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Führen viele Wege nach Rom? Wolfgang Sexauer, Mimot, Lörrach

Rüstkonzepte der SMD-Bestückung im Vergleich
Führen viele Wege nach Rom? Wolfgang Sexauer, Mimot, Lörrach

Rüstvorgänge beeinflussen die Ausbringung einer SMT-Fertigung ganz entscheidend. Das Motto von Mimot, einem mittelständischen Hersteller von SMT-Automaten, bringt es auf den Punkt: Nicht die maximale Bestückungsleistung pro Stunde ist entscheidend, vielmehr ist die produzierte Menge an Baugruppen am Ende eines Tages oder einer Schicht der entscheidende Wert. Und dieser Wert wird eben ganz wesentlich von den Stillstandzeiten für das Rüsten beeinflusst.

Das „Rüsten“ für einen Bestückungsauftrag gehört sicherlich zu den Funktionen, bei denen die bunte und vielversprechende Theorie besonders hart auf die Zwänge des betrieblichen Alltags auftrifft. Am berühmten grünen Tisch können mancherlei gute Konzepte simuliert werden und zu überzeugenden Ergebnissen führen. Bei der ersten Berührung mit dem betrieblichen Alltag, z.B. in Form eines nicht geplanten, aber erfreulicherweise kurzfristig erhaltenen Bestückungsauftrages, erweisen sich jedoch die in einer Präsentation gerade eben noch sehr klaren Vorgehensweisen als nicht praxistauglich.

Einige „harte“ Fakten aus der Praxis wollen wir uns am Beginn dieser kurzen Betrachtung über verschiedene Rüstkonzepte doch vergegenwärtigen. Natürlich unterliegen auch diese Daten einer statistischen Verallgemeinerung, eine mehr oder weniger große Übereinstimmung mit den betrieblichen Gegebenheiten ist aber anzunehmen.
SMT-Fertigung
Der Alltag in der SMT-Fertigung ist heute im Allgemeinen durch zwei Tendenzen gekennzeichnet: Eine große und in den allermeisten Fällen zunehmende Bauelementevielfalt einerseits und eine sinkende Losgröße andererseits. Bei dieser Ausgangslage ist es sehr hilfreich, sich mit einfachen Hilfsmitteln zu verdeutlichen, bei welchen Vorgängen und Materialien eine intensivere Betrachtung überhaupt lohnenswert ist. Hier helfen die folgenden zwei grundsätzliche Aussagen:
  • 80% aller bestückten Bauelemente werden in weniger als 20% der Bestückprogramme verwendet. Bei diesen Programmen sollte z.B. unbedingt die optimale Aufrüstung des Bestückungsautomaten betrachtet werden.
  • 20% aller bestückten Bauelemente entfallen auf nur 1% des betrieblichen Bauteilspektrums. Bei diesem einen Prozent würde z.B. ein etwas größerer Aufwand für Rüsten, Bestandskontrolle und optimale Bauteilzuführung Sinn machen.
Das Fazit: Die Optimierung eines geringen Anteiles der Bestückprogramme und optimiertes Handling nur eines kleinen Teiles der verwendeten Bauelemente kann erhebliche positive Auswirkungen auf die betrieblichen Prozesse haben.
Was sind denn nun die Ziele, die es beim Rüstvorgang anzustreben gilt? Drei wesentliche Ziele sind:
  • Rüsthäufigkeit reduzieren: Die Häufigkeit der Rüstvorgänge (und damit auch die eingesetzte Arbeitszeit und die Maschinenstillstandszeiten) zu reduzieren.
  • Rüstqualität optimieren: Die Auftragsdurchlaufzeit durch optimale Anordnung der Feeder positiv zu beeinflussen. Wobei hier der Planungshorizont eine entscheidende Rolle spielt: Optimal für Auftrag A muss nicht zwangsläufig auch optimal für die Aufträge A und B sein.
