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„Wir möchten unsere Lote und Beratungsdienstleistungen verstärkt in den Vordergrund stellen“

Interview mit Tobias Patzig von der Feinhütte Halsbrücke GmbH
„Wir möchten unsere Lote und Beratungsdienstleistungen verstärkt in den Vordergrund stellen“

Bis zur productronica 2019 war die Feinhütte Halsbrücke GmbH nur ausgewiesenen Fachleuten in der Elektronikindustrie bekannt. Seit Start der Kooperation mit der Emil Otto GmbH tritt das sächsische Familienunternehmen verstärkt in der Öffentlichkeit auf und präsentiert seine Qualitätslote im Markt. Über die Gründe für diese Entwicklung, die Ziele des Unternehmens und das Lot- und Dienstleistungsportfolio sprach die Redaktion der EPP mit Tobias Patzig, Prokurist und Assistent der Geschäftsführung des Unternehmens.

Bitte stellen Sie Ihr Unternehmen kurz vor und erläutern, was Ihr Produkt- und Dienstleistungsportfolio umfasst.

Die Feinhütte Halsbrücke GmbH ist ein mittelständisches, inhabergeführtes Unternehmen mit einer mehr als 400 Jahre alten Geschichte als Zinn- und Bleihütte. Jahrhunderte lang prägte Halsbrücke die Metallurgie weltweit und war Vorreiter für Innovationen und Technologien. Besonders bei den Industriemetallen Zinn und Blei gab und gibt es kein weiteres Unternehmen in puncto Komplexität in den pyro- und hydrometallurgischen Bereichen. Zwei große Säulen machen unser heutiges Unternehmen aus: Zum einen das Recycling von Rückständen und Schrotten aus der ganzen Welt mit Schwerpunkt Europa und zum anderen die Herstellung von zinn- und bleihaltigen Legierungen in verschiedensten Formaten für unterschiedlichste Industrien. Dabei konzentrieren wir uns im Zinnbereich verstärkt auf die Elektronik-, Elektrotechnik- und Metallveredlungsindustrie. Hier können wir zwei Qualitäten anbieten: recyceltes Material oder Material aus der Erstschmelze von Erzen.

Welche Produkte im Detail stellen Sie für
die Elektronikindustrie her?

Wir stellen Standard- und individuelle Produkte wie Lotstangen, Stäbe, Barren, Massivdrähte, Lotdrähte, Anoden, etc. her, je nachdem was der Kunde anfragt. Unsere Kunden sind Lothersteller, Händler aber auch Industriekunden. Diese vertrauen unserer Produktqualität und unserem Service. Dazu gehören u.a. ein umfassendes Lotbadmanagement und Analysen in den hauseigenen Laboren sowie eine Bereitstellung entsprechender Nachsatzlote, eine Compliance-Beratung zu den Rückständen oder eine Beratung bei Maschinenumstellungen.

Weshalb haben Sie sich gerade jetzt dazu entschlossen, aktiv und direkt, gerade in die Elektronikfertigung einzusteigen?

Neben der Belieferung unserer geschätzten Händler und Hersteller von Lotmitteln möchten wir in Zukunft unter der Marke Feinhütte verstärkt auch die Industriekunden direkt ansprechen. Dadurch wollen wir insbesondere den außereuropäischen Marktbegleitern in Sachen Leistungs-Preis-Verhältnis und im Innovationsgrad etwas aktiv entgegensetzen. In diesem Zuge müssen wir unser hochwertiges Produktportfolio und unser großes Dienstleistungsspektrum, vom Lotbadmanagement bis hin zum Vollrecycling der Rückstände, noch bekannter machen. Des Weiteren sehen wir eine Marktentwicklung, die uns beunruhigt und der wir nur entgegentreten können, wenn wir direkt im Markt agieren.

Was meinen Sie damit genau?

Ich möchte hier nicht ins Detail gehen, aber seit geraumer Zeit wird im Markt mit Halbwahrheiten bezüglich der Lotherstellung aber auch bezüglich des Recyclings agiert. Dies führt zu einer Verunsicherung bei unseren Kunden und dem müssen wir entgegentreten und transparente Aufklärungsarbeit leisten.

Welche Ziele verfolgen Sie langfristig?

Wir möchten in Zukunft nicht nur als Zinn- und Bleihütte wahrgenommen werden, sondern ebenfalls unsere innovativen Produkte und Dienstleistungen `Made in Germany´ in den Vordergrund stellen. Dabei decken wir alle Produktlebenszyklen vollständig ab, von dem Neuprodukt bis hin zur Aufarbeitung der im Prozess anfallenden Rückstände, verbunden mit einer umfassenden technischen Beratung. Zukünftig werden wir uns noch stärker an den Anforderungen der Kunden ausrichten und unsere Produkte weiterhin permanent optimieren. Im metallurgischen und historischen Kontext möchten wir unsere beeindruckende Geschichte fortschreiben und auch in Zukunft mit neuen und effektiven Prozessen unsere Kunden begeistern.

Vor der productronica 2019 haben Sie die Kooperation mit der Firma Emil Otto Flux- und Oberflächentechnik GmbH verkündet. Was dürfen Anwender von dieser Zusammenarbeit erwarten?

