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Keine Nacharbeit erforderlich Volker Loibl-Kähler, Cookson Electronics; Ronny Kirschner, Kirron, Magnus Henzler, Erni

Lotformteile – eine Alternative in kritischen SMD-Anwendungen
Keine Nacharbeit erforderlich Volker Loibl-Kähler, Cookson Electronics; Ronny Kirschner, Kirron, Magnus Henzler, Erni

Der klassische SMT-Verarbeitungsprozess arbeitet mit Lotpastenauftrag per Siebdruckschablone und anschließendem Reflowlöten. Auch bei präzise gefertigten Bauteilen kann es dabei durch Toleranzen der Leiterplatten – wie z.B. Durchbiegung – nach dem Lötprozess zu offenen Lötstellen, speziell bei größeren, langen Komponenten kommen. Dieser Beitrag beschreibt den Einsatz von zusätzlichen Lotdepots (Preforms) als Lösungsmöglichkeit für dieses Problem. Dieser Arbeitsschritt wurde durch verschiedene Versuchsreihen verifiziert. Dabei wurden Steckverbinder stellvertretend für viele Bauteile betrachtet, bei denen Lot-Preforms zur Anwendung kommen könnten.

Der große Vorteil der SMT ist die rationelle und schnelle Verarbeitung. Dieser positive Aspekt kann jedoch eingeschränkt werden, wenn z.B. durch Leiterplattentoleranzen hochpolige, lange Komponenten wie Steckverbinder nicht korrekt verlötet werden –– auch wenn diese qualitativ hochwertig sind. Oft ist dann ein zeitraubender Nachbearbeitungsprozess erforderlich. Eine Lösungsmöglichkeit, um auch in kritischen Bereichen ausreichend Lot aufzubringen und so ein sicheres Löten zu gewährleisten, ist der Einsatz von Lotformteilen bzw. Lot-Preforms. Mit diesen Preforms kann das auf den Pads verfügbare Lotvolumen für größere Bauteile zielgerichtet erhöht, und das Lötergebnis verbessert werden.

