Startseite » Allgemein »

Stabile Verhältnisse sind nötig

Reduzierte Spannungsschwankung beim Test von Mobilfunkgeräten
Stabile Verhältnisse sind nötig

Digitale Handys senden Signale nicht mehr kontinuierlich, sondern in kurzen Bursts. Zwischen den Bursts nehmen sie deutlich weniger Strom auf, doch sobald gesendet wird, steigt wegen der niedrigen Versorgungsspannung der Strom erheblich an, und damit entstehen Transienten auf den Leitungen und Spannungseinbrüche am Gerät. Wegen dieser pulsförmigen Stromaufnahme können herkömmliche Testverfahren nicht mehr unverändert angewendet werden.

Jim Gallo, Ed Brorein, Michael Königsmann, Hewlett-Packard

Bei funktionellen Prüfeinrichtungen für mobile Telefone verwendet man oft programmierbare Spannungsversorgungen, die sich oft außerhalb des Funktionstesters befinden. Deshalb können Relais, Steckverbinder und Kabel mit mehreren Metern Länge nötig sein. Der gesamte Strompfad kann einigen Widerstand und einige Induktivität aufweisen; die Auswirkungen dieser Impedanzen können nicht vernachlässigt werden. Im Test ist es nicht einfach, eine stabile Spannungsversorgung der Prüflinge zu gewährleisten. Oft sind batteriebetriebene Geräte mit einer Unterspannungsabschaltung ausgerüstet. Sinkt die Betriebsspannung infolge der Zuleitungsimpedanzen unter den vorgegebenen Wert, schaltet diese das Prüfobjekt einfach ab. Typisch sind Anforderungen an Stromversorgungen mit maximalen Spannungsschwankung am Handy von 300 mV. Bild 1 zeigt zwei Konfigurationen von Stromversorgungen: a) lokaler Abgriff der Ist-Spannung, b) Fernabgriff der Ist-Spannung unmittelbar an der Last. Beim lokalen Abgriff der Ist-Spannung mißt die Regelung die Spannung direkt an den Klemmen der Stromversorgung. Die Spannung an den Klemmen wird konstant gehalten, der Spannungsabfall über die Leitung ist nicht berücksichtigt. Er errechnet sich nach Gleichung 1.
Ud = R I + L dI/dT
Hierbei steht Ud für den Spannungsabfall im Strompfad, R für Gesamtwiderstand, I für Strom, L für Kabelinduktivität und t für Zeit
Die Spannung Vload in Bild 2 zeigt den Spannungsverlauf direkt an der Last, wenn die Spannung per Abgriff am Ausgang und nicht an der Last geregelt wird. Bei höherem Widerstand im Strompfad fällt die Spannung an der Last so stark ab, daß die automatische Abschaltung des Prüfobjekts erfolgt. Nimmt man beispielsweise den Kabel- und Kontaktwiderstand mit 2 Ohm, Induktivität mit 2 µH und den Sprung der Stromaufnahme von 0,25 A auf 1,25 A innerhalb von 15 µs, dann beträgt der Spannungseinbruch an der Last 2,13 V (bei 5-V-Versorgung). Dies aktiviert die automatische Abschaltung der Last. Am Ausgang der Stromversorgung (Source) tritt dabei nur ein kleiner Spannungseinbruch auf. Die Dauer des Einbruchs und seine Amplitude sind die Kenngröße der Stromversorgung für die Ausregelung von Laständerungen. Gute Stromversorgungen haben Lastausregelzeiten von 50 bis 100 µs. Die Amplitude des Spannungseinbruchs bei einem Lastwechsel wird hauptsächlich vom Kondensator im Ausgang der Stromversorgung bestimmt. Die Amplitude ist direkt proportional zur Größe des Lastwechsels.
Für den Testaufbau ist es wichtig, die Impedanz des Strompfades zwischen Stromversorgung und Prüfling zu kennen. Ferner muß man den maximal zulässigen Spannungsabfall an der Last ermitteln. Bei Leitungswiderständen unter 0,1 bis 0,2 Ohm kann man normale Stromversorgungen verwenden. Bei Werten darüber müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden.
Mit einem Fernabgriff der Ist-Spannung unmittelbar an der Last lassen sich Spannungsabfälle durch Impedanzen im Strompfad kompensieren. Die Spannungsfühlereingänge der Stromversorgung werden dabei direkt an die Eingangsklemmen der Last angeschlossen. In diese Maßnahme sind alle Impedanzen des Strompfads in den Regelkreis einbezogen. Der Spannungsabfall in den Leitungen kann zwar nicht verhindert, jedoch wirkungsvoll kompensiert werden. Die Regelung der Stromversorgung hält den Mittelwert der Spannung an der Last konstant. Der Momentanwert der Spannung ist von folgenden Einflüssen abhängig:
