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Zukunft der Elektronikfertigung diskutiert

5. Europäisches Elektroniktechnologie-Kolleg auf Mallorca
Zukunft der Elektronikfertigung diskutiert

Vom 13. bis 17. März 2002 fand in Colonia de Sant Jordi auf Mallorca zum fünften Mal das von Cobar, Ekra, Inertec, Koenen, Kolb, Mimot und Rehm veranstaltete Europäische Elektroniktechnologie-Kolleg statt. Wie in den Jahren zuvor wurden aktuelle Themen über Werkstoffe, Maschinen und Fertigungsverfahren für Elektronikprodukte diskutiert und neue Möglichkeiten der Fehleranalytik und Wege zur Fehlereliminierung vorgestellt. Lesen Sie hier eine Zusammenfassung.

Den Startpunkt der Veranstaltung markierte Prof. Dr.-Ing. Ekkehard Meusel von der Technischen Universität Dresden mit seinem Vortrag „Vom Chip zum Bauelement – Trends und Auswirkungen des Packaging“. Nach einer kurzen historischen Entwicklung der Elektronik und der Integrationsdichte elektronischer Komponenten beschrieb er den heutigen Stand und gab einen Ausblick in die Zukunft. So werden nach seinen Ausführungen im Jahre 2010 Speicherbausteine 64 GBit Kapazität aufweisen. Logik, die in hohen Stückzahlen produziert wird wie Mikroprozessoren, soll auf 90 Mio. Transistoren pro cm² kommen, Logik für geringere Stückzahlen wie z.B. ASICs auf etwa 40 Mio. Transistoren pro cm². Bei den Gehäuseanschlüssen zeigt sich ein umgekehrtes Bild, da sollen die Prozessoren auf „nur“ 1024 Pins kommen, ASICs hingegen werden bis zu 4000 Pins besitzen. Für solche Bauteile wird sich Kupfer als generelle Metallisierung durchsetzen. Neben anderen Entwicklungen wie Carbon-Nano-Tubes und organischen Transistoren ging Dr. Meusel auch noch auf die Verarbeitung dieser Bauteile auf Leiterplatten ein und beschrieb eine Reihe von Versuchen, die sein Institut zum Kleben von CoB und Flip-Chips durchgeführt hat. Abschließend zog er das Resümee, dass künftig folgende Punkte beim Packaging unumgänglich werden: Packages mit Kupfer-Metallisierung, Chip-Size-Packages auf Wafer-Ebene, preisgünstige Flip-Chip, die geklebt und mit geeigneten Underfills aufgebracht werden können. Zudem werde für die COB-Montage eine multivalent nutzbare Metallisierung wichtig, ebenso die bleifreie Montage, die 2,5D/ 3D-Stalck-Montage und das GaAs-Packaging. Damit einhergehen werden neue Wege für Zuverlässigkeitstests und Analytik und der Modellierung/Simulation, sowohl elektrisch als auch thermisch und mechanisch.

Im Anschluss gab R. Pollak von Repotech eine „Vollkostenrechnung bei der SMD-Bestückung“. Er zeigte auf, dass eine Vollkostenrechnung nicht nur die Kosten für die Anschaffung einer Anlage oder Maschine beinhalten darf, sondern auch die Anlageeffektivität, die Folgekosten und die operativen Kosten mit einschließen muss. Nach seiner Erfahrung blieben die operativen und die Folgekosten in einer Kostenrechnung häufig unberücksichtigt. Nach einer beispielhaften Kostenrechnung, die die gesamten Kosten (total cost of ownership) beinhaltete, zeigt er in einer Durchsatzanalyse auf, dass mittlere Fertigungen oft nicht einmal zur Hälfte ausgelastet sind – was wiederum Kosten verursacht. Nach einer Erklärung zur Optimierung der Kosten in den einzelnen Prozessschritten kam Pollak auf die Motivation des Personals, die einen immensen Einfluss auf die Kosten in der Produktion hat. Er erklärte deshalb abschließend, wie man die Personal-Planung und die nötigen Schulungsmaßnahmen durchführen sollte und den Prozess überwacht.
In seinem Vortrag „Grabstein-effekte, Lotperlen und Ultra-finepitch-Applikationen“ erklärte H. Trip von Cobar die Ursachen, die diesen Effekten zugrundeliegen und zeigte Lösungsmöglichkeiten auf. Um den Grabsteineffekt zu minimieren hat Cobar z.B. eine Lotpaste im Programm, die zwei eutektische Schmelzpunkte bei 179 °C und 183 °C hat und die damit diesem Effekt entgegenwirkt. Damit können die Temperaturunterschiede und unterschiedlichen Fließeigenschaften der Lotpaste auf Grund der unterschiedlichen thermischen Massen ausgeglichen werden. Lotperlen treten nach seiner Aussage beim Reflow-Löten verstärkt auf, seit nicht mehr gereinigt wird. Er beschrieb die Ursachen und kam auf Grund von Untersuchungen zu dem Schluss, dass das Drucken der Lotpaste mit V-Cut-Durchbrüchen die effektivste Methode ist, Lotperlen zu vermeiden. Auch für die sog. Low-Bridges und High-Bridges, die beim Löten von Ultrafinepitch-Pins auftreten können, bietet Cobar diverse Lotpasten an, die diese Fehlermöglichkeiten minimieren.
