„Für das autonome Fahren ist es unbedingt erforderlich, digitale Systeme auszubauen“, sagt Christoph Plüss, Leiter Marktmanagement der DiIT GmbH. „Zeitgleich sind die sicherheitsrelevanten Anforderungen an die im Fahrzeug verbauten Kabelsätze extrem hoch. Schließlich dürfen lediglich Leitungen mit definierter Qualität im Fahrzeug verbaut werden.“
Herr Plüss, Entwicklungen rund um das autonome Fahren machen Fahrzeuge zu fahrenden Rechenzentren. Weil das Bordnetz ein entscheidender Faktor für die Effizienz und Sicherheit eines Fahrzeugs ist, ist hier eine Null-Fehler-Produktion erforderlich. Wie wird dem entsprochen?
Alle prozesskritischen Arbeitsschritte unterliegen einer strengen Qualitätskontrolle. So erzeugt ein ERP System (Enterprise-Resource-Planning) eine Liste aller für einen Auftrag erforderlichen Rohmaterialien wie etwa Leitungen und Stecker. Diese Komponenten sind qualitätsgeprüft und werden einer mit charakteristischen Werkzeugen ausgestatteten Produktionseinheit durch einen dafür bestimmten Bediener zugeführt. Im Laufe der Produktion erfolgen weitere Qualitätsprüfungen. So wird beispielsweise nach dem Abisolieren eines Kabels mittels einer Kontaktprüfung gewährleistet, dass die Messer der abisolierenden Maschine die Adern der Kabel nicht berührt haben. Außerdem kontrollieren Kamerasysteme die Komponenten auf Unversehrtheit und Sensoren überwachen das Verpressen der Adern in die Steckverbinder. Weil die Leitungen am Ende des Fertigungsprozesses mit einem Barcode versehen werden, lässt sich auch im Nachhinein feststellen wann, wo und durch wen das Material hergestellt, verarbeitet, transportiert und verbraucht wurde. Sind auch die in der Maschine verbauten Werkzeuge mit einem Barcode versehen, lassen sich darüber zudem maschinenspezifische Informationen abrufen.
Sensorik kommt vermehrt zur permanenten Überwachung kritischer Prozesse zum Einsatz. Dadurch wird eine Vielzahl an Daten generiert. Welche Auswirkungen hat das auf die in einem Fahrzeug verbauten Leitungen?
Die Anforderungen im Bereich der autonomen oder teilautonomen Fahrzeuge sind sehr komplex, weshalb ein Fahrzeug mit immer neuen Systemen und Steuergeräten ausgestattet wird. Damit Hochgeschwindigkeitsnetzwerke die dazu erforderlichen umfangreichen Daten transportieren können, werden in einem modernen Fahrzeug inzwischen mehr als 5 km Leitungen verbaut. Somit hat sich das Gewicht der Kabelsätze inzwischen verdoppelt. Zugleich wird der verfügbare Bauraum immer geringer, weshalb die Leitungen trotz steigender Anforderungen immer dünner und die Steckverbinder immer kleiner werden müssen. Das macht die Entwicklung neuer, qualitativ hochwertiger Verfahren, Materialien und Komponenten erforderlich. Hatte beispielsweise eine Leitung früher lediglich zwei Leiter, ist diese heute mit zehn oder mehr Leitern bestückt. Das bedingt neu konstruierte Leitungsaufbauten und Verdrillungen.
Zeitgleich wird eine Produktionsmaschine zunehmend zum Messinstrument, weshalb sich auch die Produktionslandschaft verändert…
Tatsächlich bieten Trendthemen wie Industrie 4.0, IoT, künstliche Intelligenz und Machine-Learning-Plattformen unzählige neue Möglichkeiten. Dabei können umfassende Prozessschritte zusätzliche Nutzen generieren. Allerdings ist dies oftmals mit einem gravierenden Eingriff in die Produktion verbunden. So erfordert die Auswertung umfangreicher Daten abweichende IT-Landschaften. Aus der eventuell erforderlichen Kombination alter und neuer Maschinen sowie mangelnden Datenschnittstellen können sich Systemgrenzen ergeben, die zu Medienbrüchen und somit zu einer mangelhaften Datenübertragung führen. Natürlich lassen sich ältere Maschinen mit Clientprogrammen nachrüsten. Dennoch müssen hier Messergebnisse oftmals durch den Bediener manuell übermittelt werden. Gleichzeitig stellt sich die Frage, was passiert dann? In welcher Form sollen Daten verfügbar sein und welche Datenanalyse ist tatsächlich erforderlich? Für die Unternehmen ist eine dementsprechende Umstellung ein großer Schritt, weshalb ein Betrieb seine Produktion sicherlich erst dann umstellen wird, wenn die Funktionalität ausreichend sichergestellt ist.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Plüss.
Das Interview führte Carola Tesche
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