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Keine Löcher dank Vakuum Hans Bell, Rehm Anlagenbau, Blaubeuren; Harry Berek, FNE Forschungsinstitut für Nichteisen-Metalle, Freiberg; Felix Haas, Solvay Solexis, Eschborn; Heinz Herwig und Andreas Moschallski, TU Hamburg-Harburg; Michael Kröhl und Karl-Heinz Schaller, Siemens; Mathias Nowottnick, Fraunhofer Institut Zuverlässigkeit und Mikrointegration, Berlin

Kondensations-Lötprozess für Lötstellen ohne Voids
Keine Löcher dank Vakuum Hans Bell, Rehm Anlagenbau, Blaubeuren; Harry Berek, FNE Forschungsinstitut für Nichteisen-Metalle, Freiberg; Felix Haas, Solvay Solexis, Eschborn; Heinz Herwig und Andreas Moschallski, TU Hamburg-Harburg; Michael Kröhl und Karl-Heinz Schaller, Siemens; Mathias Nowottnick, Fraunhofer Institut Zuverlässigkeit und Mikrointegration, Berlin

Obwohl das Kondensations-Lötverfahren einige Vorteile gegenüber Konvektions-Reflowlöten aufweist, ist diese Technik weniger weit verbreitet. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass mit einem Vakuum-Kondensations-Lötprozess lunkerfreie Lötstellen mit bleifreien Loten erzielt werden können. Ein Punkt, der gerade in der Leistungselektronik zum Tragen kommt. Erschweren doch die Lunker, dass Verlustwärme über die Lötstelle abgeführt werden kann.

Im Rahmen eines Projektes von Rehm in Zusammenarbeit mit den Partnern Fraunhofer IZM, Solvay Solexis, FNE Forschungsinstitut für Nichteisen-Metalle Freiberg, TU Hamburg-Harburg, Siemens Berlin ICN und Siemens Amberg A&D CD CC wurde ein neues Reflow-Lötverfahren entwickelt, das auf der Basis des Kondensationsprinzips arbeitet und zusätzlich einen Vakuum-Lötprozess ermöglicht. Ziel des Projektes war nicht nur die reine Maschinenentwicklung sondern auch die Entwicklung von Lösungen, die den Kondensations-Lötprozess unterstützen. Dazu zählen Lösungen zur destillativen Trennung der Prozessmedien ebenso wie Optimierungen der Prozessparameter für die Verarbeitung von Lotpasten, die vakuumgeeignet sind. Die Ergebnisse des Projekts belegen, dass mit dem Vakuum-Kondensationslöten voidfreie Lötstellen erzielbar sind.

Bessere Wärmeübertragung
Bei der Kondensation von Dampf auf einer kalten Baugruppe wird beim Phasenübergang in den flüssigen Aggregatzustand Kondensationsenthalpie (sogenannte latente Wärme) freigesetzt. Diese Form der Wärmeübertragung ist grundsätzlich effektiver als diejenige durch Konvektion. Konvektions-Reflow-Lötanlagen besitzen allerdings derzeit die größere Verbreitung am Markt, obwohl das Kondensations-Lötverfahren einige Vorteile aufweist:
  • Die Kondensationstemperatur des gewählten Prozessmediums begrenzt die maximale Prozesstemperatur während des Reflowlötens (z.B. auf 240 °C). Dadurch ist insbesondere bei der Verarbeitung von bleifreien Loten und den damit verbundenen engeren Temperaturfenstern eine größere Prozesssicherheit gegeben. Das Temperaturfenster ist dabei durch den Schmelzpunkt der Lotlegierung (z.B. SnAg3,5Cu0,5: 217 °C) und durch die maximale Belastungstemperatur der elektronischen Bauelemente: 245 -5 °C Large Body bzw. 250 -5 °C Small Body, nach JEDEC/IPC 20B, definiert.
  • Durch den erhöhten Wärmeeintrag können prinzipiell höhere Temperaturgradienten erreicht werden. Besonders schwere Baugruppen können in kürzerer Prozesszeit fertig gelötet werden.
  • Eine gezielte Ventilsteuerung erlaubt nahezu beliebige und über große Prozesszeiten (bis annähernd zur maximalen Prozesstemperatur) konstante Temperaturgradienten einzustellen. Im Gegensatz dazu nimmt beim Konvektionslöten mit Annäherung an die maximale Prozesstemperatur, aufgrund der Physik der Konvektions-Wärmeübertragung, der Temperaturgradient wesentlich stärker ab.
  • Ein Verblasen der Bauteile tritt aufgrund der geringen Strömungsgeschwindigkeiten des eingeblasenen Dampfes auch bei größeren Wärmeübertragungsleistungen nicht auf.
Insbesondere bei der Fertigung von Baugruppen, die aus einer Kombination aus Leiterplatten mit einem sehr hohen Wärmebedarf (Backplanes) und temperaturempfindlichen Bauelementen bestehen, wird der Einsatz von Kondensations-Lötverfahren zwingend erforderlich.