Im nächsten Referat erklärte Paul Jäger von Fischer Baugruppen, dass sein Unternehmen ein Verfahren entwickelt hat, mit dem man flexible Leiterplatten von Rolle zu Rolle produzieren kann. Dabei werden Flip-Chips auf flexiblen Trägern in Kunststoff eingespritzt. Zuerst wird dazu mit dem Siebdruckverfahren die Struktur einseitig mit Lotpaste erzeugt. Im anschließenden Belichten wird die Struktur der zweiten Seite generiert. Daraufhin wird die Folie mit SMDs bestückt und gelötet. In einem Plasma-Prozess wird die Durchkontaktierung vorgenommen. Anschließend wird mit In-Circuit- oder Funktionstestern geprüft und anschließend mit einem Laserschneider die Kontur geschnitten. Jäger berichtete davon, dass sein Unternehmen bereits eine flexible Schaltung für die Automobilindustrie in dieser Technik fertigt und zeigte sich überzeugt, dass sie sich durchsetzen wird. „Der Reel-to-Reel-Prozess eröffnet eine Vielzahl technischer Vorteile gegenüber der konventionellen Aufbautechnik. Ein weiteres Merkmal ist die wirtschaftliche Komponente. Dieses Verfahren ist ein vollautomatischer Prozess, der auch kleinere Stückzahlen preiswert liefern kann“, sagte Jäger.
Wolfgang Kempe von der DaimlerChrysler AG widmete sich in seinem Vortrag der „Bleifreien Aufbautechnik für die Elektronik“. Er berichtet über die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die weltweiten Aktivitäten, den bleifreien SMT-Prozess, der Verfügbarkeit von Komponenten und den Anforderungen an die Zuverlässigkeit. Er kam zu dem Schluss, dass sich der SMT-Prozess durch die Umstellung auf bleifrei nicht ändern wird. Auch die dafür nötigen Komponenten wie Bauteile, Leiterplatten und ihre Metallisierungen, Lotpasten, Schablonen usw. stünden zur Verfügung. Er schilderte eine Reihe von Untersuchungen und ihre Ergebnisse, die sein Unternehmen zu den einzelnen Prozessschritten für „Bleifrei“ unternahm. Er kam zu der Gesamtbewertung, dass ein bleifreies Reflow-Löten erfolgreich möglich ist. Allerdings sollte der thermische Stress dabei so gering wie möglich gehalten werden und durch eine gleichmäßige Erwärmung für Spannungsfreiheit gesorgt werden. Das Lötprofil ist genau zu überwachen, wobei Baugruppen mit einer hohen thermischen Last ein angepasstes Profil im Vorwärmbereich bedingen. Bei dem eingeengten Prozessfenster seien die Anlieferqualität von Komponenten und Arbeitsmitteln wie z.B. Schab-lonen kritischer als beim Löten mit Blei, aber die Untersuchungen stimmten insgesamt zuversichtlich.
Herbert Miller von Rohde& Schwarz Messgerätebau schilderte in seinem Vortrag die Gründe, die bei seinem Unternehmen zur Konstruktion einer eigenen Hubtauchlötanlage geführt haben. Die Baugruppen, die in relativ kleinen Losgrößen in hoher Typenvielfalt gefertigt werden, sind beidseitig SMD-bestückt und werden Reflow gelötet. Durchstecktechnik für bedrahtete Bauteile und für den Sonderfall Schirmtechnik ist ebenfalls beidseitig vorhanden, woraus die Forderung nach beidseitigem Selektivlöten resultiert. Zudem besitzen die Baugruppen häufig viele großflächige Durchbrüche und haben teilweise Übergröße. Deshalb wurde eine eigene Hubtauchlötanlage konstruiert. Der Ablauf ist folgender: Im ersten Schritt wird die Baugruppe in Position gebracht. Dabei hat das Lot die Arbeitstemperatur, der Innenraum ist permanent begast, der Lötstempel befindet sich in der unteren Position und die Skimm-Funktion wird gestartet. Im zweiten Schritt wird der Lötbadverschluss geöffnet und der Lötvorgang gestartet. Im dritten Schritt fährt der Lötstempel in die programmierte Position, wobei nur mit Lot kontaktiert wird. Dann fährt der Lötstempel wieder zurück und der Gasraum wird wieder verschlossen. Im vierten und letzten Schritt wird die Baugruppe abgekühlt und weiter transportiert. Speziell für die Schirmtechnik mussten besondere Lötstempel entwickelt werden. Sie sind aus dem Vollen gefräst und zeichnen sich durch einen geschlossenen Kanal über der Baugruppenfläche und Durchbrüche für den Abfluss von Lot in den Kammern aus. Nach einer Beschreibung der Anlage und des firmeninternen Werkzeugbaus, der für die Konstruktion der Lötstempel zuständig ist, zog Miller folgendes Fazit: Das Hubtauchlöten eignet sich auch bei Baugruppen mit geringen Stückzahlen, wenn viele Lötstellen oder schwierige Lötaufgaben vorhanden sind. Das Löten ist auch bei der Schirmtechnik mit geschlossener Kontur und großen thermischen Massen möglich. Die Taktzeit ist gering und unabhängig von Art und Anzahl der Lötstellen.
