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Niederdruck-Gussverfahren für Baugruppen Frank Ongkiehong & Steven Dufresne, Henkel, Hemel Hempstead (UK)

Fortschrittliche Montagetechniken für Automobilsensoren des 21. Jahrhunderts
Niederdruck-Gussverfahren für Baugruppen Frank Ongkiehong & Steven Dufresne, Henkel, Hemel Hempstead (UK)

Die Zahl der Sensoren in typischen modernen Fahrzeugen steigt rapide, so dass die Herstellungskosten für diese einfachen Baugruppen nun von Bauteileherstellern und ihren Kunden genauer unter die Lupe genommen werden – sowohl von den Zulieferern als auch von den Fahrzeugherstellern selbst. Insbesondere die Techniken der Fertigmontage, die stark davon abhängig sind, ob mit Vergießen oder Spritzguss gearbeitet wird, bieten sich als ideales Feld zur Reduzierung von Kosten und Komplexität an.

Moderne Automobile sind in der Lage, eine äußerst hohe Zahl sich kontinuierlich verändernder Variablen zu erfassen, denn die Konstrukteure streben sowohl danach, die Bestimmungen zu Sicherheit und Umweltschutz zu erfüllen, als auch den Ansprüchen des Markts an größeren Komfort, höhere Anwenderfreundlichkeit und mehr Fahrspaß nachzukommen. Sensoren, die den Winkel des Lenkrads, den Bremspedalweg und ähnliche Versatzwerte messen, sind maßgeblich für die Entwicklung von „Drive-by-Wire“-Systemen. Drucksensoren ermöglichen intelligente Airbag-Systeme, eine Erfassung der Sitzbelegung, Überwachungssysteme für den Reifendruck und Systeme zur Kraftstoffeinspritzung aus gemeinsamer Druckleitung. Für Temperatursensoren gibt es vielfältigste Anwendungsbereiche, gemessen werden z.B. die Temperatur der Motoransaugluft, des Kühlmittels und des Öls, die Temperatur der Außenumgebung, des Innenraums sowie die Temperaturen zur Steuerung von Heizungs- und Klimasystemen. Weitere Sensoren an der Batterie, im Treibstoff- und Auspuffsystem, an den Bremssätteln und an weiteren Stellen ermöglichen eine ausgeklügelte Überwachung und Steuerung der wichtigsten Fahrzeugfunktionen. Der Markt für Automobilsensoren wird in Kürze eine starke Steigerung verzeichnen, weil ab 2006 in den USA eine automatische Sensorerfassung des Reifendrucks Vorschrift ist.

Die Konstruktion von Sensoren der nächsten Generation
Ein Verfahren, das für viele dieser Sensoren typisch ist, ist das Vergießen, bei dem die Elektronikbauteile in einer kleinen Sensorkapselung eingeschlossen und versiegelt werden, z.B. in einem Kunststoff- oder Metallbehälter. Der Bauteilehersteller muss daher die entsprechende Kapselung entwickeln und bereitstellen, mit allen Beschaffungsgemeinkosten, die damit einher gehen.
Niederdruck-Gusstechniken wie Henkel Macromelt, bieten eine Alternative zum Vergießen, die sowohl schneller als auch effizienter sein kann – außerdem entfällt die Notwendigkeit, eine Kapselung bereitzuhalten. Diese Technik kombiniert die Funktion des Vergießverbunds und die Kapselung in einem einzigen Verfahren, bei dem die Schaltkreistechnik eingekapselt und gleichzeitig die äußere Hülle des Bauteils geformt wird. Das Ergebnis ist ein in sich abgeschlossenes und hoch integriertes Bauteil, das in einem einzigen Packungsverfahren statt in den vielen Verfahrensschritten hergestellt wird, die beim traditionellen Vergießen erforderlich sind. Die Zusammensetzung des Gussmaterials kann vom Hersteller so angepasst werden, dass die gewünschten Produkt- und Verfahrenseigenschaften erreicht werden.
