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Kontrolliertes Kühlen Denis Barbini und Ursula Marquez, Vitronics Soltec, Stratham (USA)

Sicherer bleifreier Reflow-Prozess
Kontrolliertes Kühlen Denis Barbini und Ursula Marquez, Vitronics Soltec, Stratham (USA)

Ein völlig kontrollierter und stabiler Reflow-Prozess ist wichtig für die Herstellung einer zuverlässigen Lötstelle. Besonders zu beachten sind dabei der Einfluss der Peaktemperatur bezogen auf die Zuverlässigkeit der Bauelemente, die minimale Löttemperatur, die Einflüsse der ausgewählten bleifreien Legierung, ein minimales Ein völlig kontrollierter und stabiler Reflow-Prozess ist wichtig für die Herstellung einer zuverlässigen Lötstelle. Besonders zu beachten sind dabei der Einfluss der Peaktemperatur bezogen auf die Zuverlässigkeit der Bauelemente, die minimale Löttemperatur, die Einflüsse der ausgewählten bleifreien Legierung, ein minimales T auf der Leiterplatte (T auf der Leiterplatte (T ist der Unterschied zwischen kältester und wärmster Stelle auf der Leiterplatte), die Zeit über dem Schmelzpunkt, Flussmittel und Aktivationszeit sowie die Abkühlrate. Diese kritischen Punkte bestimmen eine stabile Reflow-Prozessführung als auch die Zuverlässigkeit einer bleifreien Lötstelle.

Obwohl die heutigen Vollkonvektions-Reflowlötanlagen die Fähigkeit besitzen, einen stabilen Lötprozess zu gewährleisten, gehört ein kontrollierter Abkühlprozess nicht zur Standardkonfiguration der meisten Öfen. Es wird nicht nur die Austrittstemperatur der Leiterplatte durch den Kühlgradient bestimmt, sondern auch das Gefüge der einzelnen Lötstellen, und infolgedessen die Zuverlässigkeit derer. Für bestimmte Applikationen ist eine schnelle Abkühlung notwendig.

Vorteile einer schnellen Abkühlung sind:
  • Niedrigere Austrittstemperaturen der Leiterplatte,
  • der Temperaturstress für die Baugruppen wird reduziert,
  • geringes Wachstum der intermetallischen Phasen,
  • Homogenität der Gefüge wird besser.
Eine langsamere Abkühlgeschwindigkeit der Lötstelle führt zu geringerem Stress innerhalb der Lötstelle aufgrund der unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten der Materialien.
Deshalb ist ein kontrollierter Abkühlprozess notwendig und wichtig für die Optimierung eines stabilen Reflow-Prozesses.
Die Untersuchung überprüft die Abkühlraten an einem kalten und einem heissen Bauteil auf einer Grundleiterplatte. Es wurden bleifreie und bleihaltige Lötstellen mit unterschiedlichen Abkühlgradienten gelötet. Die Qualität der Lötstelle wurde in Bezug auf die eingestellten Parameter untersucht.
Geprüft wurde:
  • Der Einfluss der Spitzentemperatur und der Zeit über Schmelzpunkt bezüglich des Wachstums der intermetallischen Schichtdicke sowie der Struktur der Lötstelle.
  • Der Einfluss der Abkühlgeschwindigkeit auf die Zuverlässigkeit und die intermetallische Phasenbildung innerhalb der Lötstelle.
  • Die Vorteile eines völlig kontrollierten Reflow-Prozesses.
Versuch
Charakterisierung der Abkühlung einer komplett bestückten Leiterplatte (Abmessungen 33 x 40,6 cm², Masse 1,25 kg), aufgezeigt in Bild 1, wurde ausgeführt in einer Vollkonvektions-Reflowlötanlage MyReflow 1030 mit einem kontrollierten Abkühlungssystem. Verschiedene Reflowprofile wurden erstellt. Bei gleicher Aufheizung wurde die Abkühlung einmal schnell und einmal langsam ausgeführt.