Was versteht man unter Preforms? Preforms sind präzise, in Bezug auf die Geometrie und das Volumen genau definierte Weichlotformteile. Dabei werden je nach Spezifikationen ideale Legierungen erzeugt und durch Umformprozesse in die gewünschte Form wie z.B. Rechtecke, Scheiben, Ringe, Zylinder aber auch andere 3D-Formen gebracht. Zur Verwendung kommen meist eutektische Legierungen. Für den Einsatz in der Elektronik können die Preforms einfach in das gängige Produktionsverfahren mit Standard-Schablonen, Metallrakel, Pick& Place und Reflowtechnik integriert werden. Dafür werden die Preforms neben Schüttgut und Bulk-Feeder auch in Tape&Reel-Verpackung geliefert. Der Einsatz dieser Lotformteile bietet mehrere Vorteile:
  • Verarbeitung von Bauteilen mit großem und geringem (finepitch) Lotbedarf in einem Prozess,
  • erhöhtes, genau dosierbares Lotvolumen, dort wo es benötigt wird,
  • keine Probleme wie bei Stufenschablonen,
  • keine Vor- und Nachlötverfahren,
  • der Anteil des Flussmittels ist genau kontrollierbar und
  • große Auswahl an Legierungen, Formen und Größen.
Da natürlich der Einsatz von Preforms mit etwas erhöhten Kosten einher geht, ist darin nicht eine prinzipielle Alternative zu Siebdruckverfahren und Lotpasten zu sehen, sondern vielmehr eine Ergänzung für kritische oder besonders anspruchsvolle Applikationen. Natürlich spielt auch die Losgröße eine wichtige Rolle bei der Auswahl der entsprechenden Technik.
Versuchsaufbau
Kirron, Cookson Electronics und Erni haben umfangreiche Versuchsreihen durchgeführt, um den Einsatz von Preforms zusammen mit der sicheren und effektiven Verarbeitung von hochpoligen SMT-Steckverbindern zu testen. Die hier beschriebenen Versuche wurden bei Kirron durchgeführt. Die Leiterplatten für die Versuche wurden von der ts Leiterplattentechnik gefertigt. Das Layout der zugrunde liegenden Testplatinen wurde mit etwas größeren Pads zur zusätzlichen Bestückung von Preforms der Baugröße 0402 und 0603 durchgeführt. Für die Tests wurden folgende Komponenten verwendet:
  • 80-polige SMC-Steckverbinder im 1,27-mm-Raster,
  • Preformteile aus Lötzinn in den Baugrößen 0402 und 0603,
  • Lötschablonen „electroformed Stencil“ aus Nickel und
  • Lotpaste OMNIX 6023 (Sn62PB36Ag2).
Die verwendete Maschinen für den SMT-Prozess waren:
  • Schablonendruck: Ekra E5XS,
  • Bestückung: Mimot Advantage,
  • Boardhandling: Asys,
  • Löten: IBL SLC 500.
Versuchsdurchführung
Auf Basis der Testplatinen und den beschriebenen Komponenten wurden die Lötversuche mit unterschiedlichen Schablonenstärken von 100 mm, 150 mm und 200 mm durchgeführt. Danach wurden die Lötstellen für die verschiedenen Steckverbinder untersucht. Die Versuchsdurchführung im Einzelnen:
  • Bedrucken der Leiterplatte in ebenem Zustand (ohne Durchbiegung).
  • Einspannen der Leiterplatte in die Lötvorrichtung. Durchbiegung der Leiterplatte an der langen Seite von 1 mm. Bedingt durch die Vorrichtung ergibt sich so eine nahezu konstante Durchbiegung von 0 mm auf 1 mm bei einer Kantenlänge der Leiterplatte von 100 mm x 80 mm. Das entspricht einer max. Durchbiegung von 1%. D.h., die Durchbiegung nimmt mit jeder Steckerreihe zu.
  • Bestücken mit 80-poligen SMC-Steckverbindern.
  • Löten und
  • Auswertung.
Bei den Versuchsdurchführungen mit der zusätzlichen Bestückung von Preforms waren die Schritte entsprechend, nur dass vor der Bestückung der Steckverbinder noch die Preforms aufgebracht wurden. Für die Versuchsreihen mit den Lotformteilen wurden außerdem – wie bereits erwähnt – die Lötpads auf den Leiterplatten etwas größer als vom Hersteller empfohlen ausgeführt, um diese, wie vorgeschrieben, in die Lotpaste setzen zu können.
Versuchsauswertung
  • a) 100-mm-Schablone: Die Versuche ohne Preforms zeigten zunehmende offene Lötstellen bei steigender Durchbiegung. Erkennbare Mängel gab es bereits ab der zweiten Steckerreihe. Ab der dritten Steckerreihe konnten erste offene Lötstellen festgestellt werden, die bis zur 5. Reihe stark zunahmen. Der Einsatz der Preforms liefert deutlich bessere Lötergebnisse. Erste offene Lötstellen konnten hier erst ab der 5. Steckerreihe festgestellt werden.
  • b) 150-mm-Schablone: Auch hier wurden zunehmend offene Lötstellen bei steigender Durchbiegung festgestellt, wobei erkennbare Mängel ab der zweiten Steckerreihe mit offenen Kontakten dokumentiert wurden. Mit Preforms gab es wiederum nur wenige offene Lötstellen in der 5. Steckerreihe.
  • c) 200-mm-Schablone: Auch hier bestätigt sich das Ergebnis mit zunehmend offenen Lötstellen bei steigender Durchbiegung. Die 3. Steckerreihe wird aber noch gelötet. Offene Lötstellen sind jedoch in der 5. Reihe festzustellen (die 4. Reihe wurde nicht bestückt). Auch mit Preforms wurden einzelne offene Lötstellen in der 5. Steckerreihe beobachtet. Darüber hinaus wurde zunehmende Brückenbildung zwischen den Anschlüssen bei abnehmender Durchbiegung registriert.
Es kann zusammenfassend festgestellt werden, dass zusätzlich zum per Siebdruck aufgebrachten Lotvolumen bestückte Preforms, speziell bei dünneren Schablonen (100 mm bis 150 mm) vorhandene oder entstehende Durchbiegungen von Leiterplatten beim Löten ausgleichen können. In den durchgeführten Testreihen wurden Durchbiegungen bis zu ca. 0,8% zuverlässig gelötet. Dieses Ergebnis lässt sich auch entsprechend auf leicht verbogene Anschlusskontakte, hervorgerufen durch unsachgemäßes Handling, übertragen.
Auch bei der Verwendung von Preforms mit Schablonen größer als 150 oder 200 mm werden die offenen Lötstellen weiterhin reduziert. Allerdings ist hier eine Zunahme der Brückenbildung zu beobachten, so dass der Prozess bezüglich der verwendeten Versuchsleiterplatten hier an seine Grenzen stößt.
Fazit
Der Prozess ist ideal geeignet für die Beseitigung von offenen Lötstellen und minimiert somit die Nacharbeit. Voraussetzung ist ein Lötpad, das groß genug ist, damit das Preform zusätzlich zum Bauteil bestückt werden kann. Gerade bei kritischen Baugruppen mit größeren Fine-Pitch-Bauteilen oder diese in Kombination mit sehr langen Bauteilen und dünner Schablone ergeben sich Vorteile. Außerdem ermöglicht die Vielfalt der verfügbaren Preform-Legierungen u.a. auch die Unterstützung der bleifreien Fertigung. Weitergehende Versuche – auf die hier nicht näher eingegangen wurde – zeigten, dass auch bei THR-Komponenten der Einsatz von Lotformteilen zu höherer Lötsicherheit bei maximaler Reproduzierbarkeit führt. Die Verwendung von Lotformteilen muss allerdings immer zusammen mit der zusätzlich benötigten Bestückleistung und der Losgröße der Baugruppe diskutiert werden.
EPP 417

