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Schritt für Schritt zur „Zero Operator“-Fertigung

Interview mit Nils Heininger, Panasonic Factory Solutions Europe
Schritt für Schritt zur „Zero Operator“-Fertigung

Schritt für Schritt zur „Zero Operator“-Fertigung
Nils Heininger: „Mit intelligenten Lösungen lassen sich erhebliche Effizienzsteigerungen erzielen, mit positiven Effekten für weitere Unternehmensbereiche.“ Foto: Panasonic Industry

„Die Hürden für eine digitalisierte Fertigung sind nicht so hoch, wie das manche Unternehmer vielleicht befürchten“, sagt Nils Heininger, Division Director Panasonic Factory Solutions Europe (PFSE). Mit intelligenten Fertigungslösungen will das in Ottobrunn bei München ansässige Unternehmen die Effizienz der Elektronikfertigung erheblich steigern. Angesprochen werden dabei insbesondere auch mittelständische Betriebe.

Herr Heininger, Panasonic Industry wird von der Industrie und von Lohnfertigern als einer der Marktführer im Bereich der SMD-Bestückungsautomaten, Lasermarker und Drucker wahrgenommen. Zudem gehört Panasonic mit weltweit 200 eigenen Fertigungsstätten selbst zu den Top 10 der Tier-ONE Unternehmen. Aus Sicht der Mittelständler somit eher ein Exot?

Bislang hat unsere europäische Dependance vor allem international aufgestellte Tier-ONE Elektronikfertiger im Consumer- und im Automotive-Bereich mit hohen Volumina beliefert. Die Kommunikation erfolgt hier in englischer Sprache. Darüber hinaus nutzen diese Unternehmen Warenwirtschaftssysteme, über die sich Geschäftsprozesse auch in ausländischer Währung abwickeln lassen. Für kleinere Betriebe können das Stolpersteine sein, weshalb sie sich von uns oftmals nicht angesprochen fühlen. Vielmehr haben sie das Gefühl, mit vergleichsweise geringen Bedarfen erst gar nicht ernst genommen zu werden. Weil wir uns jedoch für jeden Kunden interessieren, wollen wir diese künstlich erzeugten Wettbewerbshürden aus dem Weg räumen. Insbesondere im deutschsprachigen Raum konzentrieren wir uns damit auch auf das Segment der Mittelständler.

Welche Vorteile bieten Sie mittelständischen Unternehmen?

Da wir weltweit mit führenden Unternehmen aus der Elektronikbranche zusammenarbeiten, können wir umfangreiche Erfahrungen in Segmenten wie der Produktions- und Prozessoptimierung vorweisen. Das spiegelt sich auch in der Zuverlässigkeit unserer Maschinen wider. Zudem vereinen wir die Vorzüge der japanischen Kultur mit dem Vorteil lokaler Ansprechpartner in einem Unternehmen. Diesen Mix aus Erfahrungen und Werten wollen wir bei mittelständischen Betrieben gewinnbringend einfließen lassen. Schließlich haben diese die gleichen Themen vor der Brust, um die wir uns bereits vor Jahren kümmern mussten. Gleichzeitig spüren auch wir un-
erwünschte Markteffekte wie zum Beispiel die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie. Deshalb wollen wir weitere Standbeine aufbauen und unser bislang stark auf den Bereich Automotive ausgerichtetes Portfolio erweitern.

Wird das am Markt bereits gesehen?

In Deutschland wird Panasonic noch nicht als Lösungsanbieter im Bereich High-Mix/Low Volume wahrgenommen. Vielmehr werden die von uns angebotenen Systeme oftmals als Over-Engineered eingestuft. Dabei bieten wir zum Beispiel mit der AM 100 eine flexible SMT-Lösung zu erschwinglichen Preisen an. Allerdings sollte in einer Elektronikfertigung nicht das Preisschild einer Maschine ausschlaggebend sein. Vielmehr sind hier Parameter wie Rüstzeiten und Stückkosten in den Fokus zu rücken. Die Effizienz einer Linie lässt sich wiederum in Maschinenkosten ausdrücken: Läuft beispielsweise eine Fertigung mit einem Linienstundensatz von 250 Euro wöchentlich zehn Stunden länger, spart ein Unternehmen pro Woche 2.500 Euro ein. Das Investment in einen zuverlässigen Maschinenpark rechnet sich also schnell.

Themen wie Industrie 4.0 sind auch für Mittelständler von Belang. Welches Equipment bieten
Sie hierzu an?

