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Bleifrei – Nicht nur eine Herausforderung!

Bernd Schenker, Chief Operating Officer bei ERSA
Bleifrei – Nicht nur eine Herausforderung!

Bleifrei – Nicht nur  eine Herausforderung!
Bernd Schenker
Als vor gut 3 Monaten in München die Productronica ihre Pforten schloss, war verhaltener Optimismus zu spüren. „Bleifrei“ war das beherrschende Thema in der Elektronikfertigung, das sich auf der einen Seite als echte Herausforderung darstellt, andererseits jedoch auch große Chancen mit sich bringt. Ob der Optimismus gerechtfertigt war und welche Bedeutung die Umsetzung der EU-Richtlinie für das bleifreie Löten mit sich bringt, hat die Redaktion mit Bernd Schenker diskutiert.

Für viele Leute stellt sich „Bleifrei“ als notwendige Herausforderung dar. Sie bezeichnen es als Chance. Was veranlasst Sie dazu?

Seit nun auch vom Gesetzgeber her klar ist, dass die Umstellung auf den bleifreien Prozess bis spätestens 01.07.06 vollzogen sein muss, hat Prozesstechnologie in allen Unternehmen eine viel stärkere Lobby. Es ist richtig Bewegung im Markt. Jeder muss sich mit diesem Thema beschäftigen, und zwar nicht nur in dem Bereich von Reflow-Technologie oder von Massenproduktionsanlagen, sondern daneben noch bis zum Handlöten und Rework. Alle prozesstechnischen Aspekte werden vollkommen neu betrachtet. Die Leute wollen letztendlich sehen, was ihr Qualitätsstandard ist und wohin sie sich bewegen müssen. Wir können das nicht zuletzt auch dadurch feststellen, dass sich unser Bereich „Visuelle Inspektion“ einer gesteigerten Nachfrage erfreut. Prozesstechnologie steht eindeutig im Mittelpunkt und dort, wo noch vor Jahren in erster Linie der Einkäufer das zentrale Wort gesprochen hat, sind es heute die Prozesstechnologen und Qualitätssicherungsabteilungen. Ein einfaches Beispiel verdeutlicht dies: Kein Unternehmen, das in ein neues Lötsystem investieren möchte, wird sich damit begnügen, dass es damit bleifreie Verbindungen erzielen kann. Vielmehr geht es darum, fehlerfreie bleifreie Verbindungen zu produzieren und diese zu qualifizieren. Im Prinzip benutzt man die Bleifrei-Technologie also auch als Anlass zum Großreinemachen!
Was bedeutet das für Sie als Hersteller von solchen Lötsystemen?
Die sehr klein gewordenen Prozessfenster der bleifreien Legierungen stellen eine große Herausforderung an die Präzision der Lötsysteme dar. Hier trennt sich nun die Spreu vom Weizen. Der „just-an-oven“-Charakter einer Reflowanlage ist längst nicht ausreichend, um die Herausforderungen von „Bleifrei“ zu erfüllen. Das haben wir frühzeitig erkannt und in unseren Anlagen umgesetzt. Auch wenn wir anfänglich noch belächelt wurden und man mancherorts gedacht hat, ERSA schießt dabei übers Ziel hinaus. Mittlerweile erkennen unsere Kunden den Nutzen und letztendlich spricht der hervorragende Return on Investment für sich. Wir sind besonders glücklich darüber, dass unsere Ausrichtung, Maschinen in der Präzision und Performance zu bauen, wie wir sie heute haben, vom Markt bestätigt wird, und dies in Wirtschaftlichkeitsberechnungen mit einfließt. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass sich gerade wieder einer der weltweit angesehendsten Hersteller von Kommunikationstechnik entschieden hat, seine gesamten Fertigungsstätten weltweit mit unseren Hotflow 2 – Reflowlötsystemen auszurüsten.
Gibt es weitere Trends in Bezug auf „Bleifreies Löten“?
