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Nickel gegen Kupferabtrag Thomas Kolossa, Balver Zinn, Balve

Wellenlöten mit bleifreien Legierungen
Nickel gegen Kupferabtrag Thomas Kolossa, Balver Zinn, Balve

Während beim Reflowlöten wohl SnAgCu-Legierungen als bleifreier Ersatz für SnPb das Rennen machen, sind besonders SnCu-Systeme für das Wellenlöten interessant. Sind sie doch bei vergleichbarer thermischer und elektrischer Leitfähigkeit deutlich kostengünstiger als SnAgCu. Wird die SnCu-Legierung mit Nickel stabilisiert, so ergibt sich ein geringerer Kupferabtrag, wodurch das Lotbad nicht so oft ausgetauscht werden muss.

Der Elektronikmarkt stellt sich weltweit auf Bleifrei ein – höchste Zeit, sich mit dem neuen Prozess auseinanderzusetzen. Mit Eintreten der WEEE-Direktive (Waste Electrical and Electronic Equipment) ergeben sich für die Industrie einige Veränderungen. Für Anwender, die diese Verordnung bisher ignoriert haben, wird die Zeit jetzt knapp. Beim bleifreien Lötprozess sind folgende Neuerungen zu berücksichtigen und umzusetzen:

  • Neubestimmung des Lotes,
  • eventuelle Neuanschaffung von Maschinen,
  • eventuelle Designänderung der Boards,
  • Durchführung von Mitarbeiterschulungen,
  • Anpassung der Bauteillogistik.
Im Wesentlichen werden sich künftig zwei Legierungssysteme durchsetzen. Zum Einen die in Japan und den USA patentierten SnAgCu-Legierungen (diesen Patentschutz kann Balver Zinn gewähren), zum Anderen die SnCu-Systeme. SnAgCu wird sicher aufgrund des Schmelzpunktes und der daraus resultierenden Peaktemperatur auch in Zukunft die Favoritenrolle im Bereich des Reflowlötens einnehmen. Beim Wellenlöten hingegen wählen immer mehr Anwender ein SnCu-System, das – bei vergleichbaren Eigenschaften wie thermischer und elektrischer Leitfähigkeit – erheblich kostengünstiger ist als eine SnAgCu-Legierung. Balver Zinn bietet zum Beispiel mit dem patentierten, bleifreien Lot SN100C (SnCu0,7Ni) ein mit Nickel stabilisiertes Zinn-Kupfer-Eutektikum mit einem Schmelzpunkt von 227°C an, das sich für Wellen- und Reflowlöten sowie Hot Air Levelling und Rework eignet.
Höhere Vorheizung vermeidet Temperaturstress
Die SnCu-Systeme im Einsatz mit modernen Wellenlötanlagen ermöglichen es, mit einer Anwendungstemperatur von 260 bis 265°C gut ausgebildete und glänzende Lötstellen zu produzieren. Dabei ist die Vorheizung einer der wichtigsten Punkte beim bleifreien Wellenlötprozess. Die Vorheizung ist aufgrund der heißeren Lotbad-Temperatur ebenfalls höher anzusetzen, um der Leiterplatte und den Bauteilen den Temperaturstress, der sonst entstehen würde, zu ersparen, aber auch um eine Lotfüllung bei Durchkontaktierungen zu ermöglichen. Denn die bleifreien Lote haben schlechtere Benetzungseigenschaften. Des Weiteren bevorzugen viele Anwender im Zuge der Lotumstellung ein wasserbasiertes Flussmittel, das ebenfalls eine höhere Vorheiztemperatur benötigt.
Einer der wichtigsten Vorteile von SN100C zu dem „herkömmlichen” SnCu0,7 Lot besteht im geringeren Kupferabtrag und dem anschließenden Lotbad-Management. Außerdem erhält man durch die Nickeldotierung ein homogeneres Gefüge. Dies lässt auf eine höhere Zuverlässigkeit schließen. Die anfängliche Dicke der intermetallischen Schicht ist größer und die Struktur offenporiger. Während der Alterung wächst die Schicht nicht in die Dicke, sondern konsolidiert sich und schließt die Poren. Die Stabilität der intermetallischen Phase sorgt für eine längere Lebensdauer im Vergleich zum SnCu0,7.
Nickel verringert Kupfer-Leaching
Um die Unterschiede des Verhaltens der beiden SnCu-Systeme im Kupfer-Leaching darstellen zu können, wurde folgender Versuchsaufbau installiert: Drei Kupferstangen mit den Maßen 20 x 5 mm wurden 50 mm in ein Selektivlötbad (bewegtes Lot/270°C ) getaucht. Das entspricht 3 x 50 g Kupfer, die zulegiert werden können. Der Versuch wurde drei Mal wiederholt. Gemessen wurde die Zeit bis zur vollständigen Auflösung im Bad. In Zeitabständen wurde die Badzusammensetzung analysiert und nach Bedarf entstandene Krätze durch neues Material ergänzt. Ein Flussmittel wurde nicht eingesetzt, da die Kupferstangen vor Einsatz angeätzt wurden, um somit ein optimales Lösungsverhalten zu simulieren.
Dabei zeigte sich, dass die Auflösung von jeweils 150 g Cu nach acht Stunden beendet ist. Der Kupfergehalt im Lotbad steigt stetig an, wobei sich die Steilheit des Grades mit fortschreitender Lösung verringert. Grund hierfür ist die Schmelztemperatur des neu zusammengesetzten Lotes. Hier ist das Management des Lotbades zu beachten.
Beim Vergleich der beiden Legierungen ist festzustellen, dass das Cu-Leaching mit SN100C dreimal so gering ausfällt. Dies schafft einen stabileren und kostengünstigeren Prozess, da das Lot nicht so häufig ausgetauscht werden muss wie die anderen SnCu-Systeme. Im Versuch mit SnAgCu war die Auflösung der Kupferbleche schon nach 2 Stunden gegeben. Bei SnCu und SnAgCu muss das Lot im Laufe der Produktion aufgrund des zu hohen Kupfergehaltes und der damit verbundenen Schmelzpunktverschiebung, Brückenbildung, grieselige Oberfläche, etc. ausgetauscht werden.
Um die Umweltverträglichkeit von SN100C nachweisen zu können, wurden durch das Fraunhofer Institut in Berlin folgende Kennzahlen nachgewiesen: Toxic Potential Indicator (TPI ) und Toxic Emissions Potential (TEP). SnCu0,7Ni0,1 kann im Vergleich mit den anderen untersuchten bleifreien Lotlegierungen als gleichwertig hinsichtlich des stoffspezifischen Toxizitätspotenzials (TPI) und möglicher Reaktionsprodukte (Toxisches Emissionspotenzial TEP) beurteilt werden. SnCu0,7Ni0,1 liegt weit unter den Vergleichswerten für SnPb37 und sollte deshalb aus Umweltsicht gegenüber bleihaltigen Loten bevorzugt werden.
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