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Innovation beim Lasttest

Kleine, potentialgetrennte Ströme bündeln und rückspeisefähig machen
Innovation beim Lasttest

Beim Serien-Lasttest (Burn-in) von Spannungsversorgungen müssen viele kleine Ströme abgeführt werden. Das Siemens-Werk für Kombinationstechnik Chemnitz (WKC) hat eine flexible Lösung entwickelt, diese Ströme auch für Power Supplys (PSUs) mit Potentialtrennung zusammenzufassen und ressourcenschonend ins Netz zurück zu speisen. Sie lässt sich rasch auf neue Geräte anwenden – womit das WKC z. B. Produktionsanläufe besonders effektiv unterstützen kann.

Gero Harborth, Siemens AG Industry Sector, Chemnitz

Das Siemens-Werk für Kombinationstechnik Chemnitz (WKC) ist bekannt für seinen hochentwickelten Bau individuell ausgestatteter Schaltschränke. Zudem hat man hier jahrzehntelange Erfahrung mit der Entwicklung, der Herstellung und dem Test kundenspezifischer Flachbaugruppen, Geräte und Systemlösungen für die Automatisierungstechnik. Dadurch finden die Kunden besonders kompetente Unterstützung beim Hochlauf der Produktion neuer Produkte.
Serienmäßiger Burn-in
Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die umfassende, serienmäßige Prüfung von Baugruppen und Geräten. Bei Spannungsversorgungen für Industrieanwendungen gehört dazu auf jeden Fall der Burn-in, ein Dauerlasttest bei maximal zulässiger Umgebungstemperatur. Sie beträgt für die meisten der von Siemens für Automatisierungslösungen angebotenen Spannungsversorgungen 55 °C. In entsprechend temperierten Klimaschränken werden dazu mehrere Spannungsversorgungen für eine vorgegebene Zeit (meist sechs Stunden) mit ihrer Nennlast betrieben.
Als Prüflast dienen dabei üblicherweise elektronische Lasten. Sie weisen gegenüber früher verwendeten ohmschen Lasten eine deutlich bessere Regelbarkeit auf. Doch auch bei elektronischen Lasten wurde bislang die Nennleistung der geprüften Spannungsversorgungen schlicht verheizt. Denn für eine unmittelbare Rückspeisung ins Netz ist die Leistung der einzelnen PSUs nicht hoch genug und eine für die Serienanwendung geeignete Bündelung der Einzelleistungen mehrerer PSUs war bisher nicht realisierbar. Dem stand auch die für Industrieanwendungen sehr häufig geforderte Potentialtrennung entgegen.
Steigende Kundennachfrage nach Spannungsversorgungen veranlasste das Team um Rolf Kreissig, Prüfplaner im Unternehmen, eine ressourcenoptimierte Lösung für den Burn-in von PSUs zu finden. Mit einer geschickteren Konstruktion der Prüflingsaufnahme ließ sich die Zahl der gleichzeitig in einer Prüfkammer untergebrachten PSUs von 16 auf 32 verdoppeln. Nur: „Bei der Prüfung von 32 PSUs mit je 200 W Nennleistung werden beim herkömmlichen Vorgehen allein von den Prüflasten 6,4 kW verheizt, hinzu kommt die durch die Verlustleistung der Prüflinge und der Kühlaggregate bedingte Abwärme“, rechnet Rolf Kreissig vor. „Das führt sehr schnell zu unerträglichen Raumtemperaturen.“
Bündelung potentialgetrennter Ströme
Mit dem verbesserten Rüst- und Verkabelungskonzept bestand die Möglichkeit, das Raumangebot der vorhandenen Klimaschränke besser auszunutzen und die Rüstzeiten zu verringern. Voraussetzung und letztlich ausschlaggebend für den Erfolg der Maßnahme aber war, dass ein Weg gefunden wurde, die Vielzahl der einzelnen Versorgungsspannungen so zu bündeln, dass fast die gesamte bisher verheizte Nennleistung der PSUs ins Netz zurückgespeist werden kann.
Die vom Unternehmen gefundene Lösung umfasst drei Stufen: spezielle, selbst entwickelte Wandler, steuerbare Stromsenken-Module mit Überwachungsfunktionen sowie eine geregelte Ein-/Rückspeisung, wie sie auch für Siemens-Antriebssysteme verwendet wird. Die speziellen, eigens entwickelten Wandler ermöglichen es dabei, sowohl potentialgebunden als auch potentialgetrennt bereitgestellte Versorgungsspannungen sekundärseitig an nicht potentialgetrennte Lasteingänge anzuschließen. Schon das macht die entwickelte Lösung bislang einzigartig.