Natürlich steht die Reproduzierbarkeit der Prozesse im absoluten Mittelpunkt. Dies zieht sich wie ein roter Faden von der kleinsten Lötstation über Rework bis hin zur hochkomplexen Stickstoffanlage. Die Bleifrei-Technologie zieht sich durch alle Prozessbereiche! Selbst das Wellenlöten ist wieder ein zentrales Thema geworden. Wir erleben regelrecht eine Renaissance der Welle. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass mehr, sondern eher, dass mit höheren Qualitätsansprüchen wellengelötet wird. Daher ist in vielen Unternehmen die Investition in Maschinen, die diesen höchsten Qualitätsanforderungen entsprechen, unumgänglich. Hervorzuheben ist natürlich auch das Selektivlöten, das in den letzten Jahren in den Mittelpunkt der gesamten Prozesstechnologie gerückt ist. Im Prinzip geht es darum, den gesamten Handlötbereich dort aus der Prozesskette zu nehmen, wo es möglich ist. Als Markt- und Technologieführer beim Selektivlöten haben wir natürlich einen enormen Know-how-Vorsprung, der mittlerweile zu einer Produktfamilie von 6 unterschiedlichen Selektivlötmaschinen geführt hat, und sich von der halbautomatischen bis zur High-End- „Highspeed“-Version erstreckt. Wir sehen aktuell einen deutlichen Trend, dass das Selektivlöten nicht nur in der Massenfertigung eingesetzt wird, sondern überall dort, wo Handlöten die Qualitätsanspruche nicht reproduzierbar gewährleisten kann.
Wie verträgt sich dieser Trend mit Ihrem Produkt Portfolio? – Schließlich gelten Sie als einer der führenden Hersteller im Bereich der Handlötsysteme.
Um Ihre Frage etwas salopp zu beantworten – es war schon immer die Philosophie von ERSA auf jeden Topf den richtigen Deckel zu setzten! Im Prinzip ist unsere produktstrategische Ausrichtung ganz einfach folgende: Wir sehen uns als Partner der Industrie und wollen durch kompetentes Beraten jedem Unternehmen für seinen Verwendungszweck das richtige Equipment offerieren. Da können wir mit dem weltweit breitesten Spektrum an Lötequipment aus dem Vollen schöpfen und müssen zu keiner Lösung raten, die der Kunde nicht braucht. In vielen Bereichen, in denen es keine wirtschaftlich sinnvollen Alternativen gibt, hat Handlöttechnologie nach wie vor ihre Berechtigung. Nacharbeit, „Touch-up“ und Rework werden immer erforderlich sein. Dabei hat Handlöten, ebenso wie Rework-Anwendungen längst den Charakter der Black Box verloren. In beiden Fällen geht es heute darum, reproduzierbare Qualität zu produzieren.
Wie beurteilen Sie als deutscher Hersteller ihre Chancen im globalen Wettbewerb?
Es ist uns doch allen bewusst, dass wir in Deutschland nicht nur mit einem starken Euro, sondern auch mit höheren Produktionskosten zu kämpfen haben. Umso wichtiger ist es, einen Qualitätsvorsprung gegenüber den billig-produzierenden Ländern zu haben. Deren bisher typische „Low cost, low quality“-Mentalität ändert sich zunehmend. Daher müssen wir in Mitteleuropa Wettbewerbsvorteile durch höchste Qualität erzielen und zum Standard erheben. In den letzten Jahren haben wir viel Energie dafür aufgewendet, unser globales Sales & Service-Netzwerk flächendeckend auszubauen, was uns auch bestens gelungen ist. Mittlerweile sind wir in allen führenden Kontinenten mit eigenen Unternehmen und Netzwerken präsent. Daneben verfügen wir weltweit über rund 80 Vertretungen. Allerdings sind wir mit der Rolle, die wir hier in Deutschland spielen, längst noch nicht zufrieden. Vielmehr sind wir strategisch darauf ausgerichtet, unsere führende Position im Weltmarkt auch hier in Deutschland zu erreichen. Daher ist es eines unserer zentralen Ziele, den Zugang zu den führenden Unternehmen in der deutschen Industrie zu verstärken. Dabei sehen wir uns weniger als Hersteller von Lötausrüstung, sondern vielmehr als Partner der Industrie, welcher Gesamtkonzepte anbietet und Antworten auf die technologischen Fragen unserer Zeit geben kann. Dass diese Rechnung aufgeht, sehen wir nicht zuletzt am enormen Zuspruch, den wir bei unseren Technologieveranstaltungen erhalten.
Herr Schenker, vielen Dank für das informative Gespräch!
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