  • Rüstdauer zu reduzieren: Den Zeitaufwand für die einzelnen Rüstvorgänge zu reduzieren.
Leider sind einige mögliche Wege zur Erreichung dieser Ziele jeweils kontraproduktiv.
Die Häufigkeit der Rüstvorgänge kann z.B. über eine optimale Auftragsreihenfolge deutlich reduziert werden. Bei einem längeren Planungshorizont wird diese Aufgabe jedoch nicht mit Papier und Bleistift zu bewältigen sein. Ganz besonders nicht, wenn die im Alltag üblichen kurzfristigen Änderungen der Reihenfolge eingearbeitet werden müssen.
Leistungsfähige Softwaretools können diese Berechnungen übernehmen. Beispielhaft sei das Tool MIMopt von Mimot erwähnt.
Ein anderer Weg zur Reduzierung der Anzahl der Rüstvorgänge ist das Arbeiten mit Festrüstungen. Diese setzen jedoch einerseits ein hohes Maß an Designdisziplin der Baugruppenlayouter voraus und bedürfen zusätzlich einer großen Feederkapazität an Ihrer SMT-Linie.
Mit einer hohen Rüstqualität kann die Bestückungsleistung deutlich gesteigert werden. Die Positionierung der Feeder und die Mehrfachrüstung häufig bestückter Bauelemente versetzen den Bestückungsautomaten in die Lage z.B. mittels Simultanpick mehrere Bauteile aufzunehmen.
Die beiden bisher genannten Punkte sollten helfen, weniger zu Rüsten. Vollständig vermeiden lässt es sich sicher nicht. Daher ist der nächste Ansatzpunkt, der den Zeitbedarf für diese Tätigkeit zu reduzieren. Verschiedene Wege stehen auch hier zur Verfügung. Angesetzt werden kann z.B. beim Zeitaufwand für das Rüsten einzelner Feeder. Ein weiterer Weg ist, den tatsächlichen Wechsel der Feeder am Bestückungsautomaten zu beschleunigen, z.B. durch die Verwendung von Wechselbänken, die mehrere Feeder enthalten. Eine andere Möglichkeit, rüstbedingte Unterbrechungen der produktiven Nutzzeit zu vermeiden, bieten Maschinenkonzepte, die das Rüsten parallel zur laufenden Produktion ermöglichen. Dies ist z.B. bei den Feederkonzepten von Mimot möglich. Zusätzlich werden auch Bestückungsautomaten mit einer großzügigen Anzahl Feederslots angeboten, so dass Platz für Feeder mehrerer Aufträge vorhanden ist. Die Spezialisten des südwestdeutschen Maschinenbauers, empfehlen als Daumenregel, eine Maschine in Bezug auf Feederplätze so auszulegen, dass die beiden bauteilhaltigsten Bestückungsaufträge gleichzeitig aufgerüstet sein können.
Rüstumfeld
Berücksichtigt werden muss bei allen Überlegungen auch das Rüstumfeld. Auch hier kann es Optimierungsbedarf geben. Neben technischen kommen nun auch ökonomische Aspekte in den Vordergrund:
  • Anzahl benötigter Feeder reduzieren,
  • Anzahl der Feederslots am Automaten reduzieren,
  • Bauelementebestände reduzieren,
  • Designfreiheit für optimales Baugruppenlayout.
Der Anwender hat es also mit zahlreichen, auch gegenläufigen Wünschen und Vorstellungen zu tun. Es ist daher verständlich, dass bei der Beurteilung der verschiedenen Konzepte auch immer die spezielle betriebliche Situation und individuelle Prioritäten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können.