• Widerstand und Induktivität der
Leitung zwischen Stromversorgung
(Ausgang) und Last (Eingang)
• Impedanz der Last
• Amplitude sowie Anstiegs- und
Abfallzeiten des Stroms
• Ansprechverhalten der Regelung
Abhängig von diesen Faktoren kann es vorkommen, daß der Mittelwert der Lastspannung durchaus ideal, der Momentanwert jedoch weit davon entfernt ist. Die meisten Stromversorgungen weisen geringe Reglerbandbreiten auf. So ist es möglich, daß die Ausregelung für pulsförmige Stromaufnahme nicht reicht. Die Bandbreite ist im allgemeinen bewußt klein gewählt, damit sich der Spannungsregler in jedem Betriebszustand stabil verhält. Selbst wenn man die Bandbreite vergrößerte, wäre die Regelung nicht in der Lage, den Momentanwert der Lastspannung bei starken pulsförmigen Stromänderungen und hohen Kabelimpedanzen vollständig konstant zu halten.
Das Ziel beim Optimieren von Stromversorgungen ist die Lastunabhängigkeit. Doch dabei wird nicht zwangsläufig die Spannung bei speziellen Lasten und ungünstigen Kabelimpedanzen, wie sie bei Mobilfunkgeräten auftreten, optimal geregelt. Oft funktioniert die Spannungsreglung im Fernabgriff-Modus bei starken Stromimpulsen nur unwesentlich besser als mit Lokalabgriff. Die Ausregelzeit kann sogar länger werden. Selbst eine Stromversorgung mit sehr guten Regeleigenschaften kann hier ungeeignet sein, wenn die Leitungen zwischen Stromversorgung und Last zu lang sind. Zum Einhalten der Testvorschriften muß der Zusammenhang zwischen Kabelimpedanz, Reglungsbandbreite der Stromversorgung, Lastcharakteristik und der maximalen Slew-Rate beachtet werden.
Verringerung der Impedanz im Strompfad
Die beste Problemlösung besteht im Minimieren der Impedanz zwischen der Stromversorgung und Last. Folgende Möglichkeiten bieten sich an: größere Kabelquerschnitte und reduzierte Länge; keine Relaiskontakte bzw. sehr niederohmige Relaiskontakte; verdrillte Leitungen zur Verringerung der Kabelinduktivitäten. Im Testaufbau war es mit diesen Maßnahmen möglich, den kurzzeitigen Spannungsabfall an der Last auf 300 mV zu beschränken. Es wird jedoch nicht immer möglich sein, all dies durchzuführen. Die durch Steckverbinder und Relais hervorgerufenen Impedanzen lassen sich in vielen Fällen nicht vermeiden. Eine weitere Möglichkeit zur Verringerung von kurzzeitigen Spannungsschwankungen an der Last ist ein großer Ladekondensator unmittelbar an der Last. Mit einem Elektrolytkondensator (3000 µF) in Verbindung mit Fernabgriff der Ist-Spannung konnten Spannungsschwankungen auf 100 mV reduziert werden. Diese Lösung weist aber auch Nachteile auf. Elektrolytkondensatoren dieser Kapazität weisen sehr große Abmessungen auf.
Die Leckströme von Elektrolytkondensatoren sind nicht unerheblich, verglichen mit der Stromaufnahme von Mobilfunkgeräten im Standby- bzw. Aus-Modus. Messungen der Stromaufnahme sind dadurch nahezu unmöglich. Die Rückrechnung der Stromaufnahme wird durch die Zeit-, Spannungs- und Temperaturabhängigkeit der Kondensatorleckströme stark erschwert. Die Bestimmung der maximalen Amplitude bei pulsförmiger Stromaufnahme ist mit einem Ladekondensator unmöglich, weil nicht mehr die Stromversorgung, sondern der Kondensator den Pulsstrom liefert. Obwohl die Verwendung von Kondensatoren durchaus sinnvoll sein kann, sollte immer dann davon abgesehen werden, wenn einer der aufgeführten Punkte von Bedeutung ist.
Hohe Regelungsbandbreite und Slew-Rate
Mit einer Stromversorgung hoher Regelungsbandbreite von etwa 50 kHz und einer Slew-Rate von mehr als 250 mV/µs kann ebenfalls eine Minimierung der kurzzeitigen Spannungsschwankungen an der Last erzielt werden. Die Slew-Rate von mehr als 250 mV/µs wurde unter Annahme einer Gesamtimpedanz des Strompfades von 4 Ohm bestimmt.
Us = R dI/dt + L d²I/dt²
Die Spannungsverläufe bei Verwendung einer derartigen Stromversorgung sind in Bild 3 dargestellt. Die Stromversorgung kann schnelle Laständerungen ausregeln und Spannungsabfälle im Strompfad kompensieren.
