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Underfill-Technologie

Materialien der nächsten Generation
Underfill-Technologie

Underfill-Systeme kamen anfänglich bei keramischen Substraten zum Einsatz und fanden erst dann größere Verbreitung, als die Industrie von keramischen auf organische (laminierte) Substrate überging und damit ein Bedarf für organische Underfills entstand, die heute zum Industriestandard avanciert sind.

George Carson, Ph.D., und Michael Todd, Ph.D., Henkel Electronics Group

Mit dem technologischen Fortschritt in den letzten 30 Jahren entwickelten sich auch diese epoxybasierten Materialien, die den Spalt zwischen einem Bauteil und dem Substrat, auf das es montiert wird, ausfüllen müssen. Verbesserungen in der Füllstoff-Technologie sowie im Hinblick auf Fließ- und Aushärtegeschwindigkeit, Wärmeausdehnungskoeffizient (CTE) und E-Modul von Underfill-Materialien wurden durch die Marktentwicklung hin zu Bauteilen mit hoher I/O-Dichte, feinerem Pitch und zunehmender Komplexität vorangetrieben.
Die heutige Technologie
Heute kommen drei Typen von Underfill-Systemen zur Anwendung: kapillare Underfills, Fluxing-Underfills (No-Flow) und „Corner Bond“-Underfillsysteme für punktförmige oder Eckpunkt-Auftragung. Alle haben ihre Vorteile und Grenzen, aber kapillare Underfills werden zweifellos am meisten eingesetzt.
Kapillare Underfills kommen für eine Vielzahl von Anwendungen zum Einsatz – u. a. für Flip Chip on Board (FCOB) und Flip Chip-in Package-Lösungen – und erhöhen deren Zuverlässigkeit, indem sie Spannungen gleichmäßig über die Chip-Oberfläche verteilen. Die kapillare Unterfüllung von herkömmlichen Flip Chips und CSPs verläuft ganz ähnlich. Beim Unterfüllen von CSPs durchläuft das CSP die traditionellen Montageschritte, bei denen der Chip in die Lotpastendepots platziert und so auf dem Substrat befestigt wird, dann folgt der Reflowprozess, wobei eine intermetallische Verbindung erfolgt. Anschließend wird das Underfill-Material mit Hilfe von Dispensing-Verfahren auf eine oder zwei Kanten des CSP aufgetragen (Bild 1), das Material fließt unter das Package, so dass der Spalt zwischen CSP und Substrat vollständig ausgefüllt wird. Während der Einsatz von kapillaren Underfills erhebliche Vorteile durch Verbesserung der Zuverlässigkeit erzielt, erfordert ihre Integration in den Produktionsprozess zusätzliche Investitionen in Dosier-Geräte, in den Platzbedarf für die Unterbringung dieser Geräte und in geschultes Bedienungspersonal. Diese Investitionserfordernisse und die Notwendigkeit, zeitsparende Verbesserungen zu erzielen, haben zur Einführung der Fluxing-Underfiller-Technologie (No-Flow) beigetragen.
Die von Robert Pennisi (früher Motorola Inc.) [1] entwickelten No-Flow Underfills sind gerade dabei, ihre Nische im Markt zu finden. Zwar bieten viele Lieferanten No-Flow Underfills an, man sollte aber beachten, dass nur eine Handvoll dieser Unternehmen sich dabei an die offizielle Lizenz-Konformität halten; deshalb ist darauf zu achten, dass die Produktionsanforderungen ordnungsgemäß eingehalten werden. Der Hauptvorteil der No-Flow Underfill-Technologie gegenüber anderen verfügbaren Underfill-Systemen besteht ganz einfach in einer Prozessverbesserung anstatt einer Verbesserung der Materialeigenschaften. No-Flow Underfills sind darauf ausgelegt, das Unterfüllen besser in konventionelle SMT-Fertigungsprozesse integrierbar zu machen, indem sie im Wesentlichen ohne einen speziellen Ofen für die Aushärtung auskommen. Weil die Flussmittelfunktion in den Underfill-Vorgang integriert ist, werden CSP-Montage und Materialaushärtung in einem Schritt kombiniert. Beim Montageprozess wird das No-Flow Underfill vor der Bauteilbestückung auf die CSP-Montagefläche aufgetragen. Wenn die Leiterplatte den Reflowprozess durchläuft, wirkt der Underfiller als Flussmittel, ermöglicht die intermetallische Kontaktierung und wird dann im Reflow-Ofen ausgehärtet. So kann das Unterfüllen im Laufe der herkömmlichen Montageprozessschritte erfolgen.