Beim neuen Kondensations-Lötverfahren wird leicht überhitzter Dampf in einem separaten Dampferzeuger außerhalb der Prozesskammer generiert und strömt über ein Rohrleitungssystem und ein steuerbares Ventil vertikal von oben in die Prozesskammer (Bild 1). Die Baugruppe bewegt sich ausschließlich horizontal durch die Lötanlage, wodurch ein wesentlicher Nachteil älterer Dampfphasen-Lötanlagen, bei denen stets eine vertikale Bewegung der Baugruppe notwendig war, beseitigt werden konnte.
Die Ventilstellung regelt das Reflowprofil
In Bild 2 sind drei Temperaturverläufe für eine in der Kondensations-Lötanlage erwärmte Testbaugruppe, sowie zum Vergleich der Referenzfall mit einem maximal zulässigen Temperaturgradienten von 3 K/s (nach JEDEC/IPC 20B), dargestellt. Die Kurven wurden bei unterschiedlichen Ventilstellungen und -öffnungszeiten und damit auch bei unterschiedlichen Dampfströmen in die Prozesskammer aufgenommen. Die Vorgabe von Stellungen und Öffnungszeiten der Ventile bei der Kondensations-Lötanlage ist vergleichbar mit der bei Konvektionsanlagen gewohnten Parametrierung der Soll-Temperaturen und der Lötgeschwindigkeit. Das Ergebnis ist eine direkte Einflussnahme auf das Reflowprofil.
Dargestellt sind die beiden Grenzfälle „minimale Erwärmung“ (blau, Ventil geschlossen) und „maximale Erwärmung“ (rot, Ventil offen, maximaler Dampfstrom„ bis zur Kondensationstemperatur des Dampfes (hier 240 °C). Zusätzlich ist die Erwärmung der Testbaugruppe bei teilweise geöffnetem Ventil aufgetragen, die bis zu einer Temperatur von ca. 160 °C mit einem annähernd konstanten Temperaturgradienten von etwa 3 K/s erfolgt. Eine weitere Erwärmung mit konstantem Temperaturgradienten kann durch eine entsprechend angepasste (optimale) Ventilstellung erreicht werden. Mit einem nur teilweise geöffneten Ventil (wie im gezeigten Fall), kann auch eine Vorheizung realisiert werden.
Horizontaler Transport der Baugruppen
In der Kondensations-Lötanlage (Bild 3) wird die zu lötende Baugruppe horizontal auf einem Warenträger in die jeweilige Prozesskammer transportiert. Dort steht die Baugruppe während des Lötvorganges still. Die in der Kammer kondensierten Flüssigkeitsmengen werden über ein Rücklaufsystem wieder dem Dampferzeuger zur Verfügung gestellt, wodurch ein geschlossener Medienkreislauf gewährleistet wird. Das modulare Konzept der Anlage gestattet die Anordnung von mehreren Prozesskammern hintereinander. Die Inline-Vakuum-Kondensationslötanlage verfügt über drei Kammern für das Vorheizen unter Dampf, das Löten unter Dampf und für einen gesteuerten Vakuumprozess. Die Prozesskammern für das Vorheizen und Löten werden aus jeweils separaten Dampferzeugern gespeist. Nach der Vakuumkammer ist ein zweistufiges Konvektions-Kühlmodul angeordnet, das ein geregeltes Abkühlen der Baugruppen unter Stickstoff ermöglicht. Um eine Oxidation sensitiver Oberflächen, wie z.B. Kupfer zu vermeiden, kann das Belüften der Vakuumkammer ebenfalls mit Stickstoff erfolgen.
Momentan wird empfohlen, die Anlage mit dem Prozessmedium Galden HS240 zu befüllen, das mit einem Siedepunkt von annähernd 240 °C bestens für einen Lötprozess mit dem bleifreien Lot aus Zinn, Silber und Kupfer geeignet ist. Das Befüllen der Anlage mit Medien anderer Siedetemperaturen ist ebenfalls möglich. Mit der Verwendung von Galdenprodukten sind die aus der Pionierzeit der Dampfphasen-Lötanlagen bekannten Gefährdungen gänzlich beseitigt. Die Galdenmedien sind niedermolekulare Perfluorpolyether, die chemisch und thermisch inert sind. Sie besitzen kein Gesundheits-Gefährdungspotenzial und sind biologisch nahezu inaktiv. Sie wirken in keiner Weise korrosiv und haben keinen Flammpunkt. Somit ist deren Einsatz in einer Elektronikfertigung unbedenklich.