Aktuell mache ich die Erfahrung, dass es im Mittelstand noch eine gewisse Zurückhaltung gegenüber Industrie 4.0-Anwendungen gibt. Wir wollen jedoch jedem Kunden eine maßgeschneiderte Lösung bieten, damit er seine Fertigung digitalisieren und damit effizienter und zukunftsfähiger gestalten kann. Gleichzeitig ist es inzwischen nicht mehr zielführend, einzelne Maschinen zu vergleichen, weil diese beispielsweise in puncto Preis/Performance oft ausgereizt sind. Vielmehr gilt es, das Gesamtpaket inklusive Materialmanagement zu betrachten. Hier können wir tief einsteigen, unsere eigenen Fertigungserfahrungen einbringen und Lösungen zu erschwinglichen Preisen anbieten. Weil Methoden für die Beschaffungslogistik und die Produktionsplanung mehr und mehr in den Vordergrund rücken, haben wir eigene cyber-physikalische Systeme im Portfolio. Neben der Materialallokation können wir die gesamte Fertigung erfassen und als digitalen Zwilling darstellen. Dieses System erlaubt es, die Auslastung mehrerer Linien zu verbessern und die für den Produktionsplan aufgewendeten Rüstzeiten zu reduzieren.

Unser extrem leistungsfähiges System PanaCIM-EE Gen 2 hält noch eine Reihe weiterer Module bereit, um die Managementsysteme einer SMT-Fertigung flexibel zu integrieren. Mit der damit verbundenen Datentransparenz lässt sich die Qualität verbessern. Zudem werden Kosten reduziert und die Produktivität gesteigert. Das universelle System PanaCIM kann dabei zum Beispiel auch mit den Planungstools von Drittanbietern kommunizieren. Anhand der Rückmeldungen lassen sich automatisch Plan-Ergebnis-Differenzen analysieren und Produktionspläne entsprechend optimieren.

Der Line-Controller iLNB bietet sich als Aktuator an, da der in Kooperation mit Siemens entwickelte Industrie-PC eine Produktionslinie steuern kann. Auch hier lassen sich Anlagen von Drittanbietern integrieren, weshalb Standards wie zum Beispiel „Hermes“ und „ELS“ für die Maschine zu Maschine Kommunikation nicht mehr relevant sind. Vielmehr bietet der iLNB einen horizontalen als auch einen vertikalen Zugang in eine digitale Fabrik. Mit den erfassten Daten lässt sich die gesamte Fertigung auf unterschiedlichen Hierarchieebenen verwalten, wobei das PanaCIM-System als vollständiges MES-System betrieben werden kann. Zudem ist es möglich, Daten mit einer übergeordneten Enterprise Software wie zum Beispiel SAP auszutauschen. Damit ist es möglich, über die Linienebene hinaus kleine Störungen wie etwa Aufnahmefehler zentral mit Hilfe einer Remote-Operation-Funktion zu beheben. Der iLNB erlaubt automatische Produktwechsel und ermöglicht darüber hinaus, die Handhabung der Materialplanung, der Bestellvorschläge und der Kommissionslisten entsprechend dem Echtzeitverbrauch einer Maschine.

Über Partner wie Inovaxe bieten wir zudem smarte, dezentrale Linienregale an. Diese erkennen, wenn einer Linie Material-Rollen hinzuzufügen oder Rollen zu entfernen sind. Darüber hinaus bietet Panasonic eine durchgängig digitalisierte Lösung für den Wareneingang und die Endmontage. Mit diesen Systemen können sich auch mittelständische Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Wird die Elektronikfertigung somit mehr und mehr kommerzialisiert?

Derzeit fokussieren sich viele europäische Hersteller auf Nischenprodukte und lokale Märkte. Die eigentliche Massenfertigung findet indessen wegen geringerer Lohnkosten in China, Südostasien und in Osteuropa statt. In Spanien, Portugal oder Frankreich ansässige Hersteller fertigen aufgrund der örtlichen und/oder sprachlichen Nähe auch in nordafrikanischen Ländern. Gleichzeitig sehen wir in unserer Vision vom „Zero Operator“ eine Möglichkeit, diesen Trend umzukehren und im Herzen von Europa zu fertigen. Die vollautomatische Fertigung mit ortsunabhängiger Kontrolle wird von großen Unternehmen sicherlich innerhalb der nächsten zehn Jahre umgesetzt. Inhaber mittelständischer Betriebe hingegen begegnen einschlägigen Anwendungen derzeit noch zurückhaltend. Allerdings sind diese Themen auch für Mittelständler von Belang. Schließlich kann eine effizient automatisierte Fertigung einen Beitrag dazu leisten, den Fertigungsstandort Europa trotz steigender Lohnkosten zu erhalten. Darüber hinaus kann sie Unternehmen davor bewahren, abgehängt zu werden. Zukünftig wird eine Fertigung mit weniger Personal auskommen. Somit ist es erforderlich, Arbeitskräfte rechtzeitig für andere Aufgaben zu qualifizieren. Denn letztendlich müssen die Mitarbeiter dann die komplexen Zusammenhänge einer automatisierten Fertigung erkennen und die vielschichtigen Abläufe verstehen können.

https://industry.panasonic.eu/imprint

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