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Frühausfälle erkennen

Environmental-Stress-Screening als Prüfverfahren
Frühausfälle erkennen

Die Anforderungen an Qualität und Zuverlässigkeit von Konsum- und Investitionsgütern sind in den letzten Jahren ständig gestiegen. Auf diese Marktforderungen im In- und Ausland reagiert die Elektronikindustrie mit dem Einsatz von Temperaturschock-Prüfungen (Environmental Stress Screening – ESS). ESS ist ein geeignetes Verfahren, um Fehler von kleinsten Komponenten bis hin zu kompletten Modulen im Rahmen von Fertigungsprüfungen, und damit vor der Auslieferung, zu finden.

Hermann Schubert und Dietmar Kuhnert, Weiss Umwelttechnik, Reiskirchen-Lindenstruth

Während der Temperaturschock-Prüfung werden die Prüflinge einer schlagartigen Temperaturänderung ausgesetzt, von z.B. 200 K in 10 s. Viele Verarbeitungs- und Herstellungsfehler werden auf diese Wei-se aufgedeckt, da sich das Produkt wäh-rend einer vorgegebenen Anzahl von Zyklen ausdehnt und wieder zusammenzieht. Selbst das kleinste Bauteil besteht aus verschiedenen Materialien mit ungleicher Wärmeleitung, Ausdehnungskoeffi-zienten und Wärmekapazitäten. Diese unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften verursachen bei Temperaturwechseln mechanische Spannungen im Bauteil, die wiederum schlechte Materialverbindungen lösen und zu Mikrorissen führen können. Für die gleichmäßige Umtemperierung aller Bauelemente werden hohe Umluft-Geschwindigkeiten an jedem Bauteil benötigt. Es reicht also nicht, dass sich nur die Lufttemperatur ändert; wichtig ist, dass sich die Temperatur des Bauteils ändert. Bei vielen Bauteilen innerhalb einer Prüfkammer ist es zwingend notwendig, dass alle Bauteile dem gleichen Temperaturschock unterworfen werden, unabhängig davon, an welcher Stelle sie im Prüfraum platziert sind.
Fehler frühzeitig erkennen
Ziel ist es, die Fehler möglichst während der frühesten Fertigungsstufe durch erschwerte Umweltbedingungen zu erkennen, damit sie nicht während der Nutzungsphase des Produktes zum Ausfall führen (Bild 1). Diese Vorbehandlung (Screening) dient also der gezielten Pro-vokation von Frühausfällen. Es ist wichtig, dass die gewählte Vorbehandlung nicht die mechanischen oder thermischen Belas-tungsgrenzen der Konstruktion oder einzelner Bauteile erreicht oder gar überschreitet und dabei Ermüdungsprozesse beschleunigt oder Brüche verursacht. Während der ESS-Prüfverfahren wird durchausgewählte Umweltbedingungen in kürzester Zeit ein Maximum an Mängeln aufgedeckt, ohne eine Schwächung zu ver-ursachen. Environmental Stress Screening konzentriert sich auf die Produktion und nicht auf die Nutzung des Erzeugnisses.
Bei der Festlegung der Tempe-raturschock-Zyklen müssen die Charakteristiken der natürlichen Umwelt, in denen das Erzeug-nis später eingesetzt wird, eben-so bekannt sein wie die Ausgangsbedingungen (Plattform), bei denen das Produkt verwen-det wird (z. B. beim Automobil, ob es im Motor- oder Kofferraum betrieben wird).
Eine Reihe von nationalen und internationalen, zivilen und militärischen Vorschriften beschreiben die jeweils einzuhaltenden Bedingungen bei Temperaturschock-Prüfungen. Im Wesentlichen werden folgende Einzelheiten festgelegt:
• obere Temperatur
• Verweildauer bei der oberen Temperatur
• untere Temperatur
• Verweildauer bei der unteren Temperatur
• Dauer der Transportzeit
• Zahl der Temperaturwechsel
Eine konkrete Kombination aus den genannten Einzeldaten ergibt einen bestimmten Schärfegrad. Waren Normen früher reine „Kochbücher“ für Prüfungen, in denen die Vorgehensweise exakt beschrieben wurde, so geht man heute mehr und mehr zu Vorschriften über, die einem Engineering-Werkzeug ähneln (Test-Tailoring-Methode).
