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Mit Mikrowellen schneller Härten

VFM-Technik verkürzt Aushärtezeiten in der Elektronikfertigung
Mit Mikrowellen schneller Härten

Mikrowellen für das Erwärmen von Nahrung kennt nahezu jeder, ihr Einsatz in der Elektronikfertigung ist dagegen relativ unbekannt. Dabei sind sie beispielsweise zum Aushärten von Glob-Tops und Underfills sehr gut geeignet. Macrotron vertreibt jetzt ein Gerät, das mit Hilfe variabler Mikrowellen-Frequenzen (VFM) die dafür benötigte Zeit stark verkürzt.

Ralph Haseneder, Macrotron Process Technologies, Kirchheim

Als 1953 in den USA das erste Patent für einen mit Mikrowellen betriebenen Ofen erteilt wurde, konnte niemand ahnen, dass knapp 50 Jahre später die Mikrowelle in den Küchen der industrialisierten Länder zur Standardausstattung gehört. Selbst Anfang der siebziger Jahre wurde noch bezweifelt, dass sich diese Technik flächendeckend durchsetzen würde, zumal der damalige Stückpreis bei etwa 500 US$ lag. Inzwischen wurden allein in den Vereinigten Staaten etwa 200 Millionen Stück verkauft. Parallel zum Privateinsatz hielt diese Technik nahezu unbemerkt auch in anderen Bereichen Einzug. In der Elektronikfertigung findet die „schnelle Welle“ zum Aushärten von Glob-Tops, Dam-and- Fills, Underfills für Flip-Chips und siebgedruckten Antennen ihren Einsatz und hat dabei nicht zuletzt wegen der Einsparung teurer Reinraumfläche durch die kompakten Abmessungen der Anlagen entscheidende Vorteile gegenüber konventionellen Methoden wie Tunnelöfen etc.
Als Mikrowellen bezeichnet man die elektromagnetische Strahlung im Bereich von 300 MHz bis 300 GHz, wobei die Frequenzen 900 MHz und 2,45 GHz (Küchenmikrowelle) am gebräuchlichsten sind. Wird ein Material der Mikrowellenstrahlung ausgesetzt, verhält es sich vereinfacht ausgedrückt entweder reflektierend (Metalle), transparent (beispielsweise viele Kunststoffe, Quarzglas und Keramik) oder absorbierend. Ist ein Material ein Absorber (wie etwa Wasser, Silizium, Epoxydharze, Polyimid und Photoresists), so erwärmt es sich. Dieses Verhalten hängt von der chemischen Struktur dieser Materialien ab. Damit ein Material an die Mikrowelle „ankoppelt“, muss es polare Strukturen aufweisen: die Dipole werden durch das elektromagnetische Feld zu Drehschwingungen angeregt, die wiederum eine Erwärmung des Materials bewirken. Das Wassermolekül ist beispielsweise ein elektrischer Dipol, der Wassergehalt ist deshalb einer der Gründe für die Erwärmung der Nahrungsmittel. Da sich der Aufheizvorgang auf molekularer Ebene abspielt, geschieht das, im Gegensatz zum Konvektionsofen, in dem das Material immer von außen nach innen erwärmt wird, über das gesamte Volumen. Das Material selbst ist also die Heizung und deshalb wird die Aufheizdauer gegenüber einem Ofen wesentlich verkürzt. Dieser Vorgang ist darüber hinaus sehr schonend, da keine Wärmespannungen auftreten.
Homogenität und dieVFM-Technologie
Bei allen Mikrowellen-Anwendungen gibt es ein zentrales Problem. Es muss nämlich ein möglichst homogenes elektromagnetisches Feld erzeugt werden, um eine gleichmäßige Erwärmung zu erreichen. Bei herkömmlichen Anlagen wird mit einer festen Frequenz von beispielsweise 2,45 GHz gearbeitet. Diese Strahlung wird in einem Magnetron erzeugt, das sehr preiswert quasi „von der Stange“ zu haben ist. Wegen der festen Frequenz bilden sich in einem abgeschlossenem Raum, wie etwa der Kammer (Cavity) einer Erwärmungsanlage, stehende Wellen aus. Die Folge davon ist