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Effektive Stickstoff-Inertisierung Johann Mästele, ACD Elektronik, Achstetten

Neues Begasungssystem für Volltunnel- Wellenlötmaschinen
Effektive Stickstoff-Inertisierung Johann Mästele, ACD Elektronik, Achstetten

Sowohl für das Reflow- als auch für das Wellenlöten bietet die Inertisierung mit Stickstoff während des Lötprozesses große Vorteile. Mit einem neuartigen Begasungssystem, das der Mittelständler ACD Elektronik und der Gasehersteller Linde AG gemeinsam entwickelt haben, können diese Vorteile nun auch bei Volltunnel-Wellenlötmaschinen genutzt werden.

Für die Zugabe von Stickstoff während des Lötprozesses gibt es viele gute Gründe. Die Verringerung des Lotverbrauches gehört ebenso dazu wie die wesentlich geringere Krätzebildung. Aber auch der Instandhaltungs- und Reinigungsaufwand fällt deutlich kleiner aus, als beim herkömmlichen Verfahren. Der Verbrauch aggressiver Flussmittel zählt ebenso darunter, wodurch gleichzeitig Leiterplatten, Maschinen und Absaugungen weniger stark verschmutzen. Kein Wunder also, dass sich das Teilinertisierungssystem Solderflex LIS (Local Inerting System), von Linde vor einigen Jahren auf den Markt gebracht, großer Beliebtheit erfreut. Zumal sich Wellenlötmaschinen sehr einfach mit dieser „Stickstoffhaube“ ausrüsten lassen, wie das Beispiel des Mittelständlers ACD Elektronik zeigt, der diese Technik bereits seit einiger Zeit einsetzt. Das 1976 gegründete Unternehmen mit insgesamt 320 Mitarbeitern setzt sich heute aus den Firmen ACD Elektronik GmbH in Achstetten, der ACD Systemtechnik GmbH und der ACD Antriebstechnik GmbH in Neustadt/Orla sowie der ACD Datentechnik AG im schweizerischen Grabs zusammen. Die Schwerpunkte liegen in den Bereichen Automation, Computer- und Datentechnik sowie im Bereich der Automatisierungs- und Antriebstechnik.

Für den verstärkten Einsatz von Stickstoff während des Lötprozesses spielen auch politische Direktiven wie die Umsetzung der RoHS-Direktive (Restriction of certain Hazardous Substances) der EU in nationales Recht eine wichtige Rolle. Besagt sie doch unter anderem, dass der Einsatz von Blei in Lötlegierungen und elektronischen Komponenten verboten ist.
Das Problem: Wegen der bleifreien Lötlegierungen müssen höhere Löttemperaturen erreicht werden, was wiederum dazu führt, dass sich die negativen Auswirkungen von Sauerstoff auf den Lötprozess sehr viel deutlicher bemerkbar machen als bisher. Beispielsweise durch eine massivere Krätzebildung oder die verstärkte Oxidation. Und das gilt für alle gängigen Lötverfahren in der Industrie, also vor allem für das Reflow- und das Wellenlöten. Ein Problem, das durch die Inertisierung mit Stickstoff gelöst werden kann.
Patentierter Prototyp
Bisher gab es genau an dieser Stelle technische Grenzen. Denn während das patentierte Linde-System bei Wellenlötmaschinen problemlos eingesetzt werden kann, konnten die Vorteile einer solchen LIS-Haube bei den Volltunnel-Wellenlötmaschinen bisher nicht genutzt werden. Vor allem deshalb entstand während einer Schulung des Gaseherstellers bei den Praktikern der ACD Elektronik die Idee, eine solche Lösung speziell für diesen Maschinentyp zu entwickeln. Ziel sollte es sein, auch hier das Schutzgas effizient für den Lötprozess zu nutzen. Gemeinsam bauten die Linde AG und ihr Kunde einen Prototyp des mittlerweile zum Patent angemeldeten Solderflex DIS (Double Inerting System), der ein halbes Jahr vor Ort bei dem Mittelständler in der Praxis intensiv getestet wurde. Denn wenn – so die Überlegung – eine Stickstoffhaube in eine Volltunnelmaschine eingebaut wird, ist zu erwarten, dass die Atmosphäre im unmittelbaren Lötbereich sich bei gleich bleibendem oder sinkendem Gasverbrauch noch einmal deutlich verbessert, die Entstehung von Krätze weiter vermindert wird und sich der Reinigungsaufwand deutlich reduzieren lässt. Und genau diese erwarteten Effekte sollten mit dem praktischen Test des Systems bewiesen werden.
Dabei stellte sich jedoch heraus, dass die größte Herausforderung in einem völlig anderen Bereich lag. Da die Stickstoffhaube bisher nur auf minimalen Gasverbrauch optimiert wurde, mussten für den neuen Anwendungsfall erhebliche konstruktive Änderungen und Anpassungen vorgenommen werden, so dass über die Haube ein für Tunnelmaschinen üblicher Betrag von 15 bis 20 m³/h Gasdurchsatz gefahren werden kann. Dies wurde durch eine Gaslanze und die dafür notwendige Gaszuleitung erreicht.
Geringer Aufwand – große Wirkung
Die wichtigste Messgröße für die Versuchsdurchführung war der Gasverbrauch. Erfasst wurden weiterhin der O2-ppm-Wert über der Lötzone, der Krätzeanfall und der Reinigungszyklus sowie die Lötqualität. Und das Ergebnis des ersten Prototyps war positiv: Es zeigte sich nämlich, dass die Anzahl der Schaltvorgänge für die Gasströmung deutlich zurückgegangen ist und sich der Schaltbereich stark verkleinert hat. Darüber hinaus konnte die Gasmenge über einen Versuchszeitraum von mehr als sechs Monaten bei verbesserten Lötbedingungen auf rund 50 % (nahe 8 m³/h) reduziert, und der Zyklus der Grundreinigung für die Maschine von vormals einer Woche auf ca. vier Wochen verlängert werden.
Allerdings konnten bei diesem ersten Versuchszyklus, unter Berücksichtigung der üblichen Produktpalette, noch keine signifikanten Qualitätsverbesserungen festgestellt werden. Auch ließ sich in diesem Zeitraum die Flussmittelmenge im Vergleich zur ursprünglichen Begasung nicht signifikant reduzieren. Doch das ist nur eine Frage der weiteren Optimierung des Systems, etwa durch Veränderungen in der Schutzgaszusammensetzung und gezielte Vorbehandlung der Leiterplatten unmittelbar vor dem Lötprozess. Doch schon die bisher erzielten Ergebnisse wie die Verringerung des Gasverbrauches um die Hälfte und die Verlängerung des Reinigungszyklus um das Vierfache bei sonst gleich bleibenden oder verbesserten Lötparametern rechtfertigten das Experiment auf jeden Fall.
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