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Die Spitze des Eisbergs Ricky Bennett, DEK, Flemington (NJ)

Der Übergang vom Dispensen zum Schablonendruck
Die Spitze des Eisbergs Ricky Bennett, DEK, Flemington (NJ)

Traditionell wurde die Anlagen- und die Prozessentwicklung in einzelne Fachgebiete, nach jeweils eigenen Anforderungen und in separate Kategorien eingeteilt. Während der Arbeit in diesen getrennten Bereichen konzentrierte man sich darauf, die bestmöglichen Lösungen für den entsprechenden Zielkundenkreis zu finden. Jeder dieser Technologiezweige brachte nennenswerte Verbesserungen hervor, welche die Produktivität der Anwender steigerte.

Zwei Technologien, Flüssigkeits-Dispensing und Schablonendruck, haben sich bis heute getrennt weiterentwickelt. Obwohl beide Verfahren Vorteile bieten, hat das Flüssigkeits-Dispensing inzwischen einen recht schweren Stand. Der Schablonendruck hingegen wird aufgrund ständiger Verbesserungen zunehmend häufiger eingesetzt. Seine Vorzüge bei Nutzung neuer Prozesstechnologien übertreffen inzwischen die Vorteile herkömmlicher Dispenser-Anwendungen. Eine Vielzahl von Faktoren hat zu dieser Entwicklung beigetragen. Besonders die Forderung der Produktivitätssteigerung führte zur Erforschung neuer Prozesse und förderte den Brückenschlag zwischen verschiedenen Industriezweigen.

Produktivitätsdruck
In jeder Industrie machen bestimmte Problematiken und Aufgabenstellungen die Auswahl von Material und Lieferant zum Schlüsselfaktor des Erfolges. Die Anforderungen betreffen auch die langfristige Leistungsfähigkeit eines Lieferanten. Es ist leicht, auf vergangene Trends zu schauen und die gegenwärtigen Möglichkeiten zu verstehen, aber was bringt die Zukunft? Wenn die Anforderungen höher werden als die aktuellen Möglichkeiten, werden die Lieferanten die Anwender dann in die Lage versetzen, diesen Anforderungen gerecht zu werden? Oder sollen sie dann nur ihre Erwartungen reduzieren? Können die Firmen und die Technologien, die sie entwickeln, dem Kunden die Sicherheit geben, dass auch die Anforderungen der nächsten Generation noch erfüllt werden? Als wichtigste betrachtete Faktoren sind in diesen Bereichen allgemein Durchsatz, Kapazität (Produktivität nach Standort), Erst- und Endausbeute sowie die Kosten zur Erreichung der gewünschten Ergebnisse zu nennen.
Verschiedene Industriezweige mit ungleichen Geschäftsmodellen und zeitlichen Anforderungen sorgen für Unterschiede in der Bedeutung der treibenden Faktoren. Bei der heutigen Wirtschaftssituation ist z.B. in der herkömmlichen SMT-Bestückung der Durchsatz (gemessen in Einheiten pro Stunde) nicht mehr so wichtig wie bisher. Dennoch bilden die Produktionskosten den vorrangig berücksichtigten Aspekt. Entsprechende Leistungsindikatoren können und sollen aber alle Aspekte der Ausrüstungskosten mit in Betracht ziehen, vom Kaufpreis bis hin zu den langfristigen Betriebskosten.
Die Erde ist keine Scheibe
Es dauerte Generationen, bis die ersten Entdecker ihre Mitmenschen davon überzeugen konnten, dass sie am Rand der Erde nicht abstürzen würden. Aber als die Visionäre von ihren Ideen nicht abließen und weitere Versuche unternahmen, sich immer weiter vorantasteten, wurde doch für alle offensichtlich, dass die Erde wirklich rund ist.
Auf eine vergleichbare Situation treffen wir bei den Meinungen über den Schablonendruck. Kluge Investitionen in die Erforschung neuer Technologien und Innovationen haben inzwischen Möglichkeiten geschaffen, die für viele Menschen selbst heute noch unvorstellbar sind. Aussagen wie : „Ich habe nie ein Druckverfahren in Betracht gezogen, weil sich auf dem Substrat bereits bestückte Bauteile befinden“, oder „Man benötigt eine ebene Oberfläche für das Drucken“, sind nur einige der Aussagen, die aus der konventionellen Gedankenwelt stammen.
Bevor ein radikaler Schritt auf ein neues Territorium getätigt wird, erfordert es für den Hersteller einen wichtigen Grund, eine Richtung einzuschlagen, die den Anschein des noch Unbekannten hat – etwa die Aussicht auf eine Verdreifachung des Durchsatzes. Die Hersteller benötigen weiterhin ein gewisses Maß an Sicherheit, dass gewisse Dinge sich nicht ändern – zum Beispiel die Materialien, die bereits den Prozess einer langwierigen Qualifizierung passiert haben – um eine nahtlose Übertragung auf die neue Prozesstechnologie sicherzustellen. Aber wer die Brücke beschreitet, kann neue und aufregende Technologien für eine verbesserte Herstellung und Montage entdecken.