eine ungleichmäßige Energie- und damit Temperaturverteilung im auszuhärtenden Material. Üblicherweise versucht man durch geeignete Kammer-Geometrien die Art und Weise der Einkopplung und durch Reflektoren ihre Gleichmäßigkeit zu optimieren. Um zu verhindern, dass Nahrung an einer Stelle heiß und an anderer Stelle kalt ist, sind manche Küchenmikrowellen mit einem Drehteller ausgestattet. In der Elektronikfertigung gibt es jedoch ein effektiveres und eleganteres Verfahren. So arbeiten die Anlagen der Firma Lambda Technologies nicht mit einer festen Frequenz, sondern mit einem Frequenzband, das aus 4096 Einzelfrequenzen besteht, die der Reihe nach innerhalb einer zehntel Sekunde eingeschaltet werden. Die Folge davon ist eine sehr homogene Feldverteilung mit der Konsequenz einer gleichmäßigen Erwärmung des Materials. Gleichzeitig wird dadurch auch das Arcing, also die Lichtbogenbildung an metallischen Gegenständen, unterbunden. Das heißt, dass auch metallische Komponenten in dieser Anlage verarbeitet werden können. Unterstützt wird dieser Effekt noch dadurch, dass die Anlagen mit der höheren Frequenz 6,24 GHz arbeiten. Dadurch koppeln Materialien wie beispielsweise Epoxydharze auch wesentlich besser an. Wegen der Vorzüge dieser so genannten VFM-Technik (Variable Frequency Microwave) ist diese sehr gut für den Einsatz in High-Tech-Bereichen wie beispielsweise dem Aushärten von Epoxydharzen von Glob-Tops, Flip-Chip-Underfills etc. geeignet. Die Bauelemente werden dabei nicht in ihrer Funktion beeinflusst, wie durch zahlreiche Untersuchungen belegt wurde.
Die für Glob-Tops/Dam-and-Fills verwendeten Polymere benötigen im allgemeinen in konventionellen Öfen etwa ein bis sogar vier Stunden um Auszuhärten. So empfiehlt zum Beispiel der Hersteller Dexter für das Epoxydharz Hysol-4451, das speziell für Glob-Tops verwendet wird, 30 Minuten bei 125 °C und 90 Minuten bei 165 °C im Konvektionsofen. Diese Zeiten konnten durch den Einsatz der VFM-Technik drastisch gesenkt werden. Konkret betrugen sie bei einem Chip-on-Board auf einem flexiblem Polyimidsubstrat 7,5 Minuten bei 120 °C und ebenso lange bei 155 °C. Dabei waren die erreichten Werte für die Tg (Glasübergangstemperatur), den Biege-Radius und das Haftvermögen mit den Mustern, die auf konventionellem Weg ausgehärtet wurden, äquivalent. Bild 1 zeigt das Bauteil mit den beiden Glob-Tops, Bild 2 eine IR-Thermografie. An ihr lässt sich gut erkennen, dass im Wesentlichen die Silizium-Chips und das Glob-Top erwärmt wurden, das Substrat aber wesentlich weniger thermisch belastet wurde. Nur der Stecker am Ende des flexiblen Substrats reagierte leicht. Die nach dem Prozess durchgeführten Funktions- und Zuverlässigkeitstests (JEDEC Level 4) wurden zu 100% erfüllt. Die in diesem Fall eingesetzte Anlage war die mit SMEMA kompatible In-Line-Anlage Microcure-5100 für die Massenproduktion (Bild 3).
Die Firma Polymer-Flip-Chip (PFC) verwendet eine solche Anlage für die Fertigung ihrer Smart-Card- und RFID-Produkte. Vorangegangen war die Evaluierung des VFM-Prozesses für das Aushärten sowohl von silbergefüllten Leitklebern als auch nichtleitenden Klebern auf Epoxydharzbasis. Als Underfill wurde Epotek-U300 verwendet, das 60 Minuten zum konventionellen Aushärten benötigt. Bei den Tests mit VFM wurden verschiedene, zweistufige Profile gefahren, mit denen eine 96%-ige Aushärtung (Auswertung mit DSC) in weniger als 10% der sonst benötigten Zeit erreicht wurde.
 
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