Simulation der Reflowprofile:
Das Ziel dieser Versuche ist eine Bestimmung der Auswirkungen des Abkühlgradienten auf die intermetallische Struktur der Lötstelle. Mit einem Differential Scanning Calorimeter (DSC) wurden die verschiedenen Profile unter kontrollierten Bedingungen simuliert. Insgesamt wurden acht verschiedene Reflowprofile, jeweils mit bleifreien und bleihaltigen Legierungen, simuliert.
Die Parameter und die zwei Niveaus sind aufgelistet in Tabelle 1 für Sn63Pb37 und Tabelle 2 für Sn95,5Sn3,8Cu0,7.
Bild 2 zeigt ein typisches Schliffbild einer bleifreien Lötstelle. Beide Lötstellen, bleihaltiges und bleifreies Lot, zeigen eine gute Benetzung und keine Lunker.
Scherfestigkeitsversuche:
Nach dem Löten wurde die Scherfestigkeit der Lötstellen mit einem Instron Material-Testgerät bestimmt. Die Wägezelle des Geräts hatte eine Belastungsgrenze von 100 Newton und eine Geschwindigkeit von 0,5 mm/min. Die Scherfestigkeit wurde nach dem Jedec Standard JESD22-B117 „BGA Ball Shear“ getestet. Insgesamt wurden 16 Lotkugeln jeder Baugruppe getestet.
Alterungsstudie:
Proben mit Cu-OSP-Beschichtung und Sn95,5Sn3,8Cu0,7- sowie Sn63Pb37-Lotkugeln wurden für einen Alterungstest aufgebaut. Das Reflowprofil der Proben war ein RSS-Reflowprofil, mit 90 s über der Schmelztemperatur. Ein Teil der Proben wurde mit schneller Abkühlung (-2,5 ºC/s) und ein Teil mit einer langsamen Abkühlung (-0,5 ºC/s) getestet.
Jede Probe bestand aus 20 Lotkugeln, sie wurden 500 und 1000 h bei einer konstanten Temperatur von 125 °C gealtert.
Ergebnisse:
Abkühlgeschwindigkeit in Vollkonvektions-Reflowöfen.
Die Abkühlung einer elektronischen Baugruppe nach dem Reflowlöten ist abhängig von: den Leiterplattenmaterialien, den Abmessungen und Massen, den Bauteilen und dem Layout der Leiterplatte sowie dem Ofenkühlsystem. Zwei verschiedene Reflowprofile mit verschiedenen Abkühlungsgradienten wurden in einer Vollkonvektions-Reflowlötanlage MyReflow 1030 gefahren. Bild 1 zeigt die Grundleiterplatte mit einem heißen 0603-Bauteil und einem kalten QFP-Beinchen. Ein direkter Vergleich der Temperaturen dieser Bauteile während der Kühlung wird in Bild 3 und 4 gezeigt. Bild 3 zeigt die zwei Abkühlraten für ein 0603-Bauteil (langsames und schnelles Abkühlen) und Bild 4 die Temperaturen bei gleicher Einstellung der Kühlzonen für ein QFP-Beinchen.
Die Auswertung der Ergebnisse der zwei Reflow-Prozesse wird in Bild 5 aufgezeigt.
Die Abkühlgeschwindigkeit beeinflußt die Zeit über Liquidus und den Temperaturunterschied (Die Abkühlgeschwindigkeit beeinflußt die Zeit über Liquidus und den Temperaturunterschied (T) auf der Leiterplatte. Mit einer kontrollierten Kühlung können diese Prozessparameter optimiert werden.
Einflüsse der Abkühlrate auf die Bildung der intermetallischen Phasen:
SnPb
Das Zinn-Blei Korngefüge ist gekennzeichnet durch zinnreiche und bleireiche Gebiete. Die dunkle Gitterstruktur ist hauptsächlich Zinn und die helle Struktur ist Blei. Dies wurde mit einem Energie Dispersive X-Ray (EDX) bestimmt. Ein kontrollierter Abkühlprozess ist notwendig, weil dadurch das Gefüge der einzelnen Lötstellen maßgeblich beeinflußt wird.