Technologie des Flüssigkeits-Dispensing
Es gibt keinen Zweifel daran, dass sich innerhalb der letzten 20 Jahre die Technologie des Flüssigkeits-Dispensing zu einer höchst erfolgreichen und präzisen Technik für unterschiedlichste flüssige Materialien entwickelt hat. Es wurden große Fortschritte erzielt, um die fortwährend steigenden Dispensing-Anforderungen zu erfüllen.
Durch das umfassende Verständnis der Fluid-Dynamik, die zur Erfüllung der Fertigungsanforderungen notwendig ist, hat die technologische Entwicklung einen großen Durchbruch in der Beherrschung der Materialien erzielt. Die Verbindung eines verfahrbaren Dispenser-Kopfes mit einer X-, Y- und Z-Steuerung machte letztlich den Einsatz der Technik für viele Industriezweige erst nutzbar. Durch solche Innovationen konnten die Anwender große Erfolge in Bezug auf Ertrag, Durchsatz und jährliche Kosteneinsparungen erreichen.
Heute fahren die verschiedenen Anbieter von Dispensing-Verfahren fort, noch flexiblere Plattformen zu entwickeln und eine noch präzisere Beherrschung der Materialien zu ermöglichen. So wollen sie den kommenden Anforderungen moderner SMT-, Halbleiter- und industrieller Anwendungen gerecht werden.
Flachere ICs und Gehäuseformen erfordern z.B., dass das Material in immer engere Räume fließen muss. Das Dispensing für Komponenten von der Größe der 0201-Bauteile stellt eine zusätzliche Herausforderung dar.
Schablonendruck- Technologie
Die zur Überwindung solcher Prozesshindernisse notwendige Flexibilität – bei gleichzeitig deutlich höherem Durchsatz – ist der Vorteil des Schablonendruckes für jeden Materialauftragsprozess in allen Bereichen der elektronischen Fertigung, aber auch bei anderen industriellen Anwendungen. Grundsätzlich kann heute nahezu jedes per Dispenser aufbringbare Material auch per Schablonendruck auf jede Art von Substrat aufgetragen werden, selbst wenn dieses Substrat bereits teilweise bestückt ist.
Das Zusammenspiel der technologischen Fortschritte – in den Bereichen Ausstattung, Aufbringung, Reinigung und Schablonendesign – hat dem Schablonendruck zum entscheidenden Durchbruch in neue Gebiete verholfen. Die Neuerungen haben es etwa dem Elektronikhersteller AMD ermöglicht, in seinem Halbleiter-Montagebetrieb einen nahtlosen Übergang vom Dispensing zum Schablonendruck zu realisieren – und das bei einer gleichzeitigen Verdreifachung des Durchsatzes.
Am Anfang der Entwicklung standen drei Aufgabenstellungen, die das Unternehmen veranlasst hatten, jedes Material, das in seinen Prozessen verwendet wird, per Dispenser aufzubringen: Flussmittel, Underfill, Wärmeleitstoffe, Versiegelungsmasse und sogar Lotpaste, die normalerweise durch Schablonendruck aufgebracht wird. Probleme verursachte dabei die Notwendigkeit der präzisen Ausrichtung der einzelnen Substrate im Träger, die Sicherstellung extremer Sauberkeit sowie die Herausforderung, Materialien auf bereits teilweise bestückte Substrate aufzutragen.
Ein Hindernis für den Wechsel war die Notwendigkeit, dasselbe Material zu verwenden, ohne dass eine neue Materialzusammensetzung die Prozedur eine erneute Erprobung durchlaufen musste. Dennoch, konfrontiert mit der dringenden Notwendigkeit einer Durchsatzsteigerung und dem Zögern, weiter erhebliche Mittel in zusätzliche Dispenser zu investieren, hat das Unternehmen die Chancen einer neuen Technologie genutzt.
Die Beseitigung des Engpasses
Da es sich herausstellte, dass der primäre Engpass beim Lotpastenauftrag lag, wurde dieser Schritt als erstes in Angriff genommen. Um das Problem der Genauigkeit des Ausrichtens zu lösen, wurde eine neue Werkzeuglösung für das präzise, automatische Ausrichten von Substraten in Trägern eingeführt, die sich als erfolgreich erwies. In enger Zusammenarbeit mit AMD wurden die Träger so erweitert, dass die Vorteile des sog. „Edge Reference Virtual Panel Tooling“ (ERVPT) voll genutzt werden konnten.