Für dieses Verfahren sind eine Schmelzeinheit, eine Niederdruckpumpe und eine Form erforderlich. Die Form wird üblicherweise mit CNC-Maschinen in Aluminium gefertigt. Die Pumpe für diesen Niederdruckprozess ist relativ klein und daher kostengünstig sowie leicht zu bedienen: abhängig von der Größe des Bauteils wird lediglich eine Kraft von wenigen Newton benötigt. Und dank des schnellen Durchsatzes ist auch die Taktzeit gering. Dass der Prozess bei niedrigem Druck stattfindet ist vorteilhaft für Anwendungen, bei denen sehr feine oder zerbrechliche Schaltungen eingekapselt werden müssen. Der Prozess liegt damit in Hinsicht auf Druck und Taktzeit zwischen Spritzguss und Vergießen, wie Bild 1 zu entnehmen ist.
Die Möglichkeiten
Macromelt wurde für eine Reihe von Automobilsensoren und integrierten Baugruppen wie auch für eine große Zahl vorgeformter Steckverbinder und versiegelter Einheiten erfolgreich eingesetzt. Das Verfahren ist außerdem eine effektive Methode zur Formung von Durchführungen und Zugentlastungen an Drähten und Kabeln. Bei den größeren Baugruppen trägt Macromelt entscheidend zur Realisierung von scheibenmontierten, ausfahrbaren Antennen mit eingebauter Kabelspannungsentlastung und stark miniaturisierter Elektronik für die Türgriffe bei. Weitere Anwendungen sind intelligente Batteriesensoren, die in Zukunft den Batterieladezustand an die Fahrzeugkontrolle übermitteln, indem die Batteriespannung, die aktuelle Leistung und die Temperatur nah an der Batterieklemme gemessen werden. Der Niederdruckguss ermöglicht es, die Sensorschaltung in die Batterieklemme zu integrieren und so eine elegante und einfach anzuwendende Lösung zu schaffen.
Optimale Formel für Automobilanwendungen
Die Elektronikabteilung bei Henkel konnte eine Reihe von Macromelt-Optionen entwickeln, die durch unterschiedliche Eigenschaften für viele Anwendungen und Kundenbedürfnissen geeignet sind. Faktoren, die die Wahl des Materials für eine bestimmte Anwendung bestimmen, sind zum Beispiel der beabsichtigte Betriebstemperaturumfang, die Adhäsionseigenschaften, die auf das einzukapselnde Material abgestimmt sein müssen, und die Beständigkeit gegenüber Beschädigungen durch bestimmte Verbindungen. In Hinsicht auf Anwendungen in der Automobilindustrie werden die verschiedenen Macromelt-Formeln auf ihr Verhalten gegenüber in Fahrzeugen eingesetzten Flüssigkeiten getestet, z.B. Hydraulikflüssigkeit, Kraftstoffe und Kühlmittel. Die Tests verlangen ein völliges Eintauchen in die jeweilige Flüssigkeit von fünf Minuten Dauer unter vorgegebenen Temperaturbedingungen. Zum Schluss wird das Teststück auf mögliche Korrosion durch die Flüssigkeit untersucht, aus dem Ergebnis wird auf die Beständigkeit bzw. Anfälligkeit gegenüber der fraglichen Flüssigkeit geschlossen.
Materialeigenschaften und Prozessparameter
Der Betriebstemperaturbereich und die Prozesstemperatur für eine bestimmte Formel sind eng miteinander verbunden. Bei Automobilanwendungen ist ein großer Betriebstemperaturumfang anzustreben: In der Karosserie montierte Bauteile müssen – 40°C bis + 130°C widerstehen, darunter fallen auch die Antennenverstärker auf Front- oder Rückscheibe. Macromelt OM633/638 für Automobilanwendungen erfüllt diese Kriterien.