Prüfequipment
Der Temperaturschock-Prüfschrank TS 130 von Weiss Umwelttechnik besteht aus den beiden übereinander angeordneten Temperaturräumen mit eingebautem Hubkorb. Die Isolierung zwischen Innen- und Außengehäuse aus Mineralwolle und Polyurethanschaum garantiert gute Isolierwerte und damit geringe Betriebskosten. Die beiden Edelstahl-Innenräume sind dampfdicht verschweißt. Druckschwankungen während der Temperaturzyklen werden durch einen integrierten Ausdehnungsbehälter ausgeglichen. Der Druckausgleich verhindert, dass feuchte Luft eindringt und somit dass Wärmetauscher auch bei sehr langer Betriebsdauer vereist. Die Prüflinge werden durch eine Vertikal-Schiebetür in die Warmkammer eingebracht. Die Hubbewegung des Prüfkorbes von der Kalt- in die Warmkammer und umgekehrt erfolgt elektrisch über eine Zahnstange.
Die Temperierung der einzelnen Innenräume geschieht durch di-rekten Kontakt der umgewälzten Luft mit den elektrischen Heiz-elementen in der Warmkammer und mit dem Verdampfer der Kälteanlage in der Kaltkammer. Jeweils ein Axialventilator in jeder Kammer sorgt für einen großen Umluft-Volumenstrom, Gleichrichterelemente sowohl in der Warm- als auch in der Kaltkammer be-wirken eine gleichmäßige Luftgeschwindigkeit über den gesamten Prüfraum-Querschnitt. Der Verdampfer in der Kältekammer wird mit einer Kältekaskade gekühlt, um die geforderten niedrigen Temperaturen zu erreichen. Es werden halbhermetische Kompressoren mit umweltfreundlichen Kältemitteln eingesetzt.
Die S!MCON/32*-Regelung bietet eine optimierte Ablaufsteuerung, die die Prüfzeit erheblich verkürzt. Dabei ist sichergestellt, dass die von der Prüf-vorschrift geforderte Verweildauer bei den eingestellten Temperaturen eingehalten wird. Die einzelnen Optimierungsstufen werden bei der Programmierung des Testablaufes vorgewählt:
• garantierte Verweildauer für jede Temperaturzone
• Vorheizung/Vorkühlung
• Über-/Untertemperierung
Ist eine garantierte Verweildauer des Prüfgutes bei einer bestimmten Temperatur gefordert, so wird dessen Temperatur mit einem separaten Fühler erfasst und permanent überwacht. Erst wenn die Prüfgut-Temperatur innerhalb des gewünschten Toleranzbereiches liegt, läuft automatisch die Zeiterfassung für die Verweildauer an.
Um eine schnellere Umtemperierung des Prüfgutes beim Wechsel zu erreichen, kann die Kammer, in der sich der Hubkorb nicht befindet, auf einen tieferen bzw. höheren Sollwert gebracht werden. Bei Einfahren des Hubkorbes in die überheizte bzw. unterkühlte Kammer wird ein schnellerer Temperaturangleich erfolgen. Zusätzlich kann durch eine vorwählbare Sollwert-Überziehung des umspülenden Luftstromes für eine kurze Zeit unmittelbar nach dem Wechsel von der einen in die andere Kammer eine Verkürzung der Angleichzeit erreicht werden. Die Regelung schaltet nach Erreichen des Toleranzbereiches automatisch auf den eigentlichen Sollwert um.
Die Steuerung in Verbindung mit dem menü-geführten Touch-Bedienteil (Bild 4) ermöglicht eine einfache Programmierung durch vorbereitete Programmroutinen. Schnittstellen stellen die Verbindung zur Rechnerwelt her. Mit der Software lässt sich der Temperaturschock-Prüfschrank TS 130 in eine zentrale Geräteverwal-tung (Vernetzung) einbinden. Weiterhin enthält die Software integrierte Über-wachungsfunktionen sowie Programmierung, Auswertung und Dokumentation der Messdaten.
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