Rüsthäufigkeit reduzieren, Rüstqualität erhöhen, Zeitbedarf für Rüstvorgänge reduzieren, Rüstumfeld optimieren? Und das alles bei möglichst geringen Bauteil- und Feederbeständen und größtmöglicher Freiheit für Ihren Entwickler? Welche Konzepte gibt es nun? Mit welchen Werkzeugen versuchen die Maschinenhersteller hier zu helfen? Bei einer Festrüstung werden alle Bauteile direkt am Bestückungsautomaten aufgerüstet. Es leuchtet ein, dass dieses Konzept in Bezug auf Rüsthäufigkeit und Rüstdauer seine Vorteile hat. Diese Vorteile werden jedoch in den meisten Fällen von Nachteilen überwogen. So erfolgt z.B. keine auftragsoptimierte Rüstung. Desweiteren ist der Bedarf an Feedern, Bedarf an Feederplätzen am Automaten und daraus folgend der Bauteilebestand sehr hoch. Diese Vorgehensweise bietet sich bei Automaten an, bei denen Umrüstvorgänge mit hohem Aufwand verbunden sind. Oder in Fällen, bei denen tatsächlich nur sehr wenige Baugruppen in hohen Stückzahlen verarbeitet werden.
Ein anderer Weg ist es, Aufträge zu Gruppen zusammenzufassen und diese dann als Auftragsfamilie nacheinander zu bestücken und die dafür benötigten Bauteile in einem Rüstvorgang auf den Automaten zu bringen. Die Vorteile sind identisch wie oben, die Nachteile ebenfalls. Allerdings in etwas schwächer ausgeprägter Form. Hinzu kommt jedoch eine nicht zu unterschätzende weitere Herausforderung: Eine aufwändigere Produktionssteuerung, da hier nicht ein Auftrag terminiert werden muss, sondern die gesamte Familie. In der heutigen Zeit, mit kleinstmöglichen Beständen und Just-in-time-Fertigungen in der gesamten Prozesskette, kann die zusammenfassende Fertigung für mehrere Produkte zugleich meist nur in einer durchschnittlichen Lösung im Hinblick auf Lagerbestände und schnelle Verfügbarkeit enden.
Das Konzept der Feederwechselbankrüstung optimiert den Rüstvorgang an sich. Bei diesem Konzept werden Feeder mit Bauteilen, die für den gleichen Job benötigt werden, in Wechselbänken vorgerüstet und in einem weiteren Arbeitsgang dann an die Maschine gebracht. Einleuchtend ist, das durch das Aufrüsten mehrerer Feeder bei einem Vorgang, die Rüstdauer deutlich reduziert wird. Bei Unterstützung durch gute Softwaretools (z.B. das Optimierungstool im MIMexplorer von Mimot) kann auch hier die Rüstqualität durch optimales Positionieren der Feeder gesteigert werden. Negativ schlagen zu Buche, dass sich sowohl der Feederbestand als auch der Bauteilbestand erhöhen muss, wenn dieses Konzept richtig „gelebt“ wird. Das wird noch verstärkt durch die in einigen Wechselbankkonzepten vorhandenen Einschränkungen im Hinblick auf die Kombination von Feeder und Wechselbank. Wenn unterschiedliche Wechselbänke für die unterschiedlichen Feedertypen und –größen verwendet werden müssen, wird doch sehr schnell der am Bestückungsautomaten vorhandene Feederplatz knapp und auch der Bedarf nach Wechselbänken nimmt zu. Zwangsläufig führt dieses Konzept zum mehrfachen Aufrüsten identischer Bauteile und damit natürlich zu einer Erhöhung des Lagerbestandes und zu einem erhöhten Bedarf an Feedern. Die Nachteile herkömmlicher Wechselbanksysteme sind daher doch recht erheblich:
  • mehrfacher Bedarf an Feedern,
  • mehrfacher Bedarf an Wechselbänken,
  • mehrfache Programmierung.