Die kurzfristigen Spannungsschwankungen an der Last liegen innerhalb der zulässigen Grenzen. Die verbesserte Reaktion des Systems auf kurzzeitige Laständerungen wird leider durch einen Nachteil erkauft: Die erhöhte Bandbreite der Regelung führt durchaus zu instabilen Betriebszuständen.
Die Impedanz des Strompfads und die Lastimpedanz beeinflussen den Regelkreis. Die Stromversorgung ist nicht mehr lastunabhängig, sie ist für die spezielle Anwendung optimiert.
Grössere Induktivitäten und Ströme
In allen Beispielen wurde davon ausgegangen, daß der induktive Anteil der Leitungsimpedanz gegenüber dem resistiven vernachlässigbar klein ist. Bei Verwendung nicht-verdrillter Leitungen oder bei einer Länge von mehr als 2 m ist diese Annahme nicht mehr zulässig. Bei niedrigeren Betriebsspannungen wird das Problem durch den höheren Versorgungsstrom weiter verschärft. Für die Berechnungen wird eine Laststrom-Anstiegszeit von 15 µs angenommen, der Anstieg kann recht genau anhand folgender Formel beschrieben werden:
I(t) = I0(1-e-t/T)
Für die Betrachtung wird eine Lastkapazität von Null angenommen. Durch Untersuchung des Spannungsabfalls auf den Leitungen können die Anforderungen an die Reglerbandbreite und die Slew Rate bestimmt werden. Ist die Lastkapazität Null, kann man den Spannungsabfall auf den Leitungen bestimmen:
Ud = R I0(1-e-t/T) + L (I0/T) e-t/T
Hier ist R der resistive Anteil, L der induktive Anteil der Kabelimpedanz, I0 der Endwert des Stroms und Vd der Spannungsabfall auf der Leitung
Zu Beginn folgt der Spannungsabfall auf den Leitungen der Beziehung Uc = (L*I0)/(T/2). Er tritt zur Zeit to auf, wobei der Strom eine endliche Anstiegszeit hat. Dies ist eine Folge der Induktivität der Zuleitungen. Bei Geräten, die mit geringer Versorgungsspannung und daher höheren Strömen, ist dieser Effekt besonders ausgeprägt. Bei einer Anstiegszeit von 15 µs, 4 µH Kabelinduktivität und einer Stromamplitude von 3 A entsteht allein durch den induktiven Anteil der Kabelimpedanz ein Spannungsabfall von 1,5 V. Wollte man diesen Effekt vollständig kompensieren, müßte der Regler eine unendliche Bandbreite und Slew-Rate besitzen. Regler dieser Art gibt es nicht. Mobilfunkgeräte weisen eine über Null liegende Eingangskapazität auf, so daß auch die Anstiegszeit über Null liegt. Bei einer Eingangskapazität von 1 µF liegt die Anstiegszeit der Spannung in der Größenordnung von 2 µs. Das ist ein Wert, der noch immer wesentlich kleiner als die Ausregelzeit des Spannungsreglers ist. Bei einer optimierten Stromversorgung mit Reglerbandbreite von 50 kHz, Slew-Rate von 250 mV/µs und einer Lastkapazität von 25 µF vergrößert sich die Anstiegszeit auf 25 bis 30 µs. Der Effekt der Kabelinduktivität wird dadurch verringert. Ist die Lastkapazität geringer, sollte sie durch Folienkondensatoren mit geringen Leckströmen erhöht werden. Der aus einer kleinen Kapazität und eine großen Kabelinduktivität gebildete Schwingkreis besitzt eine hohe Güte. Dies kann die Stabilität der Stromversorgung negativ beeinflussen. Durch Serienschaltung eines Widerstands von 0,2 Ohm mit dem zusätzlichen Folienkondensator an der Last kann die Güte des Schwingkreises und dessen Einfluß auf die Stromversorgung gemindert werden. Deutlich wird, kurzzeitige Spannungsschwankungen bei langen Zuleitungen und starken Strompulsen sind zu vermeiden.
Unsere Webinar-Empfehlung
INLINE – Der Podcast für Elektronikfertigung

Doris Jetter, Redaktion EPP und Sophie Siegmund Redaktion EPP Europe sprechen einmal monatlich mit namhaften Persönlichkeiten der Elektronikfertigung über aktuelle und spannende Themen, die die Branche umtreiben.

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktuelle Ausgabe
Titelbild EPP Elektronik Produktion und Prüftechnik 2
Ausgabe
2.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Videos

Hier finden Sie alle aktuellen Videos


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de