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Leistungselektronik in E-Autos und Co. zerstörungsfrei prüfen

Forschungsprojekt AnkoTherm in Dresden
Leistungselektronik in E-Autos und Co. zerstörungsfrei prüfen

Ausgerechnet in einem der wichtigsten Zukunftsfelder der Elektronikproduktion – hochbeanspruchten E-Antrieben und Umrichtern für erneuerbare Energien – fehlt derzeit ein effizientes und zerstörungsfreies Testverfahren, denn die hier verwendeten Sinter-Verbindungen lassen sich nicht per Röntgen oder Ultraschall überprüfen.

Vor diesem Hintergrund erklärt sich die Bedeutung eines ZIM-Forschungsprojektes, das gemeinsam mit den Firmen budatec (Projektführer) und Kraus Hardware am Zentrum für mikrotechnische Produktion der TU Dresden rund um die sogenannte Kontakt-Thermografie bearbeitet wird. Sie ermöglicht eine sekundenschnelle Qualitätsprüfung, wobei unter anderem auch Messtechnik von Kraus Hardware zum Einsatz kommt. Wie ist aktuell der Stand der Dinge bei diesem Projekt?

Die technische Herausforderung ist keinesfalls neu, aber ihre Bedeutung nimmt rasant zu: Mit dem Erfolg der E-Mobilität oder der erneuerbaren Energien steigt einerseits die Zahl von Leistungselektronik-Anwendungen weiter an. Andererseits kommen in diesen Feldern immer wieder neue technischen Anforderungen auf die Entwickler zu, was nicht selten mit höheren Temperaturen im Betrieb von Ansteuerelektronik für Motor und Co. einhergeht. Und das heißt: Die thermische Leitfähigkeit des Ganzen rückt in den Fokus. Deshalb müssen DCB-Substrate (Direct Copper Bonding) die entstehende Wärme sehr schnell abführen, um Schäden an den darauf befindlichen Modulen zu verhindern. Zudem kommen verstärkt Sinter-Verbindungen zum Einsatz, weil sie den höheren Temperaturen deutlich besser Stand halten als klassische Lötverbindungen.

Eine Lücke schließen

Und genau an dieser Stelle entsteht derzeit ein gravierendes Problem: Bislang gibt es kein zerstörungsfreies Testverfahren für solch robusten Verbindungen zwischen DCB-Substrat und Chips – vor allem deshalb, weil beim Sintern keine homogene Schicht entsteht. Das Ergebnis liefert folglich auch kein gutes Kontrastsignal, von dem aus man (etwa per Röntgen oder Ultraschall) auf einen qualitätsgerechten Sinter-Prozess schlussfolgern könnte. Auf den Punkt gebracht heißt das: Ausgerechnet in einem der anspruchsvollsten Felder der Elektronikproduktion fehlt ein schnelles und effektives Verfahren zur Qualitätssicherung! Daher ist ein aktuelles Forschungsprojekt mit dem Namen AnkoTherm, das vom Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird, von erheblicher Bedeutung: An der TU Dresden arbeitet das Zentrum für mikrotechnische Produktion an der sogenannten Kontakt-Thermografie, wobei auch Unternehmen wie Kraus Hardware und die budatec GmbH beteiligt sind.

Schnelle Inspektion als Ziel

Der technische Ansatz des neuen Verfahrens lässt sich in seinen Grundzügen relativ einfach erklären: Ein Heizkopf sendet in den oben liegenden Halbleiter einen kurzen Heizimpuls, der sich hier je nach Qualität der darunter befindlichen Verbindungsschicht mit unterschiedlicher Charakteristik ausbreitet, was man wiederum messen kann. „Im Grunde ist es so, dass wir eine gewisse Menge Energie einbringen und dann überprüfen, wann diese Energie das Bauteil wieder verlassen hat“, fasst Dr. Martin Oppermann von der TU Dresden das Grundprinzip zusammen. „Allerdings reden wir hier am Ende nicht von einer echten Messung, bei der wir einzelne Werte dokumentieren müssen. Es geht vielmehr um eine schnelle Inspektion. Wir wollen also nur wissen, ob die Löt- und Sinter-Verbindungen richtig funktionieren. Wenn das nicht der Fall ist, leuchtet eine rote Lampe auf.“

Diese Beschreibungen klingen einfacher, als sich das Ganze in der Realität darstellt: So haben die Spezialisten in den letzten eineinhalb Jahren sehr viel Zeit in die Entwicklung der Messanordnung investiert. Eine Herausforderung war dabei beispielsweise das eingesetzte Oszilloskop, weil es zunächst (zu) viele Messwerte generierte – ein Problem, das mithilfe des ADwin-Messsystems von Kraus Hardware gelöst wurde. „Jetzt fallen nur noch genau jene Messwerte im System an, die wir für die Kontakt-Thermografie benötigen“, erklärt Benjamin Ruß vom Unternehmen. „In diesem Sinne unterstützen wir das Projekt immer wieder zielgenau mit unserem Messsystem, das alle Leistungsteile ansteuert und die anfallenden analogen Signale per Software auswertet.“

Details evaluieren

Aktuell arbeiten die Dresdner Spezialisten an der Wiederholbarkeit ihrer Messungen. Dieselbe Probe durchläuft immer wieder – bei unterschiedlichen Bedingungen – das Verfahren, wobei die Messparameter jeweils überprüft werden: Wie lange muss zum Beispiel die Erwärmung andauern, um stabile Ergebnisse zu bekommen? „Insgesamt gibt es sehr viele Details, die das Verfahren entscheidend beeinflussen. Wir haben zum Beispiel erst mit der Zeit herausgefunden, mit welcher Kraft der Heizkopf inklusive Sensor auf das Modul drücken muss“, erklärt Martin Oppermann. Darüber hinaus geht es jetzt darum, eine Grundlage für die nachfolgende Produktion einer In-Line-fähigen Prüfapparatur zu entwickeln. Das Ganze muss also zum Beispiel robust und reparierbar sein, um es in die Industrie einbringen zu können. Außerdem ist es denkbar, dass verschiedene Lösungen entstehen: eine In-Line-Technologie mit verschiedenen Heizköpfen und eine Stand-alone-Apparatur für den manuellen Gebrauch. Dabei ist Budatec unter anderem verantwortlich für die Konstruktion und Umsetzung der Anlagentechnik, die TU Dresden evaluiert die Prüfergebnisse, Kraus Hardware arbeitet bei der Durchführung der Messreihen mit. „Wir haben allein mehrere hundert Arbeitsstunden in die Programmierung der Mess-Software investiert“, so Benjamin Ruß. „Darüber hinaus tauschen wir uns laufend in regelmäßigen Online- und Präsenzkonferenzen aus. Insgesamt ist der Prozess auch für unser Unternehmen wichtig, denn wir bauen ein größeres Verständnis für Löt- und Sinter-Prozesse auf und erweitern unsere Expertise in der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik. Dies Know-how bringen wir künftig in viele neue Kunden-Projekte mit ein.“

Die Experten der TU Dresden zeigen ihre Innovation auf dem budatec-Stand (A1.347) während der productronica als teilautomatische Lösung mit motorisierten Achsen.

www.kraus-hw.de | www.tu-dresden.de

 

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