Startseite » Allgemein »

Zu einem Standardprozess weiter entwickelt

Dr. Matthias Zöller und Claus Zabel, Asscon Systemtechnik, zu Trends bei Dampfphasenlöten:
Zu einem Standardprozess weiter entwickelt

Löten in der Dampfphase hat das frühere Nischendasein längst überwunden. Anteil daran hat die Asscon Systemtechnik-Elektronik, die 1995 begann, innovative Dampfphasen-Reflow-Systeme zu entwickeln. Bis heute sind weltweit mehr als 800 Anlagen installiert. Das Asscon-Angebot reicht von Labor- und Batch-Systemen bis hin zu Großserien-Inline-Anlagen (einschließlich Vakuumanlagen). Die EPP Redaktion sprach mit den beiden Geschäftsführern Dr. Matthias Zöller und Claus Zabel über die Technologie und das Unternehmen.

Dampfphasenlöten wird gerne als Exot gesehen und hat bisweilen sogar einen schlechten Ruf. Wie kommt das?

Zabel: Die Dampfphase ist als Technologie schon 25 bis 30 Jahre alt. Damals waren in der Elektronikfertigung noch FCKW im Einsatz. Freon war das Standard-Reinigungsmittel auch in der Elektronikfertigung für Leiterplatten und Baugruppen. Ebenso wurde es in den damaligen Dampfphasen-Lötsystemen als Sekundärmedium verwendet. Als dann das Verbot für die klimaschädlichen FCKW kam, wurde Freon innerhalb kürzester Zeit aus allen offenen industriellen Prozessen herausgenommen. Die damaligen Dampfphasenmaschinen waren in normalen Produktionen nicht mehr akzeptabel.
Womit hat man Freon ersetzt?
Zabel: Man benötigt es heute nicht mehr, denn die modernen Maschinen sind komplett geschlossen gebaut und haben Wärmefilter und Zirkulation. Freon diente bei offenen Anlagen als eine Art Deckel, um den Dampf unten zu halten und die Verluste von Wärmeträgermedium während des Lötens zu minimieren.
Dr. Zöller: In der Ausgestaltung moderner Anlagen hat man es geschafft, Zonen zu bilden, die diese Verluste auf ein Minimum reduzieren. In unseren Anlagen steckt viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit, um beispielsweise die Strömungsverhältnisse in der Maschine zu optimieren.
Zabel: Die Anlagen der ersten Generation waren in Bezug auf Regelung und Steuerung nicht soweit, dass man auf die Anforderungen der unterschiedlichsten Baugruppen hätte eingehen können. Außerdem waren damals die Betriebskosten hoch. Die aufkommenden Infrarot- und später auch Konvektions-Reflowmaschinen waren günstiger in den Betriebskosten und erfüllten die damals an die Technologie gestellten Anforderungen der Lötqualität. Gut zehn Jahre lang wurde die Dampfphase deshalb nur noch von Firmen eingesetzt, die aufgrund ihrer qualitativen Anforderungen keine Alternative hatten wie zum Beispiel: Hersteller von Raumfahrtelektronik, Satellitentechnik, Nachrichtentechnik,Militäranwendungen. Als wir 1995 anfingen, haben wir zunächst diese Nischenmärkte mit neuer Technik – ohne Freon – versorgt.
Damit waren für Sie 1995 neben dem Verzicht auf Freon weitere Entwicklungsziele gesetzt…
Zabel: Richtig – hohe Lötqualität für moderne Bauelemente, gesenkte Betriebskosten, massenproduktionstauglicher Durchsatz, um die wichtigsten zu nennen. Diese Aufgaben haben wir über die Jahre hin abgearbeitet, die Anlagen verbessert und weiterentwickelt.
Heute ist das Dampfphasenlöten weltweit ein etabliertes Fertigungsverfahren, das seinen Platz neben der Konvektion hat. Die Kunden entscheiden wohl überlegt, wann sie welches Lötverfahren einsetzen. Tausende von Maschinen sind heute weltweit im Einsatz – allein von uns weit über 800 Anlagen. Das ist kein Nischenmarkt mehr.
Und heute sind die Produktionskosten mit dem Dampfphasen-Lötsystem (Betriebskosten pro Stunde) verglichen mit einem entsprechenden Konvektions-Lötsystem sogar günstiger. Dies gewinnt in der aktuellen Energiediskussion noch an Bedeutung – nicht nur bei uns, sondern zunehmend auch in Asien.
Haben sich damit Ihre Anwenderzielgruppen verändert?
Dr. Zöller: Ja. Zu den bereits genannten Bereichen sind auch Automotive sowie Gesundheits- /Medizintechnik hinzu gekommen. Und mittlerweile finden sich Dampfphasengeräte in der ganz „normalen“ Elektronikfertigung.
