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Krise gefährdet gesamten Entwicklungsprozess

Im Gespräch mit Alan Sguigna von Asset InterTech über Board-Bringup
Krise gefährdet gesamten Entwicklungsprozess

Asset Intertech entwickelt innovative Lösungen im Bereich Testen sowie Messen und konnte sich durch seine langjährigen gesammelten Erfahrungen mit der Boundary-Scan-Technologie inklusive JTAG-Schnittstelle im Markt gut positionieren. Bereits beginnend mit dem Leiterplatten-Bringup unterstützt nun die Unternehmens-eigene ScanWorks-Plattform für Embedded-Instrumentierung den gesamten Lebenszyklus eines Systems mit berührungslosen Validierungs-, Test- und Debug-Tools. Und das war Thema während des Interviews mit demVice President of Sales and Marketing des Unternehmens Alan Sguigna.

Herr Sguigna, in einem Blogbeitrag prophezeiten Sie vor noch nicht allzulanger Zeit eine Krise beim Board-Bringup. Warum ist das Ihrer Meinung nach ein so drängendes Problem?

Jeder Flaschenhals im Entwicklungsprozess löst eine Explosion der Kosten aus. Und Board-Bringup wird zu so einem Flaschenhals, weil die Industrie nach wie vor 30 Jahre alte Tools zur Diagnose und zum Debugging von Hardware nutzt, obwohl diese mittlerweile Lichtjahre von ihrem Stand vor drei Jahrzehnten entfernt ist. Die Prozessorgeschwindigkeiten haben sich um den Faktor 3.000 erhöht, die Datenkommunikation ist sogar 50.000 Mal schneller als damals. Die Dichte der Speicherbausteine und anderen Onboard-Komponenten hat sich noch rasanter entwickelt. Der Bringup von Protoyp-Leiterplatten mit 30 Jahre alten Tools birgt von daher einfach zu große Risiken.
Könnten Sie auf diese Risikofaktoren näher eingehen?
Wir sprechen hier von erheblichen Verzögerungen bei der Einführung von neuen Produkten. Die modernen Boards sind so komplex und so dicht bestückt, dass die ersten Prototypen in aller Regel nicht auf Anhieb funktionieren. Und ohne Leiterplatten, die zumindest bedingt funktionsfähig sind, muss das Debugging von Firm- und Software zurückgestellt werden. So schlägt eine Verzögerung beim Board-Bringup auch auf die nachfolgenden Entwicklungsphasen durch. Mit jedem Tag und jeder Woche, die dabei verrinnen, schließt sich das „Window of Opportunity“ auf dem Markt ein wenig mehr. Die Opportunitätskosten in Form von entgangenen Umsätzen können zu Unsummen auflaufen.
Sie sagen, alte Tools seien das Problem? Wieso das?
Die meisten Diagnose- und Debug-Tools erfordern das Anlegen einer physischen Sonde an die Leiterplatte. Für manche wird auch eine spezielle Prüfhalterung benötigt. Ich spreche hier von Oszilloskopen, Logik-Analyzern, Protokoll-Analyzern und auch von ICT-Systemen (In-Circuit Test) sowie von MDAs (Manufacturing Defect Analyzers). Testpads bzw. Testpunkte auf den Leiterplatten verschwinden aus einer Vielzahl von Gründen. Und moderne Bausteingehäuse wie BGAs (Ball Grid Arrays) haben gar keine Pins mehr, an die eine Sonde angelegt werden kann. Deshalb herrscht ein äußerst dringender Bedarf nach berührungslosen Tools auf Softwarebasis, also nach Tools, die keine physische Sonde zum Testen des Boards benötigen.
Aber Sie sagten doch, dass diese Tools für den Bringup von Prototypen erforderlich sind. Wie lassen sich berührungslose Softwaretools für die Diagnose von Prototyp-Leiterplatten nutzen? Die Software auf der Prototyp-Leiterplatte ist doch nicht funktionsfähig, oder?
Die Tools, über die ich rede, sind von der Firmware oder Software des Boards unabhängig. Sie basieren auf Instrumentierung, die in die Chips auf der Leiterplatte eingebettet ist. Im Fachjargon spricht man in diesem Zusammenhang von Embedded-Instrumentierung. Der Bringup von Leiterplatten mit Tools auf der Basis von Embedded-Instrumentierung hat in der Praxis echte Vorteile, da die Firmware für eine Leiterplatte in aller Regel noch nicht fertig ist, wenn die Prototypen hereinkommen. Im Idealfall erfolgen das Debugging und der Bringup dieser Prototypen parallel zur Fertigstellung der zugehörigen Firmware. Dann könnte die Firmware zum gleichen Zeitpunkt bereit für das Debugging sein, zu dem auch die Prototypen debugged werden und funktionsfähig sind. Damit werden Prozessverzögerungen vermieden, die entstehen, wenn das Board-Bringup-Team auf die Firmware wartet bzw. die Firmware nicht debugged werden kann, weil das Debugging der Hardware noch nicht abgeschlossen ist.
Könnten Sie näher auf diese berührungslosen Softwaretools eingehen, die auf Embedded- Instrumentierung basieren?
Es gibt mehrere solche Tools. Boundary-Scan-Tests nach den Vorgaben des IEEE 1149.1 Standard (JTAG) können die strukturelle Integrität – „Opens“ und „Shorts“ – des Boards ohne Sonden oder Halterungen verifizieren. Die Abdeckung ist dabei vergleichbar mit ICT oder MDA. Ein weiteres Tool ist das PCT-System (Processor-Controlled Test). Dieses kann auch ein Board vorab diagnostizieren, wobei PCT aber im Gegensatz zu Boundary-Scan in der Lage ist, die Funktionstests „at-speed“, also mit realer Geschwindigkeit, durchzuführen. Ein drittes Tool kann die Signalintegrität von HSIO-Bussen (High-Speed I/O) auf dem Board validieren. Diese seriellen Busse sind sehr anfällig für kapazitive Kopplungseffekte von Sonden. Aber die Tools, von denen ich hier spreche, führen Tests durch, die in der Instrumentierung enthalten sind, welche in die Chips von Herstellern wie Intel oder PLX eingebettet wurden. Beispielsweise erkennt die Embedded-Instrumentierung für HSIOs von Intel Fertigungs- und Prozess-Defekte wie „Voids“, Haarrisse, „Head-in-Pillow“-Effekte und ähnliche Probleme. Wenn Sie die Diagnoseabdeckung zusammenrechnen, zu der jede dieser berührungslosen Technologien beiträgt, dann wird deutlich, dass dem Board-Bringup-Team ein leistungsstarkes Toolset zur Verfügung steht.
Dieses Maß an Abdeckung ist beeindruckend. Gibt es noch weitere Vorteile von berührungslosen Board-Bringup-Tools?
Wie schon gesagt, die potenziellen Kosteinsparungen sind enorm. Zunächst sind in der Regel keine Prüfhalterungen erforderlich – und Sie können sich bestimmt vorstellen, welche Kosten solche Halterungen unter Umständen verursachen, insbesondere, wenn bei jeder Designänderung eine neue Halterung hergestellt werden muss. Eine weitere Chance auf Kosteneinsparungen ergibt sich, wenn der Hersteller die berührungslosen Tests vom Board-Bringup in die Herstellung mit hinübernimmt. Dadurch entfallen die Kosten für eine Neuentwicklung der Testsuite, die in der Fertigung implementiert wird. Die Suite ist ja schon verfügbar, weil sie bereits für das Bringup des Prototyps in der Entwicklung genutzt wurde.
Herr Sguigna, wir danken für Ihre Zeit.
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