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Europa wappnet sich für Bleifrei

Gregor Jost, Geschäftsführer von Balver Zinn in Balve
Europa wappnet sich für Bleifrei

Europa wappnet sich für Bleifrei
Gregor Jost
Balver Zinn Josef Jost GmbH & Co. KG ist einer der führenden Hersteller von Loten und Anoden unterschiedlicher Legierungen für die Elektronikindustrie. Mit 14 Industriepartnern weltweit verfügt Balver Zinn über ein globales Vertriebsnetz. Zusätzlich zu einer breit aufgestellten Produktpalette bietet das Unternehmen seinen Kunden eine umfassende Beratung zu anwendungs- und umwelttechnischen Fragen, besonders zur Umstellung auf eine bleifreie Elektronikproduktion.

Der 1. Juli 2006 ist Stichtag für die Umstellung auf die Europäische RoHS- Richtlinie („Bleiverbot“). Wie gut ist die Branche darauf vorbereitet?

Die großen Elektronikhersteller in Europa haben bereits frühzeitig Know-how aufgebaut und sind heute in den wichtigen fertigungstechnischen und logistischen Fragen der bleifreien Produktion gut aufgestellt. Bei einigen kleinen Herstellern sieht die Situation jedoch noch etwas anders aus. Hier gibt es auch fünf Monate vor Inkrafttreten der RoHS-Direktive noch erheblichen Beratungsbedarf zu bleifreien Werkstoffen, Lötprozessen und Bauteilen.
Wie ist im Vergleich zum europäischen Markt die Situation in Deutschland?
Im Gegensatz zu einigen europäischen Nachbarn haben die betroffenen deutschen multinationalen sowie die meisten mittelständischen Unternehmen in Deutschland zumindest einige Fertigungsanlagen auf die bleifreie Produktion umgestellt. Bei kleineren Elektronikherstellern sind die Umstellungen zum größten Teil noch nicht konsequent durchgeführt, denn Fertigungsbetriebe mit nur einer Lötmaschine können nicht parallel bleihaltig und bleifrei fahren, zudem haben viele ihrer Kunden noch nicht vollständig auf bleifreie Produkte umgestellt.
Wie hat sich Balver Zinn als Lotlieferant im Vorfeld auf die Umstellung vorbereitet?
Bereits seit 2000 setzen wir uns mit den gesetzlichen Vorschriften auseinander – unter anderem in einer speziell gebildeten Arbeitsgruppe, die sich sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt – und haben seitdem verstärkt in den Aufbau von Forschung und Technik investiert. Sicherlich war auch ein entscheidender Schritt, sehr frühzeitig internationale strategische Partnerschaften zu schließen. Schon 2001 haben wir in diesem Zuge eine Lizenzvereinbarung mit unserem japanischen Partner Nihon Superior, dem Patentinhaber für SN100C, getroffen und können heute damit diese Lösung für bleifreies Löten exklusiv auf dem europäischen Kontinent anbieten. In der öffentlich zugänglichen NASA/Boeing-Studie wurden SAC-Lote, SN 100C und bleihaltiges Standardlot verglichen. Dabei wurde herausgefunden, dass mit SN100C beim Wellenlöten höhere Zuverlässigkeiten als mit SAC-Loten und Zinn-Blei-Loten erreicht werden. Darüber hinaus engagieren wir uns seit Jahren aktiv in allen wichtigen deutschen und europäischen Foren und Gremien zum Thema Bleifrei, so beispielsweise in der IPC, ISO-CEN-Normung, ELFNET, FED und BFE. Für unsere Kunden können wir unser eigenes über die Jahre gewachsenes Know-how zusammen mit aktuellen Forschungsergebnissen einbringen.
Wie ist Balver Zinn aktuell am Markt aufgestellt?
Wir sind mit 11 Handelspartnern europaweit aktiv und liefern allein mit unserem Spitzenprodukt SN100C zurzeit rund 40 % aller Lote für bleifreies Wellenlöten in Europa. Mehr als 95 % der Hot-Air-Levelling-Anlagen in Europa arbeiten mit Balver Zinn SN100CL – bei HASL sind wir europäischer Marktführer. Gerade in Osteuropa konnten wir in den letzten Jahren ein enormes Wachstum verbuchen, nicht zuletzt durch die Produktion deutscher Unternehmen in Ländern wie Tschechien, der Slowakei, Ungarn oder Rumänien. Aktuell entwickeln sich Russland und das Baltikum äußerst positiv für uns, aber auch in unseren langjährigen Exportmärkten wie Frankreich, Spanien oder Skandinavien profitieren wir von der Kompetenz, die wir im Hinblick auf die kommende RoHS-Direktive sehr frühzeitig aufgebaut haben.
Wie unterstützen Sie Ihre Kunden bei der Umstellung auf bleifreie Lötprozesse?
Wir verstehen uns nicht nur als Lot- und Flussmittellieferant, sondern sehen uns auch als Problemlöser für den kompletten Bleifrei-Prozess. Gerade jetzt in der heißen Phase vor der Umstellung sind unsere Spezialisten ständig in Europa unterwegs und beraten vor Ort unsere Kunden bei der Umstellung ihrer Lötprozesse, der Wahl der am besten geeigneten Legierungen, Flussmittel und Lotpasten, aber auch sehr praxisnah bei der Reinigung der Lötmaschine von Bleikontaminationen. In vielen Fällen wünschen unsere Kunden – besonders kleinere und mittlere Unternehmen – ein „Rundum-Sorglos-Paket“, bei dem unsere Spezialisten bei der Umstellung „Hand anlegen“ und helfen, den Wellenlötprozess einzufahren.
Was werden Ihrer Meinung nach die Elektronikhersteller nach dem 1. Juli machen?
Die Umstellung wird, denke ich, nicht mit dem Stichtag 1. Juli 2006 abgeschlossen sein. Viele Unternehmen werden mit großer Sicherheit noch bis Ende des Jahres damit beschäftigt sein, denn die Umstellung ist ein fließender Übergang. Alle Unternehmen, die unter die umfangreichen Ausnahmeregelungen fallen, zum Beispiel Hersteller von medizinischen Geräten, Überwachungs- und Kontrollinstrumenten und stationärer Elektronik, müssen nicht zum 1. Juli 2006 auf bleifrei umstellen. Wie weit der Markt unabhängig vom Gesetzgeber auf bleifrei Produkte drängen wird, bleibt abzuwarten.
Wohin geht der Trend im Anschluss an die Bleifrei-Umstellung am 1. Juli 2006 bei Balver Zinn?
Wir werden umweltverträgliche Alternativen zu den bisherigen Produkten entwickeln, zum Beispiel von Alkohol-basierenden zu Wasser-basierenden Flussmitteln wechseln oder auch Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen herstellen, um den Kunden ein wirksames und umweltfreundliches Konzept anbieten zu können. Denn auch bei uns gehört Umweltschutz zur Unternehmensphilosophie. Seit März 2000 ist unser Umwelt-Management-System zertifiziert nach der DIN EN ISO 14001. Im Bereich Recycling unterstützen wir unsere Kunden mit einer fachmännischen Beratung in allen Fragen der Aufbewahrung, Transportlogistik und Wiederaufbereitung von Metallabfällen und stellen den Abnehmern von Metallprodukten entsprechende Recycling-Behälter zur Verfügung.
Herr Jost, vielen Dank für das Gespräch.
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