Es kann sein, dass zum Beispiel ein Hersteller von Schaltungen für Steuerungen von Rollladensystemen sagt: Ich mache das jetzt mit der Dampfphase, weil meine Baugruppe oder ein Bauteil darauf derart anspruchsvoll ist, dass mit einer Konvektion nicht so gelötet werden kann, wie es für mich zur Sicherung der Qualität notwendig ist. Wir bei Asscon beobachten daher den Trend, dass es zwar die erwähnten Kernbereiche in der Industrie gibt, jedoch der Einsatz der Dampfphase sich zunehmend über das Produkt definiert.
Zabel: Nehmen wir als Beispiel mal eine aktuelle Spielkonsole, die zum marktfähigen, auf schnellen Verkauf großer Mengen angelegten Preis angeboten wird, wie es heute ja weitgehend für den gesamten Consumer-Bereich gilt. Öffnet man ein solches Gerät, findet man darin oft eine extrem komplexe Technik. Sie ist unter anderem deshalb so komplex, weil sich dadurch funktionelle Vielfalt und Leistung sehr kostengünstig produzieren lassen. In der Fertigungstechnologie muss man dazu vielleicht eine Stufe weitergehen. So kann also die Spielkonsole oder andere Consumer-Elektronik durchaus ein Kandidat für Dampfphasenlöten sein. Eine eng definierte Zielgruppe im klassischen Sinn gibt es für die Dampfphase also heute gar nicht mehr.
Wie läuft die Entscheidung für den Einsatz der Dampfphase?
Zabel: Viele Firmen fangen mit einem Produkt an, das auf normalem Weg nicht gelötet werden kann. Dann wird erprobt, was sich mit der angeschafften Dampfphasenanlage noch so alles machen lässt. Wir haben einige Kunden, die mit einer Maschine für spezielle Baugruppen eingestiegen sind, deren Vorteile schätzen gelernt haben, und dann bei jedem Maschinenaustausch auf ein weiteres Dampfphasen-Lötsystem wechseln.
Dr. Zöller: Das geht sogar soweit, dass Sie bei manchen Kunden keine herkömmlichen Reflowmaschinen mehr finden, sondern 3 oder 4 Dampfphasen in Fertigungslinien, auf denen wirklich alles gelötet wird.
Dampfphase also auch bei hohen Durchsätzen?
Dr. Zöller: Das lässt sich nicht verallgemeinern. Es kommt stets auf die Größe der Produkte, auf das Gewicht aber auch auf die Branche an, für die gefertigt wird. Ein Handy beispielsweise ist heute oftmals nach wie vor ein typischer Fall für die Konvektion: Auf einer optimierten Linie läuft zwei Monate lang ein aktuelles Handymodell im Zehn-Sekunden-Takt. Das bedeutet folgerichtig, dass alle 10 s eine Handyplatine in den Ofen einlaufen muss – entweder einzeln oder in Nutzentechnik. Das charakterisiert Massenproduktion im Konvektionsbereich.
Ganz anders sieht es beispielsweise aber bei einer großen Leiterplatte für die Netzwerktechnik aus. Selbst beim Einsatz vieler sehr schneller Bestücker kann es eine Viertel Stunde bis zu 20 Minuten dauern, um 10.000 Bauteile darauf zu platzieren. Das ist dann Massenproduktion im Telekommunikationsbereich. Oder nehmen sie den Automotive-Hersteller, der alle 30 s eine ABS-Steuerplatine fertigt und von Masse redet. Bei dieser Art der Massenproduktion sind wir mit unseren Dampfphasen-Lötanlagen natürlich dabei.
Selbstverständlich hat die Konvektion ihre Berechtigung und wird sie auch immer behalten. Es gibt Bereiche, da macht die Dampfphase keinen Sinn, weil die Vorteile des Dampfphasenlötens nicht benötigt werden. Hinzu kommt, dass die Dampfphasenlötung, so wie wir sie verstehen, während des Lötens ein gewisser statischer Vorgang ist. Die Leiterplatten müssen sich während des Aufschmelzens in einem Nullzustand befinden – sie werden nicht bewegt. Das ist ein entscheidender Unterschied zum Konvektionsofen, den die Platte einfach durchläuft. Dadurch sind dort für bestimmte Produkte höhere Durchsätze möglich. Die Dampfphase kann zwar auch hohe Durchsätze liefern, aber ab einem bestimmten Punkt ist der Prozess nicht weiter zu beschleunigen, da er aus Gründen der Physik einfach eine gewisse Mindestzeit benötigt, um ablaufen zu können.
Wenn der Einsatz der Dampfphase stark von der konkreten Lötaufgabe abhängt, ist auch Beratung gefragt?