Daraufhin beschrieb Dr. Harry Berek vom FNE ein neues Konzept für das Inline-Kondensationslöten. Ziel dieses Konzepts, das zusammen mit Rehm, der Technischen Universität Hamburg und dem Fraunhofer IZM entwickelt wurde, ist es ein horizontales Inline-Transportsystem zu konstruieren, eine variable Temperaturprofilierung in der Vorheiz- und Kühlzone zu ermöglichen und die Betriebskosten zu reduzieren. In der beschriebenen Anlage wird PFPE HS260 als Medium eingesetzt und die zu lötenden Leiterplatten schräg gestellt, wodurch sich die Effizienz der Wärmeübertragung erhöht. Das Medium wird in einem geschlossenen Kreislaufsystem destilliert, gereinigt und dem Prozess wieder zugeführt. Eine Prototypenanlage steht bereits zur Verfügung und wird für Lötversuche genutzt. Als Ergebnis dieser Versuche gab Berek bekannt, dass der Kondensationslötprozess einen effektiven Wärmetransfer durch Kondensationder Wärmeübertragungsmedien ermöglicht. Ein kontrollierbares Temperaturprofil ist durch Benutzung von Medien mit unterschiedlichen Siedetemperaturen zu erreichen. Die In-Situ-Regeneration der Medien in einem geschlossenen Kreislaufprozess durch Destillation ist möglich und es gibt keinen bedeutenden Einfluss durch Verunreinigungen.
Den Abschluss der Tagung bildeten drei Vorträge, die sich mit der Fehlersuche und -analyse befassten. So beschrieb Dr. Klaus Halser vom Fraunhofer Institut Zuverlässigkeit und Mikrointegration Berlin die Fehleranalytik an elektronischen Baugruppen und definierte dazu die drei Phasen: Informationsgewinnung, zerstörungsfreie und zerstörende Untersuchungen. Für jede dieser Phasen führte er eine Reihe von ausführlichen Beispielen aus der Praxis an. Schließlich kam er zu dem Schluss, dass die Fehleranalyse die Kombination von zerstörungsfreien und zerstörenden Methoden erfordert, die Bewertung der Untersuchungsergebnisse auf der Basis von Materialkenndaten, Fertigungsunterlagen und Normenvorgaben erfolgen muss sowie ein fertigungsgerechtes Design die Ausbeute erhöht und Frühausfälle verhindert.
Dr. T. Ahrens vom FhG ISiT in Itzehoe erläuterte in seinem Vortrag „Röntgenanwendungen zur Bewertung von Produkt und Prozess“ den Vorteil dieser Methode. Nach einer Beschreibung der unterschiedlichen Verfahren wie analoge Laminographie, digitale Laminographie und planare Computertomographie schilderte er anhand von Beispielen ihren Einsatz. Nach einer genauen Analyse, an welcher Stelle in einer Fertigungslinie die Röntgenprüfung am effektivsten ist, stellte er ein automatisiertes Röntgeninspektionssystem vor und zog das Fazit, dass die automatische Röntgeninspektion zwar verfügbar sei, aber noch zu anderen Prüfmethoden vergleichsweise hohen Investitionen.
Den Schlusspunkt der Veranstaltung markierte Karl Ring mit seinem Referat „Prozessbedingte Ausfälle – Vorbeugung durch Reinigung“. Nach der Einführung Reinigen – was, wie und warum, ging er kurz auch auf die Voraussetzungen für No-Clean-Verfahren ein. Nach der Erläuterung der Normen für das Reinigen zog er das Resümee, dass die wässrige Reinigung die Lösemittel-Reinigung verdrängt, eine periodische Reinigung von Werkzeugen und Maschinen notwendig sei, die Reinigung von Baugruppen von Vorteil sein kön-ne und bei Nicht-Reinigung von Baugruppen die Auswahl der Flussmittelaktivitätsklasse sehr wichtig sei. (pa)
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