Zu viele Voids verderben die Lötstelle
Voids sind Hohlräume (Lunker) in der Lötstelle, die durch Gase entstehen, welche die Lötstelle nicht rechtzeitig vor dem Erstarren des Lotes, verlassen konnten (Bild 4). Voidfreies Löten mit bleifreien Loten ist eine wichtige Voraussetzung für die Herstellung von Leistungselektronik. Denn eine Vielzahl von Voids, wie auf Bild 5a zu sehen, vermindern die Fähigkeit der Lötstelle Verlustwärme abzuführen.
Ein Großteil dieser Gase entstammt der Lotpaste selbst. Lotpaste besteht bis zu 50 Volumenprozent aus Flussmittel und Stoffen zur Einstellung der spezifischen rheologischen Eigenschaften, welche viele leicht flüchtige Komponenten enthalten. Die folgende Aufzählung gibt einen Überblick über die Vielzahl der Ursachen für die Entstehung von Voids:
  • steigende Lösemittelflüchtigkeit (dies hat teilweise auch größere Voids zur Folge),
  • zunehmender Feuchtegehalt (hygroskopische Eigenschaften der Lotpaste),
  • fallender Siedepunkt der Lösemittel,
  • höhere Viskosität der Paste/Flux,
  • steigender Metallgehalt der Paste,
  • zunehmende Korngröße der Paste,
  • höhere Reflowtemperatur und kürzere Profile,
  • zunehmende Oxidschichtdicke der Pads,
  • größere Verwindung/Wölbung der Leiterplatte oder des BGA-Substrates,
  • organische Rückstände auf der Oberfläche der Pads,
  • nicht mit Lot gefüllte Microvia im Pad und
  • tiefe Kavitation durch Solder Mask Defined Pads.
Nach einer Untersuchung des Einflusses des Reflowprofils auf die Voidrate nimmt die Voidzahl mit steigender Peaktemperatur zu. Lineare Temperaturprofile zeigten weniger Voids als Sattelprofile. Das Voiding tritt außerdem mit steigenden Temperaturgradienten und kürzeren Verweilzeiten im Reflow-Ofen zunehmend auf. In einem derzeit laufenden Forschungsprojekt wird auch der Einfluss der Padgeometrien und der Anordnung von Microvias sowie der angewendeten Lötverfahren auf die Voidbildung, speziell für Array-Bauformen und bleifreie Lote, untersucht. Sowohl durch das Vakuumlöten mit Infrarot-Erwärmung als auch durch das Dampfphasen-Löten konnte hier in einigen Fällen eine Verringerung der Voidanteile nachgewiesen werden.
Im Standard IPC-A-610C wird als Bewertungskriterium einer Lötstelle das Verhältnis von Poren- und Padquerschnitt herangezogen:
  • unter 10% gute Lötstelle,
  • 10 bis 25% akzeptable Lötstelle,
  • über 25% unzulässige Lötstelle.
Vakuum der Schlüssel zum optimalen Lötprozess
Geringere Voidraten sind nur mit Lötprozessen zu erreichen, bei denen das schmelzflüssige Lot einem Vakuum ausgesetzt wird, wodurch die noch in der Lötstelle enthaltenen Rückstände leichter entweichen können. Als Ergebnis erhält man Lötstellen mit einem Flächenanbindungsanteil von teilweise über 99% (Bild 5b).
Insbesondere für Lötstellen von Leistungsbauelementen wird nur ein sehr geringer Voidanteil von < 2% (Flächenanteil an der gesamten Lotfläche) zugelassen. Diese Vorgabe konnte in ersten Serienfertigungen mit dem Vakuum-Kondensationslötsystem KLS 400 Batch bei Siemens Amberg A&D CD CC PE problemlos eingehalten werden. Metallographische Auswertungen der Lötstellen bestätigten die positiven Ergebnisse der Röntgenaufnahmen. Das Schliffbild 6 zeigt eine voidfreie Flächenlötung.
In der Vakuum-Kondensationslötanlage kann sowohl der Enddruck, als auch die Vakuumzeit beliebig variiert werden. Da der Vakuumprozess stets im schmelzflüssigen Zustand des Lotes erfolgen muss, verlängert sich die Lötzeit um die vorgewählte Vakuumzeit. Für manche Lötstellen können die bei hoher Temperatur stattfindenden Ablegierprozesse und das Wachstum der intermetallischen Phasen kritisch sein. Daher ist die Möglichkeit, die Vakuumzeit verkürzen zu können, ein wesentlicher Vorteil der Anlage. Auf Bild 7 ist ein Beispiel für die Beeinflussung der Vakuumzeit zu sehen. Bildfolge 8 zeigt, dass auch der gewählte Enddruck im Vakuumprozess die Voidrate in Flächenlötungen direkt beeinflusst. Sehr geringe Voidraten werden ab 50 mbar erreicht. Kaum vermeidbar waren bisher Voids in Pin-in-Paste-Reflowlötstellen (THR). Mit dem Vakuum-Kondensationslöten werden auch bei THR voidfreie Lötstellen erzielt, wie das Schliffbild 9 zeigt.
Productronica, Stand A3.241
EPP 425
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