Bild 6 zeigt die Unterschiede zwischen schneller und langsamer Abkühlung.
Mit einer Cu-OSP Beschichtung wurde eine intermetallische Phase gebildet von Cu6Sn5 . SnPb reagiert mit Cu-OSP und bildet eine Zwei-Phasen Schicht von Cu6Sn5 und Cu3Sn auf dem Lötauge. In den Schliffbildern der Proben wird eine konsistente Cu6Sn5 Schicht gezeigt.
SnAgCu
Das SnAgCu Lot hat eine Mikrostruktur, welche zinnreiche Gebiete (dunkel-farbig) und hell-farbige Gebiete aus Zinn und Silber hat. Die intermetallischen Schichten sind Cu6Sn5 an den Anschlussgrenzflächen und Ag3Sn Kristalle.
Der Einfluss der Abkühlgeschwindigkeit auf die Bildung intermetallischer Kristalle wird erst deutlich bei bleifreien Legierungen. Eine Analyse der Bildung von Ag3Sn Kristalle zeigt, dass bei langsamer Abkühlung (-0,5 ºC/s) ungefähr 50 – 70% mehr Kristalle in der Lötmasse auftreten als im Vergleich zu einer schnelleren Abkühlung (-2,5 ºC/s).
Einfluss der Abkühlrate, des Reflowprofils, und Zeit über Liquidus auf die Scherfestigkeit:
Der nächste Teil der Untersuchung behandelt die Scherfestigkeit für verschiedene Reflowprofile, die Zeit über Liquidus, und die Abkühlgeschwindigkeiten bei den verschiedenen Legierungen. Der Mittelwert der Scherfestigkeitskräfte ist abgebildet für die verschiedenen Reflowprofile, Zeit über Liquidus für -0,5 ºC/s und -2,5 ºC/s.
Zinn-Blei Lotkugel:
Leiterplatten Beschichtung: Cu-OSP.
Bild 8 zeigt die Scherfestigkeit für Zinn-Blei Lotkugeln auf Cu-OSP beschichteten Leiterplatten. Die Ergebnisse zeigen, dass schnellere Abkühlung (-2,4 ºC/s) eine höhere Scherfestigkeit zur Folge hat. Beispiel: Die Lotkugeln, gelötet mit einem Linear Reflowprofil, 90 s über Liquidus, und einer Abkühlung von -2,4 ºC/s zeigen die höchste Scherfestigkeit: im Schnitt 13,79 N.
Bleifreie Lotkugeln:
Leiterplatten Beschichtung: Cu-OSP.
Bild 9 zeigt die Scherfestigkeit für bleifreie Lotkugeln auf Cu-OSP beschichteten Leiterplatten. Wie bei der SnPb Lotkugel führt auch hier schnellere Abkühlung (-2,5 ºC/s) zu einer höheren Scherfestigkeit der Lötstellen. Beispiel: Die bleifreien Lotkugeln, gelötet mit einem Linear Reflowprofil, 90 s über Liquidus, und einer Abkühlung von -2,5 ºC/s zeigen die höchste Scherfestigkeit: im Schnitt 10,94 N.
Einflüsse der intermetallischen Schicht auf Alterung:
Die Dicke der intermetallische Schicht wurde vor der Alterungsuntersuchung gemessen mit einem SEM mit einer starken Vergrößerung. Mindestens 10 Messungen wurden durchgeführt, um so einen Mittelwert der intermetallische Schichtdicke zu bestimmen. Die bleifreie intermetallische Schicht ist kennzeichnet durch eine Dicke von ungefähr 3,8 μm mit ca. 15% der intermetallischen Phase, die über 20 μm hinaus wächst. Diese ausgewachsene Kristalle werden bei der Bestimmung der Mittelwerte der Schichtdicke nicht gemessen. Bild 10 und 11 zeigen die Mittelwerte der intermetallischen Schichtdicke von Zinn-Blei und bleifreien Legierungen am Anfang und nach 500 h Alterung. Die intermetallische Schicht wächst während des Alterns.
