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Zertifizierung ist keine Qualitätsgarantie

Eli Westerlaken, Präsident der Cobar Gruppe
Zertifizierung ist keine Qualitätsgarantie

Zertifizierung ist keine Qualitätsgarantie
Eli Westerlaken
Cobar in Breda (NL) fokussiert seine Aktivitäten auf den Einsatz chemischer Technologien im Bereich der Elektronikindustrie und ebnet den Weg für innovative Entwicklungen auf dem großen Feld des Lötens mit Schwerpunkt auf die Werkstoffe für das Wellen-, Reflow-, Selektiv- und Handlöten von Leiterplatten.

Herr Westerlaken, wie ist Cobar entstanden?

Nach 10 Jahren bei einem niederländischen Lötmaschinenhersteller als General Manager habe ich am 15. November 1983 die Firma Cobar gegründet. Die ersten Erfolge konnten wir auf dem Markt in Skandinavien mit Ericsson und Nokia verbuchen, die damals viel produzierten. Für Deutschland gewann ich Herrn Fritz Keil für den Vertrieb und konnte dadurch relativ schnell bei Siemens und VDO Erfolge verbuchen. Die deutschen Anforderungen waren für uns immer eine Herausforderung, was zu weltweit anerkannten NoClean Flussmitteln führte. Anfang der 90er Jahre kamen noch die NoClean Lotpasten noch hinzu. Heute fertigen wir in Indien, China, Malaysia, Brasilien, Frankreich und den Niederlanden.
Wo steht Cobar heute auf dem Markt?
Mit unserer vollsynthetischen Chemie, die höheren Temperaturen besser standhält, bieten wir heute genau die richtigen Produkte für die bleifreie Zukunft an und haben somit einen wesentlich besseren Ausgangspunkt für diese Techno- logie, da die Temperaturen beim bleifreien Löten höher sind, und somit auch das Material mehr belastet wird.. Bleifrei bedeutet für uns jetzt eine neue Chance. Ich bin auf der einen Seite sehr positiv, dass bleifrei gekommen ist; andererseits aber auch kritisch, da die Kosten für die Industrie weitaus höher liegen. Fraglich ist hierbei auch, ob die Umwelt durch die bleifreie Technologie wirklich entlastet wird. Da viele unserer Kunden weltweit schon seit Jahren bleifrei anwenden, können wir ein zweistelliges Umsatzwachstum vorweisen, welches unsere Marktposition weltweit deutlich verbessert.
Wir praktizieren Sie Qualitätsmanagement in Ihrem Unternehmen?
Wir sind schon über 10 Jahre ISO 9000 und 14001 zertifiziert, was heute den Kunden nicht sehr viel sagt, denn fast die ganze Welt ist so zertifiziert. Wir versuchen uns heute deswegen ISO TS-16949 für die Automobilindustrie zertifizieren lassen. Aber die Schwierigkeit ist, dass wir kein messbares physisches Produkt herstellen, wie bspw. eine Schraube. Würden wir Schrauben für Pkws liefern, wäre eine Zertifizierung relativ einfach. Da wir aber Flussmittel und Lotpasten herstellen, die nicht direkt messbar sind, ist eine Zertifizierung nicht möglich. Das finde ich falsch, da diese Materialien für die Zuverlässigkeit der Elektronik sehr wichtig sind. Sollte ein ABS mal versagen, kann dies durchaus auch an der Lotpaste oder dem Flussmittel liegen. Aus diesem Grund halte ich es für äußerst wichtig, dass wir uns als Lieferant für Lötchemikalien ebenfalls nach ISO TS-16949 zertifizieren lassen können. Um den Schleier der „schwarzen Magie“ von unseren Produkten zu nehmen, bieten wir jedem Kunden die Möglichkeit uns zu auditieren, was von der Automotive-Industrie bereits des Öfteren in Anspruch genommen wurde.
Wie weit sind Sie mit bleifrei?
Unsere Produkte befinden sich bereits auf einem sehr hohen Niveau. Da die bleifreie Technologie noch im Anfangsstadium steht, ist das Entwicklungspotenzial hier noch lange nicht erschöpft. Lotpasten können sowohl auf der organischen Seite, als auch im Bereich des Metallpulvers noch verbessert werden. Schaut man sich die Partikel unter dem Mikroskop an, so stellt man fest, dass die Oberflächen der einzelnen Kugeln von Batch zu Batch noch recht unterschiedlich sind. Dies liegt an dem unterschiedlichen Oxidationsverhalten der bleifreien Legierungen und beeinflusst auch die Qualität der jeweiligen Lotpaste. Unsere Forschungen, zusammen mit Instituten wie Fraunhofer und anderen Partnern in Europa, konzentrieren sich im Moment auf diesen Bereich.
Was hat es mit dem halbwässrigen Flussmittel auf sich?
Halbwässrige Produkte sind eine Entwicklung von Cobar, die aus den Anforderungen des Marktes resultieren. Damit hat Cobar die Vorteile von wasserbasierenden Flussmitteln (stärkere Aktivität) mit denen von alkoholhaltigen Flussmitteln (geringe Vorheizung) verbunden. Die halbwässrigen Produkte haben eine bessere Lötaktivität und schonen die Umwelt durch weniger Lösungsmittel. Wir stellen bereits azeotrope Produkte her, die im bleifreien Prozess hervorragend funktionieren (Azeotrop ist eine Mischung von Wasser und einem oder verschiedener Lösungsmittel, die mit der gleichen Geschwindigkeit verdunsten). Diese Entwicklung basiert auf der Zusammenarbeit mit Siemens in Amberg (EPP 6-7/2004, Seite 36), und ist mittlerweile weltweit freigegeben.
Wie ist der Vertrieb in Europa organisiert?
Wir sind in allen Ländern mit Repräsentanten vertreten. In Deutschland arbeiten wir mit der Fa. smartTec zusammen, die mit den Herren Fritz Keil, Jürgen Seitner und Stefan Wegener unsere Produkte seit mehr als 15 Jahre kennen und betreuen. Uns und auch unseren Kunden ist es sehr wichtig, mit kompetenten Ansprechpartnern zusammenzuarbeiten, um gemeinsame Lösungen für die gestellten Aufgaben zu finden. Das hat uns smartTec – eine junge, dynamische Firma – zu bieten.
Was plant Cobar in der Zukunft?
Wir wollen mit der gleichen Mannschaft die drei bis vierfache Produktionsmenge erzielen, was nur durch weitere Prozessautomation möglich ist. Die hohe Technisierung reduziert die Fehlerrate und die einfachen Arbeitsschritte. Somit kann sich die gleiche Anzahl der Mitarbeiter mehr auf die Qualität der Produkte konzentrieren. Dieser hohe Automatisierungsgrad wird in Zukunft auf alle Fertigungsstandorte wie z.B. China übertragen. Wir werden in nächster Zukunft auch eine Produktion in USA eröffnen, um den amerikanischen Markt, mit den dortigen weltweiten Entscheidungsträgern, noch besser bedienen zu können. Durch die heutige weltweite Vernetzung, speziell auf dem Automotivesektor, ist es notwendig, mindestens eine Fertigung auf jedem Kontinent zu haben. Auch wenn weniger Autos produziert werden, steigt der Elektronikanteil im Auto ständig. Da der Automotivebereich einer unserer wichtigsten Märkte ist, sind wir auf dieses Wachstum vorbereitet.
Vielen Dank Herr Westerlaken für das Gespräch.
EPP 423
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