Elektronische Bauteile wie Doppel-MOSFETs und Leistungs-QFNs mit geringem Stand-off, werden in der Fahrzeugelektronik wegen ihrer Vorteile in punkto Kosten und Funktionalität immer häufiger eingesetzt. In der hochvolumigen Baugruppenfertigung werden sie gewöhnlich – wie alle andere Bauteilkomponenten auch – mit Lotpaste im Reflowverfahren auf der Leiterplatte verlötet.
Allerdings können die flüchtigen Flussmittelrückstände der No-Clean-Lotpaste unter den Bauteilen aufgrund des geringen LP-Abstands nicht völlig ausgasen und vollständig abtrocknen. Diese feuchten Flussmittelrückstände verursachen die Bildung von Dentriden und Korrosion unter bestimmten Umgebungsbedingungen. Es wird somit die elektrische Zuverlässigkeit der Baugruppe und Schaltung extrem minimiert. Die Zuverlässigkeitstests finden statt bei hohen Temperaturen (a) von 120 °C über 500 Stunden, 140 °C über 500 Stunden, Vorspannung von 30 V (Getriebesteuerung), (b) Einwirkung von auf 85° C erhitzten Öl über 500 Stunden (Bremsbaugruppe). Bei Verwendung von No-Clean-Lotpasten können sich bei QFN’s im niedrigen Spalt noch angesammelte Lösungsmittel befinden. Diese Lösungsmittel sorgen für eine flüssige oder pastöse Konsistenz, indem sich die Aktivatoren frei bewegen und korrosive Reaktionen auslösen, insbesondere wenn elektrische Spannung bei heißen und feuchten Umgebungsbedingungen anliegt.
Das Experiment
Eine Möglichkeit, um das Bilden und Wachsen von Dendriten zu verhindern, ist, die Entfernung der Flussmittelrückstände nach dem Reflow-Prozess. Dies stellt jedoch eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar, weil die engen Abstände zur Leiterplatte die Reinigung mit entsprechenden Reinigungsmitteln sehr erschweren. Somit lassen sich also Flussmittelrückstände nicht völlig entfernen. Die zweite Möglichkeit besteht in der Verwendung eines nicht-korrosiven und nicht-leitenden Flussmittelsystems für den Fall, dass die Trocknung oder Beseitigung der Flussmittelrückstände nicht möglich ist. Also die Entwicklung eines Flussmittelsystem, welches unabhängig davon, ob die Rückstände trocken oder feucht sind, keine Probleme bereitet. Grundsätzlich enthalten Flussmittelsysteme, die nicht-korrosiv und nicht-leitend sind, auch nur sehr geringe Mengen von Aktivatoren und weisen somit eine sehr niedrige Aktivität auf. Doch diese Art von Flussmitteln würde die Ursache für eine schlechte Benetzung bedeuten, was zu erhöhtem Voiding und HIP-Problemen führen würde. Sie sind somit für die SMT-Bestückung der Baugruppe ungeeignet. Nach ausführlicher Forschung hat Indium ein neues halogenfreies Flussmittelsystem entwickelt, welches das Wachsen von Dendriten und Korrosion verhindert. Zudem wird auch gute Benetzung sichergestellt sowie das Voiding -und HIP-Verhalten reduziert. Um die Leistungsfähigkeit nachzuweisen, wurden sechs Lotpasten im Vergleich getestet. Es wurde die neue Formulierung von Indium und fünf herkömmliche Pasten zur Kontrolle getestet. Alle Pasten sind SAC305-Formulierungen mit 96.5Sn/3.0Ag/0.5Cu, Typ 4 (20 – 37µm) oder Typ 4.5 Lotpulver.
Prüfung des Oberflächenisolationswiderstands (SIR)
Für diesen Versuch wurde eine SIR-Leiterplatte entsprechend Standard IPC B-24 verwendet. Das Flussmittel für die Pasten wurde mit einer 0,10 mm (4 mil) dicken Schablone auf drei der vier Kammmuster im SIR-Patternfeld gedruckt. 10 mm × 10 mm große Glasplatten wurden auf einen Teil der mit Flussmittel bedruckten Muster gelegt: zwei Pattern wurden so mit einer Glasplatte abgedeckt. Jede Glasabdeckung wurde auf dem SIR-Coupon mit einem Hochtemperaturband von 3M fixiert, um während des folgenden Reflowprozesses eine eventuelle Verschiebung zu verhindern. Das Aufschmelzen erfolgte mit dem in Bild 3 dargestellten Profil in einem Konvektionsofen mit einer Spitzentemperatur von 244 °C. Abgesehen von der Präparation des SIR-Coupons erfolgte die SIR-Prüfung gemäß J-STD-004B. Die SIR-Werte mit Flussmittelrückständen auf dem Abschnitt ohne Glasplatte (Standard-SIR-Prüfung) wurden zu Vergleichszwecken ebenfalls bewertet. In diesem Fall verflüchtigten sich alle Lösungsmittel und hinterließen trockene Rückstände auf dem Kammpattern. Dabei ist anzumerken, dass für die Versuchsvorbereitung zuerst die Lotpaste auf die Kammmuster gedruckt und dann die Glasabdeckung aufgelegt wurde. Nach dem Reflowprozess waren trotz Glasplattenabdeckung die Flussmittelrückstände trocken. Der Grund dafür ist ein zu hoher Abstand zur PCB aufgrund des durch den Pastendruck gebildeten Lötzinnrands auf den Pattern. Um die eingeschränkte Verdampfung der Flussmittelreste bei geringem Spalt (niedriger Stand-off) nachzubilden, erwies es sich als wirksamer, nur das Flussmittel allein aufzudrucken. So blieben die Flussmittelrückstände unter der Glasabdeckung feucht.
Die Ergebnisse
Am besten eignete sich ein SIR-Test mit Glasplattenabdeckung der Pattern, um die elektrische Zuverlässigkeit des Flussmittelsystems bei Bauelementen mit niedrigem Stand-off nachzubilden. Von allen geprüften Flussmittelsystemen hat nur das Flussmittel von Indium die SIR-Anforderungen erfüllt. Diese Paste liefert einen SIR-Wert über den IPC-Spezifikationen von 100 MΩ ohne Anzeichen der Bildung von Dendriten. Auch dann, wenn sich noch feuchte Flussmittelreste unter der Glasplatte auf den Pattern befinden. Indiums Flussmittelsystem zeigte außerdem sehr gute Benetzungseigenschaften, sehr geringe Bildung von Voids und hohe Resistenz gegenüber HIP. Das zeigt, dass zum Erreichen der geforderten höheren elektrischen Zuverlässigkeit für die SMT-Fertigung eine besondere Formulierung des Flussmittels nötig ist und dies ohne Beeinträchtigung der anderen wichtigen Bauteile auf der Baugruppe.
Zum Vortrag
Der Vortrag behandelt das Thema „Fahrzeugelektronik – Wachstum von Dentriden und Korrosion unter elektronischen Bauteilen mit geringem Abstand zur Leiterplatte (Stand-off): Das richtige Flussmittel ist die Lösung.“
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