Für Zinn-Blei Lötverbindungen ist die intermetallische Schicht unrelevant und hat eine Dicke von 2,1 μm (für 0,5 ºC/s Abkühlung) und 1,5 μm bei schnellerer Abkühlung (2,4 ºC/s). Während der Alterung wächst die intermetallische Schicht, und ist abhängig von der Abkühlgeschwindigkeit des Reflowprofiles. Für die Zinn-Blei Lötverbindungen abgekühlt mit –0,5 ºC/s, ergibt sich eine Zunahme von 12% der Dicke der intermetallische Phase nach der Alterung. Für schneller abgekühlte Lötverbindungen wächst die intermetallische Schicht mit 93%.
Die bleifreien Lötverbindungen zeigen eine unebene intermetallische Schicht von 3,8 μm am Anfang. Die Schichtdicke hat für SnAgCu, mit der schneller abgekühlten Lötstelle, mit 152% im Vergleich zu den Zinn-Blei Lötverbindungen zugenommen. Nach 500 h Alterung ist die Schichtdicke mit 13% gewachsen. Das ergibt im Vergleich zu den Zinn-Blei Lötverbindungen, nach 500 h eine um 50% dickere Schicht.
Die Studie zeigt ein geringes Wachstum der intermetallischen Phasen bei bleifreien Lötverbindungen im Vergleich zu Zinn-Blei Lötverbindungen. Frühere Untersuchungen berichten, dass Blei das Wachsen der Schichtdicke verstärkt.
Bild 12 zeigt Abbildungen der gewachsenen intermetallischen Schicht vor der Alterung und nach 500 h, für Lötverbindungen, die mit den selben Reflowprofilen gelötet wurden. Die Abbildungen zeigen ein Wachstum der intermetallischen Schicht und eine Kornvergrößerung.
Zusammenfassung
Das Ziel dieser Untersuchung war, den Einfluss der Abkühlung beim Reflow-Prozess an der Lötverbindung zu ermitteln. Die Datei hilft uns, die Einflüsse der Abkühlung an der Lötverbindung, den intermetallischen Phasen, den Lötmigrationen und der Scherfestigkeit besser zu verstehen.
Das Prozessfenster eines bleifreien Reflowlötprozesses ist klein und definiert in z.B. der Norm JEDEC IPC-STD-020B. Die Abkühlung ist dementsprechend wichtig für den Reflowlötprozess und wird kritisch bei der Implementierung der bleifreien Legierungen sein. Diese Studie zeigt die Wichtigkeit der kontrollierbaren und regelbaren Kühlzonen eines bleifreien Lötprozesses.
Die Einflüsse der Abkühlgeschwindigkeit:
  • Eine langsame Abkühlung ergibt eine Zunahme der Bildung von Cu6Sn5 und Ag3Sn Kristalle in der Lotmasse sowie an den Grenzen mit den Anschlussflächen. Schnellere Abkühlung verhindert dieser Kristallbildung.
  • Die Zeit über Liquidus bestimmt die Dicke der intermetallische Schicht zwischen der Legierung und den Anschlussflächen.
  • Schnellere Abkühlung führt zu stärkeren Lötverbindungen. (Scherfestigkeitstest bei Cu-OSP beschichteten Leiterplatten).
EPP 412

Literaturnachweis:
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  • 9. Pang, J., Tan, K., Shi, X., and Wang, Z., „Thermal Cycling Aging Effects on Microstructural and Mechanical Properties of a Single PBGA Solder Joint Specimen“, IEEE Transactions on Components and Packaging Technologies, Vol. 24, No. 1, March 2001.
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