Im Rahmen der SMC-Baureihe im 1,27-mm-Raster stehen auch Low-Profile-Versionen in SMT-Bauform zur Verfügung. Durch die Kombination der Messer- und Federleisten mit verschiedenen Bauhöhen können beliebige Leiterplattenabstände von 8 bis 14 mm realisiert werden. Für die Verbindung von Leiterplatten untereinander können die verfügbaren 12-, 26-, 50-, 68-, und 80-poligen SMC-Messer- und Federleisten in gerader Ausführung eingesetzt werden. Die SMC-Steckverbinder sind neben den SMT-Versionen (gerade und abgewinkelt) auch in Einpresstechnik für Rear-I/O-Verbindungen auf der Backplane-Rückseite verfügbar. Weiterhin sind Durchsteck-Versionen für die herkömmliche Löttechnik sowie THR-Versionen erhältlich. Die Messer- und Federleisten werden in Tape&Reel-Verpackung für die automatische SMT-Bestückung geliefert. Die Steckverbinder werden vor der Verpackung in die Gurte 100% geprüft auf vollständige Bestückung, Öffnungsmaß des Federkontakts und Einhaltung der Koplanaritätstoleranz von 0,1 mm.

Alle hier dargestellten Versuche wurden bei der Kirron e.K. durchgeführt – einem Ingenieurbüro und Fertigungsdienstleister. Angeboten werden SMD-Bestückungen und Gerätebau auf technisch hohem Niveau, vorwiegend im Kleinserien- und Prototypenbereich. Der Fokus liegt auf Prozessoptimierung und -verbesserung, um Lösungen kompetent anbieten zu können. Röntgendienstleistung, Reparaturdienstleistung und mechanische Fertigungskapazitäten runden das Angebot ab.

In den hier beschriebenen Versuchen wurden Lotformteile von Cookson Electronics eingesetzt. Für die Elektronik-Bestückung werden Preforms in Tape&Reel-Verpackung für alle gängigen Bestückungsmaschinen angeboten. Das Produktportfolio umfaßt vielfältige Standard- und kundenspezifische Bauformen. Entsprechend groß ist auch das Angebot an Standard- und bleifreien Legierungen. Beim Einsatz der Lotformteile sind keine Flussmittel erforderlich.
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