Seit mehr als 20 Jahren sind Polymerkunststoffe mit Halb-leiter-Eigenschaften bekannt. Weltweit ist ein intensiver For-schungswettbewerb im Gang, um der Polymer-Elektronik zumpraktischen Einsatz zu verhelfen, verspricht sie doch Billigschaltkreise für vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Einem Forscherteam von Siemens ist es gelungen, integrierte Schaltungen komplett aus diesem Material herzustellen.
Den Siemens-Forschern in Erlangen ist es gelungen, integrierte Schaltkreise herzustellen, die vollständig aus Polyme-ren bestehen (Integrated-Plastic-Circuits, IPC). Dabei haben sie mit 0,2 cm²/Vs den weltweit höchsten Wert für dieLadungsträger-Beweglichkeit, dem Schlüsselparameter für diese Technik, erreicht. Die bisher realisierten logischen Gatter wie NAND- und NOR-Schaltungen, Flip-Flops und einRing-Oszillator sind die Basis-bausteine für komplexere Sys-teme wie etwa Ident-Tags. Grundlage dieser integrierten Schaltungen ist, ähnlich wie beider Siliziumtechnik, ein Feld-effekt-Transistor (organischer Feldeffekt-Transistor, OFET). Der erste Feldeffekt-Transistor, bei dem zumindest die halbleitende Schicht aus organischen Material bestand, wurde 1986 vorgestellt. Mittlerweile konzentriert sich die Forschung auf OFETs, die ausschließlich aus organischen Material aufge-baut sind. So bestehen die von Siemens aus vier dünnen Schichten, die nacheinander auf ein flexibles Substrat aufgebracht werden. Die unterste Schicht ist strukturiert und bildet die Source- und Drain-Elektrode. Darauf werden die halbleitende Polymer-Schicht und die Isolationsschicht aufgebracht. Die oberste Schicht, die Gate-Elektrode, ist ebenfalls strukturiert und überdeckt den Bereich zwischen Source- und Drain-Elektrode. Durch Anlegen einer negativen Spannung am Gate entsteht zwischen Source und Drain ein leitfähiger Kanal, d.h. durch Ändern der Gate-Spannung lässt sich der Stromfluss zwischen Source und Drain steuern. In der Sprache der Halbleitertechnik handelt es sich bei dem organischen Transistor (OFET) um selbstsperrende P-Kanal-Transistoren. Alle Schich-ten, also Substrat, Halbleitermaterial, Isolator und Gate-Elektrode, können aus Polymer-Kunststoffen bestehen. So-mit ist diese Elektronik extrem flach und flexibel.
Der große Vorteil der PolymerElektronik ist die billige Herstellung. Die dafür benötig-ten Materialien können in geeigneten Lösungsmitteln ge-löst und dann wie elektronische Tinte durch Druckverfahren strukturiert aufgebracht werden. Man benötigt für die spätere Fertigung weder komplizierte Hochtemperatur- beziehungsweise Vakuumprozes-se noch eine aufwändige Li-thographie-Technik. Der gesamte Herstellungsprozess ei-ner integrierten Schaltung aus Polymer-Elektronik läuft, ähnlich wie der Zeitungsdruck, kontinuierlich in kurzer Zeit ab. Die Fertigung eines Silizium-lCs besteht dagegen aus aufeinander folgenden Einzelprozessen und dauert Wochen. Durch die neuen Herstellungsverfahren werden die Poly-mer-Elektronik-Bauteile wesent-lich preisgünstiger sein als die der konventionellen Silizium-Elektronik.
Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass PolymerTransistoren in absehbarer Zeit die Leistungsfähigkeit von Schaltkreisen aus Silizium erreichen werden. Sie kön-nen aber eine Billigst-elektronik möglich machen, das heißt integrierte Schaltungen, die nur Pfennige oder so-gar nur Bruchteile von ihnen kosten, und damit völlig neue Märkte erschließen. Denk-bar sind beispielsweise Funk-etiketten für elektronische Preisschilder zum Erfassen der eingekauften Waren in Supermärkten, als Marker zur Materialidentifizierung von Kleidungsstücken in Waschmaschi-nen, als elektronische Anhänger zum Verfolgen von Gepäck in Flughäfen und vieles mehr. Solche Funketiketten werden allgemein als Ident-Tags bezeichnet.
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