Stromsenkenmodule der Firma Primus electronic systems GmbH mit je 16 einzeln regelbaren, bis 60 Watt belastbaren Eingängen stellen die elektronischen Lasten für die einzelnen Ausgangsspannungen der PSUs dar. Da sich diese Eingänge beliebig parallel schalten lassen, können mit dem System einerseits auch deutlich höhere Leistungen geprüft werden, andererseits kann so der Testaufbau sehr einfach an verschiedene Geräte mit unterschiedlichen Ausgangsspannungen und Leistungen angepasst werden. Diese Testkonfiguration der Stromsenken ist von einem PC aus steuerbar, kann gespeichert und wieder abgerufen werden. Außerdem protokolliert der PC während des Tests den Ausfall von Prüflingen, wobei auch kurzzeitige Aussetzer erkannt werden.
Die je nach Gerätetyp passend konfigurierten Eingänge der Stromsenkenmodule wandeln die von den PSUs bereitgestellten Spannungen und speisen die Energie zunächst in einen internen Zwischenkreis. Die Ausgänge aller Stromsenkenmodule wiederum werden auf den 600-V-DC-Zwischenkreis eines geregelten Ein-/Rückspeisemoduls geführt, welches die Rückspeisung ins Versorgungsnetz übernimmt.
Erfolgreicher Ersteinsatz der Technologie bei SV-Tests
Mit den Stromsenkenmodulen steht die Technologie für ein solches Testszenario prinzipiell bereits seit längerem zur Verfügung. Doch die Techniker des WKC können für sich in Anspruch nehmen, die ersten zu sein, die das flexible und stromsparende Testverfahren für Stromversorgungen tatsächlich produktiv und in der Serienanwendung nutzen.
„Mit dieser Lösung sparen wir gut 90% der bisher für den Burn-in-Test benötigten Energie und damit auch 90% der bisher anfallenden Abwärme und Kühlleistung ein“, hat Rolf Kreissig festgestellt. Wesentlich für diesen sehr hohen Gesamtwirkungsgrad und den hohen Anteil eingesparter Energie sind die hohen Wirkungsgrade einerseits der Siemens-Spannungsversorgungen und andererseits der Senken-/Rückspeisungskette, beides Werte und Eigenschaften, von denen letztlich auch der Endanwender profitiert.
Cleverer Gesamtaufbau – zeitsparender Ablauf
Abgerundet wird das entwickelte System durch einen cleveren Aufbau. Die Prüfelektronik samt Ansteuerung und Rückspeiseeinrichtung wie auch das Rack für die Prüflinge sind nun, statt in separaten Schaltschränken, mit auf die Türfahrgestelle der Klimaschränke montiert. Sie können dadurch einfach an die jeweilige Klima-Kammer angedockt werden, so dass sich die Prüflinge innerhalb der Klimakammer, der Rest außerhalb befindet. Gerätespezifische Adapterplatten mit einheitlichen Steckverbindungen zum Rückwandbus des Systems nehmen dabei die Prüflinge auf. Der Rückwandbus stellt die Kontakte zur Prüfelektronik her. Diese Vorrichtung erlaubt das Vorrüsten des nächsten Sets zu prüfender Spannungsversorgungen parallel zum laufenden Test. Die Klimakammern werden auf diese Weise weit besser genutzt als früher und das Vorrüsten der Prüflinge kann in einem anderen Raum geschehen, was die Arbeitsbedingungen deutlich verbessert.
„Letztlich entscheidend für die enormen Einsparung an Energie und Platz war, dass wir einen Weg gefunden haben, eine Vielzahl verschiedener, auch potentialgetrennter Versorgungsspannungen zusammenzufassen, ohne dass auf der Seite des Prüflings die Potentialtrennung verloren geht“, betont Rolf Kreissig. „Damit haben wir den Stand der Technik für den serienmäßigen Burn-in ein gutes Stück weiter vorangetrieben. Durch den eingesparten Strom ist die Lösung sehr wirtschaftlich und das massiv reduzierte Abwärmeproblem macht uns räumlich sehr viel flexibler. Und weil die Lösung sehr einfach an neue Gerätetypen anzupassen ist, werden wir nicht nur den drastisch gestiegenen Vorgaben zum Solldurchsatz gerecht, sondern wir können mit der gewonnenen zusätzlichen Flexibilität unsere Kunden auch noch besser als bisher beim Hochlauf ihrer Produktion unterstützen.“

Werk für Kombinationstechnik Chemnitz – Lösungsfabrik für Maschinenausrüstungen im Sektor Industry: Am Standort Chemnitz realisiert Siemens komplette Kundenlösungen aus einer Hand, von der Idee bis zur Inbetriebsetzung.

Dipl.-Wi.-Ing. (FH) Gero Harborth arbeitet bei der Siemens AG in Chemnitz, Industry Sector im Bereich Drive Technologies für die Business Unit Motion Control in der Abteilung Innovationen, Process Engineering als Verantwortlicher für SPS und Network
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