Vom Standpunkt der Geräte- und Personalinvestitionen aus gesehen, erzielen No-Flow Underfills Zeit- und Kosteneinsparungen, aber es gibt doch einige Grenzen für den Einsatz dieser Technologie. Im Gegensatz zu kapillaren Underfills sind No-Flow-Produkte ungefüllt. Füllstoffe in Underfills können den Kontakt zwischen Lotkugeln und Pads behindern, deshalb werden No-Flow-Systeme so ausgelegt, dass sie keine Partikel enthalten und damit zuverlässige Lötverbindungen beim Reflow erzielen. Ohne diese Partikel ist der Wärmeausdehnungskoeffizient höher, so dass die Temperaturwechselfestigkeit nicht so ausgeprägt ist wie bei kapillaren Underfills. Darüber hinaus kann einer der wichtigsten Produktionsvorteile – nämlich die Verarbeitung im traditionellen Reflowprozess – zu höheren Fehlerraten führen, wenn der Prozess nicht sorgfältig gesteuert wird. In den Leiterplatten eingeschlossene Feuchtigkeit kann beim Reflow entweichen und so zur Blasenbildung in dem Underfill-Material führen. Es gibt aber eine neue Technologie, die im Folgenden noch erörtert wird.
Für Anwendungen wie z. B. CSPs mit Interposern oder quadratische Arrays, die sich nicht so gut für kapillare oder No-Flow Underfill-Systeme eignen, können „Corner Bond“ Underfills als Alternative eingesetzt werden. Bei dieser Technologie werden Underfiller punktförmig auf die Ecken der CSP Padflächen dosiert. (Bild 2) Wie bei den No-Flow Underfills liegt der Hauptvorteil dieser Technologie darin, dass sie unter Verwendung von vorhandenen Montagegerätelösungen integriert und beim normalen Reflow-Lötprozess ausgehärtet werden kann. Ein weiterer Vorteil der punktförmigen Auftragung auf Eckpunkte ist, dass diese Underfills entfernbar sind, was den Herstellern das Verschrotten einer kompletten Baugruppe erspart, wenn nur ein Bauelement defekt ist.
Veränderung fordert Zuverlässigkeit
Durch die Underfill-Technologie wurde die Zuverlässigkeit von herkömmlichen, mit bleihaltigen Loten verarbeiteten Elektronikprodukten verbessert, die Bedeutung dieser Materialien für die Elektronikanwendungen der nächsten Generation nimmt aber immer weiter zu, je kleiner die Bauteile werden und je anspruchsvollere neue Prozessanforderungen – d. h. bleifrei – umgesetzt werden müssen.
Insbesondere in der bleifreien Fertigung erzielen Underfills ein hohes Maß an Zuverlässigkeit für bleifreie Lötverbindungen mit CSP Packages. Die bleifreien Lötverbindungen dieser Komponenten sind anfälliger für Ausfälle aufgrund unterschiedlicher Wärmeausdehnungskoeffizienten als ihre bleihaltigen Vorgänger. Weil die Substrate sich aufgrund der höheren Verarbeitungstemperaturen in bleifreien Prozessen leichter verwerfen und bleifreie Lotpastenlegierungen eine geringere Duktilität aufweisen, sind die Fehlerraten für bleifreie Lötverbindungen höher. CSPs wurden zwar ursprünglich für Underfill-freie Verbindungen konzipiert, aber die Umstellung auf bleifreie Fertigung und die daraus resultierenden spröderen Lötverbindungen haben das Unterfüllen dieser Bauteile zur kostengünstigsten und am besten realisierbaren Lösung gemacht, um eine Verbesserung der Zuverlässigkeit zu erzielen.
Natürlich trägt auch der Trend zu kleineren Bauelementen zur Verbreitung von Underfill-Systemen bei. Nachdem wir uns außerdem Pitch-Abständen von 0.3 mm und darunter für CSP Packages und <180 µm für Flip-Chip-Packages nähern, sind Underfill-Materialien vielleicht ein Weg, um ein maximales Ergebnis sicherzustellen.