Dr. Zöller: Beim Thema Produktion in der Dampfphase muss man immer genau hinsehen. Nicht für jedes Produkt ist die Dampfphase das richtige Verfahren. Wir sehen unsere Aufgabe deshalb auch darin, den Kunden vorab zu beraten, zu sehen, was seine Anforderungen sind und zu prüfen, ob das Verfahren innerhalb dieser Anforderungen auch wirklich zum Erfolg führt. Wir bieten Interessenten an, dass sie bei uns ihr Produkt in der Dampfphasenanlage ausprobieren und thermisch vermessen. Wenn wir wissen, wie es reagiert, können wir auch genauere Angaben machen, mit welchen Durchsätzen und Gradienten die Anlage gefahren werden kann. Stellt sich heraus, dass ein Produkt für eine Anwendung in der Dampfphase nicht geeignet ist, raten wir einem Kunden von diesem Verfahren auch ab. Da sehen wir uns natürlich auch als Berater.
Sie verkaufen Ihre Maschinen weltweit. Handelt es sich in Asien hauptsächlich um Anlagen für Großserien?
Dr. Zöller: Tatsächlich verlangen die Kunden in Asien in den meisten Fällen Anlagen für Großserien. Aktuell bereiten wir beispielsweise die Lieferung der größten von uns je hergestellten Inline-Anlage nach Asien vor. Diese wird im Bereich der Motherboard-Produktion eingesetzt werden. Es handelt sich um ein Entwicklungsprojekt, das wir gemeinsam mit unserem Kunden durchführen. Dennoch haben wir in Asien auch viele Kunden mit Anlagen für die mittleren und kleinen Serien.
Asscon bedient auch den nordamerikanischen Markt, wo UL-Zertifizierung eine Schlüsselrolle spielt. Tragen Ihre Anlagen das UL-Zeichen?
Dr. Zöller: Mit der UL-Zertifizierung beschäftigen wir uns schon seit einiger Zeit und wir haben inzwischen verschiedene Anlagen mit UL-Zulassung. Das geht zurück auf den Auftrag eines Kunden, der gerne eine UL-Spezifikation auf der Maschine gesehen hätte – zu einer Zeit, als für uns bereits der Eintritt in den amerikanischen Markt ein Thema war. Wir sind sicher, dass das Dampfphasenlöten auch in den USA ein etabliertes Verfahren am Markt werden wird. Deshalb fingen wir an, uns mit dem Prüfverfahren zu beschäftigen. Das war auch für uns Neuland. Doch getreu unserem Firmenslogan „Innovationen für Ihren Vorsprung“ haben wir gemeinsam mit einem Prüflabor, das eine solche UL-Zertifizierung feststellen kann, das Verfahren begonnen. Wir haben damals mit einer der größten Maschinen angefangen, die es bei uns im Hause gibt, der VP 2000 Inline für die Großserienfertigung. Nach einem Jahr war die Maschine soweit, dass wir die Zulassung für das UL-Label hatten. Wir haben dann gleich noch das kanadische Label mit abgearbeitet, so dass die Maschine jetzt über die Zulassung in den USA und in Kanada verfügt. Die kanadischen Zulassungen sind noch ein bisschen anspruchsvoller als die US-amerikanischen, aber da wir schon mal dran waren, war es nur noch ein kleiner Schritt, beide Zulassungen zu erhalten.
Anders als die Herstellererklärung CE wird UL durch eine unabhängige Prüforganisation zertifiziert, nachdem sie die Maschine auf Herz und Nieren geprüft hat. Auch die laufende Produktion solcher zertifizierter Anlagen wird immer wieder durch regelmäßige Audits der Zertifizierungsstelle in unserer Fertigung überprüft.
Zu aktuellen Neuerungen bei Asscon: Ihre Batch-Maschinen haben jetzt modulare Steuerungen?
Dr. Zöller: Alle Batch-Maschinen-Steuerungen haben im Zuge unserer jüngsten Neuentwicklung die gleiche Software und sind modular aufgebaut. Das erleichtert die Produktpflege und erhöht die Verlässlichkeit des Produkts noch weiter. Auch ein Update oder eine Weiterentwicklung ist jetzt deutlich unkomplizierter. Zusätzlich haben wir neben der Zugangsmöglichkeit per Modem eine USB-Schnittstelle an den Maschinen angebracht, um Updates einfach uploaden zu können. Der Kunde lädt sich den Update-File via USB-Stick auf die Maschine. So vermeiden wir zum Beispiel Schwierigkeiten, die beim Updaten per Modem entstehen können, wie etwa schlechte Telefonleitungen oder Übertragungsunterbrechungen bei großen Datenmengen. Wir haben dem Konzept gut ein Jahr Entwicklungszeit gewidmet und wollen es auch für unsere Inline-Maschinen übernehmen. Leiten ließen wir uns bei unserer Neuentwicklung von der Idee: Mit durchdachten und effektiven Lösungen kann man viel Geld sparen – beim Kunden und bei uns.
EPP 420