ERVPT nutzt ein einzigartiges Präzisions-Pin-Design und einen passenden Vakuum-Tower. Damit wird jedes Substrat innerhalb des der JEDEC-Norm entsprechenden Trägers zentriert, und dann zur Druckposition angehoben. Dies hat den Effekt, dass die zehn individuellen Substrate alle mit derselben Präzision aufeinander ausgerichtet sind und der Effekt eines Mehrfachnutzens entsteht (Bilder 1 und 2).
Das Problem der Reinheit wurde mit zwei neuen Technologien angegangen. Zunächst wurde ein in sich geschlossener Druckkopf eingesetzt, der das gesamte Material in einer Kassette mit sich führt. Dadurch entfällt der Rakel und das Materialhandling auf der Schablone und somit auch jeglicher Kontakt des Materials mit der Umgebungsluft (Bild 3). Weiterhin stellt ein neues papierloses Reinigungssystem die Sauberkeit der Schablone sicher, ohne dass Papier oder Stoff, bzw. hiervon ausgehende Partikel in die Reinraumumgebung gelangen (Bild 4).
Die kombinierte Anwendung dieser Technologien löste die Prozessprobleme, und erlaubte so den nahtlosen Übergang zum Schablonendruck. Was noch weitaus wichtiger ist: AMD war in die Lage versetzt, mit einer Verdreifachung der Stundenleistung eine deutliche Steigerung im Durchsatz bei hochvolumigen Bestückungsaufgaben zu erzielen. Gleichzeitig wurde eine Verbesserung der Qualität und Prozessstabilität erreicht.
Nach den ersten Erfahrungen mit dem erfolgreichen Übergang zum Schablonendruck identifizierte das Unternehmen weitere Prozess-Engpässe – den Auftrag von Wärmeleitstoffen, Lid-Versiegelungsmassen und Underfill – und startete auch hier erste Versuche zur Umstellung der Verfahren.
Die zusätzlichen Vorteile einer solchen Umstellung sind größere Flexibilität und geringere Kosten, sowohl für die Erstinvestitionen als auch langfristig. Der Schablonendruck nutzt eine Plattform, die deutlich weniger als ein speziell angefertigtes Dispensersystem kostet und darüber hinaus weniger Stellfläche in der Fabrik benötigt.
Durch Austauschen der Schablonen und in einigen Fällen Anpassung des zugehörigen Transferkopfs, kann die Basis-Plattform für den Auftrag einer unendlich langen Liste von Materialien verwendet werden. Dazu zählen Lotpasten, Kleber, Underfill, Vergussmasse, Lid-Versiegelung, Wärmeleitpasten und Lotkugeln. Diese kostengünstigen Anpassungen ermöglichen es dem Anwender, schnell und kosteneffizient auf sich ändernde Produktionsanforderungen zu reagieren.
Zusammenfassung
Also, woher soll ein Elektronik-Hersteller wissen, was gedruckt werden kann und was nicht? Die Analogie zu einem Eisberg – bezogen auf den sichtbaren und unsichtbaren Teil – liegt hier nahe. Obwohl einige Anwendungen ein Querdenken bzw. einen gänzlich neuen Denkansatz erfordern, gibt es immer noch klar definierte Grenzen. Tatsächlich sehen die meisten Menschen nur den sichtbaren Teil der Herausforderung. Was benötigt wird, ist ein Denken in Richtung „Was wäre, wenn…“ und weniger ein „Es geht nicht“, um nicht bei konventionellen Strukturen mit dem Blick auf das Sichtbare zu verharren.
Nehmen wir das Prinzip des Eisberg und gehen einen Schritt weiter; wenn 9/10 unsichtbar sind, stellen Sie sich vor, welche Möglichkeiten unter der Oberfläche ruhen. Ohne Forschung würden diese Möglichkeiten wahrscheinlich verborgen bleiben. Nach der Aussage von Edd Alcid, Engineering Manager der Flip Chip Assembly bei AMD, war es „eine wechselseitige Partnerschaft, in der beide Seiten gemeinsam an unserer übergreifenden Mission zusammengearbeitet haben. Dies hat uns die Überwindung der Hindernisse ermöglicht. Wir haben zusammen neue, unbekannte Gebiete erforscht, und gemeinsam erfolgreich die Ergebnisse umgesetzt.“
Der klare Weg zum Erfolg braucht natürlich die Verbindung mit dem richtigen Partner, der bereits gute Erfolge in der Entwicklung von bahnbrechenden Technologien und Innovationen vorweisen kann. Was noch wichtiger ist, er muss auch das nötige Fachwissen mitbringen, um seine Ideen und Konzepte in einem realistischen Zeitrahmen umzusetzen. Ein solcher Vorstoß versetzt die Partner in die Lage, Grenzen zu überwinden, das Unsichtbare sichtbar zu machen, eine Brücke zwischen verschiedenen Industriezweigen zu schlagen …. und sowohl die Leistungsfähigkeit als auch die Produktivität zu steigern.
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