Die Abmessungen der beabsichtigten Baugruppe sind wichtig, da sich die Viskosität des Materials bei Abkühlung erhöht. Und da sich das Material ab dem Moment abkühlt, in dem es in die Form gelangt, muss der Prozess optimiert werden, um sicherzustellen, dass die Form vollständig ausgefüllt wird. Das Temperaturprofil in Bild 2 zeigt die Veränderung des Materialverhaltens im Laufe des Prozesses. Dieses Profil ist wichtig für Prozesstechniker, die die Materialeigenschaften auf die Abmessungen und die speziellen Eigenschaften der Form abstimmen wollen. Bild 4 zeigt die Form bei Abschluss des Gussprozesses bzw. das fertige, in sich abgeschlossene Gussbauteil. Macromelt ist außerdem in verschiedenen Farben erhältlich. Eine durchscheinende, bernsteinfarbene Verbindung ist ideal für Prototypenzwecke, da sie eine unkomplizierte Analyse der fertigen Baugruppe erlaubt, um zum Beispiel Bereiche zu bestimmen, in denen sich tendenziell Hohlräume bilden. Die Ergebnisse können zur Optimierung der Prozessparameter verwendet werden. Eine schwarze Verbindung ist besser für die eigentliche Produktion geeignet, da sie einen besseren Urheberrechtsschutz für die im eingegossenen Sensor verwendeten Teile ermöglicht. Auf Sonderbestellung sind Macromelt-Materialien auch in mehreren Farben erhältlich. In Bezug auf Beständigkeit gegen Vibrationen und Stöße muss die elektronische Baugruppe selbst bereits entsprechend konstruiert sein.
Lösung für Fahrzeuge der nächsten Generation
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die herkömmlichen Vergießverfahren für Automobilsensoren ersetzen lassen, wenn die vorstehend genannten Bedingungen erfüllt sind. Für diese Verfahren sind häufig mehr Schritte und gesonderte Komponenten wie ein Behälter erforderlich, und tendieren dazu, teurer zu sein, um den Anforderungen der Automobilindustrie von morgen zu genügen. Dennoch wird das Vergießen für viele Bausteine eine vorteilhafte Lösung bleiben.
Das traditionelle Spritzgussverfahren als andere Alternative ist ein Hochdruckverfahren, bei dem ein gewisses Risiko für eine Beschädigung oder Verlagerung empfindlicher Bauteile beim Guss besteht. Für diesen Prozess ist außerdem eine teurere Werkzeugausrüstung erforderlich.
Der Niederdruckguss mit Systemen wie Macromelt ersetzt das Kapselungs- und Vergießmaterial durch eine einzige Gusskapselung, die auf Wunsch direkt in einer bestimmten Farbe erfolgen kann. Der Macromelt-Prozess beinhaltet weniger Schritte als das traditionelle Vergießen, nutzt kostengünstige Geräte mit geringer Stellfläche in der Werkstatt und eliminiert die Verwaltungs-Gemeinkosten für die Bereithaltung und Organisation des Nachschubs an Kunststoff- oder Metallkapselungen.
Die relativ geringen Kosten und der schnelle Wechsel, der mit Aluminiumformen möglich ist, sorgen für einen weiteren Vorteil. Wo die hohen Kosten der Formen und der Werkzeugausrüstung das traditionelle Spritzgussverfahren für kleine bis mittlere Mengen von Bedarfsartikeln ausschließen, ist das Macromelt-Niederdruck-Gussverfahren mit niedrigviskosem Polyamid schon bei viel geringeren Stückzahlen besonders kostenwirksam. So werden neue Typen von Sensoren und Baugruppen als generell einsetzbare oder als auf bestimmte Fahrzeugtypen maßgeschneiderte Bauteile möglich – und so öffnet sich das Tor zu den intelligenten Fahrzeugen von morgen.
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