Dampfphasenlöten
Dampfphasenlöten (auch: Kondensationslöten) nutzt zur Erwärmung der Baugruppen die bei der Phasenänderung des Wärmeträgermediums von gasförmig zu flüssig freigesetzte (latente) Wärme. Medium ist biologisch und chemisch absolut inaktives Perfluorpolyether (PFPE; Markenname: Galden). Es wird vom Hersteller durch Destillation exakt auf den vom Anwender gewünschten Siedepunkt (z.B. 215°, 218°, 230° oder 240° C) eingestellt.
Die Phasenänderung (Kondensation) findet solange an der gesamten Oberfläche des Lötgutes statt bis es gleichmäßig die Temperatur des Dampfes erreicht hat. Aufgrund der hohen Dampfdichte und des bei der Kondensation entstehenden Flüssigkeitsfilms findet der gesamte Erwärmungsprozess in einer sauerstofffreien Umgebung statt. Die übertragene Wärmemenge verhält sich linear zur zugeführten Heizenergie.
Dampfphasenlöten bietet auf Grund der physikalischen Grundlagen folgende Vorteile:
  • Keine Überhitzung der Bauelemente, da der Siedepunkt des Wärmeübertragungsmediums die maximale Löttemperatur bestimmt. Dadurch uneingeschränkt für bleifreies Löten einsetzbar.
  • Gleichmäßige Erwärmung an der gesamten Baugruppe auch bei unterschiedlichen Bauteilen und Massen.
  • Oxydationsfreier Lötprozess ohne zusätzlichen Einsatz von Schutzgasen.
  • Effizienter Energieeinsatz durch den hohen Wärmeübertragungskoeffizenten des Mediums im Vergleich zu Luft, Stickstoff oder Strahlung.
  • Unsere Webinar-Empfehlung
INLINE – Der Podcast für Elektronikfertigung

Doris Jetter, Redaktion EPP und Sophie Siegmund Redaktion EPP Europe sprechen einmal monatlich mit namhaften Persönlichkeiten der Elektronikfertigung über aktuelle und spannende Themen, die die Branche umtreiben.

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktuelle Ausgabe
Titelbild EPP Elektronik Produktion und Prüftechnik 2
Ausgabe
2.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Videos

Hier finden Sie alle aktuellen Videos


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de