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Die Leiterplatte wird intelligent

Nicht sichtbar und gut geschützt auf engstem Raum
Die Leiterplatte wird intelligent

Die Leiterplatte war bisher nur Träger für Bauteile mit physikalischen und elektrischen Eigenschaften. Nun wird sie unmittelbar mit aktiver Intelligenz ausgestattet: IC-Funktionen werden direkt in das Innere der Leiterplatte integriert. Das spart Platz, schützt vor Umwelteinflüssen und Berührung, vereinfacht das Temperaturmanagement und bietet zudem neue Möglichkeiten des Kopierschutzes.

Adrian Schärli, Azular GmbH, Würenlos (CH)

Die Nanotechnologie macht es heute zwar möglich, Bildschirme dünn wie Papier herzustellen, aber für komplette integrierte Schaltungen reicht es noch nicht. Die klassischen SMD-Bauteile, Flipchips, Bare Dies und BGA haben also doch nicht ausgedient, im Gegenteil: Sie sind die Basis der intelligenten Leiterplatte.
Einer intelligenten Leiterplatte sieht man die „inneren Werte“ kaum an, denn die aktiven Komponenten werden auf inneren Lagen eines Multilayers platziert und sind von aussen nicht sichtbar. Für die Herstellung gibt es heute hauptsächlich zwei Technologien: „Lasercavity“ und „aktive Multilayer“.
Bauteile im Innern versiegeln
Bei der Lasercavity-Technik schneidet ein CO2-Laser die fertige Multilayer-Leiterplatte wieder auf. Die Innenlage begrenzt die Schnitttiefe, sodass ein Hohlraum entsteht, in welchen ein Flipchip gesetzt und durch Thermokompression mit dem Rest der Schaltung verbunden wird. Der verbleibende Hohlraum wird mit Harz vergossen, eine von Würth Elektronik in Niedernhall entwickelte Technologie.
Aktive Multilayer (AML) sind ganz anders aufgebaut. Bereits vor dem Verpressen der einzelnen Lagen werden diese mit SMD-Bauteilen bestückt und gelötet. Anschliessend wird der Multilayer unter Vakuum verpresst. Das verwendete Harz fliesst dabei in alle Hohlräume und umschliesst die innen liegenden Bauteile komplett.
Verkleinerung, besserer Schutz und Kühlung
Die Vorteile der Technologie sind verlockend. Einer davon ist die Platzeinsparung: Bei gleicher Zahl von Bauteilen kann eine aktive Leiterplatte kleiner werden, weil die Innenlagen zusätzliche Flächen zur Bestückung bieten. Schutz bietet die intelligente Leiterplatte gleich mehrfach. Einerseits sind ICs im Innern automatisch vor Umwelteinflüssen geschützt, andererseits wird der Nachbau solcher Schaltungen erschwert. Die zusätzlichen Arbeitsschritte zum Vergiessen und Abschirmen empfindlicher Schaltungen entfallen.
Ein eher unerwarteter aber nützlicher Nebeneffekt ist die bessere Wärmeableitung aus den eingebetteten Komponenten. Eine Leiterplatte leitet Wärme viel besser als Luft, dadurch verteilt sich die Energie schneller und gleichmässiger auf die ganze Fläche. Diesen Effekt machen sich immer mehr Automobil- und LED-Hersteller zu Nutze, denn ein gutes Temperaturmanagement ist dort eine Schlüsseltechnologie.
Kostenvorteile bei der Herstellung
Die Technologien zur Herstellung von intelligenten Leiterplatten sind erprobt und gut beherrschbar, trotzdem sind die Anforderungen an die Produktionsmaschinen hoch. Martin Ziehbrunner, CEO des Maschinenherstellers Essemtec, erklärt: „Die AML-Technologie nutzt eigentlich die Standardprozesse der SMD-Technik. Aber die Bestückung findet auf Innenlagen statt, die zu diesem Zeitpunkt noch gross und dünn sind. Im Prinzip stellt die Technik ähnliche Anforderungen an unsere Maschinen wie Flexboards und Folientastaturen: Auch dort müssen Drucker, Bestückungsmaschinen und Reflow-Lötanlagen mit grossformatigen, unstabilen Substraten umgehen können.“
Dieses Problem stellt sich bei der Lasercavity-Technik nicht, denn die Multilayer sind bereits verbunden und die Leiterplatten geschnitten. Dafür sind Präzision und Zuverlässigkeit des Schneidlasers und Diebonders wichtig. Doch auch dies hat man im Griff, wie Roland Schönholz bestätigt, Produktmanager bei Würth Elektronik. Die Lasertechnik hat Würth Elektronik selbst optimiert, für das Thermokompressions-Bonden arbeiten sie mit Panasonic zusammen.
Und wie steht es mit den Kosten und der Entsorgung? Die Systemkosten für eine intelligente Leiterplatte sind beim genauen Hinschauen vergleichbar mit der konventionellen Technik. Würde man zum Beispiel eine AML-Schaltung aus einzelnen Leiterplatten bauen, diese dann zusammenstecken und vergiessen, wären die Kosten sogar noch höher. Auch die Entsorgung ist problemlos. Hansueli Bühlmann, der Chef einer Schweizer Entsorgungsfirma erklärt die Gründe: „Elektronik wird sowieso geschreddert und anschliessend auf chemischem und physikalischem Weg aufgetrennt. Von daher spielt es keine Rolle, ob Bauteile Innen oder aussen sind.“
Wohin geht der Weg?
Wird die klassische Leiterplatte verschwinden? Wohl nicht, denn natürlich gibt es auch einen Nachteil: Der Zugriff auf die Bauteile geht verloren und eine Reparatur ist nicht möglich. Die Schaltung kann vor der Fertigstellung fast nicht kontrolliert werden und eine Prototypenphase gibt es in der Entwicklung praktisch nicht mehr. Es ist deshalb zu erwarten, dass intelligente Leiterplatten vor allem in der Massenelektronik, dem Kraftfahrzeug, der Sensorik, der Medizintechnik und in der Beleuchtungstechnik vermehrt den Einzug finden. Die Reparatur ist dort weniger wichtig als der Schutz, die Miniaturisierung und Wärmemanagement.
Schade nur, dass die Hersteller der Layoutsoftware noch auf dem Schlauch stehen. Die meisten CAD-Programme unterstützen das Platzieren und Routen von Bauteilen auf Innenlayern nicht oder nur eingeschränkt. Eine nicht repräsentative Umfrage ergab folgendes Bild: Zwei von zehn CAD-Systemen realisieren es, bei zwei weiteren Herstellern ist die Implementierung vorgesehen, doch wartet der Rest eher darauf, bis genügend Druck seitens der Kunden kommt.
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