Emil Otto ist der führende Hersteller von Flussmitteln in Deutschland. Mit der Kooperation ergeben sich wunderbare Synergiemöglichkeiten, denn wir bringen das Beste aus der Metallurgie und Chemie zusammen. Allein daraus resultieren optimal harmonische und abgestimmte Produkte für die Elektronikindustrie. Darüber hinaus stehen zahlreiche Forschungs- und Innovationsvorhaben im Raum, an denen wir in den nächsten Jahren strukturiert arbeiten werden. Die Branche kann sich auf viele Neuentwicklungen und damit einhergehenden Verbesserungen im Lötprozess freuen. Mit den umfangreichen Dienstleistungen und Beratungen, die beide Unternehmen anbieten, können wir somit ein sehr attraktives Gesamtpaket für unsere Kunden schnüren. Zukünftig sind weitere gemeinsame Messeauftritte geplant und auch beim Vertrieb wollen wir bestimmte Wege zusammen gehen.

Ein wichtiger Bestandteil Ihres Portfolios ist das Recycling. Was bieten Sie Ihren Kunden in diesem Bereich an?

Nachhaltigkeit, das ist heute glücklicherweise eines der wichtigen Themen. Wir sprechen nicht nur seit vielen Jahren darüber, sondern leben Nachhaltigkeit auch schon seit vielen Jahrzehnten ganz selbstverständlich. Im Bereich der Zinn- und Bleiverhüttung sind umweltgerechte Entsorgungslösungen unverzichtbar und das in einer Art und Weise, die nicht nur gesetzlichen Vorschriften folgt, sondern innovativ und nachhaltig ist. Wir kaufen weltweit zinn- und bleihaltige Rückstände unserer Kunden, Wertstoffhändler und Lothersteller auf. Dabei können wir sowohl die metallischen Abfälle wie Lötzinnkuchen oder Altlot in Form von Stangen, Lotpasten, Drähten und ähnlichem verarbeiten, als auch die oxydischen Materialien, wie Krätzen, Schlacken, Filterstäube, Schlämme, usw. Diese Rückstände werden in unseren Vollrecyclingprozessen wieder in die Wertschöpfung zurückgeführt. Dabei setzen wir nicht nur modernste Technologien ein, sondern auch von uns weiterentwickelte und optimierte Verfahren in der Pyro- und Hydrometallurgie.

Wie schlägt sich dies in der Qualität Ihrer Produkte für die Elektronikindustrie nieder?

Die Reinheitsgrade der von uns rückgewonnenen und raffinierten Metalllegierungen liegen überwiegend über den Reinheitsgraden von Neumaterialien aus der Erstschmelze. So findet beispielsweise in unserer Elektrolyse eine atomare Reinigung der Verunreinigungen statt. Daher werben wir nicht nur mit den klassischen ISO Normen, sondern auch mit Werksnormen. Je nach Anwendungsfall können unsere Kunden die Güte des Materials wählen.

Welche Rolle spielt in diesem Qualitätsverständnis das Recycling?

Als Recyclingpartner mit einer jahrhundertelangen Historie stehen wir für absolute Zuverlässigkeit, eine seriöse Bemusterung und eine exakte Materialanalyse auf Grundlage der hochgenauen Kesselanalyse oder des Ofenstichs. Des Weiteren ist es wichtig, unsere Lieferanten fair zu behandeln, denn dann haben wir den ersten Garanten für gutes Recyclingmaterial. Transparente und eine überdurchschnittlich hohe Vergütung auf Basis der offiziellen LME Börsennotierungen und einer zeitnahen, kostenfreien und unbürokratischen Abholung des Materials sind Teil dieses fairen Umgangs. Für das anschließend rechtskonforme Recycling in Deutschland stehen wir mit unserem guten Namen ein und bieten darüber hinaus auch eine Compliance Beratung an.

Was unterscheidet Sie von anderen Recycling-Dienstleistern?

In dieser Komplexität sind wir die einzige Hütte in Deutschland für zinn- und bleihaltige Materialien. Im Vollrecycling liegt unsere Kompetenz und Erfahrung, verbunden mit der Einhaltung aller Auflagen im Umwelt- und Arbeitsschutz und einer optimierten Energienutzung. Wir arbeiten mit einigen Entsorgungsdienstleistern zusammen. In der Regel werden alle Vorschriften von diesen Unternehmen eingehalten, aber wie überall gibt es auch hier das eine oder andere schwarze Schaf, das wir frühzeitig innerhalb der Zusammenarbeit erkennen müssen. Hier bewegen wir uns in einem sensiblen Bereich, denn es wird teilweise ein künstlicher Druck aufgebaut und Angst geschürt, dass mit einer unsachgemäßen Entsorgung rechtliche Konsequenzen für die Abfallverantwortlichen verbunden sind. Hinzu kommt, dass diese Entsorger teilweise notifizierungspflichtige Abfälle illegal ins Ausland transportieren. Das ist ein nicht nur ein rechtliches Problem, sondern hinsichtlich des Arbeits- und Umweltschutzes äußerst fragwürdig.

Wie begegnen Sie dieser Entwicklung?

Uns ist es wichtig als kompetenter und vertrauenswürdiger Ansprechpartner für den ganzen Prozess im Markt wahrgenommen zu werden und so auch Unsicherheiten begegnen können. Das ist unsere Kompetenz und deshalb stehen unsere erfahrenen Mitarbeiter, inklusive unserer Metallurgen für Rückfragen zur Verfügung. Unsere Kunden erhalten eine umfassende und fundierte Beratung zu allen relevanten Fragen aus den Bereichen Recycling, Entsorgung und Rechtssicherheit. Darüber hinaus bieten wir unseren Kunden das Komplettpaket an. Neben dem Rückständeankauf fertigen und liefern wir Neumaterial, so dass der Kunde für den Bereich Metalle bzw. Lote nur einen Ansprechpartner hat.

Vielen Dank für Ihre Zeit Herr Patzig.

www.feinhuette.de

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