Die Zuverlässigkeit elektronischer Schaltungen wird wesentlich durch Verunreinigungen der Oberflächen beeinträchtigt. In Verbindung mit klimatischen Bedingungen wie Feuchte kann es durch elektrochemische Migration oder Kriechströme zu Ausfällen kommen. Für den Nachweis von Flußmittelrückständen standen bisher nur aufwendige Testmethoden zur Verfügung. Ein Farbreaktionstest ermöglicht nun die Verunreinigung rasch und einfach sichtbar zu machen.
Helmut Schweigart, Elke Christian, Dr.O.K.Wack Chemie, Ingolstadt
In der Elektronikfertigung entstehen während des Prozesses Flußmittelrückstände auf Baugruppen. Hierbei wirken sich vor allem die in den Flußmitteln enthaltenen Karbonsäuren der Aktivatoren ungünstig aus. Insbesondere bei No-Clean-Flußmitteln bilden sich meist sehr dünne, oft lichtoptisch nicht erkennbare Filme. Diese Filme können Karbonsäuren enthalten, die stark hygroskopisch wirken und sich dadurch deutlich negativ auf die Zuverlässigkeit von Baugruppen auswirken. Es kann zu Ausfällen durch elektrochemische Migration sowie korrosionsinduzierte Kriechströme kommen.
Elektro-chemische Migration
In Abhängigkeit von Temperatur und relativer Feuchte kann sich auf der Oberfläche von Baugruppen im Betrieb ein Feuchtigkeitsfilm bilden. Diese adsorbierte Feuchte senkt den Oberflächenwiderstand und damit die notwendige Isolation zwischen den unterschiedlichen Signal- und Spannungspegeln. Ab einer kritischen Filmdicke ermöglicht die Leitfähigkeit des adsorbierten Films Elektrolysevorgänge und damit einen Aufbau von leitfähigen Brücken. Dies gilt bereits bei Luftfeuchtewerten deutlich unterhalb der Betauung. Die kritische Luftfeuchtigkeit bzw. adsorbierte Filmdicke ist von der Oberflächenenergie und -polarität abhängig, also stark von Werkstoffen und Verunreinigungen. Neben der Adsorptionsbegünstigung wirken Verunreinigungen als Feuchtespeicher, so daß die Rücktrocknung erst bei relativen Feuchten unter 30% rF gewährleistet ist. Die Elektrolyse des Wassers setzt den Mechanismus der elektrochemischen Migration in Gang.
Kriechströme
Vor allem an Kupferkontakten und -metallisierungen können in sulfidierenden Industriegas-Atmosphären in Abhängigkeit von Art und Grad der Verunreinigungen ab 30 bis 60% rel. Feuchte korrosionsinduzierte Kriechströme auf Baugruppen auftreten. Auslöser sind Defekte, zum Beispiel Poren und Risse in Lötstoppmasken. Im Gegensatz zur elektrochemischen Migration bilden sich jedoch selten feste Brücken, sondern die Lösung von Kupfersulfat beispielsweise bewirkt eine Leitfähigkeitserhöhung des Feuchtigkeitsfilmes bis zum Kurzschluß. Kupfer kann aber auch nach einer Sulfidierung spannungslos dendritische Strukturen formieren. Die Morphologie erlaubt somit keinen Rückschluß auf den verursachenden Mechanismus.
Nachweisverfahren
Zur Beurteilung der Verunreinigung und damit der Betriebsklimasicherheit elektronischer Baugruppen wurde bisher meist die ionische Restkontamination, ausgedrückt im Natriumchloridäquivalent VNaCl, herangezogen. Die Aussagekraft dieses Nachweisverfahrens hat jedocheindeutige Grenzen. Vergleicht man die Natriumchloridäquivalente, verursacht durch die Rückstände verschiedener Flußmittel, mit der Ausfallrate durch elektrochemische Migration im Klimatest, so muß ein kleiner VNaCl-Wert als notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für Migrationssicherheit bei beschichteten wie unbeschichteten Baugruppen eingestuft werden. Grund dafür ist u.a. die Tatsache, dass bestimmte Verunreinigungen nicht in Wasser bzw. IPA löslich und dadurch nicht mit dem VNaCl -Wert zu bestimmen sind. Weiterhin müßte die Zusammensetzung der Verunreinigung bekannt sein, um einen an die Korrosivität angepaßten Grenzwert angeben zu können. Außerdem ist die Investition in ein Prüfgerät zur Kontrolle der ionischen Restkontamination für viele Produktionsbetriebe nicht zu rechtfertigen.
Eine weitere Möglichkeit zur Erkennung von Verunreinigungen auf Baugruppen ist das aufwendige Ladungskontrastverfahren im Rasterelektronenmikroskop. Mit diesem Verfahren können Kontaminationen auf zunächst unter lichtoptischen Bedingungen sauber erscheinenden Oberflächen sichtbar gemacht werden. Dieses Testverfahren ist mit enormen Investitionen verbunden und damit nur begrenzt einsetzbar. Als ein vereinfachtes Nachweisverfahren zur Bestimmung von Verunreinigungen wurde von Dr.O.K.Wack Chemie der Zestron Flux-Test vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine einfachanzuwendende Methode, die die in Flußmitteln enthaltenen Karbonsäuren von Aktivatoren sichtbar macht. Hierzu werden die Baugruppen in eine Testlösunggetaucht und anschließend kurz mit voll entsalzten Wasser (DI) abgespült. Durch eine Farbreaktion erscheinen die Aktivatoren blau. Lokale Verunreinigung durch Flußmittel können schnell und einfach erkannt werden.
Der Flux-Test liefert damit schnell eine Aussage über den Zustand der Oberflächen und die damit verbundene Zuverlässigkeit von elektronischen Bau-teilen. Darüber hinaus kann eine Aussage getroffen werden, ob und welches Rei-nigungsverfahren eine Optimierung der Baugruppensicherheit erreichen kann. Das Testverfahren kann im Prüflabor derDr. O.K. Wack Chemie GmbH durch-geführt oder auch als Testset bezogenwerden.
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