Der Preisdruck steigt, so müssen Elektronikfirmen Zuverlässigkeit angesichts der veränderten technischen Anforderungen gewährleisten – zu wettbewerbsfähigen Kosten. Um sich diesen Herausforderungen zu stellen, wurden Underfill-Technologien entwickelt, die vielversprechend aussehen.
Wie bereits vorher erwähnt, bieten No-Flow Underfills große Vorteile in Bezug auf Prozesseffizienz sowie Senkung der Geräte- und Personalkosten. Aber diesen Vorteilen stehen manchmal die technischen Probleme gegenüber, die sich aus der Verwendung eines ungefüllten Materials ergeben. Vor kurzem wurde jedoch ein neues No-Flow Underfill-System mit 50 % Füllstoffanteil auf dem Markt eingeführt. Durch diesen Füllstoffanteil wird eine Temperaturwechselfestigkeit wie bei gefüllten Materialien erreicht, und die Vorteile der rationellen Verarbeitung mit der No-Flow-Technologie bleiben erhalten.Eine weitere Innovation, die kürzlich viel Aufmerksamkeit erregt hat, ist die Vorbeschichtung von Underfills, mit der Möglichkeit, den kompletten Underfill-Prozess aus dem Back-End zu eliminieren. Die Underfill-Vorbeschichtung von CSPs vor der Leiterplattenbestückung oder von Interconnects auf Wafer-Ebene ist ein fundiertes Konzept, wenn es aber mit den heutigen Fertigungsanforderungen in die Praxis umgesetzt wird, ergeben sich einige Herausforderungen in Bezug auf die Verarbeitung.
Auf Wafer-Ebene könnte die Underfill-Vorbeschichtung entweder vor oder nach dem Wafer-Bumping-Prozess aufgetragen werden; beide erfordern eine sehr straffe Prozessteuerung (Bild 3). Wenn das Material vor dem Wafer-Bumping-Prozess aufgetragen wird, muss es prozesskompatibel sein. Im umgekehrten Fall erfordert die Auftragung nach dem Wafer-Bumping, dass die Underfill-Vorbeschichtung die Bumps nicht bedeckt oder beschädigt. Weitere Überlegungen wie die Beeinträchtigung der Underfill-Integrität beim Vereinzeln der Bauteile (Wafer Dicing) sowie die Langzeit-Produktstabilität müssen ebenfalls abgeklärt werden. Obwohl einige Lieferanten in ihren Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen in der Technologie für die Vorbeschichtung von Underfills bereits große Fortschritte gemacht haben, müssen noch weitere Forschungen angestellt und Partnerschaften zwischen den einschlägigen Parteien in der Fertigungskette geschlossen werden, um diese Technologie wirtschaftlich und allgemein zukunftsfähig zu machen.
Schlussbetrachtung
Fast drei Jahrzehnte Entwicklung und praktische Anwendung haben Underfills zu einem wichtigen Teil der modernen Elektronikfertigung gemacht. Auch haben die Prozess- und Temperaturanforderungen in der bleifreien Fertigung zu Lötverbindungen geführt, die weniger flexibel sind als bleihaltige Verbindungen, und viele Bauteile, die unter diesen Bedingungen gefertigt werden, erfordern jetzt Underfiller, um die Ausfallquoten aufgrund von unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten und Schockbelastungen in bleifreien Lötverbindungen zu verbessern. Neue Prozessanforderungen zusammen mit gestiegenen Anforderungen an Funktion, Leistung und Zuverlässigkeit der Bauteile werden dazu führen, dass zuverlässige und effiziente Underfill-Systeme verstärkt zum Einsatz kommen. Wenn es auch heute schon mehrere Arten von zukunftsfähigen Underfill-Technologien gibt, so sind doch weitere Entwicklungen hin zu einer Materialtechnologie der nächsten Generation notwendig, wenn elektronische Produkte weiterhin ihre wesentlichen Vorteile bieten sollen.
www henkel.com
EPP 481

Literaturhinweise
[1] R. Pennisi, M. Papageorge: “Adhesive and Encapsulant Material with Fluxing Properties“. U.S. Patent 5,128,746, July 7, 1992
[2] B. Toleno, “Underfills in Pb-free Assemblies”. Circuits Assembly, June 2005
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