Diego Convention Center ist bis zum letzten der 16000 Quadratmeter Ausstellungsfläche ausverkauft. Viele potentielle Aussteller mußten abgewiesen werden.
Die Apex wird ausgerichtet vom SMEMA Council des US-Industrieverbandes IPC. Sie legt Wert auf ihren „unabhängigen“ Status – vom Making Money? „Unsere Verbindung mit der IPC gibt uns den nötige Abstand zur Mentalität eines Messe-Managements, das stets an Gewinn orientiert ist. Wir sind nicht durch traditionelle Ausstellungskonzepte eingeengt, die den Ausstellern keine Mitsprache beim Ablauf der Show einräumen“, umreißt Bob Balog von Speedline (Chairman des IPC-SMEMA-Lenkungsausschusses) die Veranstaltung.
Auch die Apex offeriert ein ausgefeiltes Programm an Tutorials, Workshops und Seminaren. Dabei behandelt sie alle Segmente der Elektronikfertigung, von der Leiterplatte bis zur fertigen und geprüften Baugruppe, sagen ihre Supporter. Ihre Konzentration auf Elektronikfertigung (kein „Gemischtwarenladen“ mit etwas Produkten für viele Interessenten) macht die Ziegruppendefinition einfach, verwässert kein Konzept und wird von der Branche sehr geschätzt. Deshalb ist es auch kein Wunder, daß alle weltweit relevanten Anbieter von Fertigungs-Equipment sie wahrnehmen und Besucher aus aller Welt diesen konzentrierten Blick als Chance zum kompakten und effizienten Informationsaustausch nutzen. Mit anderen Worten: Mit diesem Konzept ist der Apex der Erfolg bereits in die Wiege gelegt worden. Deutlich wird: Intelligente Messemacher verwässern kein Konzept, im Gegenteil, sie schärfen das Profil einer Veranstaltung im Interesse der Besucher und Aussteller. Wenn nur nicht die unglückliche Terminlage wäre und der „Wanderzirkus“ bald einen genügend großen Platz (damit alle relevanten Aussteller teilnehmen können) mit attraktiver Infrastruktur finden würde.
So bleibt als momentaner Zwischenbericht festzuhalten, daß sich die Show-Auguren nach wie vor gegenseitig belauern, den nächsten Zug des „Gegners“ beobachten und dabei ihre Konzepte realisieren. Die Fokussierungen auf die aktuellen Problematiken der Elektronikfertigung erscheinen recht unterschiedlich: Zum einen der „Gemischtwarenladen“, der versucht alles Erdenkliche zu präsentieren (dabei wesentliche Detailfragen durchaus deutlicher präsentiert), zum anderen der scharf profilierte Production-Event, der aberals „Wanderzirkus“ Südkalifornien unsicher macht. Weil aber die Präferenzen der Fertigungsspezialisten eindeutig auf Lösungen für ihre unmittelbaren Aufgaben liegt, zeigt das klare Apex-Profil zumindest für die internationale Messeklientel die größeren Vorteile. Etronix hat das Format der in USA und weltweit revolvierenden Elektronikmessen von REC, hier ausgerichtet aufden West-Coast-Markt. Insofern scheint damit die Frage, wohin sich Interessenten aus Übersee wenden werden, für diesesmal gelöst. Allerdings, wer als kleinerer europäischer Aussteller mit Präsenz in USA den Aufsprung auf den Apex-Zug verpaßte, wird sich wohl für den Etronix-Train entscheiden, denn er muß ja „Flagge“ zeigen in den Staaten, einem der wichtigsten Märkte in diesem Geschäft. (Werner Schulz/Gerhard B. Wolski)
www.nepcon
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