Beim Einzelfeederkonzept werden die Feeder einzeln auf der Feederbank des Bestückungsautomaten aufgerüstet. Bei zahlreichen auf- und abzurüstenden Feedern bedeutet dieses Handling ein Nachteil z.B. gegenüber dem Wechselbankkonzept. Allerdings sprechen auch zahlreiche Vorteile für dieses System. Nur tatsächlich zu rüstende Feeder werden bewegt. Bei einer Überdeckung von Bauteilen beim Wechsel zwischen zwei Jobs, verbleiben Feeder mit Bauteilen, die in beiden Jobs bestückt werden, auf dem Automaten.
Die auftragsbezogene Rüstqualität kann entscheidend gesteigert werden. Immer vorausgesetzt, entsprechende Software-Tools sind verfügbar. Und ganz wesentlich: Sowohl Bauelemente- als auch Feederbestand lassen sich deutlich reduzieren.
Bei Systemen, die produktionsparalleles Rüsten unterstützen und Rüstfehler durch intelligente Feederkonzepte ausschließen, ist auch der vermeintliche Nachteil der Rüstdauer zu relativieren. Stillstandszeiten für Rüstvorgänge sind hier nicht zwangsläufig notwendig.
Darüber hinaus gibt es Softwaretools, die die unter Rüstgesichtspunkten optimale Auftragsreihenfolge vorschlagen. Ganz praxisnah sogar mit der Möglichkeit, Prioritäten vorzugeben. Durch solche Programme wird die Anzahl der zwischen zwei Bestückprogrammen auf- und abzurüstenden Feeder deutlich reduziert.
Resümee
Daraus folgt nun, dass eine Kombination aus verschiedenen Ansätzen ideal wäre. Beispielhaft sei hier die neueste Entwicklung von Mimot genannt. Die Advantage active/fullflex bietet die Möglichkeit, sowohl mit Wechselbänken zu arbeiten, als auch einzelne Feeder innerhalb einer Wechselbank zu rüsten.
Ein weiterer, nutzbringender Aspekt dieses Konzeptes ist die Vielseitigkeit. Es gibt einen Wechselbanktypen für alle Feedertypen und Feedergrößen. Die Wechselbänke können separat vorbereitet werden. Über ein hochmodernes Bus-System sind die Wechselbänke, und damit auch die darin gerade gerüsteten Feeder, sowohl auf den Rüstbänken als auch in den Bestückungsautomaten von der Software (Mimot TriligentFeeder-Control) erfasst. Informationen zum aufgerüsteten Bauteilbestand, Suchfunktionen und Rüstvorschläge sind am Bildschirm der Maschine und des Rüstarbeitsplatzes abrufbar.
Einen weiteren, wesentlichen Schritt hin zum intelligenten Feeder ist man mittels einer vielfältig nutzbaren LED-Anzeige direkt auf jedem TriligentFeeder gegangen. Der Feeder kommuniziert auf diesem Weg auch direkt mit dem Anwender:
  • Informationen zur Bestandssituation im Hinblick auf die geplanten Aufträge. Reicht der Bauteilbestand auf dem Feeder aus, oder droht er während des Bestückvorganges leer zu laufen?
  • Wird der Feeder für den laufenden Auftrag benötigt? Wird er für den kommenden Auftrag benötigt?
  • Informationen zum Feederzustand, z.B. Hinweis auf leistungsabhängige Wartungsintervalle oder Fehlerstatistiken pro Feeder.
Zusätzlich zu den Möglichkeiten, sowohl einzelne Feeder als auch ganze Wechselbänke zu rüsten, bietet MIMOT auch Bestückungsautomaten mit bis zu 324 S8-Feederplätzen. Hier besteht dann die Möglichkeit, die häufigst verwendeten Bauteile als Festrüstung ständig auf der Maschine zu belassen. Erfreulich für den Anwender ist der Fakt, dass die Bestückungsautomaten für diese innovative Feederfamilie auch kompatibel zu den vorhandenen kodierten Feedern sind.
Kombiniert mit einer leistungsfähigen Software-Umgebung bietet sich hier fast schon der anfangs erwähnte (kürzeste) Weg nach Rom.
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